In Kick-Ass beweist die Realität, dass in ihr Superhelden nur bedingt Platz haben.

Wenn zwei sich treffen

Mark Millar ist ein Phänomen. Der schottische Comicautor hat es geschafft, mit seinen Werken für Furore zu sorgen. Und damit sind sowohl seine Arbeit für die großen Comic-Verlage gemeint, als auch seine eigenen Kreationen. Besonders Letztere sind es, die ihn ebenfalls außerhalb der Welt der bunten Bilder bekannt machten, denn mehrere seiner Werke wurden im Laufe der Jahre adaptiert. So kam 2008 Wanted heraus, der allerdings mit der Vorlage nur wenig gemeinsam hatte. 2021 adaptierte Netflix seine Jupiter’s Legacy-Serie, die jedoch mehr dafür berühmt wurde, dass die Produktion jede Menge Geld kostete und am Ende ein massiver Flop wurde.

Gegenstand dieser Rezension ist jedoch eine andere Adaption: 2010 wurde Kick-Ass ins Kino gebracht, der damals im Vergleich zu Wanted deutlich mehr Ähnlichkeit mit dem zu Grunde liegende Comic besaß. Dabei war das Interessante, dass die Verfilmungsrechte bereits verkauft wurden, ehe noch die erste Ausgabe erschien.

Millar traf Matthew Vaughn während der Premiere seiner Verfilmung von Neil Gaimans Buch Stardust. Beide verstanden sich auf Anhieb, und als der Comic-Autor dem Filmproduzenten, Drehbuchautor und Regisseur in Personalunion seine Geschichte vorstellte, war dieser von Anfang an begeistert. Er schlug vor, dass Millar den Comic schreiben würde und er anschließend das Drehbuch. Dies tat er gemeinsam mit Jane Goldman, die ihn damals auch beim Skript zu Stardust unterstützte. Die Prämisse war dabei, dass in einer realen Welt auf einmal Superhelden auftauchen, die jedoch normale Menschen ohne übermenschliche Fähigkeiten sind.

Verfilmung auf eigene Gefahr

Nun galt es, ein Filmstudio zu finden, welches den Film finanzieren würde. Zuerst wandte sich Vaughn an Sony, die allerdings verlangten, dass die Gewalt von Kick-Ass deutlich zurückgeschraubt werden sollte. Der Produzent weigerte sich. Auch andere Studios hatten Wünsche, die er nicht umsetzen wollte. So wünschte beispielsweise eines, dass man den Charakter Hit-Girl zu einer Erwachsenen machen sollte, anstatt sie getreu dem Comic als Elfjährige zu porträtieren.

Am Ende beschloss Matthew Vaughn, die Finanzierung selbst zu stemmen. Dabei erhielt er immerhin Unterstützung durch Brad Pitts Produktionsfirma Plan B Entertainment. Ein riskantes Unternehmen, da nicht feststand, ob der Kinofilm überhaupt jemals vertrieben werden würde.

Von den Schauspielern, die für Kick-Ass gecastet wurden, sticht natürlich Nicolas Cage heraus. Jener übernahm die Rolle von Damon McReady, Big Daddy, wie er sich als Superheld nannte. Da sein Kostüm im Film an Batman erinnerte, entschloss sich der bekannte Darsteller, seinen Text wie einst Adam West in der legendären 60er-Jahre-TV-Serie zu sprechen.

Die Hauptrolle ging an Aaron Johnson, der vor diesem Kinofilm John Lennon in Nowhere Boy darstellte. Auch Christopher Mintz-Plasse sprach für die gleiche Rolle vor. Doch da er den Text zu laut und aufdringlich vortrug, erhielt er stattdessen den Charakter des Gegenspielers Chris D’Amico a.k.a. Red Mist. Für die Figur der Mindy MacReady, Hit-Girl, wurde die damals 13-jährige Chloë Grace Moretz gecastet.

