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Mann aus Glas ist der Auftakt zur aktuellen Perry Rhodan NEO Staffel Die Solare Union.

Mann aus Glas
© Pabel-Moewig Verlag KG

Titel: Mann aus Glas
Erschienen: 17. Mai 2019
Autoren: Rüdiger Schäfer & Rainer Schorm
Zeichner: Dirk Schulz & Horst Gotta

Der Anfang

Das Heft an sich präsentiert sich ansprechend, Titelbild mit Alien, gelungen. Der Einstieg ist perfekt. Aus Sicht eines Prospektors bereitet man die Bühne für die kommenden Abenteuer. Seine Landung auf der Wüstenwelt, sein Fund der Hyperkristalle, hier Drusen genannt, das ganze fesselt bereits ohne großartige Action. Hätte gerne etwas länger gehen dürfen, die Spannung bezog sich hier auf die Frage „Was wird er nur finden?“. Erinnerte mich persönlich sogar ein wenig an den Anfang mancher Werke von Stephen King, zumindest wäre das erste Kapitel einem Horrorroman würdig gewesen.

In Kapitel zwei und drei von Mann aus Glas hieß es staunen. Einerseits habe ich hier aus den oben genannten Gründen eine leichte Verwirrung feststellen dürfen, andererseits ist die hier geschilderte Technik irgendwie greifbarer, realistischer als in der Erstauflage. Die Meister der Insel haben den Terranern helfend unter die Arme gegriffen? Aha, Unterschiede zur klassischen Serie – und zwar hammerharte.

Es gibt statt Linearraumschiffen weiterhin Transitionsschiffe, so wie ich es verstehen durfte, vielleicht irre ich auch, aber zumindest gibt es Sonnentransmitter und ähnliches. Deren Passage erfordert also eine Suspension, man reist in Gel eingelegt wie eine Sardine, um den Flug unbeschadet zu überstehen. Gefällt mir extremst. Die Fortbewegung in der klassischen Serie war so extrem inflationär, so schnell, und das ohne allzu große Drawbacks. Hier in NEO zahlt man für jeden Fortschritt offenbar einen gewissen Preis.

Dann hat Rhodan mit Thora anscheinend zwei Söhne. Okay. Da die Handlung ca 60 Jahre in der Zukunft von Heft eins spielt nehme ich mal fast an, Perry, Thora und vielleicht sogar die zwei Kids sind unsterblich. Ist zumindest anzunehmen, Nun gut, schauen wir mal, ob ich diese Info richtig extrapoliert habe.

Der Nebel lichtet sich

Kapitel fünf und folgende liefern dann doch ein paar Antworten. Perry und Thora leben, Crest nicht mehr. Ihm zu Ehren gibt es nun das Schiff CREST II. Und man fliegt noch mit Transitionstriebwerk. Geflasht war ich von der politischen Situation auf der Erde. Es gibt noch Länder und nicht alle machen bei Perry und seiner Terranischen Union mit. Das nenne ich mal eine nachvollziehbare reale Entwicklung. Die Erde hat zehn Kolonien und die Terraner können wohl nur dort siedeln, da sie genetisch angepasst wurden. Perrys Rang ist der eines Protektors, was immer das auch heißt, Thora ist Kommandantin der CREST II und beide sind sich unsicher, ob es gut ist, permanent aufeinanderzuhocken, was an Bord der CREST III unausweichlich ist.

Und leck mich doch einer fett, bei den umweltangepassten Terranern gibt es reale Physik. Dinge, die mir ehrlich gesagt bei der Lektüre der klassischen Serie nie als eigentlich falsch aufgefallen wären, werden hier beachtet.

Betreten Menschen einen Planeten mit höherer Gravitation als die Erde herrscht dort zumeist auch höherer Luftdruck. War nie ein Thema in der normalen Perry-Serie, da wanderte man auf allen Planeten so herum wie es einem passt. Beziehungsweise waren alle Planeten zwar erdähnlich oder hatten stark erhöhte Gravitation, aber irgendwie nie merkliche Druckunterschiede. Hier in NEO ist das anders, da müssen umweltangepasste Menschen beim Wechsel auf andere Planeten erstmal einen Dekompressionsvorgang mitmachen. Und auch ihre Sinnesorgane, Augen und Co., verändern in anderer Druckumgebung ihre Art der Wahrnehmung.

Ja schei… die Wand an, wieso ist mir nie aufgefalllen, dass dies tatsächlich eine Herausforderung sein müsste im Weltraumzeitalter? Weil es beim Lesen eventuell hinderlich für die Action wäre? Unsinn, man kann Action mit sowas auch erzeugen oder unterstützen, kann ansonsten schier unbesiegbar erscheinenden Helden eine Achillesferse verpassen. Und zwar keine irreale wie grünes Kryptonit, sondern tatsächlich reale Probleme (nun ja, wenn man mal bewohnbare Planeten und interstellare Weltraumfahrt als „real“ definiert, hüstel).

