Lesezeit circa: 8 Minuten

Weit mehr als Han Solo, Indiana Jones und der Blade Runner.

Harrison Ford ist eine von drei Personen, auf die der Begriff „Idol“ zutreffen würde, wenn besagter Autor dieses Wort nicht partout ablehnen würde. Neben DeForest Kelley und Johnny Cash jedoch kommt er diesem Terminus zumindest sehr nahe.

Der als manchmal nicht einfach geltende Mime hat es im Laufe seiner mittlerweile 53-jährigen Filmkarriere über lange Zeit hinweg gehasst, auf seine drei Paraderollen reduziert zu werden. Der des zynischen Weltraumschmugglers Han Solo aus der Star Wars-Saga, der des Schlapphut tragenden und Peitsche schwingenden Archäologie-Professors sowie der des desillusionierten Detektivs in der endzeitlichen Welt der 20er-Jahre des 21. Jahrhunderts. Vielleicht war es eine gewisse Altersweisheit, vielleicht aber auch die Erkenntnis, dass die Fan-Meinungen nicht automatisch Negatives bewirken müssen. In den vergangenen vier Jahren jedenfalls ist Harrison Ford bereits in zwei seiner Rollen aus dem Titel zurückgekehrt und steht kurz davor, auch die dritte ein weiteres Mal zu verkörpern.

Harrison FordEin ehemaliger Pfadfinder will Schauspieler werden…

Geboren am 13. Juli 1942 in Chicago, wuchs Harrison als Sohn von Christopher, der irischer und deutscher Abstammung war, und Dorothy Ford, geborene Nidelmann, Tochter jüdischer Einwanderer aus Weißrussland, in seiner Geburtstadt auf. Schon in seiner Kindheit schloss sich der sehr sportliche und körperbetonte Harrison Ford den Boy Scouts Of America, der größten amerikanischen Pfadfindervereinigung, an. Hier erlangte er den zweithöchsten Rang eines „Life Scouts“. Da Ford bereits in jungen Jahren Schauspieler werden wollte, ging er Mitte der 60er-Jahre nach dem College nach Kalifornien. Auf dem College hatte er seine erste Ehefrau Mary Louise Marquardt kennen gelernt und 1964 geheiratet.

In Kalifornien schloss sich der junge Harrison zunächst dem Ensemble des Laguna Playhouse, eines renommierten Theaters in der gleichnamigen Stadt an. Er schaffte es schließlich, in ein Förderprogramm für Nachwuchsschauspieler aufgenommen zu werden. 1966 dann hatte er seinen ersten, lediglich sekundenlangen Filmauftritt. Er war als Hotelpage in dem Western Immer, wenn er Dollars roch mit Leinwandstar James Coburn in der Hauptrolle zu sehen. Anfangs nannte er sich übrigens „Harrison J. Ford“, obwohl er keinen zweiten Vornamen hat. Der Grund dafür war, dass er Verwechslungen mit dem populären Stummfilmschauspieler Harrison Ford (1884-1957) vermeiden wollte.

…und wird erst einmal Tischler

In der Folgezeit erhielt Harrison lediglich kleine und kleinste Rollen in Kinofilmen wie Der gnadenlose Ritt mit seinem Namensvetter Glenn Ford oder damals populären Fernsehserien wie Rauchende Colts, FBI oder Der Chef, was nicht zum Leben reichte. Da er seine junge Familie ernähren musste (1966 war sein erster Sohn Benjamin zur Welt gekommen), verdingte er sich neben seinen kleinen Schauspielauftritten als Tischler in einer Schreinerei. Die entsprechenden Fertigkeiten hierfür hatte er sich in seiner Jugendzeit selbst beigebracht. Außerdem arbeitete er als Roadie und Kamera-Assistent auf Tourneen verschiedener damals populärer Musik-Acts. So war er mit dem brasilianischen Pianisten Sérgio Mendes und der Gruppe The Doors unterwegs. Für letztere war er während des berühmten Monterey Pop Festival im Jahr 1967 auch als Security-Mann tätig.

Ein Mann namens Lucas

1972 machte Harrison Ford dann die Bekanntschaft eines aufstrebenden jungen Filmemachers namens George Lucas, der ihm die zwar kleine, aber immerhin mit Dialogen versehene Rolle des großmäuligen Straßenrennfahrers Bob Falfa in seinem nostalgischen Filmprojekt American Graffiti anbot. Hierdurch wurde der Produzent des Films, Francis Ford Coppola, auf seinen Nachnamensvetter aufmerksam. Er gab ihm eine kleine Rolle in seinem 1974 entstandenen Polit-Thriller Der Dialog.

Doch nach wie vor musste Harrison Ford als Schreiner arbeiten, um seine Familie ernähren zu können. Sohn Nummer 2, Willard, war 1969 zur Welt gekommen. Im Zuge dessen engagierte ihn American Graffiti-Regisseur George Lucas für die Renovierung seines neuen Hauses. Er erzählte ihm dabei von seinem neuesten Projekt, einem großangelegten Science-Fiction-Märchen mit dem Arbeitstitel “The Star Wars”. Der Rest ist Filmgeschichte. Da damals populäre Schauspieler wie Al Pacino, Christopher Walken und Jack Nicholson die Rolle des zynischen Weltraumschmugglers Han Solo, sozusagen der „Zweitheld“ in Star Wars, nicht spielen wollten, gab sie George Lucas seinem Freund Harrison. Dieser wurde über Nacht zu einem der bis heute kommerziell erfolgreichsten Schauspieler Hollywoods.

Harrison FordNenn ihn Dr. Jones!

