Band 10 der Neuen Zeit enthält eine Neuinterpretation der TOS-Episode Das Spinnennetz sowie zwei brandneue Storys, eine davon im Prime-Universum.
Die Handlungen
In Das tholianische Netz reißt es die Enterprise abrupt aus dem Warp in eine Raumregion, die sich in Interphase befindet. Während das Raumschiff durchlässig wird, beginnt die Crew unter Anfällen von Wahnsinn zu leiden. Sulu übernimmt die Brücke und Scotty trennt vom Maschinenraum aus die Untertassensektion ab. Als wäre das noch nicht schlimm genug, wird die Enterprise von einer Flotte tholianischer Raumschiffe in ein Energienetz eingesponnen.
Die zweite Geschichte führt die Enterprise ins Banks-216-System, wo ein Außenteam unter Führung von Lt. Sulu die einheimische Präwarp-Kultur beobachten soll. Um einen Bruch der Obersten Direktive zu verhindern, hat Scotty ein Tarnfeld entwickelt, hinter dem sich das fünfköpfige Außenteam verbergen kann. Sie entdecken eine Kultstätte und werden Zeuge eines Opferrituals, bei dem die vogelähnlichen Felidae fünf ihrer Kinder an eine Gottheit übergeben.
Bei der vermeintlichen höheren Entität handelt es sich um eine fremde Spezies, die mit einem gigantischen, halbmondförmigen Raumschiff daherkommt. Als dieses den Transfer der dargebrachten Opfer einleitet, stört dies Scottys Tarnschirm und das Außenteam wird von den Einheimischen gefangen genommen. Diese bringen sie in ihre Hauptstadt, die bereits teilweise unter Wasser steht. Eine Strafe für ein verweigertes Opfer in der Vergangenheit. Da die Oberste Direkte nun ohnehin schon gebrochen ist und sich die Felidae nie frei entwickeln konnten, beschließt Kirk, ihnen ihre Kinder zurückzubringen und ihre Götter zu vertreiben.
Abgeschlossen wird der Band durch eine Geschichte aus dem Prime-Universum, bei der wirklich alle Doktoren zusammengeführt werden. Die Doktoren Crusher, Pulaski und Bashir sind mit einem Runabout unterwegs zu einer Föderationsraumstation, auf der gerade ein Ärztekongress stattfindet. Nachdem die Basis eine Rettungskapsel aufgenommen hat, wurde jedoch ironischerweise eine Krankheit eingeschleppt, die keiner der Ärzte zu heilen vermag. Im Gegenteil erkranken diese alsbald selbst an der mysteriösen Seuche, die organisches Gewebe in Stein verwandelt.
Einzig der Holodoc der Voyager ist immun und warnt die Neuankömmlinge, sich von der Station fernzuhalten. Außerdem weist er sie darauf hin, dass die erste Enterprise einst auf Infizierte derselben Seuche traf, doch die Dateien darüber seien gelöscht worden. Der Einzige, der noch etwas darüber wissen könnte, ist Dr. McCoy, der seinen Ruhestand auf einer Landwirtschaftskolonie im benachbarten Viirre-System genießt. Das nächste Ziel von Crusher, Pulaski und Bashir steht damit fest.
McCoy kann sich tatsächlich noch an die Mission von damals erinnern, bei der er auf den Doktor einer noch älteren Enterprise getroffen war. Der in die Jahre gekommene Phlox hielt sich auf der betreffenden Kolonie nahe der tholianischen Grenze auf und dank McCoys Hilfe konnte ein Schal aus tholianischer Seide als Ursprung der Seuche identifiziert werden. Logisch, denn die Tholianer sind immerhin kristalline Lebensformen, und die Krankheit lässt andere Spezies ebenfalls kristallisieren.
Da McCoy noch seinen alten Tricorder aufbewahrt hat, auf dem sich sämtliche Daten über die Seuche befinden, können seine Nachfolger schnell ein neues Heilmittel entwickeln. Der Holodoc schaltet unterdessen einen Saboteur aus, der im Auftrag der Tholianer den Ärztekongress der Föderation ausradieren und die Daten über das Heilmittel löschen sollte.
