Was wäre, wenn man mittels Zeitreise die Taten eines Serienkillers ungeschehen machen könnte?
Ein Sci-Fi-Slasher mit Herz
Im April 2003 werden in der US-Kleinstadt Sweetly vier Teenager ermordet, darunter Summer Fields (Antonia Gentry). 21 Jahre später haben die Fields eine neue Tochter im gleichen Alter. Die durch künstliche Befruchtung gezeugte Lucy (Madison Bailey) fühlt sich jedoch wie auf der Ersatzbank, während das Zimmer ihrer Schwester zu einem Schrein umfunktioniert wurde. Durch Zufall stößt Lucy auf eine Zeitmaschine, welche sie unbeabsichtigt aktiviert. Sie landet in der Vergangenheit, zwei Tage vor dem Mord an ihrer Schwester.
Da ihr noch nicht ganz klar ist, was geschehen ist, sucht sie erst einmal ihre Schule auf, wo ihr deutlich verjüngter Physiklehrer Mr. Fleming sie nicht wiedererkennt. Als sie ihn über die Möglichkeit von Zeitreisen befragt, wird der Schüler Quinn (Griffin Gluck) auf sie aufmerksam. Mit ihrem Smartphone kann sie ihn überzeugen, dass sie aus der Zukunft kommt. Er rät ihr jedoch davon ab, Dinge in der Vergangenheit zu ändern, da dies ungeahnte Folgen haben könnte.
Die beiden freunden sich an und Lucy rettet Quinn, der nicht schwimmen kann, vor Rowdys, die ihn in einen See werfen wollen. Im Einkaufszentrum, wo die ersten beiden Opfer massakriert werden, interveniert Lucy ebenfalls, mit dem Ergebnis, dass der Killer nicht nur ein Teenagerpärchen meuchelt, sondern obendrein den herbeigerufenen Wachmann absticht, der eigentlich am Leben bleiben sollte. Da sie alles schlimmer gemacht hat, überlegt sie, ob es richtig wäre, ihre Schwester, mit der sie sich ebenfalls angefreundet hat, zu retten. Immerhin gefährdet sie damit ihre eigene Existenz, da sie als Ersatz für Summer gezeugt wurde.
Nachdem es ihr, Summer und Quinn jedoch gelingt, das ursprünglich dritte Opfer Emmy (Megan Best) vor dem Killer zu retten, steht Lucys Entschluss fest, auch ihre Schwester vor dem Tod zu bewahren. Diese weiht sie nun ebenfalls ein, dass sie aus der Zukunft stammt und sie Geschwister sind. Um Summer zu überzeugen, überreicht sie ihr einen Liebesbrief von Quinn, der mit dem Exemplar aus dem Jahr 2003 identisch ist. Auf der Party, auf welcher Summer ursprünglich ermordet wurde, platzen Lucy und Quinn mit dem Auto herein, fahren den Slasher an und retten Summer.
Zu aller Überraschung entpuppt sich der Täter als Quinn aus der Zukunft, der sich für das Mobbing und die Zurückweisung durch Summer rächen wollte. Der junge Quinn wurde jedoch von Lucy vor den Mobbern geschützt und erfährt nun, dass Summer ihn abblitzen lassen hat, weil sie lesbisch ist. Das verändert alles.
In sich logisch
Zum einen ist der Film ein wunderbares Statement gegen Mobbing, welches Betroffene zuweilen entweder in den Suizid oder zu gnadenloser Vergeltung treiben kann. Dank dem beherzten Eingreifen von Lucy wird aus dem rachedurstigen Killer ein guter Freund, der sich gegen sein eigenes zukünftiges Ich stellt. In diesem Punkt ist der Film zum anderen in sich logisch. Der Slasher löst sich nicht einfach in Luft auf, sondern entstammt nunmehr einer alternativen Zeitlinie. Er bleibt, was er ist, nur sein früheres Ich schlägt einen anderen Weg ein. Im Gegensatz zu Filmen wie Zurück in die Zukunft (1985) ist die Temporalphysik von Time Cut wissenschaftlich korrekt und die Logikfehler des Klassikers werden sogar auf die Schippe genommen, indem Quinn anmerkt, dass Lucy nicht einfach auf einem Foto verschwinden werde, wenn sie die Vergangenheit verändert.