Die Nebenrollen von Kick-Ass wurden unter anderem mit Yancey Butler (Witchblade) und Elizabeth McGovern, einer TV-Schauspielerin, besetzt. Außerdem tauchten auch Craig Fergusson, ein bekannter TV-Moderator, John Romita Jr., Zeichner der Comic-Serie, die WCBS-TV-Reporterin Maurice DuBois, Dana Tyler und Lou Yung im Film kurz auf. Ebenso war ein Bild von Matthew Vaughns Ehefrau Claudia Schiffer zu sehen. Die Auftritte von Mark Millar und dem ehemaligen schottischen Kinderfernsehmoderator Glen Michael fielen am Ende leider der Schere zum Opfer.

Zeit, Ärsche zu treten

Dave Lizewski ist ein stinknormaler Teenager in den USA. Er wird von den Mädchen nicht wahrgenommen und hängt am liebsten mit seinen Kumpels ab, die, genau wie er, Comic-Fans sind. Eines Tages kauft er sich einen Body Suit, den er etwas anpasst. Er möchte nun als Superheld aktiv sein. Doch sein erster Einsatz gegen einige Schmalspurdealer endet in einem Desaster. Er wird schwer verletzt und behält Nervenschäden zurück, die ihm eine erhöhte Schmerzunempfindlichkeit geben. Er macht weiter und verhindert einen Gang-Angriff. Seine Heldentat wird auf Video aufgenommen und im Internet verbreitet, was ihn berühmt macht. Er nennt sich Kick-Ass und setzt eine MySpace-Seite auf, mit der er um Hilfe gebeten werden kann.

Und dies tut Katie, seine heimliche Liebe. Er soll ihr einen Drogen-Dealer vom Hals schaffen. Doch der Auftrag droht, schief zu laufen, bis auf einmal ein kleines maskiertes Mädchen mit den Namen Hit-Girl auftaucht und den Dealer mitsamt seinen Leuten massakriert. Danach verlässt sie die Szene gemeinsam mit ihrem Vater, Big Daddy. Dieser führt einen Krieg gegen den Gangsterboss Frank D’Amico. Jener hält Kick-Ass für den eigentlichen Verantwortlichen und will mit den üblichen Mitteln gegen ihn vorgehen. Doch sein Sohn Chris schlägt eine andere Vorgehensweise vor. Er maskiert sich als Red Mist und will sich mit dem Helden befreunden und ihn so in eine Falle locken. Ob ihm das gelingt?

Unterschiedlich und doch Gemeinsamkeiten

Vergleicht man Kick-Ass mit dem Comic, fallen einem mehrere Unterschiede auf. Das betrifft nicht nur die Kostüme, die bis auf das von Kick-Ass alle anders gestaltet sind. Auch viele Szenen und Namen sind anders. Doch die wichtigsten Momente und Aussagen bleiben dieselben. Die Änderungen wurden mit Mark Millars Segen vorgenommen. Er hieß sie sogar gut und meinte, dass im Gegensatz zum Comicheft ein Kinostreifen normalerweise ein Dreiakter und kein Achtakter sei. Eine gute Beobachtung des Autors.

Und man muss auch betonen, dass man dem Film anmerkt, dass alle Beteiligten mit Spaß an der Sache arbeiteten. Es gelingt dabei Matthew Vaughn perfekt, die richtige Balance zwischen komischen Momenten und ernsten Szenen zu halten.

Matthew Vaughn achtet darauf, dass die Comicwurzeln des Films nie vergessen werden. Das zeigt sich unter anderem durch die Farben. Sie knallen förmlich und stechen kräftig hervor. Sie sind bunt und passen zu der Vorlage. Aber auch die Comicsequenzen tragen mit dazu bei, dass das Quellenmaterial präsent bleibt. Hier ist es übrigens interessant, dass der Produzent und Regisseur dem Kreativteam von John Romita jr. als Zeichner, Tom Palmer als Tuscher und Dean White als Kolorist absolut freie Hand gab. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Die drei sind übrigens diesselben, die auch für die Illustrationen der Comicvorlage zuständig waren.

