Auf dem diesjährigen Amphi-Festival in Köln gab es Musik von und für Sci-Fi-Nerds.

Warum S.P.O.C.K und nicht einfach Spock?

Als Eddie Bengtsson alias „Captain Eddie B. Kirk“ im Jahr 1988 ein paar Lieder für eine Geburtstagsfeier von Finn Albertsson alias „Cybernoid“ schrieb, die er mit Sänger Alexander Hofman alias „Android“ zum Besten gab, war noch nicht abzusehen, welcher Erfolg daraus entstehen sollte. Zunächst einmal gab es allerdings Ärger, denn mit dem Bandnamen Mr. Spock, unter dem sie von da an auftraten, zogen sie schnell den Zorn von Paramount Pictures auf sich. Bereits im Folgejahr verlangte das Studio eine Entschädigungszahlung für die Nutzung des Namens.

Um weiteren Ärger zu vermeiden, nannte sich die aus Schweden stammende Band in Space Pioneers Orbiting Ceti K um. Damit wurde aus S.P.O.C.K eine Abkürzung, die rein rechtlich gesehen nichts mit dem Vulkanier aus Star Trek zu tun hat. 1999 erfolgte eine weitere Umbenennung in Star Pilot On Channel K. Wichtig zu beachten: Hinter dem K kommt in beiden Fällen kein Punkt.

Nachdem der Rechtsstreit geklärt war, konnte die Band endlich durchstarten, wobei es rechtlich weit weniger problematisch zu sein schien, über Star Trek-Inhalte zu singen. So fand sich gleich auf dem ersten Album Five Year Mission von 1993 die kurz zuvor erschienene Single Never Trust a Klingon. 1995 folgte die Alien Worlds und 1997 die Assignment: Earth, deren Titel offensichtlich auf die gleichnamige Episode aus der zweiten Staffel der Classic-Serie anspielt.

Die nächsten beiden Alben waren ebenfalls eine Hommage an Sci-Fi-Klassiker, die insbesondere in Bezug auf die Erscheinungsjahre sehr passend waren. Tauscht man den Bandnamen durch Space aus, wird aus S.P.O.C.K: 1999 eine Anspielung auf die britische Kultserie, die hierzulande als Mondbasis Alpha 1 bekannt ist, und 2001: A S.P.O.C.K Odyssey ist selbstverständlich an das Meisterwerk von Arthur C. Clarke angelehnt.

Mit der S.P.O.C.K: 1999 änderte sich nicht nur der Bandname, mit Johan Malmgren alias „Yo-Haan“ kam auch ein neuer Keyboarder hinzu. Cybernoid hatte sich bereits 1994 verabschiedet und der Captain verließ das Schiff 1997. Dieses war aber keineswegs im Sinkflug, sondern ging ab mit Warpgeschwindigkeit. Ergänzt wurde die Crew zwischen 1997 bis 2010 durch Christer Hermodsson alias „Crull-E“, und ihm folgte der neuste Zugang Valdi Solemo alias „Val Solo“.

Obwohl S.P.O.C.K ihr Repertoire inzwischen um einige Lieder erweitert haben, ist seit 2001, abgesehen von einer Best-of-Platte, kein neues Album mehr erschienen. Dabei gäbe es noch genügend zu besingen, zumal sich die Band mitnichten nur auf Star Trek beschränkt. Titel wie The Dark Side of the Force befassen sich ebenso mit Charakteren aus Star Wars und auch Babylon 5 ist ein Lied gewidmet.

S.P.O.C.K auf dem Amphi

Star Pilot on Channel K waren 2023 nicht zum ersten Mal auf dem Amphi-Festival und 2022 auch schon auf dem Vorabendkonzert Call the Ship to Port, welches jedes Mal am Freitagabend auf der MS RheinEnergie stattfindet. Doch warum tritt eine Sci-Fi-Band eigentlich auf einem Festival der schwarzen Szene auf? Das hat damit zu tun, dass neben Gothic-Rock und Mittelaltermusik vor allem elektronische Musik einen Großteil der Szene ausmacht. Neben harten EBM und Industrial sind dabei auch Synth-Pop und Future-Pop sehr beliebt. Genau in diese Kategorie fallen S.P.O.C.K, sodass sie regelmäßig auf solchen Festivals gefeiert werden.

