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The Dark Knight gilt als einer der besten Superheldenverfilmungen aller Zeiten.

Ein anderer Joker

Mit Batman Begins gelang Regisseur Christopher Nolan im Jahr 2005 ein veritabler Kassenschlager. Der Film war, trotz einiger Schwächen, allerbeste Unterhaltung. Dementsprechend wollte Warner Bros., denen die Rechte an der Figur Batman gehörten und die den ersten Teil finanzierten und vertrieben, eine Fortsetzung haben. Und Regisseur sollte natürlich erneut Christopher Nolan sein.

Doch der hatte zunächst Bedenken, da er noch nie in seiner bisherigen Karriere an Fortsetzungen gearbeitet hatte. Allerdings machte er sich gemeinsam mit seinem Co-Autoren David Goyer Gedanken über potentielle Sequels. Woraus am Ende die Basis für The Dark Knight entstand. Die Vorbereitungen für die Verfilmung sollten dann nach The Prestige (2006) anfangen.

Beide, also Christopher Nolan und David Goyer, arbeiteten einige Eckpunkte heraus, die mit in den Film sollten. Klar war von Anfang an, dass dabei der Joker eine wichtige Rolle spielen sollte, als jemand, der einfach nur die Welt um sich herum niederreißen wollte. Ebenso wollten die beiden nicht, dass die Darstellung des Antagonisten an Jack Nicholsons Performance aus dem 1989er Batman-Film erinnerte. Das lag daran, dass Goyer Nicholsons Interpretation der Figur nicht furchterregend fand, was in ihrem kommenden Kinofilm allerdings der Fall sein sollte.

Eine Frage des Einflusses

Und genau aus diesem Grund entschieden sie sich gegen eine Ursprungsgeschichte der Figur. Stattdessen sollte sie in The Dark Knight ein unbekannter, aber bereits voll ausgefleischter Charakter sein, nur halt ohne eine Erklärung, woher er kam, was sein Ursprung wäre. Eben damit er, anders als bei Nicholson, angsteinflößend sein sollte.

Jonathan Nolan, Bruder von Christopher Nolan, nahm diese Grundlagen auf und verarbeitete sie innerhalb von sechs Monaten in einen ersten Entwurf, der dann bei Warner Bros. eingereicht wurde. Und während sein Regisseursbruder noch an The Prestige arbeitete, werkelte der Drehbuchautor zwei weitere Monate am Skript. In dieser Phase entstand dann das eigentliche Ende, dass man auch im Film sieht, sowie einige wichtige Dialogzeilen. Dabei ließ er sich mehr von Krimidramen wie Der Pate oder Heat beeinflussen, so dass der Tonfall des Kinofilms vor allem an ein solches erinnern sollte, denn an eine Comicverfilmung.

Wobei es durchaus einige Comics gab, die in gewisser Weise Einfluss auf The Dark Knight hatten. Frank Millers ernste Interpretation von Batman sowie die Miniserie Batman: The Long Halloween, die die Beziehung zwischen dem Helden, Jim Gordon und Harvey Dent untersuchte, wurden ebenso herangezogen als auch Alan Moores Meisterwerk The Killing Joke. Letzterer Comic diente als Grundlage für die Darstellung von Jokers Motivation, der Welt zu zeigen, dass jeder wie er werden könnte.

Eine kontroverse Wahl

Der Cast setzte sich wiederkehrenden Leuten und Neuzugängen aus. Christian Bale, Gary Oldman, Michael Caine und Morgan Freeman nahmen ihre Rolle des Vorgängers wieder auf. Es gab eine Umbesetzung, weil Katie Holmes ihren Charakter als Staatsanwältin Rachel Daws nicht wahrnehmen konnte. Stattdessen übernahm Maggie Gyllenhaal (Donni Darko) die Rolle. Es gab auch komplett neue Figuren. Aaron Eckhart stellte Harvey Dent dar, den Staatsanwalt, der später zu Two-Face werden sollte. Doch die wichtigste Besetzung und die, die am meisten Einfluss auf den Film hatte, sollte die von Heath Ledger sein.

Den Darsteller kannte man damals aus Filmen wie Monster Ball, Brokeback Mountain oder I’m not here. Es gab große Skepsis, ob der Schauspieler überhaupt in der Lage wäre, die Figur des Jokers in The Dark Knight zum Leben zu erwecken. Ja, teilweise wurde den Produzenten und dem Regisseur sogar davon abgeraten. Doch Ledger stürzte sich mit voller Energie in die Vorbereitung. Er verbrachte einen Monat lang abgeschieden in einem Hotelzimmer, um die Comics mit Auftritten der Figur zu studieren. Er entwickelte eine eigene Idee, eine eigene Stimme für seine Darstellung und erstellte sogar ein „Joker Tagebuch“, in dem er weiter an seiner Interpretation des Charakters basteln konnte.

