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In Der Vorbote, dem ersten Teil der Reihe Vanguard, entdeckt die Crew der Enterprise unter Captain Kirk merkwürdige Geschehnisse an Bord einer Station am Rande des Föderationsraumes.

Vanguard 1: Der Vorbote
© Cross Cult

Von der Wiedergeburt eines Franchise

Es gab eine Zeit, da waren Star Trek-Romane auf Deutsch gleichzusetzen mit dem Heyne-Verlag. Jener brachte von 1982 bis 2003 wiederholt übersetzte US-amerikanische Werke heraus, ehe er dann, auf Grund immer schlechter werdenden Verkaufszahlen, die Veröffentlichung einstellte. Zu jenem Zeitpunkt lief zwar noch die Star Trek – Enterprise-TV-Reihe im Fernsehen. Doch die konnte bei weitem nicht an die Erfolge der Vorgängerreihen anknüpfen und wurde zwei Jahre später nach insgesamt vier Staffeln eingestellt.

Es sah also hier in Deutschland düster aus, was neue Star Trek-Romane anging. Bis am 11. Februar 2008 der Cross Cult-Verlag den ersten Band der Romanreihe Vanguard, Der Vorbote, veröffentlichte. Das Timing war perfekt, da in den USA zu dieser Zeit ein neuer Kinofilm basierend auf dem berühmten Franchise produziert wurde. Für viele war der Release eine Überraschung, da Cross Cult bislang vor allem für sein exzellentes Comicprogramm, zum Beispiel der Hellboy-Reihe, bekannt war.

Classic trifft Moderne

Geschrieben wurde Der Vorbote von David Mack, der einer der betriebsamsten und einflussreichsten Star Trek-Autoren der letzten Jahre ist. Der Schriftsteller lebt gemeinsam mit seiner Frau Kara in New York City. Er studierte an der New Yorker University‘s Tisch School of Art, wo er Abschlüsse in Film- und Fernsehproduktion als Drehbuchschreiber erlangte.

Danach produzierte er zusammen mit John J. Ordover die Drehbücher bzw. Storygrundlagen für die DS9-Episoden Das Wagnis und Leben in der Holosuite. Gleichzeitig arbeitete er ebenfalls als freier Redakteur für den US-Verlag Pocket Books, der in Amerika die Star Trek-Romane veröffentlicht. Seinen Durchbruch konnte er im Jahr 2000 feiern, als er dazu eingeladen wurde, seinen ersten vollständigen Star Trek-Roman zu schreiben. Seitdem produzierte er viele Geschichten, nicht nur zu Star Trek, sondern ebenso für andere Franchises und zu seinen eigenen Ideen.

Nach den Ereignissen der TOS-Episode Die Spitze des Eisbergs macht sich die Enterprise auf den mühsamen Nachhauseweg. Das Schiff ist schwer beschädigt und die Stimmung an Bord betrübt. Zu ihrem Glück stoßen sie auf die Raumstation Vanguard, wo sich ihrer technischen Probleme angenommen werden kann. Was allerdings Captain Kirk misstrauisch stimmt, ist die Tatsache, dass die Station innerhalb von zweieinhalb Jahren erbaut wurde, noch dazu in einer Region, die dicht an den Grenzen der Sternenreiche der Klingonen und Tholianer liegt.

Ein beeindruckendes Figurenensemble

Was sie nicht wissen ist, dass Vanguard in Wahrheit der zentrale Mittelpunkt einer geheimen Operation der Föderation in der sogenannten Taurus Region ist. Repräsentiert von Commodore Reyes und mit nur wenigen Eingeweihten soll herausgefunden werden, wer hinter einem künstlichen Genom steckt, das vor einiger Zeit in diesem Bereich der Milchstraße gefunden wurde und auf äußerst mächtige Lebensformen hindeutet. Dieses Unternehmen ist so top secret, das wirklich fast alles unternommen wird, um zu vertuschen, was die wahre Mission ist.