Natürlich finden sich im Publikum zu solchen Gelegenheit neben jeder Menge Schwarz auch die Star-Trek-Uniformfarben Gelb, Blau und Rot. Das hat schon fast etwas von einer Convention, nur dass statt Serienstars eben eine Band auf der Bühne steht und es keine Sitzgelegenheiten gibt, weil getanzt wird. Die Band tritt selbstverständlich ebenfalls in Kostümen auf, wobei diese aus rechtlichen Gründen inzwischen selbstdesignt sind. Beim aktuellen Auftritt waren aber zumindest Aufnäher aus Star Trek, Star Wars, Stargate und Battlestar Galactica zu erkennen.

Das Konzert begann am Samstagnachmittag mit der Single Borg, die bisher noch nicht auf Platte erschienen ist. Es folgten E.T. Phone Home, Astrogirl und Dr. McCoy. Die Titel Alien Attack und All E.T.s Aren’t Nice waren thematisch sehr ähnlich und bei Letzterem konnten die Zuschauer in den vorderen Reihen schon mal nass werden, wenn Android mit seiner Wasserkanone zum Gegenangriff ausholte.

Mit She’s an Alien und Not Human war das Thema unliebsamer Aliens dann ausreichend bedient, denn eigentlich wissen doch alle: „Everything is beautiful out there“! Zum Schluss gab es dann noch mit Starpilot On Channel K etwas Spock’n’Roll und natürlich die beliebteste Single Never Trust a Klingon. Alles in allem ein schöner Auftritt, der völlig zu Recht auf der Hauptbühne stattfand. Auf den beiden Indoor-Bühnen wäre für die ganzen Fans auch gar nicht genügend Platz gewesen.

Zum Abschluss noch zu Welle:Erdball

S.P.O.C.K waren am Samstag nicht die einzige Band, die für Sci-Fi-Fans von Interesse war. Am Abend spielten auf der Theater-Stage noch Welle:Erdball, die ebenfalls gerne Sci-Fi-Themen aufgreifen und mit Grüße von der Orion auch der leider viel zu kurzen deutschen Sci-Fi-Serie Raumpatrouille Orion ein musikalisches Denkmal gesetzt haben.

1990 noch unter dem Namen Honigmond gegründet und wenig später in Feindsender 64.3 umbenannt, stießen die beiden Gründungsmitglieder Alf Behnsen alias „A.L.F.“ und Hannes Malecki alias „Honey“ zunächst auf Ablehnung bei den größeren Plattenlabels. Angesichts des heutigen Kultstatus ist dies kaum noch nachvollziehbar, doch diesen erlangte die Band ohnehin erst nach ihrer Umbenennung in Welle:Erdball 1993. Dieser Name ist an das deutsche Hörspiel Hallo! Hier Welle:Erdball! von 1928 angelehnt, welches auch in den Intros der Alben aufgegriffen wird.

Zum Kultfaktor trägt vor allem der 50er-Jahre-Style mit den schwarzen Outfits bei, welche an die berühmten Men in Black erinnern. Aber auch die Verwendung des Commodore 64 zur Klangerzeugung sowie die nerdige Themenwahl tragen zum Charme der Band bei. Mal geht es um Die Wunderwelt der Technik, mal um Mathematik wie auf dem Album Chaos Total. Und dazwischen immer wieder Science Fiction mit Titeln wie Wir sind nicht allein oder Liebe der 3. Art. Neben dem Spaßfaktor gibt es allerdings auch immer wieder gesellschaftskritische Untertöne, z. B. in Mensch aus Glas oder Die Falsche Front.

