Mit Avengers: Age of Ultron wiederholte das MCU die Fehler eines anderen Films der zweiten Phase.
Bitte dieses Mal nicht so viel Stress
Der allererste Avengers-Film war 2012 gerade mal in den Kinos, als bei Marvel schon die Überlegungen anfingen, ob und wie eine Fortsetzung aussehen würde. Für Kevin Feige, dem Master Mind von Marvel Studios, war klar, dass er Joss Whedon, den Regisseur und Drehbuchautor des ersten Avengers-Films, wieder mit dabei haben wollte. Dass es ein Sequel geben würde, das stand bereits damals fest. Ebenso, dass ein Großteil der ursprünglichen Castmitglieder erneut mit dabei sein würden, da sie entsprechende Verträge hatten. Der Einzige, bei dem dies nicht der Fall war, war Robert Downey Jr., dessen Vertrag mit Marvel Studios mit Iron Man 3 ausgelaufen war.
Und zumindest bei Joss Whedon gab es positive Nachrichten. Nachdem er sich zunächst zierte und unentschlossen gab, wurde im August 2012 bekannt, dass er zurückkehren würde. Wobei er sich nicht nur um Avengers: Age of Ultron kümmern würde, sondern ebenso um die Entwicklung der Serie Agents of S.H.I.E.L.D..
Für Age of Ultron wollte sich der Filmemacher Zeit lassen. Disney hatte den Releasetermin für den 1. Mai 2015 angesetzt, und diese Extrazeit wollte er sich nicht nehmen lassen. Er wollte die Produktion nicht so gehetzt veranstalten wie beim allerersten Avengers-Film. Er stellte im Dezember 2012 seinen ersten Outline fertig und sagte im März 2013, dass er sich von berühmten Fortsetzungen wie Das Imperium schlägt zurück oder Der Pate II inspirieren ließ.
Zwei Franchises, zwei Quicksilver
Dabei hatte der Filmemacher einige Ideen, die sich dann aber am Ende nicht umsetzen ließen. Er wollte Captain Marvel einbauen, doch da für die Figur niemand gecastet wurde, ließ er die Idee wieder fallen. Der Charakter sollte erst Jahre später seinen großen Auftritt feiern. Auch einen Auftritt von Spider-Man wünschte er sich, allerdings war da die Rechtesituation komplex, da die Filmrechte für die Figur bei Sony Pictures lagen. Hier sollte sich ebenfalls erst einige Jahre später etwas tun.
Die Produktion für Avengers: Age of Ultron begann offiziell im Jahr 2014. Inzwischen hatte Joss Whedon den ersten Entwurf fertig, mit dem Storyboard-Prozess angefangen und sich mit den Schauspielern getroffen. Das Drehbuch hatte er mit Robert Downey Jr. im Hinterkopf verfasst, ebenso wie auch ein Bruder/Schwester-Paar darin eine große Rolle spielen sollte. Einige Zeit später bestätigte er, dass es sich dabei um Quicksilver und Scarlet Witch handeln würde.
Das war insofern interessant, als dass Marvel sich die Filmrechte mit 20th Century Fox teilten. Und die hatten ihre Version von Quicksilver bereits in X-Men: Zukunft ist Vergangenheit auftreten lassen. Um Konflikte damit zu vermeiden, gab der Filmemacher beiden Figuren einen anderen Kräfteursprung. Sie waren keine Mutanten, sondern hatten ihre Fähigkeiten von Hydra erhalten. Whedon freute sich darauf, einen Charakter mit telepathischen Fähigkeiten zu haben, da er so etwas Zeit in den Köpfen der Avengers verbringen konnte.
Jede Menge Rückkehrer
Im Mai 2014 trat Robert Downey Jr. in Verhandlungen mit Disney, seinen Vertrag nochmal zu verlängern. Und bereits ein Monat später wurde bekannt, dass der Schauspieler nicht nur in diesem Avengers-Film auftreten würde, sondern ebenso in einem weiteren.
