Dieser Film zeigt sehr gut, was geschehen kann, wenn ein prominenter Schauspieler und ein Regisseur nicht auf einer Linie sind.
Die Angst vor dem Film
Ich habe mich vor diesem Film gefürchtet. Nicht etwa, weil ich Albträume von ihm kriegen würde, sondern vielmehr, weil ich genau wusste, dass es schwierig sein würde, ihn nicht einfach nur zu verreißen. Denn schließlich hatte er durchaus positive Aspekte. Auch wenn diese nicht ganz so zum Tragen kamen, wie man vielleicht gehofft hatte.
Doch der Reihe nach. Denn auch wenn die Comicfigur Judge Dredd heutzutage wegen dieser Verfilmung und der aus dem Jahr 2012 berühmt ist, war das vorher nicht der Fall. Vorher waren die Abenteuer des Street Judges aus Megacity One nur eingefleischten Fans bekannt.
Doch irgendwann hatten die Filmrechte ihren Weg von dem damaligen Publisher Fleetway Publications zu der Produktionsfirma von Edward R. Pressman gefunden (The Crow). Und der gab entsprechend ein Drehbuch in Auftrag, das dann kurz vor Produktionsbeginn bereits von einigen Drehbuchautoren wie Walon Green (Robocop 2), Rene Balcer (Star Trek: The Next Generation) und Michael S. Chernuchin (Law & Order) überarbeitet worden war.
Große Visionen
Als das Skript soweit fertig war, musste nur noch festgelegt werden, wer die Regie führt. Es waren einige Namen im Gespräch, wie beispielsweise Richard Donner (Superman) oder Renny Harlin (Stirb Langsam 2). Am Ende fiel die Wahl auf Danny Cannon, der zuvor mit Young Americans Aufmerksamkeit erregt hatte.
Der glückliche Zufall wollte es, dass der Regisseur ein Fan der Comicfigur war. Er erschuf sogar in den 1980er Jahren selber ein Poster, welches in der Ausgabe vom 8. August 1987 in 2000 AD erschien. Seine Vision des Films war die eines Ben Hur für Comicbuchverfilmungen. Er lehnte für dieses Projekt sogar die Position des Filmemachers bei Stirb Langsam 3 ab.
Für die Titelrolle des Judge Dredd kamen mehrere Schauspieler in Frage. So war in der Frühphase des Castings Arnold Schwarzenegger im Gespräch, ehe die Wahl auf Sylvester Stallone fiel, auch wenn dieser vor dem Casting noch nie zuvor von der Comicfigur gehört hatte. Der Rest des Casts wurde dann schnell zusammengestellt. Als Judge Dredds Gegner Rico wurde Armand Assante (Ich, der Richter) gecastet, derweil Diane Lane (Rumble Fish) zu Judge Hershy wurde. Der Comedian Rob Schneider (Deuce Bigolow) wurde zum glücklosen Kleinkriminellen Fergie und Jürgen Prochnow (Das Boot) zum ehrgeizigen Judge Griffin. Als Chief Justice Fargo wurde niemand geringeres als Max von Sydow (Flash Gordon) angeheuert, derweil Joanna Miles (Rosencrantz & Gildenstern sind tot) als Judge McGruder und Joan Chen (Twin Peaks) als die Genetikerin Dr. Ilsa Hayden den Cast abrundeten.
Wenn Hauptdarsteller und Regisseur nicht auf einer Linie sind
Und eigentlich waren die Voraussetzungen also bestens. Wäre da nicht die Tatsache, dass Sylvester Stallone und Danny Cannon während der Dreharbeiten überhaupt nicht auf einer Linie waren. Der Hauptdarsteller hatte erheblichen Einfluss auf den Film und meinte später, dass der Ton des Kinofilms nicht in Stein gemeißelt war. Andere Quellen meinten sogar, dass Stallone aus Judge Dredd eine Actionkomödie machen wollte, derweil Cannon einen eher ernsten Film plante. Und das hatte auch Auswirkungen auf das Endergebnis …
In der Zukunft sind weite Teile der Erde unbewohnbar. Der Großteil der Überlebenden lebt zusammengepfercht in sogenannten Megacities, wo die Verbrechensrate enorm hoch ist. Dabei sorgen in Megacity 1 die Judges für Recht und Ordnung. Sie sind Polizei und Justiz in Union. Einer der besten unter diesen ist Judge Dredd.
Eines Tages wünscht sich der Chief Justice Fargo, dass Dredd mehr an der Akademie lehrt. Gleichzeitig jedoch plant ein Reporter eine Enthüllungsreportage, die zeigt, dass das Street-Judge-System mit Schuld an der hohen Kriminalitätsrate der Stadt ist. Doch ehe er die Story bringen kann, werden er und seine Frau erschossen. Laut Ermittlungen soll der Täter niemand Geringes als Judge Dredd sein, der am Ende nur durch einen Gnadenakt Fargos vor der Exekution gerettet wird. Stattdessen soll er in ein Gefängnis gebracht werden.
