Was wäre, wenn die Toten zurückkehren und einfach nur da sind?

Zombies ohne Biss

Es ist das Jahr 2064 und Untote sind ein fester Bestandteil der Gesellschaft. Sie schaden niemandem, sondern verwesen einfach nur vor sich hin. Manche sind noch frisch genug, um einfache Arbeiten zu verrichten. Menschenrechtler treten für einen besseren Umgang mit den Zombies ein, welche sie politisch korrekt „Lebensbeeinträchtigte“ nennen. Auf der anderen Seite trägt die Rückkehr der Toten zur Überbevölkerung bei, was Zombie-Gegner auf den Plan ruft.

Hinzu kommt, dass einige Familien ihre gammeligen Verstorbenen einfach nur loswerden wollen. Daraus hat der Coleman-Konzern ein Geschäftsmodell gemacht und holt die Untoten kostenpflichtig ab. Die werden jedoch nicht entsorgt, sondern für grausame Menschenexperimente missbraucht. Mit seinen lebenden Mitarbeitern geht der Konzern nicht viel besser um, miese Bezahlung und Massenentlassungen sind an der Tagesordnung.

Nach ihrer Entlassung rächt sich Maggie (Megan Peta Hill) an ihrem ehemaligen Arbeitgeber, indem sie ihre Zugangsdaten nutzt, um Abholungen von Untoten zuvor zu kommen. Ihr Bruder Karl (Alexandre Nachi) und dessen Kumpel Freddy (Derek Johns), der in Maggie verknallt ist, verkleiden sich als Konzernmitarbeiter, holen die lebenden Leichen ab und kassieren die Kohle dafür. Die Zombies verschachern sie anschließend weiter an den Clubbetreiber Seth McKenna (Vincent Leclerc), der aus ihnen menschliche Kunstwerke macht. Angesichts dessen, dass die Untoten noch bei Verstand sind, ein mindestens ebenso grausames Schicksal wie die Menschenexperimente von Coleman.

Nach dem jüngsten Leichendiebstahl fliegt die Masche der Drei auf. Die echten Abholer haben von ihrem Boss mächtig Ärger bekommen, weil ihr Versagen dem Konzern massiv Geld kostet. Um nicht gefeuert zu werden, machen sie die Diebe ausfindig, entführen Maggies Oma (Clare Coulter) und verlangen 50.000 Dollar Lösegeld. Um dieses zu beschaffen, gehen die Betrüger einen Handel mit Seth McKenna ein, dem sie die Leiche der berühmten Zombie-Tänzerin Zelvirella für seine Sammlung besorgen sollen. Auf dem Friedhof müssen sie jedoch feststellen, dass die Leiche längst verrottet ist und nur noch Knochen übrig sind. Obendrein werden sie noch erwischt und müssen fliehen.

Um die Situation noch irgendwie zu retten, suchen sie die Stripperin Jane (Rosemarie Sabor) auf, die Zelvirella zum Verwechseln ähnlich sieht. Karl ist bei dem Pornoportal, für das sie arbeitet, Platinmitglied, und kann sich so Zugang zum Zombiepuff verschaffen. Jane ist ihres Jobs zum Glück überdrüssig und flüchtet mit den Dreien aus dem Fenster. Seth ist zunächst begeistert von der Untoten, bis Karl sich verplappert, weil er sie nicht loslassen kann.

We are Zombies (2023)

Unterdessen gerät eine Performance im Untergeschoss des Clubs außer Kontrolle, da der neue Coleman-Geschäftsführer Hannity (Benz Antoine) ein experimentelles Gas ins Gebäude leitet, welches die harmlosen Zombies in menschenfressende Monster verwandelt. Damit will er nicht nur einen Beitrag gegen die Überbevölkerung leisten, sondern ein neues Geschäftsmodell anstoßen. Die militärische Bekämpfung der Zombies soll den Konzern aus den roten Zahlen retten. Die Sache geht allerdings nach hinten los, da die Menschheit es dadurch mit einer richtigen Zombieapokalypse zu tun bekommt.

Urkomische Leichenfledderei

Das Konzept einer postapokalyptischen Welt, in der die Jagd auf Zombies ein neues Berufsfeld eröffnet,  haben die drei Regisseure aus der Comic-Vorlage Als die Zombies die Welt auffraßen (hierzulande erschienen bei Cross Cult). Die Zombies sind im Film jedoch keine gefährlichen Kannibalen, sondern einfach nur zu faul zum Sterben. Wobei faul hier doppeldeutig zu verstehen ist und eher den Verwesungszustand als die Arbeitsmoral beschreibt.

