Die Führungsoffiziere der U.S.S. Cerritos befinden sich auf einer Zweitkontakt-Mission, während die unteren Ränge auf dem Holodeck Graf Dracula zum Leben erwecken.

Star Trek – Lower Decks
Star Trek – Lower Decks

Humor mit Biss

Nachdem die Cerritos einigen Catullanern zu Hilfe geeilt ist, welche die Satarraner als „Ottos“ beleidigt haben, wird sie mit einer Zweitkontakt-Mission im Qvanti-System betraut. Die Ensigns Boimler, Mariner und Tendi genießen derweil ihre Freizeit auf dem Holodeck. Brad Boimler hat bereits ein Dixon Hill-Programm ausgewählt, was den anderen jedoch nicht zusagt. Sie zappen sich also durch zahlreiche weitere Programme und landen schließlich bei Sherlock Holmes. Dabei kommen sie auf den berüchtigten Professor Moriarty zu sprechen, der versehentlich von Data auf der Enterprise-D erschaffen wurde. Bei dem Versuch, es ihm gleich zu tun, kreieren sie versehentlich ein intelligentes Dracula-Programm.

Captain Freeman beamt derweil mit Dr. D’Tana und dem Sicherheitschef Shaxs auf den Planeten herunter, wo die Drei feststellen müssen, dass die vermeintlichen Qvantianer weit weniger entwickelt sind als gedacht. Sie werden von den Eingeborenen für Hexen gehalten und auf den Scheiterhaufen gebracht. Als dieser angezündet wird, pfeift Freeman auf die Oberste Direktive und gibt Shaxs das Okay, die Lage zu retten. Er befreit sich und die anderen und vermöbelt die primitiven Eingeborenen.

Plötzlich taucht ein hochmodernes Shuttle auf, dessen Insassen das Außenteam der Cerritos gefangen nehmen. Wie Captain Freeman und ihre beiden Begleiter kurz darauf von der Monarchin Dilana erfahren, sind sie auf dem falschen Kontinent gelandet und dort auf die Yentao gestoßen. Diese sind zwar mit den Qvantianern verwandt, haben sich aber schon vor langer Zeit von ihnen abgespalten. Für die Einmischung in die primitive Kultur der Yentao soll nicht nur das Außenteam hingerichtet werden, auch der Cerritos droht die Vernichtung.

Auf dieser spielt sich unterdessen ein ganz anderes Drama ab. Nachdem sich Dracula zunächst als zuvorkommender Kumpeltyp herausgestellt hat, der sich mit replizierten Blutcocktails zufriedengibt, hat er kurz darauf im wahrsten Sinne des Wortes Blut geleckt. Rutherfords Blut, um genau zu sein. Während die vier Ensigns beschäftigt sind, programmiert sich der Graf selbst um, damit er die Cerritos unter seine Kontrolle bringen, die Crew in seinen Kerker auf dem Holodeck beamen und ihnen dort das Blut aussaugen kann.

Boimler glaubt dennoch an das Gute in Dracula und kann ihn zusammen mit Mariner überreden, sich mit gespendetem Blut zufriedenzugeben. Außerdem bastelt Rutherford dem Grafen einen mobilen Holo-Emitter. Im Gegenzug hilft Dracula der Cerritos gegen die angreifenden Qvanti-Kreuzer. Da deren Schilde den Föderationswaffen überlegen sind und nur kleine langsame Objekte durchlassen, flattert Dracula als Fledermaus hindurch und gelangt so an Bord. Von der Kommandantin erfährt der Holovampir die Wahrheit über die Qvantianer und ihr Verhältnis zu den Yentao, was er heimlich an die Cerritos überträgt.

Der Plan der Monarchin Dilana, die Zerstörung der Cerritos wie einen Unfall aussehen zu lassen und weiterhin der Föderation beitreten zu wollen, obwohl ihre Welt nicht geeint ist, scheitert ebenfalls. Commander Ransom hat die Wahrheit nämlich seinerseits ans Sternenflottenhauptquartier weitergeleitet. Damit ist der Föderationsbeitritt erst einmal vom Tisch. Dracula bricht unterdessen wie ein Prof. Moriarty mit einem Shuttle auf, allerdings nicht in einer Simulation, sondern ganz real.

