Eine gefälschte Marslandung führt in Unternehmen Capricorn zu Problemen.
Eine Marslandung im Filmstudio
In wahrscheinlich keiner anderen Industrienation der westlichen Welt ist das Misstrauen in die eigene Staatsführung so stark ausgeprägt wie in den Vereinigten Staaten von Amerika.
Es gibt keine Verschwörungstheorie, und sei sie auch noch so abwegig, für die sich nicht wenigstens ein paar Leute fänden, die sie unhinterfragt für bare Münze nähmen. Sei es die Behauptung, die Terroranschläge vom 11. September seien von der Regierung selbst durchgeführt wurden, um die Kriege in Afghanistan und dem Irak zu rechtfertigen, dass Präsident Kennedy von Agenten des CIA ermordet wurde, weil der Geheimdienst dessen liberale Politik ablehnte, oder dass die Mondlandungen im Wahrheit nie stattfanden und nur in einem Filmstudio inszeniert wurden.
Obwohl gerade letztere Theorie ganz besonders abstrus klingt, gibt es erstaunlich viele Amerikaner, die bis heute einfach nicht glauben mögen, dass die NASA es wirklich fertigbrachte, insgesamt zwölf Männer erfolgreich auf den Erdtrabanten und sicher wieder nach Hause gebracht zu haben. So werden immer wieder – vor allem natürlich im Internet – angebliche Beweise dafür präsentiert, dass die Flüge der Apollo-Missionen mit der Technik der sechziger Jahre so gar nicht möglich gewesen wären und auf vermeintliche Ungereimtheiten verwiesen, wie zum Beispiel der Tatsache, dass das Sternenbanner, welches die Astronauten auf dem Mond aufstellten, auf manchen Fotos im Wind zu flattern scheint, obwohl es auf dem Mond gar keine Atmosphäre gibt.
So mancher Durchschnittsamerikaner scheint kein Problem damit zu haben, seinen Patriotismus mit einem tiefen Argwohn gegenüber staatlichen Institutionen in Einklang zu bringen, da er oder sie diesen offenbar zutraut, die eigene Bevölkerung zu belügen und zu betrügen, wann immer es ihnen recht ist.
Eine Zeit voller Paranoia
Unternehmen Capricorn von Regisseur Peter Hyams entstand in einer Epoche, in der diese speziell amerikanische Form der Paranoia ihren Höhepunkt erreicht hatte. Es war das Jahr 1978, die Watergate Affäre lag erst wenige Jahre zurück, und das Vertrauen der Menschen in die Regierungsorgane befand sich auf einem Tiefpunkt, als Hyams eine Geschichte über eine groß angelegte staatliche Vertuschungsaktion präsentierte, gegen welche die vermeintlich gefälschte Mondlandung harmlos aussieht, denn ihn zog es in deutlich höhere Sphären. In seinem Film schickt sich die NASA an, die erste bemannte Landung auf dem Mars durchzuführen. Unter großem Medienrummel bereitet sich die Crew des Raumschiffs Capricorn One, bestehend aus den Astronauten Brubaker, Willis und Walker (James Brolin, Sam Waterston und O.J. Simpson), auf ihre historischen Reise vor. Doch unmittelbar vor dem Start werden die drei heimlich aus der Rakete geholt und zu einem versteckten Stützpunkt in die Wüste geflogen. Dort werden sie darüber informiert, dass ihre Raumkapsel mit einem fehlerhaften Bauteil ausgestattet war. Wären sie wie geplant zum Roten Planeten gestartet, wäre sie während des Fluges explodiert. Um sich eine Blamage zu ersparen, hatte man beschlossen, die Öffentlichkeit glauben zu machen, die Marslandung erfolge wie geplant. Man rekonstruierte einen Teil der Oberfläche des Planeten in einem Studio, wo man das Ereignis nachstellen und den Menschen vor den Fernsehschirmen überall auf der Welt als vollen Erfolg präsentieren möchte.
