Der vierte Band der Neuen Zeit legt den Fokus auf zwei Rothemden. Außerdem gibt es in der dritten Geschichte einen Ausflug ins Spiegeluniversum.

Die neue ZeitDie Handlungen

In der ersten Geschichte schildert der Sicherheitsoffizier Hendorff im Rückblick, wie er einst mit dem jungen Kirk aneinander geraten ist und ihn später als Captain akzeptieren lernen musste. Außerdem wirft die Geschichte ein Schlaglicht auf sein Leben als Rothemd. Auf einer Außenmission ereilt ihn fast das typische Schicksal einer entbehrlichen Randfigur, doch er ist weit mehr als das und überlebt die Attacke einer giftigen Pflanze.

In der zweiten Story beweist der schweigsame Ingenieur Keenser echten Tiefgang. Während er auf der Enterprise der Kleinste ist, war er unter seinesgleichen ein echter Riese und wurde daher als Kind gemobbt. Er war der Erste seines Volkes, der zur Sternenflottenakademie ging, und hat in seiner Dienstzeit viel geleistet, bis er auf den Eisplaneten Delta Vega versetzt wurde, wo er schließlich Scotty kennenlernte.

Die letzte Geschichte wirft schließlich einen Blick ins Spiegeluniversum. Allerdings nicht in das Spiegeluniversum der ursprünglichen Zeitlinie, sondern in eine JJ-Version, in der Spock Captain der Enterprise ist und Kirk ihn statt Pike aus dem Weg räumen muss. Allerdings besitzt er keinen Tantalus-Strahler, sondern bringt Neros Narada unter seine Kontrolle, nachdem er den gefangenen Romulaner auf Rura Penthe eigenhändig umgebracht hat.

Spock, der gerade die klingonische Heimatwelt erobert und Kanzler Gorkon hinrichten lassen hat, wird trotz seiner Verdienste für das Imperium von der menschlichen Crew verraten und scheinbar auch von seiner Konkubine Uhura. Kurz darauf lässt Kirk die Enterprise zerstören und fängt den nächsten Spock ab, der gerade aus der Zukunft kommt. Dieser soll Zeuge des erneuten Untergangs von Vulkan werden, doch das läuft nicht so wie geplant. Kirk hat eine Verräterin in seinen Reihen und sieht sich plötzlich zwei Spocks gegenüber.

Rezension von Hendorff

Den Fokus einmal auf Randcharaktere zu legen, ist eine erfrischende Idee. Außerdem wird mit dem Klischee des Fluchs der Rothemden gebrochen. Bei der Außenmission stirbt kein einziges Besatzungsmitglied. Übrigens handelt es sich offenkundig um die Mission auf Gamma Trianguli VI aus der Classic-Episode Der Moment der Erkenntnis, in der durchaus einige Rothemden das Zeitliche gesegnet haben. Und zwar durch eine Giftpflanze, explodierende Steine und Blitzschlag. In der Neuinterpretation entgehen alle Rothemden diesen Todesfallen ganz knapp.

Leider fehlt die Auflösung der Mission. Die gottgleiche Maschine Vaal, die den Planeten kontrolliert, wird nicht einmal erwähnt. Hier wäre durchaus Potential für ein etwas dickeres Kapitel gewesen. Nichtdestotrotz macht diese Geschichte Spaß. Zum einen wegen der Perspektive, aus der sie erzählt wird, zum anderen wegen der ironischen Anspielungen.

Der Zeichenstil ist dabei auf hohem Niveau, sämtliche Charaktere sind sofort wiederkennbar. Die Pflanze, die giftige Pfeile verschießt, ist zudem realistischer gestaltet als die Plastikblume in der Classic-Episode. Die Koloration ist ebenfalls gelungen und rundet die gelungene Geschichte ab.

Rezension von Keenser

In den drei Abrams-Filmen ist Keenser lediglich ein Sidekick für Scotty und er wirkt eher wie ein Gimmick als wie ein empfindungsfähiges Wesen. In diesem kurzen Comic bekommt er wesentlich mehr Tiefgang als in allen Leinwandabenteuern zusammen. Dabei wird ein Potential enthüllt, das man so nicht erwartet hätte. Betrachtet man den Erfahrungsgrad von Keenser, müsste dieser eigentlich Scottys Vorgesetzter sein und nicht umgekehrt.

Scottys Verhalten gegenüber seinem Sidekick ist zudem mehr als unangebracht. Während das Mobbing auf Keensers Heimatwelt ein tragisches Handlungselement darstellt, welches schließlich den Ausschlag gibt, dass dieser nach dem Erstkontakt mit der Föderation seinen Planeten verlässt und der Sternenflotte beitritt, sollte sich der Chefingenieur der Enterprise angemessen zu verhalten wissen. Der Scotty aus der Classic-Serie hat seine Untergebenen zwar ab und an auch zusammengestaucht, aber er hätte sie nie aufgrund ihrer Körpergröße gemobbt. Schlussendlich ist es aber gerade Keensers kleinwüchsige Statur, welche ihm Zugang zu einem schwer erreichbaren Maschinendefekt verschafft.

