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Seit 30 Jahren gibt es beide Serien und die Kontroverse über die Ähnlichkeit der beiden Serien.

Und eines möchte ich gleich vorweg nehmen: Das ist kein leichtes Thema. Es hat mich wirklich eine Menge Zeit gekostet, hier zu recherchieren. Aber es hat sich auch für mich gelohnt.

Ähnlich wie bei Star Wars gegen Star Trek und anderen Themen ist dies ein reiner Fan-Vorwurf. Es gab weder einen Rechtsstreit, noch irgendwelche Vorwürfe von Beteiligten, außer mal hier und da eine kleine Anmerkung.

Ursprung der Vorwürfe

Im Jahr 1989 bot J. Michael Straczynski (JMS) Paramount ein Konzept an. Es sollte sich dabei um eine Serie auf einer Raumstation handeln, die nicht zwingend eine Star-Trek-Serie werden sollte, aber es war auch nicht ausgeschlossen. Zentrales Thema ist ein Konflikt eines Bündnisses mit einem übermächtigen Feind, welcher in einem roten Faden seit der ersten Episode mit erzählt wird, während die einzelnen Episoden eigenständige Geschichten erzählen.

Die Gemeinsamkeiten

Es gibt einige kleine und große Ähnlichkeiten zwischen den Serien. Wir gehen jede einmal durch und bewerten die Ähnlichkeit auf einer Skala von „Kann Zufall sein“ bis zu „Das ist garantiert kein Zufall“.

1. Die Raumstation

Der reine Fakt, dass beide Serien auf einer Raumstation spielen, kann locker als Zufall durchgehen. Dass beide Stationen aber Zahlen im Namen haben, macht es dann wieder ein wenig unwahrscheinlicher. Die zentrale Rolle der Station im anstehenden Konflikt ist logisch nachvollziehbar, denn eine Serie am Rande der Galaxis, von dem aus man immer erst zum Handlungsort muss, wäre einfach weniger interessant. Dann kann man das ja auch gleich auf ein Raumschiff packen. Trotzdem: Diesen Punkt würde ich unter „Zufall“ verbuchen.

2. Die Station bekommt im Verlauf der Serie ein Schiff an die Seite gestellt

In Staffel 3 bekommt Deep Space Nine die Defiant zur Seite gestellt, welche extrem gut bewaffnet ist und sogar eine Tarnvorrichtung benutzen darf. Auch Babylon 5 bekommt ein Schiff zur Seite gestellt, welches auf Minbari- und Vorlonentechnologie basiert. Damit ist auch dieses Schiff deutlich stärker als viele der anderen Schiffe, die zu dieser Zeit durchs All fliegen. Zufall? Ich denke schon. DS9 hatte mit schwachen Quoten zu kämpfen (im Vergleich zu TNG) und die Möglichkeiten einer Raumstation wurden nicht so ausgenutzt, wie man es später tat. Für B5 war das Schiff ja nur der Prototyp einer Flotte, die für den Kampf gegen die Schatten benötigt wurde.

3. Der Kampf gegen einen übermächtigen Feind

Wo wir gerade von den Schatten sprechen, diese sind der „Big Bad“ der Serie Babylon 5, die sich durch Intrigen und Manipulation in Position bringen und unter anderem auch andere ihre Konflikte auskämpfen lassen. Ähnliches kann man über das Dominion in Deep Space Nine sagen. Sie schicken die Jem’Hadar und Vortha vor und suchen andere Verbündete, sie infiltrieren die Föderation und sorgen dafür, dass die Erde kurzzeitig unter Kriegsrecht steht. In B5 ist es ähnlich, so sind die Drakh eines der Handlanger-Völker der Schatten und die Erde wird ebenso beeinflusst, hier dauert der Konflikt nur länger und wird zu einem der Hauptstories der Serie. Ist dies Zufall? Ein übermächtiger Feind ist nun nichts Außergewöhnliches in der Science-Fiction und auch Verschwörungen haben wir zur Genüge. Beides zusammen ist allerdings schon sehr spezifisch. Wirklich festlegen kann man sich nicht, aber da DS9 nicht „am Stück“ geplant war wie B5, würde ich eher zu keinem Zufall tendieren.