Ach, und durch den Transmitter über Olymp kommt unangekündigt ein seltsames kleines Schiff bzw. Objekt, Spannung steigt, dazu beide Rhodan-Söhne undercover in bester Agentenmanier auf der Suche nach Drusenschmugglern. Momentan fühle ich mich gerade wie im Paradies.

Mittelpart

Aha, Merkosh ist durch den Sonnentransmitter gekommen – ein anderer Merkosh als ich ihn aus der Erstauflage kenne – und die Unterschiede sind frappierend. Dennoch mag ich diese neue Interpretation gleich von Beginn an. Die überaus gestelzte Sprechweise, so angenehm höflich. Spannung wird hier aufgebaut, man möchte gleich wissen, wer ist das, was will er.

Kritikpunkt aber – Namedropping. Ich verstehe dass sich NEO aus dem Fundus der alten Klassiker bedient, aber ob dies echt immer sein muss? Denn wie es mir scheint ist vieles davon eben Namedropping – man nehme einen beliebten Charakter, baue ihn fast komplett neu auf, aber gebe ihm einen alten Namen, um Interesse zu wecken. Das verwirrt mich als Klassikleser zusätzlich an einigen Stellen.

Rhodans Söhne untersuchen eine schweigende Kolonie, soweit so gut. Die Anspielung auf Star Wars in Kapitel zwei brachte mich sogar zum schmunzeln.

Die Abenteuer auf der chinesischen Kolonie allerdings haben gerade einen faden Beigeschmack. Dass dort fast alle tot sind sei geschenkt. Dass eine Lady mit Namen Tekener auftaucht, ok, Namecalling, hatten wir ja schon, kann man machen. Aber die angreifenden verbliebenen Kolonisten, das hatte was von Zombies á la The Walking Dead. Nicht mein Geschmack, sorry.

Endspurt in Mann aus Glas

Merkosh ist ein Dieb und gibt eine kleine Exkursion in die Quantenmechanik zum Besten. Herrlich. Rhodans Söhne stoßen mit Frau Tekener auf einen mächtigen Hypnomutanten oder jemanden, der mit Technik andere geistig übernehmen kann – genau steht da noch nicht, wie er es macht. Sie können diesen Menschen mit Namen Iratio Hondro besiegen. Nun ja, Hondro kenne ich ja aus der Erstauflage, dass dieser jedoch fast wie ein Ribald Corello auftritt ist neu. Ich merke schon, ich muss dringend die mir fehlenden NEOs nachlesen…

Fazit

NEO ist anders. NEO ist, obschon die Technik in NEO der der Erstauflage hinterherhinkt, fortgeschrittener wirkend weil einfach greifbarer, realistischer wirkend, soweit man das bei fiktiver Technik denn sagen kann. Ich kann nachvollziehen, wieso viele Altleser NEO nicht viel abgewinnen können. Es ist sprachlich einfach um Welten den Klassikern voraus, durchdachter und komplexer. Ich mag das, und Mann aus Glas fand ich mit einem Wort GEIL

In eigener Sache

Für das erste Heft der NEO-Serie, welches wir hier vorliegen haben, wird es schwer, eine Inhaltsangabe adäquat aufzubauen und abzugeben. Warum? In NEO ist eben alles anders als in der klassischen Serie, und wenn man wie ich nach Band 99 jetzt plötzlich mit Band 200 wieder einsteigt (dazwischen einige gelesen, aber trotz hoher Spannung und guter Unterhaltung rein aus Zeitgründen nicht fester Leser gewesen), versteht man in doppelter Hinsicht stellenweise Bahnhof.

Einmal fehlt einem natürlich etwas Hintergrundwissen, welches auch die Perrypedia nicht umfassend liefert. Erschwerend kommt das Wissen aus der alten Serie hinzu, wodurch man unwillkürlich Namen und Orte in den falschen Kontext setzt. Kurz, man hat immer wieder den Moment, wo man sich denkt „Dafuq, was geht denn hier ab“ und „Bahnhof? Bratkartoffeln?“.

Reine NEO-Leser und Menschen, die nie ein Heft PR gelesen haben, dürften es da mit dem Serieneinstieg wohl leichter haben, unterstelle ich einfach mal. Entsprechend habe ich mich entschlossen, statt der Heftzusammenfassung und dann einer Kritik meinem sehr speziellen Stil in Form eines Lesetagebuchs Freilauf zu gewähren. Ich schreibe nach jeweils einigen Kapiteln, was mich bewegt hat, ohne dabei die Handlung wirklich zusammenzufassen. Ich kritisiere und sinniere einfach drauf los.

 

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Mario Staas

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