Letzterer Titel stammt aus der Filmmusik zu Operation: Zeitsturm, dem ersten Low-Budget-Film der Band von 2008, welcher mit seiner Zeitreise-Thematik selbstverständlich ins Science-Fiction-Genre gehört. 2010 folgte Operation: Atahualpa, der scherzhaft als „Zero-Budget-Abenteuer-Komödie“ gelabelt ist. Weitere Ausflüge ins Filmgeschäft gab es seitdem nicht mehr.

Musikalisch ist sich die Band dagegen stets treu geblieben, auch wenn sich die Zusammensetzung immer wieder geändert hat. Die weiblichen Vocals wurden über die Jahrzehnte immer wieder ausgetauscht, aktuell sorgen Lady Lila und M. A. Peel für den Gesang. 2019 verließ mit A.L.F. das erste Gründungsmitglied die Band, womit von der ursprünglichen Besetzung nur noch der Sänger Honey übrig bleibt. Das Keyboard hat inzwischen c0zmo übernommen.

In dieser Zusammenstellung traten Welle:Erdball auch auf dem diesjährigen Amphi-Festival auf, wobei mit Ich bin nicht von dieser Welt bereits eines der ersten Lieder in die Kategorie Sci-Fi fiel. Direkt im Anschluss folgte der Song 23, welcher den gleichnamigen Film 23 – Nichts ist so wie es scheint aus dem Jahr 1998 thematisiert. In diesem geht es um den realen Hacker Karl Koch (1965 – 1989), der in den 1980ern wegen Spionagetätigkeiten für den KGB verhaftet wurde und unter mysteriösen Umständen zu Tode kam. Aufgrund seiner Kokainabhängigkeit und der Illuminatus!-Trilogie von R. A. Wilson war Koch von der Zahl 23 besessen. Da sich bei Welle:Erdball vieles um Computer dreht, macht es Sinn, dass sie dem Hacker ein musikalisches Denkmal gesetzt haben.

Weiterhin sind Welle:Erdball ganz offenkundig Filmnerds, was u. a. beim Titel Schweben, fliegen und fallen durchschlägt. Dieser gründet auf einem Zitat aus Der Rasenmähermann, welches auch als Sprachsample am Ende des Songs zu hören ist. Wie immer wurde bei diesem Lied das Publikum in die Show einbezogen, indem mehrere große Luftballons in die Menge geworfen wurden und anschließend als Spielbälle dienten. In einem soll sich ein 50-€-Schein befunden haben, was ebenfalls schon eine Tradition auf den Konzerten ist. Zuweilen kommen auch bei der Single Starfighter F-104G Papierflieger zum Einsatz.

Dank solcher Einlagen machen die Konzerte von Welle:Erdball immer Spaß, denn neben der Musik gibt es auch eine passende Performance. Der Auftritt auf dem Amphi war wieder einmal exzellent, obgleich leider nicht alle Lieblingslieder dabei waren. Das mag aber daran liegen, dass es inzwischen verdammt viele herausragende Songs gibt. Mit Mumien im Autokino war immerhin noch einer von den Neueren dabei, in dem eine ganze Reihe Filmklassiker genannt werden, darunter Das Ding aus einer anderen Welt, Dracula, Tarantula und Invasion vom Mars.

Fazit: „Und nur die Erinnerung, die nehmen wir mit“

Trotz des verregneten Wetters und gesalzener Preise beim Catering bleiben vom Amphi-Festival überwiegend schöne Erinnerungen. Ein weiteres Highlight war das deutsche EBM-Projekt Calva y Nada, das seinen ersten Auftritt seit 25 Jahren hatte, und mit Orchestral Manoeuvres in the Dark (OMD) war außerdem eine berühmte Pop-&-Wave-Band aus den 1980ern dabei. Für Science-Fiction-Fans dürften aber vor allem S.P.O.C.K und Welle:Erdball interessant gewesen sein. Einige haben sich gar nur für Erstere ein Tagesticket geholt. Eine Autogrammstunde mit Möglichkeit für Fotos gab es allerdings nur bei Letzteren. Gelohnt hat es sich aber in beiden Fällen allemal!

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