4. Konflikte zwischen einem besetzten Planeten und dem Besatzer

Die Sternenflotte übernimmt das Kommando auf Deep Space Nine, als die Cardassianer ihre Besatzung von Bajor beenden. Auch in B5 hat ein zentrales Volk der Handlung, nämlich die Centauri, ein anderes Volk unterdrückt und den Planeten ausgebeutet. Dieses Volk sind die Narn, die ähnlich wie die Bajoraner religiös sind und vor der Besatzung eher einfache Farmer waren. Die Narn sind nicht ganz so religiös wie die Bajoraner und sind seit der Besatzung selbst Kriegsherren geworden, während die Bajoraner viel mehr damit beschäftigt sind, mit den Auswirkungen der Besatzung klar zu kommen. Dass es immer wieder Konflikte zwischen den Völkern gibt, ist absolut nachvollziehbar. Aber: Beide Besatzer arbeiten später mit dem „Big Bad“ zusammen. Die Cardassianer werden einer der wichtigsten Verbündete im Alpha-Quadranten des Dominion und die Centauri arbeiten schon früh mit den Schatten zusammen.

5. Dukhat und Dukat

Eine zentrale Figur bei den Minbari ist Dukhat. Der letzte Kommandant von Terok Nor war Gul Dukat, welcher auch immer wieder in der Serie auftaucht und einen der interessantesten Arcs der Serie hat. Bei den Minbari ist Dukhat zwar wichtig, aber er tritt nur in einer einzigen Episode auf. Es ist unwahrscheinlich, dass dieser Name bereits an die Verantwortlichen bei Paramount gegeben wurde, als diese den Entwurf bekamen. Viel mehr gehe ich hier von einem „Ball zurückspielen“ wie beim nächsten Punkt aus.

6. Lyta und Leeta

Die Telepathin Lyta Alexander tritt 1993 im Pilotfilm von B5 auf, verschwindet dann und kommt Ende der zweiten Staffel zurück. Auf Deep Space Nine tritt in der dritten Staffel das Dabo-Mädchen Leeta in Erscheinung. Sie ist die Partnerin von Rom, dem Bruder von Quark, der erst eine Gewerkschaft gründet und danach der Crew des Station beitritt. Lyta hingegen geht eine Beziehung mit einem Telepathenführer ein, nachdem eine Romanze mit jemandem von Stationspersonal nicht zustande kommt. Schon wie in Punkt 5 würde ich hier aber sagen: Die Namensähnlichkeit ist kein Zufall, sondern viel mehr ein Spiel mit den Vorwürfen und ein Anerkennen der anderen Show.

7. Der Commander ist eine spirituelle Figur eines wichtigen Volkes der Serie

Commander Jeffrey Sinclair ist der erste Commander der Station Babylon 5. Gespielt von Michael O’Hare, wurde er mit der zweiten Staffel wegen gesundheitlichen Problemen durch den von Bruce Boxleitner gespielten Captain John Sheridan ersetzt. Deep Space Nine wird von Commander Benjamin Sisko geleitet, der später zum Captain befördert wird. Beide sind wichtige religiöse Figuren für ein fremdes Volk. Während Sinclair zu Valen wird, der vor 1000 Jahren beim letzten Krieg gegen die Schatten quasi die Führung der Minbari übernahm und seitdem eine wichtige Persönlichkeit wurde, wird Sisko in der Pilotfolge bereits sein Schicksal als Abgesandter der Propheten, der Götter der Bajoraner, offenbart. Das ist tatsächlich einer der Hauptpunkte, die den Vorwurf nähren, und diese Ähnlichkeit ist zu spezifisch, dass sie Zufall sein kann.

