Wie man in Drachenzorn erfährt, hat sich Europa während der Abwesenheit von Will Laurence und Temeraire erheblich geändert.
Heimreise mit Hindernissen
Nachdem sie einige Zeit in China verbracht haben, geht es für Will Laurence und Temerarie zurück nach Hause. Doch die Heimkehr droht sich zu verzögern, als ihr Schiff durch eine Katastrophe erheblich beschädigt wird. Allerdings erhalten sie dann einen Auftrag, der eine alternative Route für ihre Heimreise bietet: Sie sollen nämlich im ottomanischen Reich dringend benötigte Dracheneier abholen.
Doch dann stellt sich heraus, dass in ihrer Abwesenheit sich in Europa vieles zum Schlechten geändert hat. Napoleon Bonparte konnte seine Herrschaft über den Kontintent weiter ausbauen. Und er hat eine wertvolle Verbündete gewonnen: Lien, die Albino-Himmelsdrachin, hat sich mit dem Franzosen zusammengetan, um Rache auszuüben.
Mit dem dritten Band der Die Feuerreiter seiner Majestät-Reihe zeigt sich einmal mehr, wo die Stärke der Serie liegt. Denn sie kann vor allem dann gefallen, wenn sie sich auf die Darstellungen der verschiedenen Kulturen konzentriert. Wo man sowohl Parallelen, aber auch Unterschiede zu den historischen Vorbildern findet.
Alles wirkt so lebendig
Und so ist man fasziniert davon, wie lebendig Naomi Novik in Drachenzorn die verschiedenen Kulturen schildert. Seien es die Ottomanen oder die Preußen: Man lernt viel über ihre Lebensweise und ihren Umgang mit den Drachen kennen. Weshalb man vor allem bei den Ottomanen nachvollziehen kann, wieso das britische Imperium so sehr daran interessiert ist, von ihnen Dracheneier zu erhalten. Denn sie haben Drachenrassen, deren Fähigkeiten das Drachencorps der Briten erweitern würden.
Überraschend ist auch die Darstellung von Lien. Sie ist natürlich eindeutig die Antagonistin. Doch die Autorin bemüht sich, sie differenziert darzustellen. Die Schriftstellerin zeigt eindeutig, wieso die Figur so handelt, wie sie es eben tut. Und man kann ihre Gründe, auch wenn sie für sich alleine zu verurteilen sind, gut verstehen. Das ist nicht selbstverständlich!
Doch nicht nur die Völker und die Gegenseite werden exzellent charakterisiert. Auch die Protagonistenseite erhalten jede Menge weiteres Profil. Man merkt dabei, wie tief inzwischen das Band zwischen Will Laurence und Temeraire sind. Beide sind zwar in manchen Aspekten nicht immer ein und derselben Meinung. Aber am Ende ziehen sie am selben Strang.
Platte Darstellung
Allerdings muss Temeraire im Laufe der Handlung von Drachenzorn viel Lehrgeld zahlen. Beeinflusst durch seine Beobachtungen in China, wo die Drachen als gleichberechtigt behandelt werden und auch eigenständig leben können, ist er fest entschlossen, dass ebenfalls in Europa durchzusetzen. Und stößt wiederholt auf überraschenden Widerstand. Es tut einem schon fast in der Seele weh, wenn man liest, wie die stellenweise grenzenlose Naivität des Himmelsdrachen immer mehr und mehr Risse erhält. Wie sein Weltbild zusammenbricht.
Die Story des Romans entwickelt sich herrlich unvorhersehbar. Wiederholt baut Naomi Novik Plottwists ein, die alles auf den Kopf stellen. Wodurch sich dieser Band sehr spannend liest.
Einen Kritikpunkt muss man allerdings an Drachenzorn anbringen: So genial die Charakterisierung der verschiedenen Kulturen auch ist: Bei den Preußen gibt sich die Autorin überhaupt keine Mühe. Diese werden als stur und konservativ dargestellt. Trotz der Tatsache, dass sie Napoleon wiederholt unterlegen sind, halten sie an ihrer traditionellen Vorgehensweise fest. Und werden dabei sehr negativ charakterisiert. Wenn man bedenkt, welche Mühen die Schriftstellerin sich sonst macht, ist diese flache Darstellung enttäuschend.
Trotzdem ist dies ein weiterer fantastischer Roman.
Info
Autor: Naomi Novik
Titel: Die Feuerreiter seiner Majestät 03: Drachenzorn
Originaltitel: Black Powder War
Übersetzer: Marianne Schmidt
Verlag: Blanvalet
Erschienen: 09/2007
Einband: Taschenbuch
Seiten: 512
ISBN: 978-3-442-24445-4
Sonstige Informationen: Produktseite
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