Die bewegende Geschichte ist in hervorragend gezeichneten Bildern erzählt. Die Charaktere sind gut getroffen und auch die Enterprise sowie die Shuttles sind sehr detailgetreu umgesetzt. Die Koloration hätte an einigen Stellen etwas kräftiger sein können, ist aber alles in allem gelungen. Der Sternenhimmel über Keensers Heimatplaneten ist geradezu atemberaubend. Allerdings ist es nicht nachvollziehbar, warum der Sternenhintergrund vom Orbit aus plötzlich ganz anders aussieht. Während die Sterne vom Boden aus gesehen realistisch leuchten, verwandeln sie sich beim Abflug plötzlich in weiße Kleckse

Die Skyline von San Francisco hätte ebenfalls eine etwas kräftigere Farbpalette vertragen können. Außerdem fehlen an der Glasfassade des Sternenflottengebäudes Glanzeffekte, wodurch das Panorama sehr matt wirkt. Delta Vega ist gleichermaßen etwas monoton.

Rezension von Gespiegelt

Ja, auch das JJ-Versum hat eine Spiegelversion, welche mit dem Spiegeluniversum der Classic-Serie nur Spocks Bart gemeinsam hat. Das Ganze macht natürlich nur Sinn, wenn man anerkennt, dass es sich um ein Reboot handelt, denn andernfalls müsste das Spiegeluniversum von den Veränderungen der Zeitlinie unberührt bleiben. Irgendwie ist das Ganze in sich aber ebenfalls nicht logisch, denn der Spock aus der Zukunft des vermeintlichen Prime-Universums landet zeitgleich in der JJ-Version des Spiegeluniversums und in der alternativen Zeitlinie. Er ist also quasi an zwei Orten gleichzeitig.

Sieht man einmal von diesen himmelschreienden Logiklücken ab, ist die Geschichte durchaus unterhaltsam. Das terranische Imperium hat die Klingonen in die Knie gezwungen, Kirk schmiedet Intrigen gegen Spock und fällt dabei selbst einer Intrige zum Opfer – alles ist so, wie man es vom Spiegeluniversum erwartet. Außerdem ist das eigentliche Abenteuer in eine Rahmenhandlung gebettet, in der Scotty und Dr. McCoy über die Theorie des Multiversums debattieren. Es könnte sich also auch nur um ein Gedankenspiel handeln. Aber wer blickt da überhaupt noch durch, seitdem es mit Discovery ein weiteres Reboot mit wiederum einer eigenen Version des Spiegeluniversums gibt?

Den Durchblick hat der Zeichner wohl ebenfalls verloren, sieht die Enterprise in diesem Comic doch aus wie jene aus den alten Kinofilmen und nicht wie die Version des JJ-Versums. Und das sowohl in der normalen als auch in der Spiegelversion. Um die Verwirrung komplett zu machen, ist auf dem Cover noch die korrekte Enterprise aus dem Reboot zu sehen. Immerhin sieht das Raumschiff noch einigermaßen gut aus.

Mit den Gesichtern der Charaktere hat der Zeichner derweil noch größere Probleme. Es braucht schon einiges an Fantasie, um die Figuren wiederzuerkennen. Obendrein fehlt Spock auf einem Bild das rechte Auge, genauso wie Kirk auf einer späteren Seite. Da hätte man die Schattenseite schon ganz dunkel machen müssen, so wirkt es einfach nur gruselig.

Hinzu kommt, dass einige Konturen nicht richtig nachgetuscht sind und daher sehr skizzenhaft wirken. Vor allem Rura Penthe wirkt regelrecht dahingekritzelt. Bei San Francisco sind die Linien dagegen sehr klar gezeichnet und akkurat getuscht. Immerhin: Die Koloration ist rundum gelungen. Der Lichteinfall ist sehr stimmungsvoll und es mangelt nicht an Leuchteffekten. Lediglich bei den Computerdisplays hat sich ein kleiner Fauxpas eingeschlichen. Sowohl die Narada als auch die Enterprise aus dem 23. Jahrhundert haben LCARS-Menüs der Föderation aus dem 24. Jahrhundert.

Fazit zu Die neue Zeit 4

An den ersten beiden Kapiteln gibt es nichts auszusetzen. Die Nebencharaktere Hendorff und Keenser haben einiges zu bieten und ihre Geschichten sind auch optisch gut umgesetzt. Eigentlich schade, dass der Band keine dritte Story über Rothemden enthält. Die Geschichte über das Spiegeluniversum passt weder inhaltlich noch vom Zeichenstil zu den ersten beiden. Sie ist zwar nicht schlecht und kann durchaus unterhalten, erreicht aber nicht das hohe Niveau der vorangegangenen Kapitel.

Info

Autor: Mike Johnson
Zeichner: Stephen Molnar, Erfan Fajar, Hendri Prasetyo & Miralti Firmansyah
Farben: John Rauch, Ifansyah Noor & Widya Yuwono
Verlag: Cross Cult
Sonstige Informationen: Produktseite

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Warpskala

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8 10 0 1
  • Story 1
    10/10
  • Zeichenstil 1
    10/10
  • Koloration 1
    8/10
  • Story 2
    10/10
  • Zeichenstil 2
    10/10
  • Koloration 2
    7/10
  • Story 3
    5/10
  • Zeichenstil 3
    4/10
  • Koloration 3
    10/10
8/10
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