Rezension von Gemeinsam im Meer der Wunder

Wer die zweite Star Trek-Zeichentrickserie mag, wird auch von diesem Comic begeistert sein. Er wartet mit zwei spannenden Handlungssträngen auf, die schlussendlich in einem gemeinsamen Finale gipfeln. Die große Mission, die mit mehreren überraschenden Wendungen zu punkten weiß, wird von Captain Carol Freeman, dem bajoranischen Sicherheitschef Shaxs und der caitianischen Schiffsärztin Dr. D‘TAna bestritten, während der erste Offizier Jack Ransom das Kommando über die Cerritos übernimmt. Unterdessen richten die Ensigns Brad Boimler, Beckett Mariner und die Orionerin D’Vana Tendi auf dem Holodeck den üblichen Blödsinn an.

Dabei gibt es jede Menge Anspielungen auf die alten Serien, angefangen beim Dixon Hill-Programm, welches Captain Picard u. a. in der TNG-Episode Der große Abschied durchgespielt hat. Da außer Boimler niemand Bock auf Kriminalfälle hat, versetzen sich die anderen beiden zunächst auf die Brücken der Enterprise NX-01 sowie der 1701 und 1701-C. Auf der Brücke der NX-01 erhalten alle automatisch vom Holodeck eine Koch-Uniform, was auf das Serienfinale von Enterprise anspielt, in dem Commander Riker auf dem Holodeck in die Rolle des Schiffskochs schlüpft. Schlussendlich landen die vier Freunde bei Sherlock Holmes und damit doch wieder bei einer Kriminalgeschichte. Mariner verkörpert natürlich den Meisterdetektiv, Boimler spielt Watson und Tendi trägt exakt dasselbe Outfit wie einst Dr. Pulaski in der Episode Sherlock Data Holmes.

Um das Programm etwas interessanter zu gestalten, erschaffen sie einen ebenbürtigen Gegner, wobei sie sich direkt auf Datas Schöpfung des Prof. Moriarty beziehen. Sie entscheiden sich für Dracula, weil dieser Charakter aufgrund des abgelaufenen Urheberrechts von jedermann frei verwendet werden darf. In den Kommentaren, die sich am Ende von fast jeder Seite befinden, wird des Öfteren auf ähnliche Weise die vierte Wand durchbrochen. Das gibt es so in der Serie nicht, die ganzen Anspielungen auf andere Star Trek-Serien hingegen schon, welche im Comic am Ende jedes Kapitels aufgelistet werden, falls jemand mal was übersehen sollte.

Die erste Hommage gibt es gleich zu Beginn, denn die Catullaner sind mal wieder auf dem Weg nach Eden, wobei die drei Ottos ein wenig zu sehr nach Dr. Sevrin und zwei seiner Begleiter aus der Classic-Serie aussehen. Sevrin und Adam sind in der Episode Reise nach Eden jedoch an den säurehaltigen Früchten des vermeintlichen Paradiesplaneten gestorben und die anderen dürften ebenfalls längst der Altersschwäche erlegen sein. Trotz Logikfehler ist es dennoch ein netter Gag. Weitere Easter Eggs finden sich derweil in den Bildern auf Graf Draculas Schloss. Hier sind Szenen wie der Erstkontakt mit den Vulkaniern und Kirks Tribble-Bad nachgestellt. Außerdem erweitert Dracula seinen Geist mit einem Apparat, der identisch mit dem ist, den Reginald Barclay in der TNG-Episode Die Reise ins Ungewisse benutzt hat, um die Kontrolle über die Enterprise zu übernehmen.

Dracula gelingt Ähnliches nur mit Hilfe von Tricks, da für ihn zunächst alle wichtigen Funktionen gesperrt sind. Seinen Plan, die Crew in seinen Kerker zu beamen und auszusaugen, lässt er schlussendlich aber fallen, da ihn Boimler und Mariner eine zweite Chance geben. Sein Blutdurst lässt sich auch mit Blutspenden stillen. Warum er daran überhaupt Geschmack findet, obwohl Hologramme eigentlich keine Nahrung benötigen? Wahrscheinlich liegt es an seiner Programmierung. Zumindest kann er niemanden sonst in einen Vampir verwandeln. Außerdem hat er ein Spiegelbild und Licht ist für ihn nicht tödlich, da er ja selbst aus Photonen besteht. Immerhin in eine Fledermaus kann er sich verwandeln, was bei der Lösung des Qvantianer-Problems hilfreich ist.

Während der Dracula-Handlungsstrang durch viel Witz und Insider-Gags punkten kann, hat die Mission des Zweitkontakts mit den Qvantianern einen durchaus ernsten Unterton. Es geht um ein skrupelloses Volk, welches ein geistig überlegenes, aber dafür friedfertiges Brudervolk seiner geistigen Ressourcen beraubt und es auf einem niedrigen Entwicklungsniveau hält. Damit ist die Oberste Direktive hinfällig, denn die unterdrückten Yentao befanden sich bereits auf Warpniveau, bevor sie von den Qvantianern überfallen und in ihrer natürlichen Entwicklung um Jahrtausende zurückgeworfen worden sind. Das ist klassisches Star Trek-Storytelling, wie man es in den anderen neuen Serien oft vermisst. Der Comic hält damit das hohe Niveau der Lower Decks-Serienvorlage.