Es geht heftig zur Sache

Dass dabei der Kinofilm erst ab 16 Jahre freigegeben ist, hat seine guten Gründe. Denn genau wie in den Comics geht es hier heftig zur Sache. Einige Szenen, wie die Anfangssequenz, in der sich ein Mann in einem geflügelten Kostüm vom Hochhaus stürzt, sind einerseits schockierend, aber werden andererseits auch schwarzhumorig komisch präsentiert. Andere, wie das Zusammenschlagen von Kick-Ass oder das Blutbad, welches Hit-Girl gegen Ende des Films veranstaltet, unterstreichen hingegen den Ernst der Lage.

Das wahre Highlight des Films ist dabei nicht Aaron Johnson als Dave Lizewski, sondern Chloë Grace Moretz. Die Schauspielerin stiehlt allen die Show, sobald sie auftritt. Momente wie beispielsweise, wenn sie von ihrem Vater zum Geburtstag ein Butterfly kriegt und voller Freude damit herumspielt, als ob sie eben ein normales Spielzeug erhalten hat, präsentiert sie mit einer schon fast nicht fassbaren Ernsthaftigkeit. Sie wirkt wie eine gewöhnliche Elfjährige, die „nur“ von ihrem Vater dazu erzogen wurde, als mordende Superheldin durch die Straßen zu ziehen.

Dabei spielt sie sogar Nicolas Cage an die Wand. Wobei das allerdings kein großes Problem ist. Denn der Hollywood-Schauspieler war nie als ein großer Charakterdarsteller bekannt. Dafür ist er jedoch ein enormer Comicfan, was man in Kick-Ass daran merkt, dass er seine Rolle als Big Daddy mit einer gewissen Ironie spielt.

Zu unauffällig

Ebenfalls nicht zu vergessen ist Christopher Mintz-Plasse. Man merkt ihm an, wie sehr seine Figur gerne seinem Vater, dem Gangsterboss, gefallen und in dessen Fußstapfen treten möchte. Die Vehemenz, mit der er seine Figur spielt, passt dabei perfekt.

Da hat es Aaron Johnson natürlich etwas schwer. Seine Rolle verlangt ja von ihm, dass er sich außerhalb seiner Maske als unauffälliger Teenager gibt. Etwas, was er so gut macht, dass man seine Darstellungsweise in dem Augenblick vergisst, wenn Kick-Ass vorbei ist. Er leistet sehr gute Arbeit, doch fehlt ihm das gewisse Etwas, das ihn gegen seine drei Hauptdarstellerkollegen hervorstechen lässt. Wobei er allerdings als Erzähler des Kinofilms schon eher überzeugen kann.

Nicht ganz so gut gealtert

Allgemein gibt es in Kick-Ass jede Menge Anspielungen auf die Welt der Comics. Immer wieder sieht man, wie Leute in damals aktuellen Comicheften blättern. Oder man kann im Hintergrund dezente Reklame für Heftserien oder Storylines erkennen, die in jenen Tagen gerade prominent waren. Nicht nur Marvel wird dabei gefeatured, auch Hellboy sieht man.

In einem Aspekt ist der Film allerdings schlecht gealtert: Myspace hat, seitdem der Kinofilm erschienen ist, massiv an Bedeutung verloren und wurde vor allem durch Facebook abgelöst. Und die Optik von YouTube hat sich natürlich im Laufe der Jahre enorm verändert. Aber das liegt halt in der Natur der Zeit.

Kick-Ass war ein Kinoerfolg. Und selbstverständlich gab es deshalb eine Fortsetzung, die auf dem gleichnamigen Comic-Sequel Kick-Ass 2 basierte. Gedreht wurde der Film von Jeff Wadlow (Never Back Down), der auch gleichzeitig das Drehbuch schrieb.

Kick-Ass war eine gelungene Comicverfilmung, bei der man merkt, dass die Verantwortlichen und die Schauspieler mit Herzblut bei der Sache waren.

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