Woran ist der 2016er Ghostbuster-Film denn gescheitert?

Wie können sie es wagen…?

Stell dir vor, du bist eine Produktionsfirma oder ein Filmunternehmen. Du bringst den ersten Trailer zu einem heiß ersehnten Film heraus, hoffst auf jede Menge positive Reaktionen und dann das. Innerhalb von 24h überwiegen die Daumen Runter auf YouTube und es werden im Laufe der nächsten Monate immer mehr. Und der Grund könnte daran liegen, dass die Macher des Films es „gewagt“ haben, eine Neuauflage mit einem Cast zu drehen, der überwiegend nur aus Frauen besteht. Du würdest in dieser Situation vermutlich den Glauben an die Welt verlieren.

Doch leider geschah genau dies, als der erste Trailer zu Ghostbusters (2016) herauskam. Jede Menge negative Reaktionen, die stellenweise sogar regelrecht antifeministisch und frauenfeindlich waren. Das war damals keine Sternstunden des Fandoms, vor allem, wenn man bedenkt, dass nicht nur der Cast allgemein, sondern sogar auch einzelne Castmitglieder attackiert wurden. Und dass diese Angriffe sogar teilweise deutlich unter der Gürtellinie gingen.

Aber wie kam es überhaupt dazu, dass eine beliebte Filmreihe der 1980er auf diese Weise fortgesetzt wurde? Wie konnte überhaupt so viel Zeit zwischen Ghostbusters II und der 2016er-Version vergehen? War überhaupt irgendjemand der Verantwortlichen von damals noch mit involviert?

Der wahre dritte Teil

Dass es so lange brauchte, bis Ghostbuster (2016) in die Kinos kam, lag jetzt nicht daran, dass es keine Versuche gab, eine Fortsetzung zu produzieren. Im Gegenteil: Im Laufe der Jahre wurden viele verschiedene Ideen und Vorschläge lanciert. Doch ein Problem war, Bill Murray davon zu überzeugen, mitzumachen. Weshalb zwischendurch auch die Überlegung herrschte, dass wenn es einen dritten Ghostbusters-Film geben würde, dieser dann eine neue Generation an Geisterjägern einführen würde. Doch aus diesen wurde aus diversen Gründen nichts.

Trotzdem gab es zwischendurch Lebenszeichen. So kam 2009 das Ghostbusters: The Video Game-Videospiel heraus, bei dem Dan Akryod und Harold Ramis, die bereits das Skript zu den vorherigen Filmen verfassten, ebenfalls mit am Drehbuch schrieben. Außerdem kehrten die vier Hauptdarsteller zurück, sprachen ihre Figuren, genauso, wie auch andere Darsteller der Filme ihre Charaktere vertonten. Dan Akroyd meinte sogar, dass er das Spiel im Grunde genommen als den eigentlichen dritten Teil ansah.

Das Spiel wurde ein Riesenerfolg, weshalb Columbia Pictures die Produktion an einer Filmfortsetzung wieder aufnahm. Wieder waren alle wichtigen Personen involviert, darunter auch Regisseur Ivan Reitman. Das Skript wurde hingegen von anderen verfasst und sollte neue Figuren einführen. Doch während der Vorbereitungsphase machte Columbia Pictures einen großen Fehler.

Querstellen aus Prinzip

Das Filmstudio wollte, dass sich Ghostbusters (2016) an ein junges Zielpublikum orientierte und setzte deshalb Ivan Reitman unter Druck, Platz zu machen, für einen jüngeren Regisseur. Nur, dass der Filmemacher und die anderen Schauspieler langfristige Verträge mit dem Studio hatten, die ihnen im Prinzip ein Veto bei allen Entwicklungen gab, was die Ghostbusters anging. Und so stellte sich vor allem Bill Murray quer. Er fand das zu Grunde liegende Skript schlecht, obwohl Dan Akroyd es gut fand und meinte, dass seinem Freund die große Comicrolle geben würde. Letzten Endes war die Idee einer Fortsetzung 2012 beerdigt worden.

Stattdessen beschloss Columbia, einfach einen Reboot des Franchise zu drehen. Ivan Reitman schlug ein Remake vor, um einen neuen Cast einzuführen. Doch dann verstarb 2014 Harold Ramis und Reitman verließ das Projekt, um sich auf kleinere Produktionen zu konzentrieren. Sein Nachfolger wurde der Filmemacher Paul Feig und es wurde geplant, dass der Maincast sich nur aus Frauen zusammensetzen würde. Da Paul Feig sehr häufig mit der Comedian Melissa McCarthy zusammengearbeitet hatte, war es dementsprechend kein Wunder, dass sie dem Film beitrat. Der restliche Maincast setzte sich aus Kristen Wiig (Saturday Night Live), Kate Mckinnon (Saturday Night Live) und der Comedian Leslie Jones (Supermarket Sweep). Chris Hemsworth erhielt die Nebenrolle der „Empfangsdame“ Kevin Beckman, derweil Cecily Strong, die ursprünglich auch für eine der Hauptrollen im Gespräch war, ebenfalls eine Nebenrolle hatte.

