In der Stille der Nacht wird Mercy Thompson entführt.

Ein außergewöhnlicher Roman

Mercy Thompson hat in ihrem Leben schon viel erlebt und gesehen. Doch nichts schlägt die Tatsache, dass sie eines Tages von Vampiren nach Europa entführt wird. Womit die Entführer allerdings nicht rechneten, ist, dass sie als Kojotes Tochter dazu neigt, die besten Pläne ihrer Feinde obsolet zu machen. Was ihr dieses Mal dadurch gelingt, dass sie ihren Kidnappern entkommt und irgendwie nach Prag gelangt.

Ihr Ehemann Adam kriegt mit, dass sie entführt wird, kann allerdings nicht verhindern, dass sie nach Europa gebracht wird. Immerhin erhält er Unterstützung durch Marsilla, die schon allein in eigenem Interesse viel daran liegt, dass Mercy Thompson ungeschoren bleibt. Denn hinter der Entführung scheint niemand anderes als ihr ehemaliger Geliebter Jacob Bonarata zu stecken, der Herr der Nacht und der oberste Vampir von Europa.

Stille der Nacht ist ein außergewöhnliches Buch. Denn mit diesem Roman bricht Patricia Briggs sehr mit vielen Gewohnheiten. Es ist jetzt das dritte Mal, dass Mercy Thompson Abenteuer außerhalb der Tri-Cities erlebt, was zuletzt in Siegel der Nacht passierte. Und überhaupt erst das dritte Mal, dass die Story nicht von der Serienheldin erzählt wird, sondern von Adam, was zuletzt in Zeichen des Silbers geschah. Und das erste Mal, dass die Ereignisse nicht chronologisch niedergeschrieben werden, sondern bewusst zeitlich durcheinander.

Durcheinander, aber nie unübersichtlich

Doch es ist diese Mixtur, diese Mischung, die dafür sorgt, dass dies wieder ein sehr gutes Buch der Reihe ist. Eben weil Dinge nicht wie gewohnt vonstatten gehen, sondern eher ungewohnt. Wobei die Autorin darauf achtet, dass man als Leser dennoch den Überblick behält. Was ihr durch kleine Einleitungen gelingt, in denen erzählt wird, wann die kommenden Ereignisse chronologisch stattfinden.

Stille der Nacht ist außerdem das erste Mal, dass die Geschichte außerhalb von Amerika stattfindet. Schauplatz ist dabei neben Mailand unter anderem Prag, speziell die Altstadt, die die Autorin gekonnt zum Leben erweckt. Natürlich bevölkern auch Werwölfe und Vampire diesen Teil der Welt. Wobei die Schriftstellerin diese deutlich anders darstellt als die bisher bekannten Vertreter.

So lernt man mit Iacobo (Jacob) Bonarata den Herren der Nacht kennen, den ehemaligen Geliebten von Marsilla. Und wenn man bislang dachte, dass Wulfe schon ein furchterregender Vertreter seiner Art ist, stellt Jacob alles in den Schatten. Man hat es hier mit jemanden zu tun, der seine Macht offensichtlich unter Beweis stellt. Der sich höflich gibt, aber gleichzeitig auch ein Meister der Intrige ist. Der sich als Unschuldiger geriert, obwohl er in Wahrheit Geschehen erst in Gang gesetzt hat. Der an der Entführung von Mercy Thompson nicht unschuldig ist, um am Ende als ein eindeutiger Gewinner aus den Ereignissen herauszukommen.

Mythen, neu interpretiert

Mit Libor wird in Stille der Nacht der Alpha des Prager Werwolf-Rudels eingeführt, der anscheinend genauso alt ist wie der Marrok. Und der auf diesen einen Groll hegt. Dieser neue Werwolf wirkt undurchschaubar. Einerseits irgendwie kratzbürstig, aber andererseits, wie sich herausstellt, auch als in Sachen Manipulation ebenso gewieft wie nur wenige andere Figuren. Ein interessanter Charakter, von dem man hoffentlich irgendwann noch mehr zu lesen kriegt.

Wie es bei Mercy Thompson üblich ist, interpretiert Patricia Briggs Mythen auf ihre eigene Art und Weise. In diesem Fall ist es die Legende des Golems, die sie in ihrer Geschichte aufgreift. Natürlich nimmt sie nur einige Bestandteile und macht daraus etwas völlig Neues. Doch was sie hieraus erschafft, ist fantastisch und erweitert die Welt ihrer Romanreihe enorm.

Stille der Nacht ist ein weiterer großartiger Band, der dadurch, dass er mit vielen Gewohnheiten bricht, gleichzeitig sehr spannend zu lesen ist.

Mercy Thompson 10 Stille der Nacht
Cover © Heyne

Autor: Patricia Briggs
Titel: Mercy Thompson 10: Stille der Nacht
Originaltitel: Silence Fallen
Übersetzer:  Vanessa Lamatsch
Verlag: Heyne
Erschienen: 01/2018
Einband: Taschenbuch
Seiten: 478
ISBN: 978-3-453-31903-5
Sonstige Informationen:
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Götz Piesbergen

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