Sie suchen das Verlies einer Superintelligenz – auf dem Planeten der Dovoin.

Die letzte Welt der Vecuia
© Pabel-Moewig Verlag KG

Titel: Die letzte Welt der Vecuia
Autor: Dennis Mathiak
Titelbild: Dirk Schulz
Erschienen: 28.02.2020

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Ein fünfköpfiges Einsatzteam um Tolotos und Bru Shaupaard werden auf Pzud, der letzten Welt der Vecuia, zum Verlies der VECU entsandt, doch über dem Planeten von Wachraumern der Phersunen abgeschossen. So erging es bis vor 10 Jahren vielen Vecuia-Raumern, deren Überlebende technisch limitiert nun nahe den heimischen Dovoin in ihren Wracks leben.

Vor Ort enthüllt Bru Shaupaard sein wahres Wissen und den Plan, mittels dispersierter Gry O’Shannon und zwei Dovoin als Vecuia-Agenten mit Sextadimspänen bis zur VECU vorzudringen und sie über die wahre Lage in Ancaisin zu informieren. Das gelingt zu gut, die stark geschwäche VECU kann sogar befreit werden – doch ist damit Zpud dem Untergang geweiht, denn die ganze Welt war das abyssale Verlies und wird nun von freibrechender Vektormaterie überflutet. Dieses Vorgehen nutzt der Advokat propagandistisch aus, um nun ganz Ancaisin gegen die Vernichter einer Welt aufzuhetzen …

Die Drei Ultimaten Beobachtungen

1. Verlieswelt – kein Geheimtipp mehr

Zpud, „Die letzte Welt der Vecuia“ ist nur für die VECU eine solche. Denn ihr wird in ihrem abyssalen Verlies aus Vektormaterie nur vorgespiegelt, dass Ancaisin verlassen und Zpud der letzte Rückzugsort sei. Vermutlich – was so nicht direkt ausgesagt wird – gehörte es daher zu den vollen Absichten der Phersunen, anfliegende Vecuia-Raumer nur absturzreif zu schießen und nicht zu vernichten. Denn so sammelten sich im Laufe von Jahrhunderten zahlreiche Wracks auf einem Raumschiffsfriedhof an, wo die Überlebenden ein karges Leben teils mit den Dovoin Handel treibend fristen. Da kann man dann als enorm geschwächte Superintelligenz schon auf die Idee kommen, es hier mit ihrem letzten Aufgebot zu tun zu haben.

Erstaunlich aber doch, dass derart viele Raumer die Welt überhaupt anflogen, als wäre es touristisch angesagt. D.h., dass die Koordinaten – zumindest bis vor 10 Jahren – allseits bekannt waren und – erneut vermutlich – so niemals umständlich im Index der Vecuia nachzuschlagen waren durch die zeitweise zusammengekommenen 5 Index-Bewahrer.

Etwas irritierend daher dieses wohlbekannte Geheimnis. Denn Zpud „liegt zwar nicht in unmittelbarer Nachbarschaft der eigentlichen Brennpunkte dieser Galaxis, aber doch für meinen Geschmack zu nahe“, wie Kommandant Holonder vor dem Einsatz Augenbrauen wölbend bemerkt. „Die Psyche der Phersunen funktioniert offenbar anders“, ist Shaupaards wenig erhellender Kommentar zur mangelhaften Versteckfähigkeit der Phersunen, die außenhändigen Cairanern sehr fremd sein muss. Im Ergebnis ist der Anflug als solcher problemlos möglich, wenn der präzise Abschuss durch die Bewachflotte jedoch ebenso problemlos erfolgt.

2. Shukkner – lieber in Liebe gestorbener Henker als toter freier Sklave

Neben den 5 Hauptpersonen des Einsatzteams (Tolot, Shaupaard, dispersierte Gry und Jalland Betazou als Grauspäher und Penelope Assid) ist da noch der Dovoin Shukkner. Der ist seines Amtes nach fahrender Henker und geht in den Städten des Planeten seiner Profession nach. Ob und wie viel er tatsächlich umbringt, bleibt unklar. Denn das einzige Mal, dass wir „dabei“ sind, ist, als er seine Kunst seiner Heißbegehrten vorführt: ein bloßes Schauspiel an einem Fake-Galgen.

