Mit Eine Nacht der Tricks fängt die Eternauta-Serie an, die auf einem Comic aus Argentinien basiert.
Ein Opfer der Diktatur
Angesichts der Dominanz, die die Adaptionen von amerikanischen Comics haben, vergisst man gerne mal, dass es nicht nur in den USA eine enorme vielfältige Comickultur- und -Historie gibt. Auch in anderen Teilen der Welt ist diese vorhanden. Und manchmal ist die Geschichte der Vorlage so faszinierend, dass man sich schon fast wünschen würde, dass diese verfilmt worden wäre, anstatt dem Comicwerk.
Eternauta ist so ein Comic. Die Vorlage war ein Comicstrip, der ursprünglich von 1957 bis 1959 in der Comicanthologie Hora Cero Semanal lief. Autor war Héctor Germán Oesterheld, derweil die Zeichnungen von Francisco Solano López stammten. Oesterheld sollte im Laufe seines Leben die Geschichte noch ein paar Mal wieder aufgreifen. Doch der ursprüngliche Comicstrip ist für viele die definitive Version, die man auch unbedingt lesen sollte.
Was diesen Strip so wichtig macht, ist jetzt weniger sein Inhalt, als vielmehr das, was mit seinem Autoren geschehen ist. Argentinien hat eine turbulente Geschichte, in der es mehrere Mal zu Putschen des Militärs kam, die Diktaturen errichteten. In einer solchen Ära werden dann natürlich von den Machthabern all jene verfolgt, die anders oder kritisch denken. Diese Personen verschwanden oft genug auch spurlos, wobei sich ihr Schicksal selbst nach dem Ende der Diktatur nur selten feststellen ließ.
Endlich eine Adaption
Auch Oesterheld gehörte zu den Opfern des Regimes. Kurz bevor die letzte Militärdiktatur Argentiniens an die Macht kam – also von 1976 bis 1983 – wurden er und seine Töchter Teil der linken Guerillagruppe Monteneros, die gegen das Militär vorgingen. 1977 wurden er und seine Töchter entführt und verschwanden spurlos, wurden also vermutlich umgebracht. Nur seine Ehefrau blieb als einzige der Familie noch am Leben.
Im Laufe der Jahre sollte es wiederholt Versuche geben, Eternauta zu adaptieren. Doch nur ein Pilotfilm aus dem Jahr 1968 sollte es wirklich zur Vollendung schaffen. Ansonsten sollte es immer wieder Probleme mit den Finanzen oder dem Copyright geben, da teilweise unklar war, wer jetzt genau die Richte an der Serie besaß. Letzten Endes wurde diese Frage vor einigen Jahren geklärt, so das dann im Jahr 2020 Netflix verkünden konnte, dass sie eine Adaption der Reihe herausbringen würden. Auf Grund der Covid-19-Pandemie sollte der Release sich allerdings verzögern, von 2021 auf 2025.
Das Besondere ist, dass die Reihe in Argentinien selbst gedreht wurde und im Original Spanisch gesprochen wurde. Das geschah in Absprache mit den Rechteinhabern Martín Oesterheld, dem Enkel des Autors, und Laura Bruno. Der argentinische Filmemacher Bruno Stagnaro kümmerte sich um die Adaption und zwar, sowohl als Regisseur, wie auch als einer der Drehbuchautoren und allgemein als Schöpfer der Serie.
Beinahe ein Kammerspiel
Buenos Aires in einer heißen Sommernacht: Drei junge Mädchen, von denen eine gerade Erwachsen wurde, liegen vor der Stadt vor Anker. Plötzlich sehen sie ein riesiges Polarlicht und als der Seegang stärker wird, wollen sie wegsegeln. Doch sämtliche elektronische Geräte funktionieren nicht mehr und irgendetwas Unsichtbares bringt alle um, die sich draußen aufhalten.
In der Stadt selbst fahren die drei Freunde Juan (Ricardo Darín), Omar (Ariel Staltari) und Polsky (Claudio Martínez Bel) zu ihrem Bekannten Alfredo Favalli (César Troncoso). Dort wollen sie gemeinsam mit ihm und dessen Freund Lucas (Marcelo Subiotto) Karten spielen. Doch der gemütliche Abend wird schnell ungemütlich, als sämtliche elektrische Geräte ausfallen und es draußen anfängt zu schneien. Ein Schnee, der absolut tödlich ist!
