Die dritte Tugend ist ein Schritt zurück.

Ein Schritt zurück

Frisch aus der Psychiatrie ausgebrochen sucht Danny Rand (Finn Jones) Unterschlupf bei Coleen Wing (Jessica Henwick). Allerdings zeigt er sich bei ihr nicht unbedingt von der besten Seite, als er sie zum einen bei einem Sparring vorführt, aber andererseits später einen ihrer Schüler verprügelt, weil dieser sich über ihn lustig gemacht hatte. Gleichzeitig versucht er weiterhin, seine wahre Identität zu beweisen und nimmt dafür die Hilfe von Jeri Hogarth  (Carrie-Ann Moss) in Anspruch, die früher für seine Familie gearbeitet hat.

Parallel dazu befiehlt Harold Meachum (David Wenham) seinem Sohn Ward (Tom Pelphry) einen Pier zu kaufen, um jeden Preis. Letzten Endes kommt ihm seine Schwester Joy (Jessica Stroup) zu Hilfe, die genau weiß, wie sie eine für den Verkauf wichtige Person dazu bringen kann, zuzuspringen. Gleichzeitig bestraft die Hand Harold dafür, dass er es gewagt hat, sein geheimes Penthouse zu verlassen.

Nachdem die letzte Folge von Iron Fist, Der schwarze Adler spreizt seine Schwingen, vorsichtigen Grund für Optimismus gab, fühlt sich Die dritte Tugend wie ein Schritt zurück an. Es überwiegen am Ende die Mankos, derweil man positive Aspekte mit der Lupe suchen darf, wobei es immerhin welche gibt.

Nettes Easteregg

Der Auftritt von Carrie-Ann Moss als Jeri Hogarth ist ein solcher positiver Aspekt. Die Darstellerin dominiert von Beginn an die Szenen, in denen sie zu sehen ist. Sie ist immer noch eine intelligent agierende Anwältin, wie man sie aus der Jessica Jones-Serie kennt. Vielleicht fehlt ihr ein wenig die eiskalte Berechenbarkeit, die sie in der Reihe ausmachte, hier wirkt sie viel zu uneigennützig. Doch das kann man verkraften, weil sie in dieser Episode das absolute Highlight darstellt.

Auch die Szenen mit Coleen Wing sind in Die dritte Tugend ein Grund zur Freude. Sie ist von allen Charakteren dieser Serie die komplexeste Figur. Einerseits eine Frau, die sich zu wehren weiß, wie die Leibwächter von Ward Meachum feststellen dürfen, als sie in ihren Dojo eindringen. Andererseits aber auch eine Frau, die sich um ihre Schützlinge kümmert und sich um deren Zukunft Sorgen macht, die ihnen verbietet, an illegalen Käfigkämpfen teilzunehmen, nur um selber am Ende der Folge in einem solchen aufzutreten.

Was übrigens zu einem netten Easteregg führt. Sie gibt als ihren Kampfnamen „Tochter des Drachen“ an, „Daughter of the Dragon“. Das ist in den Comics der Name, den sie gemeinsam mit Misty Knight trägt. Eine gelungene Hommage.

Eine vielfache Enttäuschung

Doch damit hat es sich auch mit den positiven Aspekten der Serie. Denn ansonsten kann Die dritte Tugend nicht überzeugen. Im Gegenteil: Sie enttäuscht in vielfacher Hinsicht.

Vor allem Danny Rands Darstellung fühlt sich wie ein fehlgeschlagenes Experiment an. Zunächst führt er Coleen Wing in ihrem eigenen Dojo bei ihrer Sparringsektion vor. Hier soll vermutlich sein überlegenes Martial-Arts-Training bewiesen werden, wirkt jedoch eher wie dämlich männliches Dominanzgehabe. Und dass er dann später einen ihrer Schüler zusammenschlägt, weil der sich über ihn lustig gemacht hat, wirkt … merkwürdig.

Für jemanden, der viel auf Harmonie und innere Ruhe gibt, lassen diese Aktionen eher darauf schließen, dass sein inneres Gleichgewicht außer Balance geraten ist. Es lässt ihn wie einen Schläger wirken, der seine Taten zwar bereut, doch bleiben dem Zuschauer von Die dritte Tugend eher seine Taten als seine Reue im Kopf hängen, was für einen Titelhelden natürlich fatal ist.

Eine widersprüchliche Charakterisierung

Auch die Charakterisierung von Joy Meachum wirkt verquer. So als ob die Drehbuchautoren und Showrunner sich nicht sicher waren, wie sie sie jetzt darstellen wollen. Bislang war sie das gute Gewissen der Firma, die zwar jeweils von ihrem Bruder überstimmt wurde, aber am Ende immer noch für positive Entwicklungen sorgte.

In Die dritte Tugend wird sie auf ein Mal völlig anders dargestellt. Sie ist zwar glücklich über Dannys Rückkehr, möchte ihn aber dennoch dazu bringen, ein Dokument zu unterzeichnen, mit dem er auf seine Identität und seine Firma verzichtet. Und später besticht sie einen wichtigen Geschäftsmann, als sie seinem Neffen die Leber eines Unfalltoten verspricht. Das beißt sich alles mit ihrem bisherigen Auftreten.

Auch ihr Vater Harold hat seinen Auftritt, bei dem jedoch nur gezeigt wird, welche Macht die Hand über ihn hat, als sie ihn zur Bestrafung zwingen, sich in Glasscherben zu knien. Das ist alles.

Es lässt sich nicht beschönigen: Die dritte Tugend ist ein ziemlicher Schritt zurück.

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