Auf der San Diego Comicon 2013 wurde der offizielle Titel des neusten Avengers-Film verkündet. Er sollte Age of Ultron heißen, wobei er nicht auf der gleichnamigen Comicreihe basieren würde. Dabei sollte der Film deutlich düsterer werden als alle früheren Filme.
Der Cast setzte sich überwiegend aus vielen Schauspielern zusammen, die ihre Rollen wieder aufnehmen. Neben Robert Downey Jr. kehrten auch Chris Evan, Chris Hemsworth, Mark Ruffalo, Scarlett Johansson und Jeremy Renner wieder zurück. Don Cheadle, Paul Bettany, Coby Smulders, Anthony Mackie, Hayley Atwell, Idris Elba, Stellan Skarsgård, Samuel L. Jackson sollten ebenfalls für einige Szenen wieder auftreten. Neu zum Cast stießen Aaron Taylor-Johnson als Pietro Maximoff, Elizabeth Olsen als Wanda Maximoff, James Spader als Ultron und Claudia Kim als die Wissenschaftlerin Helen Cho, sowie Andy Serkis als der Waffenhändler Ulysses Klaue.
Der Film sollte dann am 13. April 2015 seine Premiere im Dolby Theatre feiern und kam am 1. Mai weltweit in die Kinos.
Ein Experiment geht schief
Die Avengers überfallen den letzten Unterschlupf von Hydra, die das Zepter gestohlen haben, welches vorher Loki besaß. Die gegnerische Gruppierung hat keine Chance, kann allerdings vorher noch ihre beiden Geheimwaffen entlassen: den ultraschnellen Quicksilver und die telekinetisch und telepathisch begabte Scarlet Witch. Beide hegen einen enormen Groll auf Tony Stark und es gelingt Wanda Maximoff, diesem in einem unbedachten Moment eine dunkle Vision einzupflanzen.
Zurück im Avengers Tower entdecken er und Bruce Banner eine künstliche Intelligenz im Zepter. Daraufhin beginnen beide zu experimentieren und Tony Starks Ultron-Programm zur Verteidigung der Welt zu vervollständigen. Sie tun dies heimlich und lassen ihre Experimente laufen, derweil sie auf eine Party der Avengers gehen, um den Sieg über Hydra zu feiern. Doch in ihrer Abwesenheit erwacht Ultron zum Leben, zerstört Tonys KI JARVIS und überfällt die Party. Sein erklärtes Ziel ist es, die Menschheit auszulöschen, um so Frieden auf Erden zu schaffen. Und es scheint so, als ob ihn nichts und niemand aufhalten kann. Vor allem nicht die Avengers, die sich immer mehr zerstreiten.
Ein Fehler wird wiederholt
Ich erinnere mich noch gut daran, wie ich damals in den Film reinging. Ich war natürlich, als MCU-Fan, hyped auf das Kinoabenteuer. Doch als die Credits über die Leinwand flimmerten, war ich nicht mehr ganz so begeistert.
Jetzt, für diese Rezension, habe ich den Kinofilm noch mal angeguckt. Und kann auch besser nachvollziehen, wieso meine Euphorie am Ende nachließ. Denn im Prinzip macht Avengers: Age of Ultron denselben Fehler wie Thor: The Dark Kingdom: Er lenkt den Fokus seiner Geschichte zu sehr auf das große Bild, auf die filmübergreifende Story. Dementsprechend werden hier viele Plotelemente eingeführt, die dann in späteren Teilen aufgegriffen werden sollten. Doch eben wegen dieses Fokus auf die Zukunft leidet die Erzählung des Films an sich.
Es geht los!
Dabei fängt der Kinofilm gut an. Der ursprüngliche Kampf gegen Hydra ist exzellent inszeniert, inklusive einer Szene, die ohne sichtbare Schnitte auskommt, und wo Computereffekte und Realverfilmungen nahtlos ineinander übergehen. Joss Whedon betont durch diese Auseinandersetzung, wie sehr das Team zusammengewachsen ist, wie sehr sie sich gegenseitig ergänzen. Wobei sicherlich die größte Überraschung ist, dass die Black Widow den Hulk kontrollieren kann, indem sie mit gewählten Phrasen seine Transformation triggern kann.