Nach ein paar weiteren Filmen wie dem Actionstreifen Der wilde Haufen von Navarone oder der Westernkomödie Ein Rabbi im Wilden Westen war Harrison Ford auch im zweiten Star-Wars-Film als Han Solo zu sehen. Danach plante George Lucas zusammen mit seinem Freund, dem Erfolgsregisseur Steven Spielberg, einen in den 30er-Jahren spielenden Abenteuerfilm mit dem Titel Jäger des verlorenen Schatzes, in dem der waghalsige Archäologe Professor Henry Walton „Indiana“ Jones auf die Suche nach der verschwundenen heiligen Bundeslade geht. Die Titelrolle sollte eigentlich ein junger Schauspieler namens Tom Selleck spielen. Diesem schien jedoch die Hauptrolle in einer geplanten neuen Krimi-Serie mit dem Titel Magnum erfolgsversprechender. Das führte dazu, dass Harrison Ford seine zweite Paraderolle erhielt. Spätestens ab da konnte er sich seine Rollen nach Belieben aussuchen.

Der Blade Runner

Seine nächste Rolle sollte eine anspruchsvollere sein. In dem dystopischen Science-Fiction-Film Der Blade Runner (1982) des Briten Ridley Scott spielte Ford den desillusionierten Privatdetektiv Rick Deckard. Dieser geht im Los Angeles des Jahres 2019 (andere Angaben belaufen sich auf 2022) auf die Jagd nach menschenähnlichen Bio-Androiden mit der Bezeichnung „Replikanten“. Der Film war kommerziell nicht sonderlich erfolgreich. Er entwickelte sich aber zum vielzitierten Kultfilm und bescherte Ford seine dritte ikonische Rolle.

Anspruchsvolle Filme

Nachdem Ford in Die Rückkehr der Jedi-Ritter (1983) zum dritten Mal als Han Solo zu sehen gewesen war und im darauffolgenden Sommer (1984) als Indiana Jones (…und der “Tempel des Todes”) zurückkehrte, machte sich eine ausgesprochene Müdigkeit bezüglich Action-Rollen in ihm breit. Aus diesem Grund drehte er unter der Regie des Australiers Peter Weir die Filme Der einzige Zeuge (1985) sowie Mosquito Coast. Dort spielte er einen Polizisten, der unter den vermeintlich rückständigen Amish People ermitteln muss sowie einen zivilisationsmüden Erfinder. Obwohl beide Filme hervorragende Kritiken erhielten, blieb ihr kommerzieller Erfolg eher klein. Das Gleiche galt auch für Fords nächste Filme wie die Beziehungskomödie Die Waffen der Frauen sowie den Thriller Frantic von Ausnahme-Regisseur Roman Polanski (beide 1988).

Erst 1989 kehrte der Erfolg zurück zu Harrison Ford. Indiana Jones und der letzte Kreuzzug stellte ihm Ex-Bond Sean Connery als Indys Vater Professor Henry Jones sen. zur Seite. Der Film wurde ein absoluter Kassenschlager.

Ab da fand Harrison Ford endlich das richtige Mischungsverhältnis zwischen Spaß- und intellektuellen Filmen.

In den auf den Romanen von Tom Clancy basierenden Polit-Thrillern Die Stunde der Patrioten (1992) und Das Kartell (1994) hatte er ebenfalls eine Rolle. Dort sah man ihn als den aufrechten Regierungsbeamten Jack Ryan. In Auf der Flucht (1993) verkörperte er den wohl bekanntesten Flüchtigen der Fernsehgeschichte, Dr. Richard Kimble. Der Bösewicht des Films, der mysteriöse „Einarmige“, wurde übrigens von Andreas Katsulas (+2006) gespielt, den Science-Fiction-Fans als den reptilienhaften Narn G’Kar aus der Kultserie Babylon 5 kennen, die ab Herbst 1993 im US-Fernsehen zu sehen war.

In Air Force One (1997) hingegen sah man Harrison Ford als wehrhaften amerikanischen Präsidenten, der sich gegen seine Kidnapper stellt. Mit Schatten der Wahrheit (2000) gab er seinen Einstand in das Genre des Horrorfilms.

Die Rückkehr des Helden

Harrison Ford2015 schließlich kehrte Harrison Ford in Star Wars: Das Erwachen der Macht als gereifter Han Solo zurück, zwei Jahre später spielte er noch einmal die Rolle des Rick Deckard in Blade Runner 2049. 2021 wird es so weit sein. Der dann 79-jährige ist ein letztes Mal als Indiana Jones im fünften Film der Reihe zu sehen. 2008 war bereits in Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels eine deutlich gereifte Version des Actionhelden zu sehen.

Im aktuellen Jahr 2019 werden wir Harrison Ford in der Verfilmung eines Romans des Abenteuerschriftstellers Jack London sehen. Diese läuft ab Dezember in den Kinos. Nebenbei findet der umtriebige Schauspieler auch die Zeit, sich aktiv für den Umwelt- und Klimaschutz einzusetzen.

Zu Harrison Fords Gratulanten gehört heute ganz sicher seine Familie. Seine vier Söhne und einzige Tochter sowie Ehefrau Nummer 3, die frühere „Ally McBeal“-Darstellerin Calista Flockhart. Seine erste Ehe sowie seine zweite mit der Drehbuchautorin Melissa Mathison ging in die Brüche.

Möge die Macht immer mit Dir sein, Harrison!

Harrison Ford im Web

warpshop

Lust, unser Team zu unterstützen? Dann schaut doch mal auf unsere MITMACHEN Seite.

 

Thorsten Walch

Kommentar verfassen