Sir Terry Pratchett schenkte der literarischen Welt eine ganz neue, ganz eigenartige Welt.

Flach wie eine Pizza ruht die Scheibenwelt auf den Rücken von vier Elefanten, die ihrerseits auf Groß A’Tuin stehen, einer riesenhaften Schildkröte, welche durch die samtige Schwärze des Weltall gleitet. Eine wunderbare Vorstellung.

Wer ist der Mann hinter der Scheibenwelt?

Terence David John Pratchett wurde am 28. April 1948 in Beaconsfield, Buckinghamshire, geboren. Er war das einzige Kind von David und Eileen Pratchett. Seine Mutter war Sekretärin, sein Vater arbeitete als Mechaniker. Terry Pratchett besuchte zunächst die Holtspur School, wo er keinen leichten Stand hatte, da er unter einer Sprachstörung litt. Der Schuldirektor sagte ihm indirekt ein nicht sonderlich glanzvolles Leben vorher, indem er ihm zu verstehen gab, dass an dem Umstand, wie gut ein Sechsjähriger lesen und schreiben könne, der Grad des späteren Erfolgs im Leben feststellbar sei.

1957 zog die kleine Familie nach Bridgwater, Somerset. Zwei Jahre später bekam Terry Pratchett einen Platz an der High Wycombe Technical High School. Dort begann er, Geschichten für die Schülerzeitschrift zu schreiben. 1962 veröffentlichte er dort seine erste Kurzgeschichte mit dem Tital Business Rivals, in der ein Mann in seiner eigenen Wohnung den Teufel entdeckt. Seine Geschichte The Hades Business, welche zunächst auch in der Schülerzeitschrift abgedruckt wurde, erschien zwei Jahre später im Handel. Er interessierte sich schon als Kind für Astronomie, sammelte Brooke-Bond-Karten über das All und legte sich ein Teleskop zu. Damals wäre er zu gerne Astronom geworden, allerdings scheiterte dieser Traum an Pratchetts fehlender mathematischer Begabung. Neben dem echten Weltall interessierte er sich für fiktionale Universen, las viel Sci-Fi und besuchte in den 1960er Jahren mehrere Science-Fiction-Kongresse, eine frühe Art der Conventions, wo sich die Fans des Genres trafen. Damals lag der Hauptfokus auf dem literarischen Bereich. Später kamen weitere Medien dazu, wie Comics, Filme oder Spiele. Bücher waren Pratchett unheimlich wichtig, da sie zur Bildung beitragen.

„Der Ernst des Lebens“

Die Kongressbesuche hörten jedoch auf, als Terry Pratchett eine Lehre als Journalist bei der Bucks Free Press begann. In dieser Zeit legte er sich das Pseudonym Uncle Jim zu und schrieb an die 80 Geschichten für die Kinderseite. Zum Ende seiner Ausbildung legte er gleichzeitig das britische Abitur in Englisch ab, das sogenannte A-Level, und schrieb sich beim National Council for the Training of Journalists (NCTJ) ein, um weitere Qualifikationen im Bereich Journalismus zu erwerben. Das NCTJ ist zwar keine staatliche Einrichtung, gilt in Großbritannien allerdings als unerlässlich für alle, die sich im journalistischen Bereich weiterbilden wollen.

Seine Karriere als Schriftsteller kam ins Rollen, als er 1968 Peter Bander van Duren interviewte. Dieser war Co-Direktor der Colin Smythe Ltd. Pratchett erwähnte mehr beiläufig, dass er ein Manuskript fertiggestellt habe. Er hatte Glück: 1971 veröffentlichte der kleine Verlag Pratchetts ersten Roman. Alarm im Teppich-Reich erhielt zwar nur wenige, aber dafür positive Kritiken. Mit Der Sonne Dunkle Seite (1976) und Strata oder die Flachwelt (1981) folgten zwei weitere Science-Fiction-Romane aus Pratchetts Feder.

Die Scheibenwelt

Mit Die Farben der Magie, welches in der xten Auflage auch in meinem Bücherregal einen Platz gefunden hat, erschien 1983 der erste Scheibenweltroman. 1986 und 1987 erschienen Das Licht der Phantasie, Das Erbe des Zauberers und Gevatter Tod. Der Erfolg der Scheibenweltromane veranlasste Pratchett, seinen Brotjob zu kündigen – er war zuletzt Pressesprecher des Central Electricity Generating Board gewesen – und von nun an vom Schreiben zu leben. Die Scheibenweltromane verkauften sich wie warme Semmeln und gelangten an die Spitzen der Bestsellerlisten. In den 1990er Jahren gehörte er zu den führenden Bestsellerautoren in Großbritannien. Seine Scheibenweltgeschichten schienen nur so aus ihm herauszusprudeln, sodass er zwei Bücher pro Jahr veröffentlichen konnte.

