Bei der ersten offiziellen Mondlandung finden die Astronauten heraus, dass schon jemand vor ihnen da war.
Drei Raumfahrtpioniere stoßen auf Mondaliens
Nachdem John F. Kennedy 1961 ankündigte, Menschen auf den Mond zu schicken, bot es sich an, H. G. Wells‘ Roman Die ersten Menschen auf dem Mond (1901) zu verfilmen. Während sich der Roman auf nur einer Zeitebene abspielt, beginnt der Film in den 1960ern mit der ersten offiziellen Mondlandung, welche die Apollo 11 vorwegnimmt. Interessanterweise handelt es sich im Film um keine rein amerikanische Mission. Da es ein britischer Film ist, sind neben Amerikanern auch Briten und zu aller Überraschung sogar Sowjets dabei. Statt einem Wettrennen also ein gemeinsames Rennen zum Mond, was H. G. Wells sicherlich gefallen hätte.
Auf dem Mond entdecken die Astronauten eine britische Flagge und ein Schriftstück aus dem Jahr 1899. In dem Dokument wird ein gewisser Arnold Bedford (Edward Judd) erwähnt, welchen die UNO in einem Altersheim in England ausfindig macht. Dort erzählt er rückblickend die Geschichte von der ersten Fahrt zum Mond, an der er und seine Verlobte Kate (Martha Hyer) durch eine Verkettung von Zufällen teilgenommen haben. Kate kommt in der Romanvorlage übrigens nicht vor, womit der Film etwas diverser ausfällt. In diesem sind die Mondfahrer nun also zu dritt, doch wie hat es sie in den Weltraum verschlagen?
Ende des 19. Jahrhunderts steckt der erfolglose Autor Bedford in finanziellen Schwierigkeiten. Seine Verlobte verkauft ein angeblich von der Tante geerbtes Haus, das ihm aber gar nicht gehört, an seinen Nachbarn, den chaotischen Professor Cavor (Lionel Jeffries). Der hat eine Legierung entwickelt, welche die Schwerkraft überwindet. Das nach ihm benannte Cavorit enthält Helium, was bekanntlich leichter als Luft ist. In einer Legierung würde das allerdings keine Rolle spielen und ein dünner Überzug würde keine Raumkapsel in die Lüfte heben. Obendrein lässt sich deren Abheben mit dem Öffnen und Schließen beschichteter Luken steuern, was genauso ein physikalischer Blödsinn ist. Wie sich die Raumkapsel dann noch im Vakuum des Weltraums steuern lässt, entbehrt jeder Logik, denn dort herrscht ja ohnehin Schwerelosigkeit.
Mit der Wissenschaft nimmt es der Film nicht so genau und das Cavorit ist schon in der Romanvorlage lediglich ein McGuffin, um die Handlung voranzutreiben. Diese kommt so richtig in Gang, als die Kapsel abhebt, wobei Kate unfreiwillig mit an Bord gerät. Nach einer unsanften Landung steigen Cavor und Bedford in Taucheranzügen nach draußen und hissen die britische Flagge auf der Mondoberfläche. Danach stürzen sie versehentlich in einen Schacht und landen in einer unterirdischen Anlage mit atembarer Luft. Diese hätte eigentlich durch den Unterdruck nach draußen entweichen müssen, aber immerhin die verminderte Schwerkraft ist berücksichtigt worden. Unter der Oberfläche stoßen die zwei Raumfahrer auf die Zivilisation einer insektoiden Spezies namens Seleniten, welche zwischenzeitlich die Raumkapsel mit Kate an Bord in ihre Stadt bringen.
Die Fremden sind mal wieder die Bösen
Der Erstkontakt mit den Seleniten verläuft nicht gerade glücklich, da Bedford ihnen einen Vorgeschmack auf menschliche Gewalttätigkeit gibt. Als er und Cavor auf der Suche nach ihrer Raumkapsel zurückkehren, müssen sie obendrein noch vor einer riesigen Mondraupe fliehen. Sie geraten schlussendlich in die Fänge der Mondbewohner, welche mittels eines Übersetzers eine Kommunikation herstellen. Sowohl in der Romanvorlage als auch in der Verfilmung sind die Seleniten schockiert von den Schilderungen über die Kriege zwischen den Menschen. Während der Roman dabei Kritik an der menschlichen Gesellschaft übt, werden die Seleniten im Film als Bedrohung dargestellt, obwohl nichts darauf hindeutet, dass sie der Menschheit feindlich gegenüberstehen. Sie kennen nicht einmal das Konzept von Krieg, was Cavor ihnen erst erklären muss.