Doch dies sollte seinen Preis haben. Der Schauspieler hatte das Problem, dass wenn er sich sehr intensiv für eine Rolle vorbereitete, er unter extremer Schlaflosigkeit litt und so oft nur ein, zwei Stunden schlafen konnte, ehe er wieder aufwachte, weil sein Verstand raste. Er nahm dagegen Medikamente und begab sich, nach dem seine Arbeit bei dieser Comicverfilmung vorbei war, zusätzlich noch in psychische Behandlung.

Ein Tod mit enormen Auswirkungen

Christopher Nolan setzten während der Dreharbeiten von The Dark Knightüberwiegend auf praktische Effekte. Er ließ eine alte Lagerhalle in die Luft sprengen oder sorgte dafür, dass sich in einer Szene ein richtiger LKW spektakulär überschlug. Leider kam während der Produktion ein Stuntman bei einem missglückten Stunt ums Leben. Und er sollte nicht der letzte Tote bleiben.

Denn am 22. Januar 2008, während der Postproduktionsphase, verstarb Heath Ledger im Alter von 28 Jahren. Todesursache war eine unbeabsichtigte Überdosis an Medikamenten. Sofort kamen die Gerüchte auf, dass er sich zu sehr in seine Rolle als Joker vertieft hatte und dies für seinen Tod gesorgt hatte. Doch egal, was am Ende die Ursache war: Für den Film hätte es keine bessere PR geben können. Auf einmal war er in aller Munde und die Leute waren neugierig, wie der Kinofilm, der mutmaßlich Grund für den Tod des Darstellers war, sich schlagen würde.

Bruce Wayne führt weiterhin ein Doppelleben als Playboymilliardär und Vigilant. Als solcher hat er Verbündete bei der Polizei, darunter auch Detective Gordon und die Hoffnung von Gotham, den jungen Staatsanwalt Harvey Dent, der alles daran setzt, die Mafia der Stadt dingfest zu machen. Der Superheld hofft, dass durch dessen Bemühungen Gotham City endlich wieder friedlich wird und er das Cape an den Nagel hängen kann.

Gerechtfertigt?

Doch dann taucht der Joker auf. Ein komplett wahnsinniger Anarchist, der den Bemühungen Batmans und der Ordnungsbehörden stets einen Schritt voraus zu sein scheint. Sein wahres Ziel bleibt lange unklar, bis es zu spät ist und er zumindest einen Teil seines wahren Vorhabens umsetzen konnte.

The Dark Knight wurde mit Preisen überhäuft. Es war ein Kassenschlager und wurde 2020 in das nationale Filmregister der USA aufgenommen. Viele Sprüche, Bilder und Szenen sind legendär geworden und wurden zu Memes. Allerdings muss man eine schon fast ketzerische Frage stellen: Hätte der Kinofilm all dies erreicht, wenn Heath Ledger nicht so tragisch verstorben wäre?

Der Film ist gut, keine Zweifel. Er wäre so oder so ein Erfolg an den Kinokassen gewesen, einfach weil Christopher Nolan einen unterhaltsamen Kinofilm erschaffen hat. Einen, in dem weniger Bruce Wayne und sein Alter Ego im Vordergrund steht, als vielmehr der Joker und seine Untaten sowie die Auswirkungen, die seine Taten auf die Stadt haben.

Keine Aktion, nur Reaktion

Es war eine mutige Entscheidung des Regisseurs, den Film so zu drehen. Dass er  seine Protagonisten lange Zeit nur reagieren lässt, anstatt zu agieren, um dann am Ende von „The Dark Knight“ zu zeigen, dass dieser forcierte Mangel an Aktion Konsequenzen hat. Und dies funktioniert am Ende auch nur deshalb, weil Heath Ledger einen fantastischen Joker gibt.

Sein Clown Prince of Crime, wie der Charakter in den Comics ebenfalls genannt wird, ist kein Mensch. Er ist lebendig gewordene Anarchie, ein Monstrum, auch wenn Christopher Nolan darauf verzichtet, ihm eine übernatürliche Komponente zu schenken. Aber man spürt die Furcht und den Schrecken, die er mit seinen Taten ausstrahlt.

Sicherlich trägt zu dieser Wirkung bei, dass man nicht weiß, wieso der Joker in The Dark Knight eben zum Joker wurde. Wieso er so entstellt ist, wieso er Clownmakeup trägt. Und ja, es ist wirklich Make-up, da man in einigen Szenen sieht, wie es beispielsweise durch Schweiß abgeht. Er erzählt zwar eine Story, wie und wodurch sein Gesicht zerstört wurde. Doch bedingt dadurch, dass der Erzähler unglaubwürdig ist, wirkt auch dieser Ursprung nicht glaubhaft.

Der Einfluss des Bösen

Heath Ledger spielt den Joker wie besessen. All dies, was in den Absätzen vorher beschrieben wurde, transportiert er durch sein gelungenes Schauspiel. Er ist das Highlight des Films, der alle anderen nahezu überstrahlt.

Denn wie bereits gesagt: Die Protagonistenseite wird durch seine Taten dazu gezwungen, permanent zu reagieren. Wann immer jemand scheinbar einen brillanten Plan hat, wie beispielsweise, als Bruce Wayne sich als Batman zu erkennen geben will, hat er dies in seine eigenen Pläne einbezogen und nützt die Gegebenheiten, um weiteres Chaos zu schaffen. Er zwingt die Helden in The Dark Knight bis an die Grenzen ihrer Kräfte zu gehen und teilweise auch darüber hinaus.

