Mit Die Dame vom See geht die Pentalogie innerhalb der Geralt-Saga zu Ende.

Umfangreich!

Ciri gerät nach ihrer Flucht vor ihren Jägern in eine fremde Welt. Hier wohnen und herrschen die Elfen. Und die einstige Prinzessin von Cintra hat für diese nur eine Funktion: Sie soll bald ein Kind von ihrem König austragen. Doch was, wenn dies nicht geschieht?

Geralt und seine Kameraden sind derweil in einer komplett anderen Situation. Sie überwintern in dem Königreich Toussaint, wo für allerlei Ablenkung gesorgt wird. Doch der Hexer und seine Gruppe erinnern sich schon bald ihres ursprüngliches Vorhabens und brechen im Frühling auf, das Überraschungskind Geralt von Rivas zu finden und zu retten.

Die Dame vom See ist Andrzej Sapkowskis bislang umfangreichster Roman in der Geralt-Saga. 639 Seiten erwarten den Leser, die der Autor mit reichlich Inhalt gefüllt hat. Dabei gibt es die eine oder andere Enthüllung und Todesfälle zu beklagen.

Kontrastreich

Eingebettet ist die Handlung in zwei große Erzählebenen. In der einen findet in einem anderen Universum ein Ritter Ciri vor. Und während er noch versucht, mit der selbstbewusst agierenden und wunderschön aussehenden Frau klarzukommen, erzählt sie ihm wiederum, was sie erlebt hat. Die andere handelt von der titelgebenden Dame vom See, die gemeinsam mit einer weiteren begabten Frau probiert, durch Visionen herauszufinden, was damals geschehen ist, als Geralt nach seinem Überraschungskind gesucht hat.

Beide Ebenen funktionieren auf ihre eigene Art und Weise. Derweil bei Ciri Andrzej Sapkowski einmal mehr seine eigene Interpretation von bekannten Sagen liefern kann, in diesem Fall von Galahad, kann er sich bei der Dame vom See vor allem auf die Persönlichkeiten und Ambiente fokussieren. Detailliert beschreibt er den Turm, von wo aus die beiden Frauen ihre Visionen erleben. Es handelt sich hierbei um ruhige Kontraste zu dem teilweise actionreichen Hauptgeschehen.

Gleichzeitig nutzt der Autor den Platz auch, um sich ausführlich den Erlebnissen seiner Haupthandlungsträger zu widmen. Dabei fallen vor allem Ciris Abenteuer in der Elfenwelt auf. Der Schriftsteller beschreibt die Elfen als kalt, abweisend und auf eine Art und Weise auch dem Untergang gewidmet. Ciri selbst soll nur ein Kind vom Elfenkönig kriegen, danach kann sie angeblich wieder wegziehen. Dass dem nicht so ist, wird allerdings schon bald klar gemacht. Eine gewisse Melancholie durchweht diese Handlungsebene.

Eine abschlachtende Schlacht

DBei Geralts Abenteuern in Die Dame vom See kann man zunächst von Prokrastination sprechen. Er und seine Gefolgsleute sind in einem Königreich gestrandet, da der Winter den weiteren Weg gesperrt hat. Und zufälligerweise finden sich genügend Möglichkeiten für den Hexer, Geld zu verdienen, ihn beschäftigt zu behalten, damit er ja nicht auf dumme Gedanken kommt, die den eigentlichen Strippenziehern, der Loge der Zauberinnen nicht zu gute kämen. Dass das auf Dauer nicht funktioniert, ist natürlich klar.

Dabei ist das Buch auch ein Wiedersehen mit vielen bekannten Gesichtern. Denn neben den bereits geläufigen Protagonisten tauchen ebenso Nebenfiguren wie Triss Merigold und Jarre in der Handlung auf und sorgen mit für Handlungsfortschritt.

Außerdem widmet sich Andrzej Sapkowski in der Mitte von Die Dame vom See ausführlich einer Beschreibung einer wichtigen Schlacht. Wie üblich verschont er den Leser nicht mit einer detaillierten Darstellung der Gräueltaten und Verwundungen, die die jeweiligen Soldaten davontragen. Doch ebenso schildert er auch, wie ein gewisses Feldchirugenteam versucht, die Verletzten irgendwie zu versorgen. Wobei diese selber ebenfalls unter den Wendungen des Kampfgeschehens leiden.

Zu zynisch

Dieser Plot mag das eigentliche Handlungsgeschehen um Ciri nicht weitertreiben. Sorgt allerdings dafür, dass man erfährt, wie sich der Konflikt zwischen Niflgaard und den anderen Königreichen weiterentwickelt. Es ist das geheime Highlight dieses Romans.

Der dann allerdings anfängt, abzubauen. Es sind verschiedene Gründe, die am Ende dafür sorgen, dass dieser Roman zwar immer noch ein guter, aber nicht überragender Teil der Reihe ist. Und mit verantwortlich ist ironischerweise eine Angewohnheit des Autors.

Andrzej Sapkowski ist niemand, der eindeutige Happy Endings schreibt. Ein Haken muss mindestens vorhanden sein, um das Glücksgefühl einzutrüben. Normalerweise hat man sich daran gewöhnt, ja man mag es als Leser sogar. Doch im Falle von Die Dame vom See schießt der Autor leider übers Ziel hinaus und sorgt für kräftige Eintrübungen der positiven Grundstimmung. So erzählt er, wie ein blinder Passagier von Ciri für eine große Katastrophe verantwortlich ist. Ebenso, wie er schon fast genüsslich beschreibt, wie einige Nebencharaktere, die man im Laufe der letzten Romane ins Herz geschlossen hat, sterben. Denn all dies wirkt selbst für seine Verhältnisse übertrieben und schon fast zynisch.

Auch baut er am Ende seines Buches eine Enthüllung ein, die man so nicht hat kommen sehen. Was mitunter daran liegen mag, dass er sie nicht überzeugend aufgebaut hat, sondern sie anscheinend nur um ihrer selbst existiert, damit er einen Plottwist schreiben konnte. Und das ist, angesichts der ansonsten bisher großartigen Arbeit des Autors, enttäuschend. Es ist kein Schock, den man bei dieser Szene empfindet, sondern vielmehr große Verwirrung, die sich durch die dargebrachten Argumente für diese Wendung nur noch intensiviert. Denn es ergibt hinten und vorne keinen Sinn.

Geralt Saga 07 Die Dame vom See
Cover © dtv

Bewertung 10/15

Autor: Andrzej Sapkowski
Titel: Geralt-Saga 07: Die Dame vom See
Originaltitel: Pani Jeziora
Übersetzer: Erik Simon
Verlag: dtv
Erschienen: 03/2011
Einband: Taschenbuch
Seiten: 638
ISBN: 978-3-423-24817-4
Sonstige Informationen:
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Götz Piesbergen

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