8. Roter Faden

Eine weitere große Gemeinsamkeit ist der rote Faden, der die Shows begleitet. Dieser tritt bei Babylon 5 schon mit dem Pilotfilm ins Rampenlicht, während man in DS9 erst später einen roten Faden für die Haupthandlung bringt und ansonsten Nebenplots wie den Wahlkampf für den oder die neue Kai auf Bajor über mehrere Folgen nebenher plätschern lässt. So ein Kernthema hätte sicherlich im Entwurf gestanden – dass DS9 quasi erst ab Staffel 3 richtig mit dem roten Faden spielt, ist ein weiteres Indiz dafür, dass man sich hier hat inspirieren lassen. Allerdings sollte man auch betonen, dass die gewählte Location mit einer Raumstation prädestiniert für eine solche Erzählweise ist.

9. Starker, weiblicher Erster Offizier

Sowohl der Pilotfilm als auch die Serie haben mit Lt. Cmdr. Takashima und Susan Ivanova eine Erste Offizierin, die „ihren Mann stehen kann“. Takashima kam leider nur im Piloten vor, ließ sich hier aber von Botschafter G’Kar nicht beirren. Ivanova geht sogar soweit, dass sie außerirdische Rituale für ihre eigene Zwecke einsetzt – man denke nur an Purpur und Grün bei den Drazi oder die Verhandlungen mit einem Volk, welches Geschäfte mit Sex besiegelt. Major Kira auf Deep Space Nine ist ehemalige Widerstandskämpferin und Verbindungsoffizier für Bajor auf der Raumstation. Diese lässt sich auch kein X für ein U vormachen und zeigt vor allem den Cardassianern immer wieder, wo der Hammer hängt. Starke Frauen waren Anfang der 90er noch rar gesät, heute wäre dies kein Thema mehr. Eine grobe Charakterisierung der wichtigsten Charaktere ist essentiell für einen Entwurf.

10. Der düstere Ton

DS9 wird gelobt für seine Ernsthaftigkeit innerhalb des Star Trek-Kosmos. Wir bekommen hier viele ernste Themen auf den Tisch, wie PTBS, Verlust von geliebten Personen und den Umgang mit Trauer, Rassismus und auch, welche Opfer man persönlich bringt, um der großen Sache zu dienen. Dem steht B5 in nichts nach und der realistischere Anstrich stand sicherlich auch im Entwurf, den Paramount bekam. Von daher fällt es mir schwer, hier an einen reinen Zufall zu glauben.

Noch ein Vorwurf: Babylon 5 ist eine Kopie von Deep Space Nine

Auch dies sieht man ab und zu im Internet. Basis dieser Theorie ist das spätere Erscheinen von Babylon 5. Hier wird oft auf die deutsche Veröffentlichung geschaut, die in der Tat 1,5 Jahre später als bei Star Trek der Fall war, allerdings lässt diese Betrachtung das originale Datum außen vor. Diese Daten liegen nur sieben Wochen auseinander, was definitiv nicht genug ist, um eine Serie zu produzieren. Möglich ist aber, dass B5 in manchen Punkten inspiriert wurde, denn die erste Episode lief erst 11 Monate später und brachte massive Änderungen im Vergleich zum Pilotfilm mit sich. Teilweise waren diese aber auch dem Budget geschuldet, so wurde das Make-Up der Minbari und Narn nochmal überarbeitet.

 

Antwort: Es gibt keine 100%ig richtige Antwort, denn diese könnten uns nur die Produzenten bei Paramount geben. Die schiere Anzahl der Gemeinsamkeiten und der Abstand zwischen den Veröffentlichungen legt aber nahe, dass die Serien zumindest voneinander inspiriert worden sind. Ich halte es für unmöglich, dass sich derart viele Kernthemen zufällig entwickeln. Aber: Die Verantwortlichen waren nicht böse aufeinander und spielten sogar Softball miteinander. Es ging ja sogar so weit, dass wir Trek-Darsteller in B5 gesehen haben und B5-Darsteller in DS9. Aus beiden Serien sind Meilensteine der SciFi geworden, weswegen es keine Rolle spielt, ob irgendwer bei irgendwem abgekupfert hat. Beide Shows entwickeln sich eigenständig und entfalten eine Eigendynamik, die sie vom „Bruder“ abhebt. Vielleicht hat man sich bei DS9 vom Entwurf von JMS inspirieren lassen, aber ein Plagiat sieht anders aus.

 

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Marco Golüke

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