Dass wir ihn in immerhin 7 von 17 (plus Epilog) Kapiteln auf seinem frühindustriell umherrumpelnden Wagen begleiten, macht ihn im Gegensatz zum Guunpai Ebdowakrot in Kai Hirdts „Die Fäden, die die Welt bedeuten“ aber nicht relevant. Ohnehin ist er eine besondere Hauptperson, weil er so direkt nicht bedeutend ist, nicht als indigener Mittler zwischen Galaktikern und Dovoin auftritt. Vielmehr kennt er die wirklich wichtigen Dovoin, nämlich seinen altgewordenen Sklaven Klurn, der eigentlich längst hätte in Freiheit leben können, dennoch bei seinem langjährigen Herrn beharrlich bleibt (freier Sklave); sowie den Vater seiner begehrten Wirtstochter, Obshez, bei dem er weniger wegen zu guter Logie vorstellig wird. Kurz bevor er und liebreizende Zhitiye tun, was auch Dovoin gerne mal so tun, wird Shukkner ein wesentlicher Zusammenhang zwischen Klurn und Obshez bewusst: Beide haben im Nacken ein identisches Zeichen!

Ein „Zeichen“, wie es auch der Herr Shaupaard trägt, und das korrekt benannt eine „strukturplastische Maschine“ (ANANSI-Sprech) ist – bekannter als Sextadim-Span der VECU. Das hat mich doch reichlich überrascht, dass nämlich beide Dovoin Agenten der Vecuia sind, zu denen Shaupaard Kontakt aufnahm und die für dessen One-Shot-Plan wesentlich sind – Shukkner nicht.

Doch beide Agenten, wie und wann sie auch immer an ihre Späne kamen, sterben im Einsatz (oder werden von Shaupaard wenig mitfühlend geopfert). Das bleibt Shukkner erspart, der gutmöglich das Wirtshaus Obshezs samt Tochter geerbt hätte – ja wenn Zpud nicht von Vektormaterie annihiliert und alles mit sich zum Triumphbogen und in die Kandidatin Phaatom reißen würde. Kein Glück für niemanden …

3. Bru Shaupaard – in der Außenhand eines Cairaners

…in der Außenhand eines Cairaners, erst recht Index-Bewahrers und Sextadim-Span-Trägers verbirgt sich allerhand. Nicht nur, dass Bru, der niemandes Bro ist (Kollege Wavalo Galparudse stirbt sinnlos ohne kollegiales Gedenken) Informationen lange verschwiegen hat, er druckst vor dem Einsatz noch mit halbseidenen Argumenten herum, warum ER (!) das Einsatzteam genauso mit Grauspäher Betazou, dispersierter und extra hierfür geweckter Gry und psibegabter Penelope Assid besetzen will. Bzgl. Gry vage irgendwas von eventuellen Zusatzfähigkeiten nach der Dispersion und Pen eine so tüchtige Semiotikerin.

Ich kann nicht nachvollziehen, woher er all das weiß, in Erfahrung hat bringen können. Die ggf. gar nicht selbstmörderisch bis nach Zpud vorgedrungenen Vecuia-Raumer Vorstoßtrupps zum Auskundschaften – nur wie kamen Infos von dort an der Wachflotte vorbei? Oder mal wieder vorausschauende Thesanit am Werke? So oder so weiß er schlicht alles: dass Zpud in Gänze das Verlies ist und ein 200 m kantenlanger Kubus aus Vektormaterie inmitten eines (stilecht später auch ausbrechenden) Vulkans nur die Steuerstation darstellt; dass der VECU nur Illusionen verwaister Galaxis vorgespiegelt werden; dass sie nur noch eine „Schwundstufe“ ihrer selbst ist, weil ihr seit Hunderten Jahren stetig von der Kandidatin Psimasse abgezapft wird; wie man ganz genau gezielt mittels Dispersions-Gry „eine Schneise in die Mauer aus Vektormaterie schlagen“ und der VECU mit den drei Sextadim-Spänen ein „hypermentales Leuchtfeuer“ entfachen kann.