Wer das gelungene Interview von Christian Humberg mit David Mack liest, der erfährt einiges über die Konzeption des Romans. So kreierte der Autor bewusst einen Cast an Figuren, die Posten innehaben, die zuvor bei Star Trek noch nie oder nur am Rande auftauchten. Geleitet wird die Raumstation von einem Commodore, es gibt einen Geheimdienstoffizier und der übliche Captain leitet hier die JAG (die Juristische Abteilung des Militärs). Es gibt einen Botschafter, einen Journalisten und einen lokalen Verbrecherkönig. Es ist eine ungewöhnliche Mischung, die David Mack allerdings spannend umsetzt.

Komplex charmant

Denn jede der Figuren besitzt eine komplexe Persönlichkeit. Commodore Diego Reyes zum Beispiel liegt das Gelingen der Mission und der Raumstation am Herzen. Dabei neigt er dazu, sich über gängige Gesetze hinwegzusetzen, was ihn regelmäßig in den Konflikt mit Captain Rana Desai bringt, die dem JAG-Büro der Vanguard vorsteht. Gleichzeitig sind die beiden allerdings auch ein Paar, was dadurch verkompliziert wird, dass sie nicht in den wahren Plan der Station eingeweiht wurde.

Unter den Nicht-Föderationsmitgliedern dieses Figurenensembles ist dann zum Beispiel eine Figur wie Cervantes Quinn zu finden. Ganz in der Tradition eines Harry Mudds handelt es sich hier um einen charmanten Glücksritter, der wiederholt nahezu alles verliert, nur um am Ende doch noch irgendwie wieder auf den Füßen zu landen. Er bietet dadurch den perfekten Kontrapunkt, eben weil er alles andere als das ist und sich mehr als ein Mal dem Alkohol hingibt, um seine aktuellen Sorgen zu vergessen. Es macht Spaß zu lesen, wie David Mack diesen Hallodri in die Handlung und die Ereignisse der Taurus-Region einbindet.

Der Kontrast macht’s

Auch wenn die Charaktere auf den ersten Blick nicht Star Trek-typisch wirken, sind sie doch Teil des Universums, dass sie sich mit der ursprünglichen Enterprise teilen. Dabei nutzt David Mack den Kontrast zwischen der TOS-Crew und der Vanguard-Mannschaft perfekt aus. Hierbei wirkt es ironisch, wenn ein, zum Handlungszeitpunkt frischgebackener, Captain Kirk, der für seine Vorliebe für das Ignorieren von Regeln bekannt ist, sich daran reibt, dass bei der Raumstation Dinge allem Anschein nach nicht regelgerecht laufen.

In Der Vorbote ist eine Föderation zu erleben, wie sie ähnlich düster und komplex zuletzt in Deep Space Nine auftauchte. Für die Aufklärung des Geheimnisses der Taurus-Region ist dieses Sternenbündnis durch ihre Vertreter nur allzu bereit, ihre Gesetze mit Füßen zu treten! Es werden zwar bewusst keine Menschenleben geopfert, aber Regeln und Standards einer Demokratie werden mitunter im vollen Bewusstsein ignoriert, wenn es der Sache dienlich ist. Gewissensbisse sind dann immer noch später erlaubt.

Explosiv!

Hinzu kommt dann ebenso eine explosive politische Lage. Vor allem die Tholianer, die aus der TOS-Episode Das Spinnennetz bestens bekannt sind, spielen hierbei eine gewichtige Rolle. Etwas aus der Taurus-Region bringt sie dazu, noch aggressiver vorzugehen, als sie es nicht ohnehin schon sind. Doch auch die Klingonen stecken nicht zurück und mischen mit.

Mit Star Trek – Vanguard 1: Der Vorbote schrieb David Mack einen spannenden und abwechslungsreichen Roman. Das Buch wurde übrigens am 06. März 2018 neu aufgelegt, wobei die Grundlage dieser Rezension die Erstauflage aus dem Jahr 2008 ist.

Autor: David Mack
Titel:
Star Trek – Vanguard 01: Der Vorbote
Teil/Band der Reihe:
Star Trek – Vanguard 01
Originaltitel:
Star Trek – Vanguard: Harbinger
Übersetzer:
Mike Hillenbrand
Verlag:
Cross Cult
Erschienen:
02/2018
Einband:
Taschenbuch
Seiten:
395
ISBN:
978-3936480917
Sonstige Informationen:
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Götz Piesbergen

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