Rezension von Das tholianische Netz
Die Story klingt vertraut und ist doch anders. Im Gegensatz zu Das Spinnennetz stößt die Crew der Enterprise hier nicht auf die durch die Dimensionen driftende U.S.S. Defiant, deren Besatzung bereits tot ist. Die Enterprise selbst gerät in das Interphasenfeld, wird dabei aber nicht in die Vergangenheit des Spiegeluniversums gezogen. Die Enterprise-Doppelfolge Im finsteren Spiegel wäre damit hinfällig.
Gleich geblieben ist derweil, dass die Crew durch das Interphasenfeld dem Wahnsinn anheimfällt, bis Dr. McCoy ein Gegenmittel zusammenbraut. Bevor er damit fertig ist, sediert er sich jedoch selbst, sodass Spock es fertigstellen muss. Anders ist ebenfalls der Umgang Kirks mit den Tholianern. Statt ihnen einfach zu entkommen und sie in Ruhe zu lassen, zerstört erst einmal ein paar ihrer Schiffe. Den Diplomatiekurs an der Sternenflottenakademie hat er offenbar geschwänzt.
Die Tholianer sind ebenfalls kaum wiederzuerkennen, zumindest, was ihre Raumschiffe angeht. Diese haben typischerweise drei Seiten und nicht vier. Im Reboot sehen sie nunmehr wie fliegende Pyramiden aus. Mit einer alternativen Zeitlinie lässt sich ein solch gravierender Stilbruch jedenfalls nicht erklären.
Immerhin sind die Zeichnungen aber durchaus gelungen. Die Linien sind sehr sauber und akkurat, was vor allem bei der Enterprise zu schönen Motiven führt. Der Detailgrad könnte jedoch etwas höher sein und die Gesichter der Charaktere sind leider nicht immer gut getroffen. Das schlimmste Problem sind Bewegungen, denn sobald Kirk und Spock rennen, wirkt das sehr cartoonhaft.
Die Koloration holt noch einiges aus den Bildern raus. Das Verhältnis von Licht und Schatten ist okay und an den Leuchteffekten gibt es nichts auszusetzen. Lediglich die Weltraumhintergründe wirken etwas einfarbig und die Verteilung der Sternenfarbtupfer entspricht nicht der Form der Milchstraße.
Rezension von Gottheit
Die zweite Story ist in jeder Hinsicht eines der Highlights aus der Comicreihe um Die neue Zeit. Die Handlung ist klassisches Star Trek, wie man es sich wünscht. Es geht um die Oberste Direktive, wobei in diesem Fall die Frage aufgeworfen wird, ob es wirklich Einmischung ist, wenn sich bereits eine fremde Spezies zu einem früheren Zeitpunkt eingemischt hat. Die Felidae konnten sich nie unbeeinflusst entwickeln und jene, die sich als ihre Götter aufspielen, scheinen keine wohlwollenden Absichten zu haben. Kirks Entscheidung ist daher nachvollziehbar, zumal sein Außenteam ohnehin aufgeflogen ist und sich die Föderation gegenüber den Felidae erklären muss.
Kirk kann daher auch Sulu beruhigen, der wegen des Bruchs der Nichteinmischungsdirektive ein schlechtes Gewissen hat. Doch laut dem Captain hat er alles richtig gemacht und Kirk versichert ihm, dass er es irgendwann zum Captain schaffen wird. Das spannt den Bogen zur Excelsior und es macht Spaß, Sulu als Charakter reifen zu sehen.
Der einzige Kritikpunkt ist abermals Kirks Verhalten gegenüber einem Aggressor. Er versucht gar nicht erst, mit den Fremden, die sich als Götter ausgeben, zu reden. Stattdessen lässt er ein paar Photonentorpedos abfeuern und löst das Problem zum zweiten Mal in Folge mit roher Gewalt. Daher erfährt man auch nichts über die Motive der Fremden und was sie mit den Kindern der Felidae vorhatten. Gerade das wäre aber interessant gewesen.
