Lesezeit circa: 4 Minuten

Am 27. Februar 2019 erschien Das größte Abenteuer von Andreas Eschbach.

Zeichner: Sergey Nivens © Fischer TOR

Spoilerfrei

Ich werde jetzt nicht viel spoilern, eine Zusammenfassung wie sonst gewohnt möchte ich aus Respekt vor dem Buch nicht abgeben, zudem kann man fast 800 Seiten nur mit viel Text abbilden und würde gerade bei diesem genial geschriebenen Werk die komplette Seele entziehen. Man muss den Ziegel vom Buch selber lesen.
Man wusste bisher wenig über Perry Rhodan, was den Mann betrifft, bevor er zum Mond flog. Und selbst hier wurde damals von Scheer und Ernsting eigentlich auch nur ein sehr rudimentäres Gerüst für den Charakter Perry erschaffen. Dieses Gerüst wurde im Laufe der Zeit

Dank verschiedener Autoren natürlich unterschiedlich gefüllt, wodurch Perry Rhodan, wenn man ihn psychologisch betrachtet, ein innerlich zutiefst zerrissener Charakter ist. Es hat sehr lange gedauert, bis man mal hier und da Schnipsel über Perrys Kindheit und Jugend erfuhr, und selbst diese waren nur sehr vage und diffus. Dadurch blieb Perry irgendwie immer ein wenig distanziert wirkend, oft kalt oder ein Zauderer.

Hier, in diesem Buch, ändert sich dies alles – und das, ohne den bisherigen Kanon allzu sehr zu verletzen. Andreas Eschbach hat alles akribisch zusammengetragen und mit der realen Welt der 30er bis 70er Jahre des vergangenen Jahrhunderts in Einklang gebracht. Und dabei auch noch Scheer und Ernsting Tribut gezollt.

Jedes einzelne Wort, jeder Satz, alles sitzt perfekt, versprüht Spaß und eine Leichtigkeit, die ich bei anderen Autoren oft vermisse. Und das, ohne dabei abzuheben, ohne dabei den Leser je zu verlieren.

Andreas Eschbach schwafelt hier und da, manches scheint so unsagbar banal und nichtssagend, dass man sich fragt, ob es denn in das Buch rein musste. Ja, musste es. Teilweise werden Dinge erst durch seine langen Passagen der Ruhe und der Belanglosigkeiten verständlich, werden Papierhelden zu plastischen Menschen in der Vorstellungskraft des Lesers.

Das Geschwafel macht Spaß beim Lesen. Und dies ist mir bisher nur einmal in der Form so packend begegnet – bei Stephen Kings Der Anschlag, auch eine Art Science-Fiction-Roman, bei dem Geschwafel der ersten Seiten plötzlich nach hunderten Seiten zu relevanten Handlungselementen wird, wichtig wird.
Das hat Eschbach hier auch geschafft. Und überdies viele kleine Eastereggs für den Langzeitleser, den Kenner der Serie, eingebaut.

Als winziger Spoiler ein Beispiel: Die fiktive Stadt Scheernsting als Herkunft der Familie Rhodan, oder eher Roden, wie sie eigentlich hießen.
Scheernsting – natürlich ist dies nichts anderes als die Zusammenführung der Nachnamen von Perry Rhodans “Erfindern”, Walter Ernsting und Karl Herbert Scheer. Dieses Wortkonstrukt ist eigentlich albern und kindisch, würde bei nahezu jedem anderen Autor wie Hauruckhumor wirken. Bei Andreas Eschbach hingegen kommt das als nettes Easteregg daher und wirkt genau wie der zuweilen alberne Hauruck-Humor der ersten 20 Hefte, in dem besonders Walter Ernsting als Clark Darlton glänzte. Eine doppelte Verneigung mit nur einem Wort, das muss man erstmal schaffen.

Man muss allerdings auch Geduld haben. Manche Passagen lesen sich unsagbar träge und wäre nicht der „Erzähler“ mit seinen teilweise persönlichen Anmerkungen könnte man zuweilen die Lust verlieren, wenn man eine Jugendepisode beendet hat und die nächste anstünde.

Lesen vor der eigentlichen Reihe?

Sollte man Das größte Abenteuer lesen, bevor man Heft 1 liest, wenn man noch nie Perry Rhodan gelesen hat? Kann man machen, einige nette kleine Episoden und Anspielungen ergeben dann aber wenig Sinn. Zudem wird man einen Schock erleben, wenn man vom Eschbach zu Heft 1 wechselt, sprachlich, inhaltlich sind die klassischen Hefte weit entfernt von heutiger Sprache und Komplexität. Dennoch würde ich persönlich tatsächlich dieses „Perry Rhodan 0“ als erstes lesen, es macht einfach Hunger auf mehr.

Ich empfehle die Print-Ausgabe von Das größte Abenteuer.

 

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Mario Staas

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