Das Skript zum Film sollte von Paul Feig und Katie Dippold stammen, während Ivan Reitman und Amy Pascal die Produzenten sein sollten. Dan Aykroyd sollte gemeinsam mit Bill Murray, Sigourney Weaver, Ernie Hudson und Annie Potts in kleineren Rollen im Film auftreten. Bill Murray begründete dies damit, weil er mit McCarthy und Mckinnon befreundet sei und es ihm wichtig erschien, das Projekt zu unterstützen.

Auf geht es, wieder Geister jagen

Erin Gilbert steht kurz davor, den wichtigsten Schritt ihrer Unikarriere zu machen, als sie ihre Vergangenheit einholt. Vor Jahren hatte sie gemeinsam mit ihrer Freundin Abby Yates ein Buch über ihre paranormalen Untersuchungen seit der high School geschrieben. Und jenes Buch ist jetzt auf ein Mal überall verfügbar. Also macht sie sich auf, mit ihrer entfremdeten Freundin zu reden, damit diese den Band wieder vom Markt nimmt, eh ihrer Karriere Schaden annimmt.

Doch es kommt anders als gedacht. Gemeinsam mit Abbys Kollegin, der leicht verrückten Jillian „Holtz“ Holtzmann untersuchen sie das Aldridge Anwesen, wo sie auf den bösartigen Geist von Gertrude Aldridge stoßen. Sie verlieren jeweils ihren Job an den Universitäten und fangen an, sich als Geisterjäger zu verdingen. Gerade rechtzeitig, denn der verrückte Wissenschaftler Rowan North zieht Geister über ganz Manhattan an, mit keinem guten Ziel. Zum Glück kriegen die Ladies Unterstützung von der ehemaligen Mitarbeiterin der MTA, Patty Tolan, sowie dem gut gebauten, aber intelligenzmäßig eher beschränkten Kevin Beckman.

Ghostbusters (2016) war ein Flop. Bei einem Budget von 144 Millionen US Dollar spielte er nur 229,1 Millionen ein. Womit sich Hoffnungen auf ein Sequel zerschlagen hatten.

Wieso ein Flop?

Jetzt lässt sich natürlich streiten, woran das liegt. Ob der Film qualitativ so schlecht war oder ob es an der Kontroverse im Vorfeld lag. Meiner Meinung nach hat Letzteres gewichtigen Anteil daran, dass die Einspielergebnisse enttäuschten. Allerdings hat der Kinofilm auch so deutliche Schwächen, die ebenso mit dazu beigetragen haben dürften, dass er gescheitert ist.

Um es allerdings vorab zu betonen: Ghostbusters (2016) mag der bis dato schlechteste Ghostbusters-Film gewesen zu sein. Aber er ist nicht völlig schlecht. Wie man anhand der Endnote unter der Rezi sehen kann, platziere ich ihn für mich im oberen Mittelfeld.

Was der Film gut macht, ist die Kameradschaft zwischen den vier Hauptfiguren aufzubauen. Dabei kommen wirklich alle Charaktere gleichermaßen zum Zuge und man hat nicht das Gefühl, dass wie in den Original-Ghostbusters-Filmen eine Figur das Nachsehen hat. Jede der Charaktere erhält seine Momente, wo er glänzen kann. Man kann die Freundschaft zwischen Erin Gilbert und Abby Yates bewundern, das verrückte Genie von Jillian „Holtz“ Holtzmann, die anscheinend Vergnügen darin findet, ständig neue Sachen zu erfinden und ihren Freundinnen vorzustellen. Und eben auch die bodenständige Patty Tolan, die als Außenseiterin ins Team stößt, jedoch schnell unersetzlich wird.

Manchmal zu derber Humor

Auch gibt sich Ghostbusters (2016) jede Mühe, den Antagonisten gut einzubauen und vorzustellen. Rowan North ist wirklich jemand, der nur Verachtung fürs Leben über hat, dem man das förmlich ins Gesicht geschrieben sieht und dessen Pläne deshalb nachvollziehbar sind. Auch wenn er am Ende sein „Leben“ opfert, zu einem Special Effect Monster zu werden.