Obendrein verhalten sich die Charaktere exakt so, wie man es erwartet. Und obwohl die Ensigns von den unteren Decks mal wieder Blödsinn verzapfen, retten sie am Ende genau damit die Situation. Eine Strafe bleibt ihnen damit erspart.

Die Vorlage 1:1 getroffen

Nicht nur inhaltlich macht der Comic der Serie alle Ehre, der Zeichenstil ist ebenfalls perfekt getroffen. Da die Vorlage in diesem Fall eine Zeichentrickserie ist, geht es folgerichtig nicht um Realismus. Der Detailgrad muss nicht höher sein als man ihn vom Bildschirm kennt, im Gegenteil würde das sogar eher stören. Einzig bei den Raumschiffen liegt der Detailgrad dann aber doch leicht unter dem der Serie. Da fehlen schon mal ein paar Fenster und der Farbton der Cerritos ist auch nicht exakt getroffen. Die Kreuzer der Qvantianer können derweil nicht wirklich überzeugen, was ebenfalls am mangelnden Detailgrad und insbesondere dem Fehlen von Fenstern liegt, weswegen man ihnen die Größe nicht abnimmt.

Absolut grauenhaft sind die Enterprise-Modelle auf dem Holodeck, welche völlig unproportioniert und verzerrt sind. Vor allem die Enterprise-D fällt hier unangenehm auf, deren Untertassensektion im Verhältnis zum Rest des Schiffes absurd klein ist. Bekannte Raumschiffe wie die U.S.S. Titan sahen in der Zeichentrickserie immer top aus und nicht wie Karikaturen. In Anbetracht der sonst akkuraten Umsetzung der Vorlage sind solche Patzer nicht nachvollziehbar. Zum Glück betrifft das nur sehr wenige Panels, die man an einer Hand abzählen kann.

Die Farben entsprechen wiederum exakt der Serienvorlage, wenn man einmal von der etwas zu hell geratenen Cerritos absieht. Auf Realismus kommt es hier ebenfalls nicht an, weshalb die vollflächigen Farbtöne ohne Abstufungen in diesem Fall okay gehen. Glanzeffekte gibt es auch keine, aber immerhin Leuchteffekte. Minuspunkte gibt es dafür diesmal keine, weil eben der Zeichentrickstil als Maßstab angelegt werden muss. Gleiches gilt für den fehlenden Schattenwurf, was zumindest im Büro von Dixon Hill ein Stimmungskiller ist, denn dort hätten die Lamellen der Jalousie das von außen durch das Fenster strömende Licht unterbrechen müssen, um die korrekte Atmosphäre zu erzeugen.

Fazit: Alles andere als low

Der erste Comic zu Lower Decks liest sich wie eine TV-Episode und sieht auch so aus. Das kann man von Comics zu den Realserien nicht immer behaupten. Allerdings sind diese zumindest zeichnerisch auch viel anspruchsvoller. Bei der Optik gibt es hier jedenfalls nur wenige Abstriche. Nach diesem Vergnügen kann man den nächsten Comicband gar nicht abwarten.

Wie Cross Cult mit der Veröffentlichung fortfahren wird, ist dabei noch unklar, denn Band 1 ist nur mit Lower Decks betitelt und wird auch so beim Verlag gelistet. Im Comic selbst ist jedoch der Titel Gemeinsam im Meer der Wunder zu lesen, der irgendwie so gar nicht zur Handlung passt. Da der erste Band weder richtig betitelt noch nummeriert ist, könnte das spätestens mit Erscheinen eines zweiten Bandes für Verwirrung sorgen. Qualitativ gibt es an der Softcover-Ausgabe jedenfalls nichts zu bemängeln. Der einzige Kritikpunkt an der deutschen Übersetzung ist das Fehlen selbiger auf den Displays der Pads, auf welchen durchaus witzige Texte zu lesen sind.

Info

Autor: Ryan North
Zeichner: Chris Fenoglio
Verlag: Cross Cult
Sonstige Informationen: Produktseite

 


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Warpskala

Warpskala
10 10 0 1
  • Story
    10/10
  • Zeichenstil
    9/10
  • Kolorierung
    9/10
10/10
Total Score

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