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Der Erstkontakt droht in Koloniewelten schiefzugehen.

Drei Geschichten in einem Buch

Mit Erstkontakt hat Galax Acheronian einen Band herausgebracht, der dieses Mal drei Erzählungen umfasst. Einmal die Kurzgeschichten Aus dem Paradies und Schicksale und als Abschluss die titelgebende Haupterzählung.

Aus dem Paradies hat ein Mal mehr Christian LeSolda als handlungstragende Figur. Dieses Mal gelangt das Psitalent der Erde auf die Koloniewelt Dionysos, wo er nicht nur dem Verschwinden vieler Kolonisten nachspüren soll, sondern ebenso auf einen kleinen Jungen trifft, der einiges auslöst.

Galax Acheronian ist kein Autor, der eine Figur einfach so wiederbringt. Wenn ein Charakter wieder in einer Geschichte auftaucht, dann kann man davon ausgehen, dass er sich Gedanken gemacht hat, wie er sie wirkungsvoll einbauen kann, so dass sie dem Plot am besten nutzt. Das macht sich auch in dieser Story bemerkbar.

Die alles kontrollierende Kirche

Zum einen erfährt man viel über die Operationsweise der Kirche aus dieser Romanreihe, nicht nur auf der Erde, sondern auch auf den Koloniewelten. Doch dieses Mal erweist sich ihre Kontrolle als lückenhaft, da Kolonisten existieren, die vor ihr fliehen. Das zeigt einmal mehr, dass es auch in der Zukunft so etwas wie eine allumfassende Kontrolle nicht gibt.

Und doch erhält diese Story in Erstkontakt eine tragische Note, als man einen kleinen Jungen kennenlernt, der nicht mit seinen Eltern geflohen ist. Wobei Galax Acheronian im Laufe der Geschichte klar macht, dass an dem Kind mehr ist, als man vom ersten Eindruck her meinen möchte. In jedem Fall ist er der Auslöser einer ganzen Kette von Ereignissen mit enormen Auswirkungen.

Die zweite Kurzgeschichte, Schicksale, erzählt von einer Frau, der einiges widerfahren ist und die viele Schicksalsschläge durchlebt hat. Was sich zunächst wie eine Herzschmerzerzählung im Rahmen der Koloniewelten-Reihe liest, erhält dann nach und nach clevere Dimensionen inklusive einer sehr gelungenen Auflösung am Ende. Und hier zeigt sich, wie weit die Kirche der Erde bereit ist zu gehen, um sich einen Vorteil zu erschaffen oder das Leben ihrer entflohenen „Schafe“ zu sabotieren.

Reicht nicht ganz heran

Die Kurzgeschichten von Erstkontakt sind dann auch die besten Argumente für den Kauf dieses Bandes. Die titelgebende Hauptgeschichte kann da im Vergleich nämlich nicht komplett das Niveau halten.

Sie handelt von dem irdischen Patrouillenschiff Nessa, dass mitten im Weltall auf das amanaxische Handelsschiff Red Hiriouthan trifft. Jenes möchte Kontakt mit der Erde herstellen, um Handel zu betreiben. Doch es gibt Kräfte an Bord des Patrouillenboots, die etwas dagegen haben.

Die Hauptgeschichte von Erstkontakt ist leider die schwächste des gesamten Bandes. Was allerdings nicht daran liegt, dass sich Galax Acheronian hier keine Mühe gegeben hat. Im Gegenteil: So baut er in dieser Story erneut Querverweise zu seinen anderen Erzählungen ein, dieses Mal zu Ein Fremder unter Millionen.

Wenn Kulturen aufeinandertreffen

Auch präsentiert er einen faszinierenden Einblick in das Alltagsleben an Bord eines Schiffes von der Erde. Hier wird gezeigt, wie sehr die Kirche jeglichen Aspekt des Bordlebens durchdrungen hat und kontrolliert. Regelmäßig werden Predigten gehalten und etwaige Übeltäter öffentlich bestraft. Es gibt Automaten, in denen man beichten kann und Frauen sind zum einen an Bord in der Minderheit und haben zum anderen nur dienende Funktion, ohne irgendwelche Rechte.

Was er dann beschreibt, ist ein faszinierender Clash of Cultures. Denn natürlich sind Amanaxianer andere Sitten gewohnt als die irdische Raumschiffsbesatzung. Bei ihnen sind die Regeln lockerer und Frauen haben auch mehr Rechte und haben sogar verantwortungsreiche Führungspositionen inne. Doch Galax Acheronian spielt dieses Handlungselement nicht als komische Unterhaltung aus, sondern behandelt diese kulturelle Differenz ernst und mit Respekt.

Das faszinierende an der Story ist, dass man die Ereignisse immer nur aus der Perspektive der irdischen Besatzung liest. Man erfährt zwar auch einiges über die Gedanken der anderen Seite. Doch wechselt die Erzählperspektive nie zu ihnen.

Nervige Charaktere

Trotzdem schafft der Autor hier eine differenzierte Darstellung. So werden viele verschiedene Meinungen an Bord des Patrouillenschiffes präsentiert. Sei es durch die beiden Kadetten Bill Boltemore oder Andreas Monroe, die von ihrem Charakter und ihren Ansichten, z. B. was Schiffsdisziplin und religiösen Gehorsam angeht, sehr unterschiedlich sind, oder Captain Ryan und der Patron, der Priester des Schiffes.

Und letztere Figur ist mit ein Grund dafür, dass diese Story nicht überzeugen mag. Es ist nämlich so, dass Galax Acheronian den Priester und Offizier Grell vollkommen überzeichnet darstellt. Der Prediger ist vom Glauben besessen und tut alles, um diejenigen, die nicht in sein Weltbild passen, zu bestrafen, derweil der Offizier aus einer einflussreichen Familie stammt und dies wiederum zu seinem Vorteil ausnutzt. Es sind beides Figuren, die dem Leser in ihrer Plattheit schnell auf die Nerven gehen und die deshalb dann auch den Gesamteindruck der Erzählung runterziehen. Sie sind Abziehbilder, wandelnde Klischees.

Auch wenn die Hauptstory nicht so recht überzeugt, ist Erstkontakt durch die gelungenen Kurzgeschichten trotzdem zu empfehlen.

Koloniewelten 2172 - 2203 ErstkontaktAutor: Galax Acheronian
Titel: Ein Fremder unter Millionen
Teil/Band der Reihe: Koloniewelten
Verlag: Twentysix
Erschienen: 2020
Einband: Ebook
ISBN: 978-3-74076-675-7
Seiten: 292
Sonstige Informationen:
Produktseite

 

 

 

Warpskala

Warpskala
8 10 0 1
8/10
Total Score

Positiv

  • Aus dem Paradies
  • Schicksal

Negativ

  • Patron und Grell aus Erstkontakt
Götz Piesbergen
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