Hinter den Ereignissen stecken Verschwörer, darunter auch Dredds ehemaliger Freund Rico. Der wurde vor vielen Jahren von Dredd verhaftet wurde. Jetzt auf freiem Fuß sinnt er auf Rache. Nicht nur an seinem früheren Kumpel, sondern ebenso an der gesamten Gesellschaft und dem Street-Judge-System.
Ein Sakrileg wird begangen
Im Prinzip musste es ja so kommen. Judge Dredd kam heute vor 30 Jahren in die Kinos und hatte ein Budget von 85 bis 90 Millionen US-Dollar. Er fiel an den Kinokassen durch. Er spielte nur 113,5 Millionen US-Dollar ein, also nu wenig mehr als die eigentlichen Filmkosten.
Was auch kein Wunder war, da die Kritiken und die Resonanz der Fans verheerend war. Viele hängten sich dabei vor allem daran auf, dass Judge Dredd im Film seinen Helm abnahm, dass man sein Gesicht sah. Was in den Comics nie der Fall war. Für viele war dies deshalb ein Sakrileg.
Aussehen Hui, Story und Charaktere Pfui
Und doch ist das nur ein Symptom für das Scheitern des Films, nicht die Ursache. Oder besser gesagt, nicht die einzige Ursache.
Was das Design, die Kostümierung und Ambiente des Films anging, zeigte sich sehr deutlich, dass hier Leute am Werk waren, die die Comics kannten. Das alles wirkte so, wie man aus den Comicabenteuern der Figur her kannte.
Ebenso konnten die Actionszenen überzeugen. Hier merkte man vor allem die Routine von Stallone, der ja in den 1980er und 1990er Jahre ein großer Actionfilmstar war. Viele Auseinandersetzungen sind entsprechend packend inszeniert.
Und doch kann all dies nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Film von der Story und den Figuren her einfach nur Grütze ist. Der von Stallone bemängelte nicht in Stein gemeißelte Ton macht sich von Anfang bemerkbar. Man merkt in jeder Sekunde, dass hier Humor forciert wirkt. Nur dass die Komik nicht funktioniert und der Funke nicht überspringt.
Muss das sein?
Am besten lässt sich das an zwei Charakteren festmachen. Zum einen Judge Dredd selbst, der von Stallone wie eine Parodie der Figur dargestellt wird. Jemand, der das Gesetz heiß und innig liebt und der zu den Reaktionen der Kriminellen nur meint „Ich wusste dies!“ Die Sprüche wirken wie aufgesetzt und nicht sonderlich überzeugend. Zwar legt Stallone dann später das Sprücheklopfen etwas ab. Aber dafür merkt man, wie blass sein Charakter ist.
Die zweite Figur ist der von Rob Schneider dargestellte Fergie. Er ist eine konstante Nervensäge. Er ist als ein Comedy Relief gedacht, doch der gewünschte Effekt will sich nicht einstellen. Im Gegenteil: Jedes Mal, wenn die Figur auftaucht und ihren Mund aufmacht, verkrampft man sich, weil es dann einfach nur peinlich wird. Der Film wäre besser gewesen, wenn er nicht auf Krampf versucht hätte, diesen Charakter einzubauen.
Nicht, dass die anderen Figuren es besser haben. Auch hier merkt man das große Problem des Films: Dass die Charaktere zwar ausgebaut werden, wenn man aber innehält und überlegt, merkt man, dass ihre Charakterisierungen bestenfalls hauchdünn sind. Motivationen und Antriebe werden nur notdürftig erklärt. Und wenn man nicht gerade Max von Sydow ist, dann reicht die Schauspielleistung nicht aus, dies zu überstrahlen.
Charaktertiefe? Was für eine Charaktertiefe?
Das merkt man vor allem an Diane Lanes Judge Hershy. Sie ist, als Dredd im Wasteland ums Überleben kämpft, die Einzige, die an der Wahrheit interessiert ist. Doch sie wird überwiegend als mildes Eyecandy dargestellt. Ihr Judgeoutfit, das sie zu Beginn trug, wird irgendwann weggelassen und stattdessen trägt sie nur noch hautenge Kostüme. Sie trägt zwar etwas zum Finale bei, aber das ist dann nur ein Catfight mit Joan Chens Figur.
Die taucht erst im letzten Akt auf und verfügt dementsprechend über extrem wenig Charaktertiefe. Es wird zwar angedeutet, dass sie nur widerwillig für Rico arbeitet, doch dafür kämpft sie dann erstaunlich heftig gegen Judge Hershy.
Und was die Antagonisten angeht: Auch bei ihnen merkt man, wie blass sie in Wirklichkeit sind. Jürgen Prochnows Griffin erhält nicht wirklich viele Szenen, die ausarbeiten, wieso er jetzt mit Rico zusammenarbeitet. Und jener fängt stark an, baut dann aber immer mehr ab und wird so am Ende einfach nur ein durchschnittlicher Wahnsinniger, der nur darauf wartet, vom Held besiegt zu werden.
Am Ende kann man über Judge Dredd einfach nur den Kopf schütteln. Es wird hier so viel falsch gemacht, dass es nicht mehr feierlich ist. Und das ist verdammt schade. Zum Glück gab es Jahre später eine bessere Version, die die Vorlage deutlich mehr respektierte. Schade nur, dass die ebenfalls floppte.
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