Das macht sich besonders bei Harvey Dent bemerkbar. Er ist die große Hoffnung von Gotha und von Bruce Wayne. Er wird als geradliniger, unkorrumpierbarer Staatsanwalt dargestellt, der bereit ist, mit Batman zusammenzuarbeiten, um die Mafia und ihre Bosse zu fangen. Man kann verstehen, wieso alle an ihn glauben, wieso er für sie so wichtig ist. Er ist, neben dem Titelcharakter, ein heller Ritter, ein helles Licht, dass in der Dunkelheit der Stadt für Hoffnung sorgt. Was ihn eben umso mehr zu einem Ziel des Jokers macht. Man sieht, wie dessen Taten immer mehr und mehr an Dent nagen, wie er immer mehr kurz davor steht, eine Grenze zu überschreiten, von der es kein Zurück mehr gibt. Was dann im letzten Akt des Films auch geschieht.

Mut zum Risiko

Auch Bruce Wayne, beziehungsweise sein Alter Ego, wird dabei zum Äußersten gezwungen. Doch anders als bei Dent bleibt er selbst unter den extremsten Umständen seinen Idealen treu. Er risikiert immer alles, um Leben zu retten, etwas worüber sich der Joker ständig amüsiert und ihn darüber auch provoziert. Er macht im Vergleich zu den anderen Figuren vielleicht am wenigsten eine Fortentwicklung durch. Aber die Veränderung, die er durchläuft, reicht vollkommen aus. Einfach, weil er am Ende von The Dark Knight bewusst vieles verliert, um die Stadt und ihre Seele zu retten.

Der Film wagt vieles. Darunter auch, dass die von Maggie Gyllenhaal dargestellte Rachel Daws das Zeitliche segnet, ein Opfer der perfiden Pläne des Jokers. Und man muss die Schauspielerin loben. Sie macht aus der Figur mehr als Katie Holmes. Ihre Staatsanwältin ist zwischen Bruce Wayne und Harvey Dent hin- und hergerissen, trifft aber, ehe sie dann ermordet wird, eine bewusste Entscheidung für eine Person. Ihr Ableben hat dabei für die weitere Story enorme Konsequenzen.

Und dann ist da noch Jim Gordon. Genauso wie Batman ist und bleibt er geradlinig. Er ist jemand, der von seinen Idealen nicht abweicht und zur Not sein eigenes Leben riskiert, um das von anderen zu retten. Nur um am Ende von The Dark Knight dazu gezwungen zu sein, seine Visionen quasi zu opfern, damit die Stadt weiter existieren kann.

Eine Schwachstelle

Der Film hat viele exzellente Szenen. Sei es, als Batman einen Mafiabanker aus Hong Kong entführt, sei es, als der Joker ein Krankenhaus in die Luft sprengt und dann selber darüber erschreckt, als die finalen Ladungen verspätet zünden. Oder eine dramatische Szene am Ende, wo Unschuldige vor die Wahl gestellt werden, die Entscheidung, wer in der Situation stirbt oder lebt. Auch die Entstehung von Two-Face, Harvey Dents Schurken-Alter-Ego, ist großartig geworden, nicht zuletzt dank der beeindruckenden Maskerade, bei der die Hälfte seines Gesichts wie weggebrannt aussieht.

Doch ausgerechnet Two-Face ist der Schwachpunkt des Kinofilms. The Dark Knight hätte auch genauso gut ohne ihn funktioniert, da er eben erst im letzten Akt auftaucht und wichtig wird. Man merkt dem Film an, dass er im Grunde nur deshalb existiert, um das Finale aufzubauen und die damit einhergehenden Veränderungen. Als das geschehen ist, wird der Charakter wieder aus der Story rausgeschrieben, anstatt ihn für eine Fortsetzung noch zu behalten.

Ein solches Storykonstrukt ist für einen solchen Kinofilm einfach enttäuschend. Man weiß, das Christopher Nolan es besser kann, das hat er davor und danach mehr als ausreichend bewiesen. Aber hier, in diesem Film, wirkt es flach, so als ob das nur deshalb geschieht, weil im Hintergrund Druck auf ihn ausgeübt wurde, alles schonmal für eine nahezu todsichere Fortsetzung vorzubereiten. Aus diesem Grund ist das zwar ein guter Kinofilm, aber die Höchstnoten, die Lobeshymnen sind damit nicht ganz nachvollziehbar. Hier schlägt wirklich der Tod von Heath Ledger zu Buche, ohne den dies wahrscheinlich so nicht geschehen wäre.

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Warpskala

Warpskala
8 10 0 1
8/10
Total Score

Positiv

  • Heath Ledger
  • Eine spannende Story
  • Entwicklung der Helden

Negativ

  • Two-Face wirkt am Ende fehl am Platze
Götz Piesbergen

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