In der Gegenwart warnt Bedford, der zusammen mit Kate vom Mond entkommen konnte, während Prof. Cavor freiwillig zurückgeblieben ist, eindringlich vor den Seleniten. Diese Warnung hätte er sich jedoch schenken können, denn die Astronauten der Mondmission stellen fest, dass die Mondbewohner längst ausgestorben sind. Sie sind einem Schnupfenvirus zum Opfer gefallen, welches Cavor eingeschleppt hat. Das ist quasi das umgekehrte Prinzip wie in H. G. Wells‘ Krieg der Welten (1898). Abermals erliegt eine außerirdische Spezies irdischen Bazillen, nur sind diesmal die Menschen die Invasoren.
Die Art und Weise, wie hier die Menschheit über die Seleniten erhoben wird, ist zutiefst chauvinistisch. Obwohl die Mondwesen die Menschheit nie bedroht haben, kommt ihre Ausrottung wie ein Glücksfall rüber, da die vermeintliche Bedrohung sich damit erledigt hat. Rein zufällig beginnen die Städte der Seleniten genau in dem Moment einzustürzen, als die Astronauten von der Erde eintreffen. Warum die Kuppel und Tunnel überhaupt in sich zusammenfallen, obwohl Schnupfenviren eigentlich nur Lebewesen und keine Gebäude befallen, darüber macht man sich besser keine Gedanken. Reine Dramaturgie!
Spezialeffekte, Sets und Kostüme
In punkto wissenschaftlicher Korrektheit und Logik kann der Film nicht wirklich überzeugen. Was ihn dennoch sehenswert macht, ist die hervorragende Ausstattung. Die Sets sehen überzeugend aus und die antike Mondfähre hat ein einprägsames Design, wobei die Anschlagpuffer an den Ecken offenkundig von Eisenbahnwaggons stammen. Die Innenausstattung ist herrlich aus der Zeit gefallen, allerdings sind die Netze als Schutz vor Aufprall nur unzureichend. Sitze mit Gurten wären hier angebracht gewesen.
Die Kostüme sind ebenfalls sehr aufwendig. Die Raumanzüge der Astronauten wurden sogar später in zwei Episoden von Doctor Who wiederverwendet und ein Exemplar tauchte als Anzug des Kopfgeldjägers Bossk in Star Wars: Episode V – Das Imperium schlägt zurück auf. Die Seleniten sehen für die damalige Zeit überzeugend aus und bleiben dem Betrachter im Gedächtnis. Nur die Geräusche, die sie von sich geben, sind echt nervtötend. Die Maske des gealterten Bedfords kann sich ebenfalls sehen lassen. Für die Spezialeffekte war der berühmte Stop-Motion-Künstler Ray Harryhausen (1920-2013) verantwortlich, der NASA-Blueprints für die Sets verwendete. Mit Regisseur Nathan Juran hatte er schon zuvor bei Sindbads siebente Reise (1958) zusammengearbeitet. Handwerklich gibt es an dem Film nicht viel zu bemängeln
Die erste Fahrt zum Mond diente gar einigen späteren Genre-Klassikern als Inspirationsquelle. So erinnert der verschrobene Professor Cavor an Dr. Zarkov aus Flash Gordon (1980), zumal seine Raumkapsel ebenfalls durch die Decke seines Wintergartens startet. Die Warnung Bedfords vor dem, was die Astronauten auf dem Mond finden könnten, weckt Assoziationen an die Warnungen von Dr. Cromwell vor Aliens auf dem Mars in Species II (1998). Nur befindet sich letzterer zu dem Zeitpunkt in einer Psychiatrie, während Bedford in Ehren ergraut sein Dasein in einem Altersheim fristet.
Fazit zu Die erste Fahrt zum Mond: Punktet vor allem beim Design
Der bekennende Sozialist H. G. Wells ist für seine gesellschaftskritischen Werke bekannt. Einmal davon abgesehen, dass in der Verfilmung zu Zeiten des Kalten Krieges Amerikaner und Russen gemeinsam auf dem Mond landen, ist davon aber nicht allzu viel übrig geblieben. Die Seleniten wirken bedrohlich, obwohl die Menschen die kriegerischere Spezies sind. Ein möglicher Konflikt wird jedoch, ebenso wie eine mögliche Aussöhnung, durch das Aussterben der Mondbewohner umgangen. Das ist sehr enttäuschend und obwohl der Genozid unbeabsichtigt geschieht, erscheint die Botschaft, die der Film damit aussendet, zumindest fragwürdig.
Eine weitere Schwäche des Films ist die wissenschaftliche Inkorrektheit. Was Die erste Fahrt zum Mond dennoch zu einem sehenswerten Klassiker des Genres macht, sind die Sets und Spezialeffekte. Ray Harryhausen gilt nicht umsonst als Legende auf seinem Gebiet. Optisch macht der Film trotz seines hohen Alters noch einiges her. Für die Blu-Ray-Veröffentlichung wurden erfreulicherweise Staub und Kratzer entfernt.
Info
Originaltitel: First Men in the Moon
Drehbuch: Nigel Kneale & Jan Read
Regie: Nathan Juran
Musik: Laurie Johnson
Kamera: Wilkie Cooper
Schnitt: Maurice Rootes
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