Wie verabschiedet man sich von einem Wesen, das einerseits unsterblich ist, aber dann eben doch gestorben ist?
Die perfekte Länge
Lord Morpheus ist tot und Trauer hat sein Reich erfasst. Es ist klar, dass es eine Trauerfeier geben wird, um sich entsprechend von ihm zu verabschieden. Doch derweil die Vorbereitungen laufen, sind sich einige Bewohner des Traumreichs nicht sicher, ob sie danach noch bleiben wollen.
Unterdessen ist der neue Dream (Jacob Anderson) ebenfalls beschäftigt. Er ist auf der Suche nach sich selbst und bemüht sich gleichzeitig, die Träume, die seine von den Gütigen besessene Mutter zerstört oder umgebracht hat, wieder zu erwecken. Er wartet eigentlich darauf, dass er endlich seine Familie zum ersten Mal wiedersehen darf. Doch die muss sich zunächst von seinem Vorgänger verabschieden.
Mit 70 Minuten Laufzeit ist Eine Geschichte anmutiger Schlussstriche die längste Episode der gesamten The Sandman-Serie. Und trotzdem ist diese Folge nicht zu lang. Im Gegenteil: Die Länge ist genau richtig, weil hier zum einen, wie der Titel es schon verrät, Schlussstriche gezogen werden. Aber andererseits auch Neuanfänge gemacht werden.
Auf der Suche nach sich selbst
Es geht dabei um zwei Ereignisse, die parallel laufen. Zum einen, die Trauerfeier um Lord Morpheus. Und zum anderen, wie der neue Dream versucht, sich selbst zu finden.
Letzteres mag ein wenig merkwürdig klingen. Doch wird fast die ganze Episode über immer wieder gezeigt, wie unsicher er sich selbst ist. Denn, und das ist die größte Überraschung, er hat zwar die Kräfte und eine Art Tagebuch seines Vorgängers. Aber er hat keine Instruktionen erlangt. Er weiß nicht, wie er mit seiner neuen Verantwortung und seinem neuen Zustand umzugehen hat. Er ist im Prinzip wie ein neugeborenes Kind, das von jetzt auf gleich erwachsen geworden ist und dabei sämtliche Zwischenschritte übersprungen hat.
Und so sieht man im Laufe der Folge wiederholt, wie der neue Dream wann immer er sich unsicher ist, sein um seinen Hals hängendes Medaillon umfasst. Es ist eine kleine Geste, die jedoch deutlich macht, wie neu und unsicher er noch ist. Und wie mühsam er sich erst selbst und wie er seine Berufung interpretiert, finden muss.
Eine schöne Trauerfeier
Gleichzeitig wird jedoch im Laufe der Folge auch gezeigt, wie er eben dann langsam die Sicherheit gewinnt, die er dafür benötigt. Dies gelingt ihm dadurch, dass er mit einigen Personen spricht. Vor allem Fiddler’s Green und Destruction geben ihm die nötige Selbstsicherheit, um am Ende zum einen mit seiner Mutter zu sprechen. Aber auch um sich zuletzt mit Freude mit seinen neuen/alten Geschwistern zu treffen.
Der andere Teil der Episode behandelt die Trauerfeier. Zunächst erfährt man, wie die treusten Gefährten von Lord Morpheus mit seinem Ableben umgehen. Sie reagieren mit Unsicherheit, aber auch Wut darauf. So will Matthew beispielsweise zunächst nicht auf die Trauerfeier gehen und lehnt es allgemein ab, mit dem neuen Dream zu reden.
Die Trauerfeier an sich ist großartig geworden. Sie bietet jede Menge Überraschungen und exzellente Reden. Das Schöne ist, dass alle Endless, die hier auftauchen, zu Wort kommen. Und ihre jeweiligen Reden sind fantastisch geworden.
Willkommen in der Familie
Am überraschendsten ist dabei sicherlich die von Desire. Die klarmacht, dass sie wirklich um ihren Bruder trauert, auch wenn die beiden sich früher nicht gegenseitig mochten. Ihre Ansprache ist die von den Endless, die einem am meisten nah geht. Derweil die von Destiny im Vergleich kühl rüberkommt, wobei dennoch klar gemacht wird, dass die Figur ebenfalls trauert, wenn auch nicht so deutlich wie einige seiner Geschwister.
Bei den Reden geht es viel um Erinnerung. Die Endless sind der Meinung, dass man sich an Morpheus irgendwann nicht mehr erinnern wird. Derweil Luzien bei ihrer Ansprache gegenteiliger Meinung ist. Sie meint, dass sie sich immer an ihren früheren Herren erinnern wird. Was eine sehr starke Aussage ist, die zeigt, wie sehr der ehemalige Dream zuletzt einen bleibenden Eindruck bei seinen engsten Träumen hinterlassen hat.
Die Folge endet schließlich mit einer positiven Note. Damit, dass Dream die Tradition seines Vorgängers weiter fortführen wird, sich alle 100 Jahre mit Hob Gadling zu treffen. Damit, dass Johanna Constantine beschließt, sich auf eine Beziehung mit dem Korinther einzulassen. Und damit, dass Dream zum ersten Mal wieder auf seine neuen Geschwister trifft, die ihn freudig und fröhlich begrüßen. Es sind hoffnungsvolle und starke Momente, die zeigen, dass das Leben weitergeht. Und dass der Tod einer geliebten Person nicht das Ende bedeutet.
(Noch nicht) Das Ende der Reise
Es gibt noch eine Post Credit Szene, in der man die Gütigen zusammen am Tisch sitzen sieht. Wo sie kurz darüber sinnieren, dass niemand dem Schicksal entrinnen kann. Womit im Prinzip die Ereignisse der letzten Folgen noch mal kurz zusammengefasst werden.
Dies ist nicht das Ende der The Sandman-Serie. Es folgt noch eine Bonusfolge, in der Death im Mittelpunkt des Geschehens stehen wird. Doch ist es das Ende der Storyline um Lord Morpheus. Es war eine lange Reise, die sich aber gelohnt hat.
Info
Regie: Jamie Childs
Drehbuch: Allan Heinberg
Showrunner: Allan Heinberg
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