Aber wenn der Film ein Problem hat, dann ist es manchmal der Humor. Es gibt gute Running Gags, wie etwa, dass Erin Gilbert wiederholt vollgeschleimt oder mit etwas anderem vollgeschüttet wird. Auch die Gags, die zeigen, dass Kevin Beckman – Chris Hemsworth ist hier fantastisch – außer seinem Aussehen nichts hat, was ihn auszeichnet, sind großartig.

Doch dann gibt es in Ghostbusters (2016) Gags, die sexistisch oder Bodenniveau haben. Kevin Beckman ist fürs Design der Logos zuständig und eines der ersten Entwürfe zeigt einen Geist mit großen Brüsten. Oder das Holtzmann mit ihrem Strahler einen Penis nachahmt. Oder dass der Rauswurf aus der Universität von Holtzmann und Yates von einem Dekan durchgeführt wird, der sehr oft auf diverse Art und Weise den Stinkefinger hervorzaubert. Oder, oder, oder…

Ein visueller Overkill

Es ist okay, wenn der eine oder andere Humor auf Bodenniveau präsentiert wird. Aber in diesem Film kommt es gefühlt zu oft vor und unterminiert insgesamt die Situationen, wo die Komik auch so bestens funktioniert. Man lacht beispielsweise, wenn im Finale Slimer das Fahrzeug der Geisterjäger stiehlt und man später sieht, wie er mit einer Angebeteten durch die Gegend fährt. Ebenso, dass die Stadtleitung von der Existenz des Paranormalen weiß, diese aber offiziell verleugnet ist eine großartige Idee. Davon hätte man gerne mehr.

Auch muss man sagen, dass der Endkampf von Ghostbusters (2016) nicht so überragend gefällt. Es ist im Prinzip eine riesige Aneinanderreihung von Special Effects, von CGI-Effekten. Was insofern ironisch ist, als dass die finalen Auseinandersetzungen bei den ersten beiden Ghostbusters-Filmen ja ebenso special Effectslastig waren. Aber damals wurden sie, auch auf Grund der Tatsache, dass sie eben deutlich aufweniger herzustellen waren, eher spärlich eingesetzt. Hier weiß man nicht, wo man hinschauen soll, weil es so viele sind und gefühlt eine sensationeller als die andere wirken sollte. Es ist einfach, wenn man die alten Filme gewohnt ist, ein visuelle Overkill.

Doch am meisten schaden dem Film ausgerechnet die Cameoauftritte. Es wirkt merkwürdig, weil diese eigentlich ein nettes Schmankerl sind, eine wunderbare Anreicherung des Geschehens. Aber die Tatsache ist, dass es zwar nett ist, die alten Kämpen wieder zu sehen. Allerdings stört hier die Sachen, dass es eben neue Rollen sind, die sie innehaben, nicht die bekannten.

Leider keine Fortsetzung

Es ist ja Tatsache, dass Ghostbusters (2016) keine Fortsetzung ist, sondern ein Reboot, ein Neustart. Doch wenn schon ein Bill Murray auftritt, dann will man ihn bei auch als Peter Venkman sehen. Genauso, wie Ernie Hudson als Patty Tolans Vater zwar nett ist. Aber es wäre besser gewesen, er hätte Winston Zeddemore dargestellt. Und das lässt sich auf alle Darsteller ummünzen, die aus den ersten Ghostbusters-Filmen in diesem Reboot mitwirken. Es sind nette Auftritte, keine Zweifel. Aber am Ende muss man einfach feststellen, dass sie eben über ein ganz nett nicht hinauskommen.

Was einen, wenn man den Gedanken zu Ende führt, zur Hauptkritik führt. Dass so gut und spannend der Film auch sein mag, es wäre vielleicht besser gewesen, wenn er kein Reboot, sondern eine Fortsetzung gewesen wäre.

Doch trotz aller Kritik wird man in diesem Film gut unterhalten. Schade nur, dass er nie die Chance erhielt, eine Fortsetzung zu erhalten. Stattdessen sollte sich einige Jahre später zurück auf die Wurzeln besonnen werden, in Form von Ghostbusters – Legacy.

Info

Drehbuch: Katie Dippold, Paul Feig
Hauptdarsteller:
Melissa McCarthy, Kristen Wiig, Kate McKinnon, Leslie Jones, Charles Dance, Michael K. Williams, Chris Hemsworth
Produzent: Ivan Reitman, Amy Pascal
Regie: Paul Feig

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Götz Piesbergen

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