Auch die Party, die dann im Anschluss stattfindet, ist großartig. Hier wird erneut das Zusammengehörigkeitsgefühl der Avengers betont, inklusive das mit ihren engsten Freunde, wie etwa James Rhodes, der versucht, ständig einen bestimmten Witz zu landen. Höhepunkt ist dabei natürlich die Szene, in der alle versuchen, Thors Hammer anzuheben und alle scheitern. Wobei die Waffe bei Steve Rogers leicht ruckelt, sehr zur Sorge von Thor.
Doch dann taucht Ultron auf und der „Spaß“ fängt an. Zunächst ist der Killerroboter auch ein großartiger Antagonist. Intelligent und gefährlich, getrieben von seiner Vision, Frieden auf der Welt zu schaffen. Dabei ist er ebenso jemand, der es problemlos schafft, allein mit Worten Quicksilver und die Scarlet Witch davon zu überzeugen, für ihn zu arbeiten.
Aber dann beginnt der Film, sich immer mehr von dem eigentlichen Plot abzuwenden und stattdessen wiederholt Elemente einzubauen, bei denen man deutlich merkt, das sie nicht so sehr für Avengers: Age of Ultron gedacht sind, sondern vielmehr für kommende MCU-Abenteuer. So wird Ulysses Klaue weit unter seinen Möglichkeiten eingesetzt und es wird in seinem Zusammenhang zu sehr Vibranium und Wakanda betont. Auch der Thor-Plot dient viel zu offensichtlich dem Zweck, die Lore im MCU auszubauen und die Infinity-Steine endlich mal beim Namen zu nennen, beziehungsweise sie alle zu identifizieren und klarzumachen, dass da noch etwas kommen wird.
Ein Schauspieler rettet die Rolle
Und dann ist da auch noch Vision. Wobei dies eine Figur ist, die zwiegespaltene Gefühle auslöst. Hier merkt man ebenfalls, dass sie eingeführt wurde, weil sie für künftige Filmabenteuer wichtig sein wird. Weshalb sie dann auch in Avengers: Age of Ultron am Ende wie ein leichter Fremdkörper wirkt, wie ein Deus Ex Machina, dem alles gelingt. Er kann Thors Hammer heben, er ist freundlich und will, anders als Ultron, Leben retten. Hier muss man die Leistung von Paul Bettany hervorheben. Bislang kannte man ihn als Stimme von Tonys KI JARVIS. Doch jetzt als Vision kann er auch schauspielern. Und er verleiht der Figur eine unglaubliche Leichtigkeit. Er ist höflich und freundlich, ohne dass es forciert wirkt. Das rettet vieles, unter anderem ebenso den Charakter.
Außerdem tut sich der Film keinen Gefallen mit seiner Darstellung von Quicksilver. Man muss zunächst Joss Whedon Respekt dafür zollen, dass er wenigstens versucht, seine eigene Interpretation der Figur auf die Leinwand zu bringen. Doch das Problem ist, dass Evan Peters Darstellung zu gelungen ist, zu sehr Maßstäbe setzt, als dass Aaron Taylor-Johnson diese mit eigenen Interpretationen füllen kann.
Das große Problem ist einfach, dass sein Quicksilver nur arrogant und überheblich wirkt. Seine kleine Fehde mit Hawkeye, sein „Das hast du nicht kommen sehen“, das wirkt alles forciert. Es fehlt der Figur an Leichtigkeit. Was am Ende eben auch dazu führt, dass man mit dem Charakter nicht warm wird. Und als er schließlich seinen heldenhaften Tod stirbt, dann fühlt man … nichts. Es ist einem egal. Und das ist so ziemlich das Schlimmste, was einer Figur passieren kann.