Wer Eternauta anfängt und erwartet, hier eine Serie zu sehen, die ähnlich wie eine amerikanische Fernsehserie abläuft, der wird enttäuscht werden. Eine Nacht der Tricks ist schon fast betulich im Vergleich zu Reihen wie The Walking Dead oder The Last of Us. Überwiegend ist die Episode auch beinahe ein Kammerspiel, da sie größtenteils nur den vier Wänden von Alfredos Haus stattfindet.
Starke Bilder
Doch der langsame Handlungsfortschritt hat seine Vorteile. Umso mehr gelingt es Brono Stagnaro nach und nach die Bedrohung aufzubauen, die über die Stadt hereinbricht. Er gibt einen ersten Vorgeschmack mit dem Prolog, wo man sieht, was mit den drei Mädchen geschieht. Schon das sorgt für eine Gänsehaut.
Ehe er zunächst für Abwechslung sorgt, in dem er den argentinischen Alltag zeigt. Einer, der von Chaos (Stromausfall und Protesten), aber auch friedlichen Abenden mit Freunden und Familie geprägt ist. Er zeigt dabei, wie sehr die Bewohner des Landes anscheinend dieses Chaos gewohnt sind, wie sie es mit einem Schulterzucken hinnehmen und für alle Eventualitäten dann halt Öllampen oder Taschenlampen im Haus haben. Wobei auch hier Handys eine große Rolle spielen, wie man in den ersten 15 Minuten sieht.
Es ist dieser Alltag, über den dann das richtige Chaos einbricht. Es wird nicht geklärt, was die Ursache für all diese Ereignisse ist. Aber man sieht die Auswirkungen. In starken Bildern sieht man beispielsweise, wie ein argloser Nachbar das Fenster öffnet, vom Schnee getroffen wird und tot zusammensackt. Kurz darauf gefolgt von seiner Ehefrau, die sich nichts ahnend über ihn beugt.
Gute und wichtige Änderungen
Und doch wird hier auch der Einfallsreichtum der Leute betont. Denn um sich zu schützen, ziehen sich entweder Taucheranzüge an oder kleiden ihre Autos mit einer Plastikfolie aus. Vor allem die Taucheranzüge sind dabei für Eternauta ikonisch, da sie das Bild des Comicstrips prägten.
Dabei wird sich nicht sklavisch an die Vorlage geklammert. Viele Eckpunkte und Figuren wurden übernommen, andere hingegen, wie der Beginn des Comicstrips, zu Recht ignoriert. Man merkt, dass sich hier mehr am Geist der Geschichte orientiert wurde, aber nicht beispielsweise am Setting, da der Strip ja in den 1950er Jahren stattfand und die Streamingserie in der aktuellen Zeit.
Ebenso wurden für die Reihe einige Figuren hinzugefügt. Omar und die Fahrradkurierin Inga existieren in der Vorlage nicht. Und zumindest Letztere sorgt für Konfliktpotenzial in der Reihe.
Wacklige Tricktechnik
Bei den Figuren muss die Serie auch kritisiert werden. Stellenweise wirken manche Charakterentwicklungen übers Knie gebrochen. Das auf ein Mal die Leute anfangen, sich bereits nach wenigen Stunden gegenseitig an die Gurgel zu gehen, wirkt übertrieben. Jetzt weniger, weil der Vorgang an sich unlogisch ist, als vielmehr, weil die Ursachen in der Auftaktfolge Nacht der Tricks bestenfalls nur gestreift wurden.
Auch in Sachen Tricktechnik ist stellenweise Luft nach oben. So sieht man, wie am Ende einer Gruppe in einem Taucheranzug durch die zugeschneiten Straßen der Stadt streift. Überall sieht man Leichen liegen, was durchaus bedrückend ist. Aber dann sieht man am Ende, wie in die Weite der totenstillen Stadt geschwenkt wurde und da merkt man sehr, dass dies am Computer entstanden ist.
Dennoch ist das ein großartiger Auftakt zur sechsteiligen Reihe. Mal schauen, was als nächstes kommen wird.
Info
Regie:Bruno Stagnaro
Drehbuch: Bruno Stagnaro, Ariel Staltari
Showrunner: Bruno Stagnaro
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