Optisch ist diese Geschichte absolut beeindruckend. Wo soll man da mit dem Lob anfangen? Die Weltraumszenen sind bombastisch und die Enterprise ist bis ins kleinste Detail akkurat gezeichnet. Die Charaktere sind alle gut getroffen und die Felidae wirken sehr exotisch. Die Stadt der Einheimischen versetzt einen ebenfalls in Erstaunen. Hier stimmt wirklich alles und der filigrane Detailgrad macht aus jedem Bild einen Hochgenuss. Die Farbgebung ist ebenso auf höchstem Niveau und fast schon fotorealistisch. Es mangelt weder an Leucht- noch an Glanzeffekten.
Rezension von Fleisch und Stein
Die letzte Geschichte spannt den Bogen zurück zu den Tholianern. Die Handlung ist dabei kurzweilig und kann durchaus unterhalten. Ein paar Details wirken allerdings erzwungen. Von allen Ärzten teilen sich ausgerechnet Crusher, Pulaski und Bashir ein Runabout, dabei sollten sie eigentlich aus völlig anderen Richtungen anreisen. Dieser Zufall überschreitet schon die Grenze der Glaubwürdigkeit.
Weiterhin war Dr. McCoy schon während der Farpoint-Mission stolze 137 Jahre alt und wie Bashir einmal erklärte, liegt die durchschnittliche Lebenserwartung der Menschen im 24. Jahrhundert bei 140 Jahren. Diese Geschichte spielt nun noch einmal mindestens 13 Jahre später, da sie nach der Rückkehr der Voyager in den Alpha-Quadranten angesiedelt ist. McCoy müsste demnach rund 150 Jahre alt sein und ist immer noch geistig auf der Höhe. Nachdem er schon im TNG-Pilotfilm äußerst klapprig wirkte, ist dies wenig glaubwürdig. Es gab zudem schon mal einen Comic, in dem er friedlich entschlummert ist.
Denobulaner scheinen indes ebenfalls von Natur aus weit über 100 Jahre alt zu werden, denn Phlox sieht während der Fünfjahresmission von Kirks Enterprise immer noch recht fit aus. Und das rund 115 Jahre nach dem Stapellauf der Enterprise NX-01. Die Idee, wirklich alle Doktoren in einen Comic zu packen, mag ja ihren Reiz haben, aber die Lebenserwartungen und Zufälle werden hier ein wenig überstrapaziert.
Der Zeichenstil schwankt derweil von herausragend bis mangelhaft. Mal sind die Charaktere auf den ersten Blick wiederzuerkennen, während sie auf dem nächsten Bild grauenhaft aussehen. Der Holodoc hat z. B. mal große Kulleraugen und dann wieder ganz kleine. Die Gesichter scheinen regelrecht zu morphen. Der Detailgrad ist durchaus hoch, lediglich bei den dunklen Uniformen fehlt die gerippte Struktur der grauen Schulterstücke. Wirklich gut getroffen sind die Raumstation Diamandis 2, die von Tholianern verfolgte Classic-Enterprise und die Shuttles im Hangar der Basis. Das Runabout bekommt man leider nur von innen zu sehen.
Die Koloration ist alles in allem gelungen, nur manche Gesichter sind zuweilen etwas dunkel geraten und die Farben hätten hier und da etwas satter sein können. Glanzeffekte gibt es leider keine und auch mit Leuchteffekten wird gespart, was vor allem bei Konsolendisplays auffällt. Die scheinen gerade allesamt offline zu sein.
Fazit
Die erste Geschichte Das tholianische Netz ist ganz nett und kann auch grafisch überzeugen. Man muss halt nur die Neuinterpretationen des JJ-Versums mögen. Gottheit ist dagegen ein absolutes Meisterwerk, Reboot hin oder her. Allein dafür lohnt sich der Kauf! Mit der letzten Story Fleisch und Stein werden schlussendlich auch die eingefleischten Trekkies bedient, die dem Reboot überhaupt nichts abgewinnen können. Es ist also für jeden was dabei und die hohe Verarbeitungsqualität versteht sich bei Cross Cult von selbst.
Info
Autoren: Mike Johnson / Scott & David Tipton
Zeichner: Rachel Scott / Tony Shasteen / Joe & Rob Sharp
Farben: Davide Mastrolondardo / Andrew Elder
Verlag: Cross Cult
Sonstige Informationen: Produktseite
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Warpskala
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