Sein Schreibstil hob sich durch viel Humor und Persiflagen deutlich von anderen ab und erschien in der Verbindung zum Fantasygenre recht eigenartig, ebenso wie seine Vorliebe für Fußnoten. Das hielt die Bücher vom Erfolg jedoch nicht fern, ganz im Gegenteil! Gerade die Scheibenweltbücher, die keine klassischen Fantasyromane sind, sondern auf eigenwillige Art Fantasy- und Sci-Fi-Elemente mixen und es bis zur Parodie treiben, sind ungeheuer beliebt. Obendrein kommen so viele alltägliche Dinge zur Sprache, wie Musik, Essen, Religionen, Weltanschauungen, Esoterik, Wissenschaft, Krieg und vieles mehr.

Engagement

Terry Pratchett engagierte sich für verschiedenes. Beispielsweise liebte er Orang-Utans, ein Grund, weswegen die Unsichtbare Universität einen Orang-Utan als Bibliothekar hat. So war Pratchett für die Orang-Utan Foundation tätig. Seinem Beispiel folgten viele seiner Fans, welche sich ebenfalls für die Belange der Tiere einbrachten. Eine Besonderheit war dabei, dass bei jeder Convention, die Pratchett besuchte, eine Versteigerung stattfand, bei der man die Nennung seines Namens im nächsten Scheibenwelt-Roman ergattern konnte. Das Geld floss zu 100 % in die Orang-Utan Foundation.

Weiterhin war er Schirmherr der Friends of High Wycombe Library und besuchte seine ehemalige Schule, um mit den dortigen Schülern zu reden.

Später setzte er sich, auch aus persönlicher Betroffenheit, für die Alzheimer-Forschung ein. Eine Dokumentation sollte 2008 den Zuschauern die Krankheit näherbringen und wurde mit dem BAFTA-Preis ausgezeichnet. Ebenfalls 2008 erbat Pratchett bei einem Treffen mit dem Premierminister Gordon Brown eine Erhöhung des Forschungsetats im Bereich der Demenzforschung.

2009 sprach sich der Schriftsteller, auch aus persönlichen Gründen, für die Möglichkeit des assistierten Suizids aus. Er selbst hatte früher mit dem Begriff gehadert, kam dann jedoch zu der Meinung, dass jedem der Weg des selbstbestimmten Todes möglich gemacht werden sollte. „Es sollte möglich sein, dass jemand, der von einer schweren und letztendlich tödlichen Krankheit betroffen ist, sich dafür entscheidet, friedlich mit medizinischer Hilfe zu sterben, statt zu leiden“, so Pratchett. Auch zu diesem Thema drehte er eine Dokumentation (Terry Pratchett: Choosing to Die, 2011), die ebenfalls mit dem BAFTA ausgezeichnet wurde.

Wenngleich er sich für die Möglichkeit des selbstbestimmten Sterbens aussprach und heimlich Pillen für diesen einen Zweck in seinem Tresor daheim vorhielt, starb Pratchett an den Folgen seiner Krankheit und nicht von eigener Hand.

Erkrankung

2007 wurde bei Terry Pratchett Alzheimer diagnostiziert. In seinem Fall war es eine sogenannte posteriore kortikale Atrophie. Bei dieser Form sind die hinteren Areale des Gehirns betroffen. Die Diagnose, die niederschmetternd gewesen sein muss, hielt ihn jedoch nicht davon ab, weiter zu arbeiten. Er hatte das Gefühl, noch Zeit für ein paar Bücher zu haben, und blieb positiv gestimmt und optimistisch. Da die Empathie und Höflichkeit der Leute immer wieder dazu führte, ihn zu fragen, ob man irgendetwas für ihn tun könne, verlegte er sich auf die einzige Antwort, dass er den dahinterstehenden Impuls zwar verstünde, aber solcherlei Angebote nur von hochkarätigen Experten für Gehirnchemie anzunehmen gedächte.
Da ihm das Maschineschreiben immer schwerer fiel, nutzte er entweder eine Spracherkennungssoftware oder diktierte alles seinem Assistenten Rob Wilkins. Es war auch Wilkins, der nach Pratchetts Tod am 12. März 2015 einen letzten Tweet auf Pratchetts Twitteraccount verfasste:

AT LAST, SIR TERRY, WE MUST WALK TOGETHER.

Terry took Deaths arm and followed him through the doors and on to the black desert under the endless night.

The End.

Es ist klar erkennbar, dass hier eine der berühmtesten und beliebtesten Figuren der Scheibenwelt zu Terry Pratchett sprach: Gevatter Tod selbst.

Die Liebe der Fans ging so weit, dass bei Change.org eine Petition erschien, in der ein Fan Gevatter Tod bat, ihnen Sir Terry Pratchett zurückzugeben. Diese rührende Bitte wurde von über 25.000 Fans unterzeichnet.

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Kirsten P.

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