Aus dieser ungewöhnlichen Neuinterpretation des Zombie-Genres ergeben sich völlig neue gesellschaftskritische Ansätze. Die Ausbeutung von Untoten als billige Arbeitskräfte gab es zwar schon in Fido (2006), aber We are Zombies geht hier noch ein paar Schritte weiter. So ist das Herumexperimentieren mit fühlenden menschlichen Wesen ein gravierender Verstoß gegen grundlegende Menschenrechte und die Menschenwürde sowieso. Gleiches gilt für den Missbrauch als Kunstwerke, obwohl zumindest die erste Performance, in der ein loser Kopf zum Feuerwerkskreisel wird, durchaus noch zum Schmunzeln einlädt. Die zweite Performance, bei der die Zombieapokalypse ausbricht, ist da schon wesentlich abartiger, erinnert das aus Leichenteilen zusammengenähte Kunstwerk doch stark an einen Cenobiten aus Hellraiser.

Dass die Raffgier des skrupellosen Coleman-CEOs am Ende zum Untergang der Menschheit führt, erinnert wiederum an den Umbrella-Konzern aus Resident Evil. Nur hat Hannity das Virus nicht entwickeln, sondern lediglich verändern lassen. Und das auch nicht direkt als biologische Waffe, sondern um dem Konzern neue Aufträge zu verschaffen. Ironischerweise wird er dabei selbst zum Opfer seines aberwitzigen Plans, dank dem zum Ende des Films doch noch die klassischen Zombies mit ihrem Hunger auf Menschenfleisch in Erscheinung treten.

Neben der Haupthandlung ergeben sich noch einige Nebenplots. Darunter zwei Love-Storys, einmal um den tollpatschigen Freddy, der Maggie anschmachtet, sowie um deren pornosüchtigen Bruder, der sich in eine untote Stripperin verknallt hat. Diese haut zwischenzeitlich mit dem Geld ab, welches die Drei für ihre Auslieferung an Seth erhalten sollten. Am Ende finden sich aber wieder alle vier in einem Restaurant zusammen, während draußen die Zombieapokalypse tobt.

Die Entführer von Maggies Oma sind ebenfalls nicht die Hellsten. Einer ist von der Großmutter sogar derart angetan, dass er als Entführer unter dem Stockholm-Syndrom zu leiden beginnt. Durch seine Tollpatschigkeit befördert er die Geisel allerdings unabsichtlich ins Jenseits. Zumindest vorübergehend, denn die Oma kommt mit ihrem neuen Leben als Untote prima zurecht. Der Humor ist bei dem Ganzen oft grenzlagig, oft aber auch unfreiwillig komisch.

Fazit zu We are Zombies: Zombies are not dead

Der Film bietet eine krasse Mischung aus schwarzem Humor, Gesellschaftskritik und Gore. Der Witz überwiegt jedoch und animiert des Öfteren die Lachmuskeln. Das Konzept ist für einen Zombiefilm durchaus frisch und bietet ausreichend neue Aspekte, um nicht zu einer billigen Kopie von bereits Dagewesenem zu verkommen. Kurzum: Der Film macht durchweg Spaß, spart aber auch nicht mit gruseligen Elementen. Zudem wird aus dem schmalen Budget das Beste herausgeholt, sodass der Film zu keinem Zeitpunkt billig oder trashig wirkt.

Erhältlich ist We are Zombies u. a. als hochwertiges 4K-Mediabook, welches sich sehr gut in jeder Blu-Ray-Sammlung macht. Das Booklet beinhaltet ein Interview mit zweien der Regisseure, was einige interessante Fakten zur Entstehungsgeschichte des Films enthüllt.

Info

Regie: François Simard, Anouk Whissell, Yoann-Karl Whissell
Drehbuch: François Simard, Anouk Whissell, Yoann-Karl Whissell
Produktion: Laurent Baudens, Didar Domehri, Fabrice Giger, Gaël Nouaille, Pierre Spengler
Musik: Le Matos
Kamera: Jean-Philippe Bernier
Schnitt: Joris Laquittant


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