Die zweite Staffel von Star Trek – Voyager bietet einige Lichtblicke, aber ebenso diverse Lowpoints.
Sternenflotte in der Sinnkrise
Oder: Wenn Delta-Quadrant auf Autorenflaute trifft
Die zweite Staffel von Star Trek: Voyager ist wie ein Teller mit ganz unterschiedlichem Weltraum-Futter: ein bisschen Brillanz, viel solides Trek-Handwerk – und gelegentlich ein abgestandener narrativer Auflauf, den nicht mal Neelix (Ethan Phillips) freiwillig servieren würde.
Die Crew rund um Captain Janeway (Kate Mulgrew) kämpft sich weiter durch den Delta-Quadranten – manchmal mit Warp 9, manchmal mit der Geschwindigkeit eines Shuttle-Shuttles mit Plattfuß. Dabei fragt man sich ab und zu: Ist das hier eigentlich eine sternenflottige Forschungsmission oder ein intergalaktisches Impro-Theater?
Charme, Chakotay & Chaos
Was Janeway in dieser Staffel abliefert, ist streckenweise pures Gold: Ob moralische Dilemmata oder ein Kaffee-Entzug, der selbst Klingonen erzittern lässt – die Frau ist on fire. Und wie sie Tuvix (Tom Wright) am Ende ganz ohne Föderationsgerichtsbeschluss wegbeamt, bleibt bis heute ein Paradebeispiel für „Ich hab keine Lust auf Debatten, ich bin der Captain, Deal with it.“
Apropos Chakotay (Robert Beltran): Der gute Mann darf endlich ein bisschen mehr als nur spirituell gucken. Besonders in „Todessehnsucht“ wird sein Charakter ein wenig tiefer ausgelotet – und man spürt: Da steckt was drin, wenn man ihn nur lässt.
B’Elanna Torres (Roxann Dawson) hat ihren inneren Vulkanier anscheinend in dieser Staffel auf Stand-by gesetzt – und das ist auch okay so. Dafür brilliert sie in Episoden wie „Prototyp“, wo sie ganz nebenbei eine Rasse Roboter zum Leben erweckt. (Datenschutz und Ethik? Pff, später!)
Der Doktor (Robert Picardo)? Weiterhin das humoristische Rückgrat der Serie. Seine künstliche Persönlichkeit entwickelt sich langsam zur Lieblingsfigur aller Holo-Nerds – mit mehr Charisma im medizinischen Subroutinenbuffer als so mancher Admiral in Echtzeit.
Und Tom Paris (Robert Duncan McNeill) bekommt mit Die Schwelle (Threshold) eine Folge, die so berühmt-berüchtigt ist, dass sie quasi Kultstatus erreicht hat – aber auf dem Niveau eines B-Movie-Trash-Marathons auf Kabel 1 um 3 Uhr morgens. (Ja, es ist die mit dem Warp-10-Lurch-Sex und den Salamanderbabys. Nein, wir reden nicht drüber. Oder doch? Ein bisschen schon.)
Licht & Schatten im Warp-Korridor
Die Staffel startet überraschend stark – mit der Doppelfolge Die 37er, in der Amelia Earhart auf einem fremden Planeten parkt, als wär sie versehentlich in Stargate abgebogen. Großartige Idee, gutes Pacing, ein echtes Highlight. Und der Soundtrack – oh ja!
Aber dann… naja. Die Mitte der Staffel zieht sich, wie ein Holodeckprogramm mit Softwarefehler. Folgen wie Allianzen oder Elogium wirken wie Halbideen, die mit viel Dialogkleister zusammengehalten werden.
Man spürt förmlich: Die Autoren wollten was mit Subtext – es wurde dann aber doch nur „Sub-Energie“.
Neelix bekommt in Gewalt (neben dem überragenden Brad Dourif als psychopathischer Suder) zwar einen Moment zum Aufblühen – aber ansonsten bleibt unser pelziger Botschafter der gute Laune meist eher… anstrengend.
Highlights sind Folgen wie Tuvix (ethisch brisant, emotional, diskussionswürdig) oder Der Flugkörper – ein echter Torres-Burner mit einem selbstgebauten Todesbot aus der Vergangenheit, der jetzt Amok läuft. Klingt übertrieben? Ist es auch – aber geil inszeniert.
Und dann ist da noch das Staffelfinale Der Kampf ums Dasein (Basics, Part 1) – mit einem echten Cliffhanger: Seska! Cardassianische Baby-Dramatik! Kazon-Überfall! Und die Voyager fliegt alleine ins All, während die Crew am Lagerfeuer auf einem Dschungelplaneten sitzt.
Die Serie wirft alle Karten in die Luft – und das macht richtig Lust auf Staffel 3.