Wenn die Schwester besser als der Bruder ist
Deutlich besser trifft es da Elisabeth Olsen, die als Scarlet Witch ein großartiges Debüt feiert. Zwar wirkt ihre Wandlung von Antagonistin zur Protagonistin nicht ganz so glaubwürdig, wie man es sich gewünscht hätte, aber die Schauspielerin macht zumindest eine großartige Arbeit und das Beste draus. Hier merkt man bereits den Grund, wieso sie am Ende eine der Stützen des MCUs werden sollte, wobei sich ihre Figur ja im Laufe der Jahre enorm verändern sollte.
Ultron selbst wird von James Spader großartig zum Leben erweckt. Auch wenn die Figur an sich am Ende nur via MoCap und Computertechnologie erschaffen wurde, hat sie unweigerlich einiges an Charisma. Weshalb es ebenfalls schade ist, dass sie im Laufe des Films ein wenig verloren geht, weil sich Joss Whedon lieber auf die Gruppendynamik der Avengers konzentriert, anstatt den Roboter weiter auszubauen. Der Figur hätten einige Szenen mehr gut getan, um sie noch gefährlicher wirken zu lassen, als sie es ohne schon tat.
Der großartige Endkampf reißt da noch mal das Ruder herum. Es ist eine fantastische Auseinandersetzung, ein Spektakel sondergleichen, einer der besten Kämpfe des bisherigen MCUs. Eben weil Joss Whedon hier seine Figuren glänzen lässt, ihnen die nötig Szenen gibt, um zu glänzen. Man sieht einen Captain America, wie er das Leben der Unschuldigen priorisiert, oder einen Iron Man, der verzweifelt nach einer Möglichkeit sucht, eine Katastrophe aufzuhalten.
Hässliche Kostüme
Wenn es einen Charakter gibt, der dabei von dem Film am meisten profitiert, dann ist es Hawkeye. Auf einmal wird der Bogenschütze bodenständig, mit einer Familie, mit einer Ehefrau, Kindern und einer Farm. Und das tut dem Charakter enorm gut. Er wird dadurch auch zu einer Stimme der Moral und Motivation, was sich vor allem im finalen Kampf zeigt, als er Scarlet Witch den entscheidenden Schubs gibt, sich gegen Ultron und seine Heerscharen zu stellen.
Allerdings leidet die Figur wie so viele seiner Kollegen auch unter dem potthässlichen Kostüm, das er tragen muss. Normalerweise lege ich auf solche Details keinen Wert, aber in diesem Fall muss ich einfach sagen, dass das Costume Design eines der schlechtesten des bisherigen MCUs ist.
Auch das endgültige Ende von Ultron ist unzufriedenstellend. Weil es eben erneut die Überlegenheit von Vision und die enttäuschende Darstellung von Ultron nochmal verstärkt. Am Ende ist es auch noch so, dass die Weise, wie der Antagonist aus der Story geschrieben wird, einfach nur lächerlich ist.
Auf Wiedersehen Joss Whedon
Am Ende war Avengers: Age of Ultron zwar ein weiterer Megaerfolg für Marvel Studios. Doch die Kritiken waren nicht ganz so wohlwollend. Für Joss Whedon selbst sollte dies sein letzter Beitrag zum MCU sein. Er sollte anschließend bei DC aktiv werden, doch bei Marvel sollte die Rolle des wichtigsten Regisseurs des Studios schon bald jemanden anderen gehören.
Zu Recht, denn dieser Film konnte nicht überzeugen.
Info
Regie: Joss Whedon
Drehbuch: Joss Whedon
Produzent: Kevin Feige
Hauptdarsteller: Robert Downey Jr., Chris Hemsworth, Mark Ruffalo, Chris Evans, Scarlett Johansson, Jeremy Renner, Don Cheadle, Aaron Taylor-Johnson, Elizabeth Olsen, Paul Bettany, Cobie Smulders, Anthony Mackie, Hayley Atwell, Idris Elba, Linda Cardellini, Stellan Skarsgård, James Spader, Samuel L. Jackson
Kamera: Ben Davis
Schnitt: Jeffrey Ford, Lisa Lassek
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