In Solar System: Lost bietet ein außerirdisches Raumschiff jede Menge Konfliktpotential.

Solar System Lost
Cover © Digital Publishers

Auf Schatzjagd durchs Sonnensystem

Ray wuchs auf der Marskolonie Adventivia auf. Da er mit den rassistischen und militaristischen Idealen seiner Heimat nichts zu tun haben wollte, ist er aus dem Militärdienst geflohen und konnte sich seit damals illegal ein Raumschiff besorgen. Irgendwann will er damit von der Welt fliehen. Doch seine Pläne beschleunigen sich ungeahnt, als seine heimliche Jugendliebe Li von der Erde wiedertrifft und anschließend vor den Schergen der Machthaber seiner Heimat flüchten muss.

Allein auf seinem Raumschiff steuert er die Erde an. Wo er auf einer Raumstation, die die Hauptanlaufstelle für all diejenigen ist, die illegal den Planeten ansteuern, den ruppigen Andor antrifft, der ihn unter seine Fittiche nimmt. Schon bald entsteht eine bunte Gruppierung, die ein Ziel hat: Den Aufenthaltsort eines mysteriösen, außerirdischen Raumschiffes zu finden, hinter dem alle her sind.

Mit Solar System: Lost beschreibt Autorin Sylvia Kaml eine Art Schnitzeljagd im Sonnensystem. In ihrem Roman stellt sie eine kunterbunte Truppe an Figuren zusammen, die sie im Laufe der Geschichte von A nach B und dann nach C schickt. Und sie dabei natürlich auch einiges an Aufregung erleben lässt.

Abwechslungsreiche Charaktere

Die Autorin wurde 1975 geboren und ist hauptberufliche Tierärztin, die mit ihrer Familie in Mühlheim an der Ruhr lebt. Sie hat bereits schon viele Bücher verfasst, die überwiegend alle im Science Fiction-Genre zu verorten sind. Solar System: Lost ist ihr neuster Roman, der in der Kategorie „Bestes Buch“ 2024 für den deutschen Phantastikpreis SERAPH nominiert wurde.

Die Schriftstellerin versteht sich von Anfang darauf, abwechslungsreiche Figuren zu schreiben. Jeder ihrer Charaktere ist auf seine eigene Art und Weise charmant und liebenswürdig. Sei es der Hauptcharakter Ray, der seine Heimat möglichst meiden will, weil er dort gesucht wird. Oder der ruppige und widersprüchliche Andor, der einerseits den Macker gibt und in seiner Freizeit seine Muskeln trainiert. Dann aber gleichzeitig auch ein mit allen Wassern gewaschenes Schlitzohr ist, der anscheinend den richtigen Riecher für Leute hat, die er für sein Unterfangen braucht. Und der zur Not bereit ist, ohne Rücksicht auf Verluste zu agieren.

Diese beiden den Kern der Gruppe, die im Laufe von Solar System: Lost entsteht. Zu ihnen stoßen dann die Edelprostituierte Vivian, die die Nachkommin von einer Sekte an Kolonisten ist, denen sie ihre emphatischen Fähigkeiten verdankt. Oder der junge Laif, der von seinem „Vater“ als ein besseres Versuchskaninchen missbraucht wurde und der sich nicht sicher ist, ob er nicht doch irgendwann sein Geschlecht verändern möchte. Und natürlich auch Li selbst, die am meisten Ahnung über das mysteriöse Raumschiff besitzt, welches die Gruppe sucht.

Immer neue Wendungen

Es sind diese fünf Figuren, die einem im Laufe des Romans ans Herz wachsen und denen man bei ihrer Suche nach dem ominösen Alien-Schiff die Daumen drückt. Dabei verläuft diese Suche nicht geradlinig, sondern die Autorin baut wiederholt neue Plottwists ein, die die Gruppe zwingt, immer wieder neue Orte im Sonnensystem aufzusuchen. Diese schildert Sylvia Kaml genauso wie ihre Charaktere bunt und abwechslungsreich.

Dabei kommt vor allem dem Mars in Solar System: Lost eine wichtige Rolle zu. Diese Welt wird am ausführlichsten beschrieben. So erfährt man, dass hier anscheinend eine Art Militärdiktatur errichtet wurde, bei der die führenden Offiziere tun und lassen können, was sie wollen, sie werden nicht belangt. Selbst dann nicht, wenn sie, wie Rays Vater, ihre Frau schlagen. Gleichzeitig ist diese Nation auch von dem Wunsch nach einer rein arischen Rasse beseelt, was sogar so weit geht, dass alle Embryonen vor der Geburt überprüft werden und diejenigen, die in irgendeiner Art und Weise „Schaden“ haben, entsorgt werden.

Vor allem ab der zweiten Hälfte des Romans wird diese Nation wichtig. Da sie dann nämlich direkten Einfluss auf die Handlung nehmen, die übrigens aus der Sicht von Ray erzählt wird. Man lernt die Repräsentanten des Mars richtig zu hassen, weil sie auf Unschuldige keine Rücksicht nehmen, um an ihre Ziele zu kommen.

Zu viele Zufälle

Das Alienschiff selbst bleibt in Solar System: Lost über weite Teile der Handlung einfach nur ein Objekt der Begierde. Es wird zwar am Ende näher vorgestellt, doch bleibt es selbst dann ein großes Mysterium, dass Potential für eine etwaige Fortsetzung besitzt.

Es ist allerdings nicht alles Gold, was in dieser Geschichte glänzt. Im Gegenteil: Der Beginn des Romans, so die ersten 40 bis 60 Seiten sind sehr stark vom Zufall geprägt. Zufälligerweise begegnet Ray Li wider, stößt anschließend danach zufälligerweise auf einen Admiral, vor dem er flieht und was ihn schließlich zur Erde bringt. Wo er zufälligerweise auf Andor stößt, der sich seiner annimmt, womit dann die eigentliche Handlung, die Schnitzeljagd anfängt. Das ist alles etwas zu viel des Zufalls, vor allem auch deshalb, da einen die Begegnung mit dem Admiral stutzig macht. Denn man kann es sich nicht erklären, wieso so ein hochrangiger Offizier auf den Straßen einer heruntergekommenen Gegend unterwegs ist. Sylvia Kaml liefert zwar dann später einen Grund nach. Doch wäre es besser gewesen, wenn dieser schon direkt zu Beginn präsentiert worden wäre.

Trotzdem ist Solar System: Lost ein spannender und gut geschriebener Roman.

Autor: Sylvia Kaml
Titel: Solar System: Lost
Verlag: Digital Publishers
Erschienen: 09/2023
Einband: eBook
ISBN: 978-3-98778-502-3
Sonstige Informationen:
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