Hat Bru nach VECU telefoniert und wurde en detail gebreeft? Woher hat man einfach so zwei weitere Sextadim-Späne und konnte diese wann, wo, durch wen in die Dovoin einsetzen? Oder haben sie das als eigenständige Maschinen strukturplastisch selber hinbekommen? Weil der feine Herr sich bis auf die paar Infobrocken bedeckt hält, bleibt das für mich zu unklar.

Interessant ein paar Worte zu den „Geflüchteten“, wie er die Teile der Vecuia nennt, die sich (nur?) in die Milchstraße haben absetzen können. Warum bloß über 270 Mio. Lichtjahre weit weg? Neben Befreiung der VECU (check!), die Wiederherstellung der Vecuia (in progress) vor allem „die Deckung der zahllosen aus Ancaisin Geflüchteten“ die Ziele der versprengten Truppen. Denn: „Die Flüchtlinge haben einige geborgene Relikte zugrunde gegangener Superintelligenzen mitgenommen. Diese Relikte dürfen der Kandidatin Phaatom und ihren Hilfstruppen unter keinen Umständen in die Hände fallen!“ Das hat für uns ohnehin schon Kontur angenommen, ist aber mal eine klare Aussage zu den Möglichkeiten des sog. „Friedensbunds“: der Posizid und die Datensintflut umso sicherer gezielt angewandte höhere Mittel zur Durchsetzung ganz eindeutiger Zwecke.

Fazit zu „Die letzte Welt der Vecuia“

Damit ist der Geist aus der Flasche resp. die VECU aus ihrem Verlies, das aber mit planetarem Kollateralschaden, den VECU doch arg billigend in Kauf nimmt. Dazu MUSS es noch Worte geben, das darf nicht stillschweigend hinter sich gelassen werden. Ebenso fraglich, dass selbst für eine „superintelligente Schwundstufe“ nur sechs bis auf Tolot normalsterbliche Körper als Transportgefäße ausreichen können sollen. Da war ja der Nukleus besser bestückt. Aber so stand es nun mal im Exposé zu „Die letzte Welt der Vecuia“ …

Ein Exposé der Erstauflage, das nach anderen Rhodan-Veröffentlichungen erstmals an Dennis Mathiak gereicht wurde. „Es ist kein typischer Gastroman, aber der Autor ist ja auch kein typischer Gastautor.“ Daher das abgeklärte Urteil dieses untypischen Gastautors: „Im Prinzip war es wie immer, nur etwas aufregender.“ Diese Handlungsebene so kurz nach dem Halbzeitwechsel wurde ihm expokratisch zugeteilt; als „Perspektivfigur“ nicht planhirnvollen ZAC-Träger Tolotos, sondern immer noch ziemlich unbeschriebene Penelope „Pen“ Assid zu wählen, ist sein Verdienst. Tüchtiger Einstand mit keinenfalls randständigen, sondern reichlich wegweisenden Roman. Wer hat gleichmal als allererste Handlung eine Superintelligenz befreit? DM! Es gibt „Tek-Mörder“ und „VECU-Befreier“ – so schaut’s aus!

Damit ist die Ancaisin-Handlungsebene zum zweiten Mal betreten und das mit einem Knalleffekt, der die Konstellationen im Galaxiengeviert enorm umstellen kann – die Kandidatin Phaatom jetzt nicht mehr nur nach ihr schmeckenden Rhodan, O’Shannon und Mulholland, sondern nach geschwächter Herausforderin Ausschau haltend – dabei war der Advokat und Entourage schon jetzt arg überfordert.

Als Schlusswort die chefredaktionelle Einschätzung zum Titelbild: „(Ich finde übrigens das Titelbild von Dirk Schulz sehr eindrucksvoll. Es ist zugleich ein schönes Beispiel dafür, wie sich die Sichtweise eines Illustratoren von der eines Redakteurs unterscheidet: Ich hätte, wenn ich malen könnte, die Aliens anders dargestellt.)“ Bald also Logbücher zu besuchten Malkursen?

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Dominic Schnettler
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