Doch ganz so reibungslos, wie die NASA-Bosse es sich vorstellen, verläuft dieser Plan nicht.
Der abgehalfterte Reporter Caulfield (Elliot Gould) entdeckt Indizien, die daraufhin hindeuten, dass etwas mit den offiziellen Missionsberichten der NASA nicht stimmt, und beginnt, eigene Nachforschungen anzustellen. Doch schon sehr bald bringen ihn seine Recherchen in Lebensgefahr, denn irgendjemand scheint um jeden Preis verhindern zu wollen, dass die Wahrheit ans Licht kommt.
In der Zwischenzeit brechen die Astronauten aus, um der Welt die Wahrheit mitzuteilen und werden damit zu Gejagten.
Eine Frage des Glaubens
Obwohl Unternehmen Capricorn bereits über vierzig Jahre auf dem Buckel hat, lässt sich nicht abstreiten, dass der Film auch heute noch von einer bestechenden Aktualität ist, denn auch unser sogenanntes postfaktisches Zeitalter zeichnet sich wieder durch eine weit verbreitete Skepsis gegenüber den Statements von Politikern und Journalisten zur allgemeinen Weltlage aus. Es ist bekannt, wie leicht man Bilder auf jede erdenkliche Art manipulieren kann, weswegen manche argwöhnischen Zeitgenossen auch gesicherten Fakten nicht mehr so recht trauen mögen. In dieser Hinsicht war Unternehmen Capricorn seiner Zeit weit voraus. Schon lange vor dem Zeitalter des Internets und der Meinungsmache durch soziale Medien, machte der Streifen deutlich, wie man die Massen durch geschickte Verfälschung der Realität hinters Licht führen kann. Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass ausgerechnet Hollywood, das es mit der Wahrheit ja bekanntlich selbst nie so genau nahm, ein Werk in die Kinos brachte, welche die suggestive Macht des bewegten Bildes so kritisch hinterfragte.
Aber diese Botschaft hat natürlich auch eine Kehrseite: Die bereits erwähnten Verfechter der These, dass die Landung auf dem Mond nur eine Lüge wahr, werden sich durch einen Film wie diesen in ihrer Meinung erst recht bestätigt fühlen. Manche von ihnen mögen gar vermuten, dass Peter Hyams von denselben NASA-Experten beraten worden war, welche hinter dem vermeintlichen Mondfake steckten, was selbstverständlich ins Reich der Märchen gehört. Manchmal ist der Glaube an eine Lüge eben stärker als die Wahrheit. Gegen dieses Phänomen gibt es kein Mittel, schon gar nicht in Form eines Hollywoodfilms.
Doch unabhängig davon, inwieweit man bereit ist, die Mondlandungen für die größte technische Leistung des zwanzigsten Jahrhunderts oder nur für einen groß angelegten Fake zu halten, bleibt festzuhalten, dass Hyams ein handwerklich bemerkenswerter Film mit einer erstklassigen Schauspielerriege gelungen ist, zu der auch Telly Savalas und Hal Hoolbrock gehören. Durch die für das Kino der siebziger Jahre betont ruhige Machart erzeugt der Streifen beim Zuschauer eine subtile Spannung. Hyams kommt dabei fast ohne spektakuläre Actionszenen aus, abgesehen von einer wirklich bemerkenswert gefilmten Hubschrauberjagd gegen Ende, die gänzlich ohne Modeltricks realisiert wurde. Der Film ist jedoch keine Dauerverfolgungsjagd im Stil der Jason-Bourne-Filme, sondern eine originelle, kühl und sachlich gehaltene Synthese aus Science-Fiction und Politthriller in der Tradition von Klassikern wie Die Unbestechlichen oder Die drei Tage des Condor. Gerade durch die betont nüchterne, fast dokumentarische Machart regt der Streifen zum Nachdenken darüber an, ob das dargestellte Szenario womöglich nicht doch Realität ist … oder eines Tages werden könnte.
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