Hier meine Top 5 – Die leuchtenden Sterne im Delta-Quadranten
1. 2×17 – „Der Flugkörper“ („Dreadnought“)
B’Elanna Torres (Roxann Dawson) muss sich ihrer Vergangenheit stellen, als eine von ihr umprogrammierte cardassianische Waffe droht, einen Planeten zu zerstören. Spannung, Moral und Technik vereinen sich in dieser fesselnden Episode.
2. 2×18 – Todessehnsucht („Death Wish“)
Ein Q bittet um Asyl und das Recht zu sterben. Captain Janeway (Kate Mulgrew) steht vor einer ethischen Herausforderung, die das Q-Kontinuum erschüttert. Eine tiefgründige Folge mit einem Hauch von Humor.
3. 2×16 – „Gewalt“ („Meld“)
Tuvok (Tim Russ) versucht, die Psyche eines mörderischen Crewmitglieds zu verstehen, was zu unerwarteten Konsequenzen führt. Brad Dourif glänzt in seiner Rolle als Suder.
4. 2×12 – Die Resistance („Resistance“)
Janeway wird in einen Aufstand verwickelt und trifft auf einen Mann, der sie für seine Tochter hält. Eine emotionale Episode, die die Grausamkeiten von Besatzung und Widerstand beleuchtet.
5. 2×01 – „Die 37er“ („The 37’s“)
Die Voyager entdeckt Menschen aus dem 20. Jahrhundert, darunter Amelia Earhart, auf einem fernen Planeten. Eine faszinierende Mischung aus Geschichte und Science-Fiction.
Und hier meine Flop 5 – Die roten Alarme der Autoren
1. 2×15 – „Die Schwelle“ („Threshold“)
Tom Paris (Robert Duncan McNeill) durchbricht die Warp-10-Barriere und verwandelt sich in ein amphibisches Wesen. Eine Episode, die oft als Tiefpunkt der Serie angesehen wird.
2. 2×04 – „Elogium“ („Elogium“)
Kes (Jennifer Lien) erlebt eine vorzeitige Paarungsphase, was zu Spannungen mit Neelix (Ethan Phillips) führt. Die Episode behandelt Fortpflanzungsthemen auf eine eher unbeholfene Weise.
3. 2×14 – Allianzen („Alliances“)
Janeway versucht, Allianzen mit den Kazon zu schmieden, was zu Verrat und Misstrauen führt. Eine politisch geladene Episode, die jedoch an Tiefe vermissen lässt.
4. 2×10 – Suspiria („Cold Fire“)
Kes trifft auf einen anderen Ocampa, der ihre psionischen Fähigkeiten fördert. Die Episode bietet interessante Konzepte, bleibt jedoch hinter ihren Möglichkeiten zurück.
5. 2×05 – Der Zeitstrom („Non Sequitur“)
Harry Kim (Garrett Wang) findet sich in einem alternativen Leben auf der Erde wieder. Eine interessante Prämisse, die jedoch nicht vollständig ausgeschöpft wird.
Easter Eggs, Zitate & Quatsch mit Sternenstaub
Easter Egg: Die 37er erwähnt die Bronx Zoo Giraffe, die im 20. Jahrhundert verschwand. Die wurde tatsächlich mal vermisst – ein Mini-Tribut an kuriose Erdenmomente.
Funfact: Die Schwelle (Threshold) wurde tatsächlich mit einem Emmy für Make-up ausgezeichnet. Ja, wirklich. Für das Salamanderzeug. Die Ironie ist stark in dieser hier.
Referenz: In Gewalt hören wir vom Gehirnumbau durch vulkanisches Gedankenverschmelzen. Tuvok (Tim Russ) kanalisiert hier so ein bisschen Spock mit Burnout. Und Suder? Eine der verstörendsten Trek-Figuren ever.
Zitat des Staffelfazits:
Janeway: „Ich bin Wissenschaftlerin. Ich glaube an Fakten, nicht an Legenden.“
(… Sekunden bevor sie Amelia Earhart einfriert und mit Warp 7 davonfliegt.)
Fazit:
Die zweite Staffel von Voyager ist ein bunter Delta-Cocktail: teils ambitioniert, teils unausgegoren – mit starken Figurenmomenten, moralischen Dilemmata und einem großartigen Cliffhanger-Finale. Leider auch mit ein paar Hängern und Skripten, die mehr Holonovelle als Hochspannung bieten.
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Warpskala
Warpskala- Star Trek: Enterprise – 083 – Der Anschlag – 26. Juli 2025
- Rückblick: Star Trek Voyager – Staffel 2 – 25. Juli 2025
- Star Trek Enterprise – 082 – Augments – 19. Juli 2025
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