Daraus ergibt sich das Problem, dass sie in eine Zukunft zurückreist, in der ihre Eltern sie nicht kennen, da sie nie geboren wurde. Den alten Quinn kann sie dort mit einem Stromschlag erledigen. Im Übrigen macht es Sinn, dass die beiden aus der gleichen ursprünglichen Zeitlinie stammen, obwohl der alte Quinn ja erst einmal die Morde in der Vergangenheit begehen muss, bevor diese Schlagzeilen machen. Da er von Anfang an der Mörder war, handelt es sich um einen geschlossenen Kreislauf. Bis dahin hat sich also nicht wirklich etwas verändert. Dies geschieht erst, als Lucy Quinn in die Vergangenheit folgt und ihn stoppt.
Da Lucy nicht in ihre alte Zeitlinie zurück kann, reist sie erneut in die Vergangenheit und wächst dort zusammen mit ihrer Schwester auf. Sie bewirbt sich erneut um ein Praktikum bei der NASA, wobei sie in dieser Zeit einen hilfreichen Wissensvorsprung hat. Das ist ein durchaus unerwartetes Ende, welches allerdings absolut konsequent ist.
Das Einzige, was in diesem Zeitreisefilm etwas unlogisch erscheint, ist der Plot um die Zeitmaschine an sich. Einmal davon abgesehen, dass ihre Funktionsweise nicht erklärt wird, mutet es schon etwas befremdlich an, dass sie aus einer Hightech-Forschungseinrichtung stammt, welche sich am Rande einer Kleinstadt in Minnesota befindet und nicht in einer großen Universitätsstadt oder auf einem militärischen Sperrgebiet.
Lucy und Quinn können obendrein allzu leicht in die Anlage eindringen. Zwar hat die Zeitreisende die Schlüsselkarte ihres Vaters, der rein zufällig in der Einrichtung arbeitet, geklaut, doch scheint die hochsensible Anlage nicht wirklich gut bewacht zu sein. Der Quinn aus der Zukunft hat bereits alle Mitarbeiter abgemurkst, was offenbar ein Kinderspiel für ihn war. Sein jüngeres Ich und Lucy können daher ungestört einen zweiten Kanister Antimaterie klauen. Der Aluzylinder wirkt dabei nicht gerade wie ein glaubwürdiges Aufbewahrungsgefäß für die explosivste Substanz, die man sich vorstellen kann, und ist auch nicht sonderlich gut gesichert.
Abgesehen von solchen McGuffins, ist die Handlung des Films jedoch in sich schlüssig und so liebenswürdig erzählt, dass es eigentlich schon schwer fällt, den Film noch ins Slasher-Genre einzuordnen. Auf jeden Fall ist der Genremix erfrischend und gibt sich alle Mühe, die Temporalphysik glaubwürdig umzusetzen. Wenn jemals eine funktionierende Zeitmaschine gebaut werden würde, wäre eine solche Geschichte durchaus denkbar.
Fazit zu Time Cut: Zeit, die man sich nehmen sollte
Die Kombination aus Slasher, Zeitreise und Coming-of-Age-Film funktioniert überraschend gut, was auch an den sympathischen Nachwuchsdarstellern liegt. In einer Nebenrolle als Vater von Lucy und Summer ist übrigens Stargate SG-1-Star Michael Shanks zu sehen, der kaum noch wiederzuerkennen ist. Es mangelt dem Film weiterhin nicht an ironischen Anspielungen auf die 2000er Jahre, bei denen Erinnerungen wach werden. Neben einem Discman wirkt ein Smartphone mit Spotify einfach herrlich deplatziert.
Die Thematisierung von Mobbing und Homosexualität gibt dem Film schlussendlich ein gesellschaftskritisches Profil, welches mit viel Einfühlungsvermögen umgesetzt ist. Nur wer einen blutigen Slasher erwartet hat, bei dem höchstens ein Teenager überlebt, wird hier zwangsläufig enttäuscht werden, zumal am Ende sogar der Slasher selbst geläutert wird. Zumindest eine Version von ihm. Vielleicht rühren die überwiegend negativen Kritiken daher.
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