Ashina ist eine Blade Runner, die Replikanten jagt. Für sie ist es ein ungewohnter Auftrag, die vermisste Frau und Tochter eines reichen Auftraggebers zu finden.
Handlung
Ashina gilt unter Replikanten als eine besonders gefürchtete Blade Runner, da sie die Androiden nicht nur in den Ruhestand schickt, sondern obendrein ausschlachtet, um ihre wertvollsten Teile zu verhökern. Eines Tages erhält sie von ihrer Vorgesetzten den Auftrag, die Frau und Tochter des wohlhabenden Alexander Selwyn zu suchen, die nach einem Kindergeburtstag bei der Familie Tyrell nicht nach Hause zurückgekehrt sind.
Ash beginnt mit ihrer Suche im niedersten Milieu von Los Angeles und stößt dort auf ein Netzwerk von ehemaligen Mitarbeitern des Tyrell-Konzerns. Diese haben aus Reue eine Art Underground Railroad für Replikanten aufgebaut, welche auf einer Insel vor der Küste Mexikos Zuflucht vor den Blade Runnern suchen. Dorthin ist Cleos vermeintliche Mutter Isobel mit ihrer Tochter unterwegs.
Wie sich herausstellt ist Isobel ein Replikantenmodell, Cleos wahre Mutter ist derweil an Krebs verstorben. Selwyns Tochter muss sich um solche Krankheiten keine Sorgen machen, denn ihre Genetik enthält eine seltene Mutation, die zu besonderer Langlebigkeit führt. Damit wird sie zur Zielscheibe diverser Interessengruppen, welche die Kleine genetisch ausbeuten wollen. Doch wer will Cleo wirklich retten und kann Ashina ihren Auftraggebern trauen? Am Ende muss sie sich entscheiden, ob sie das Mädchen zurückbringt oder auf die Replikanten hört und mit ihr untertaucht.
Rezension von Blade Runner 2019 – Los Angeles
Blade Runner ist ein SciFi-Klassiker von Ridley Scott aus dem Jahr 1982, der dank der Fortsetzung von 2017 nunmehr ein Comeback erlebt. Die Beliebtheit der Cyberpunkwelt, welche auf Philip K. Dicks Roman Träumen Androiden von elektrischen Schafen? basiert, scheint ungebrochen. Dies dürfte vor allem an der futuristischen Atmosphäre liegen, die auch im vorliegenden Comic sehr schön eingefangen wird.
Die Story ist, ohne zu viel verraten zu wollen, sehr spannend und abwechslungsreich. Es gibt einige Plot-Twists, welche die Protagonistin zwingen, ihr Weltbild zu überdenken. Da die Reise bis nach Mexiko geht, wird das Blade Runner-Universum ein ganzes Stück erweitert. Unter anderem erfahren die Leser, dass Lateinamerika inzwischen fast nur noch aus Narcos-Staaten besteht, die im Vergleich zu den schillernden Megastädten der USA immer noch extrem unterentwickelt und fest in der Hand von Drogenkartellen sind. Obwohl Blade Runner in einem Paralleluniversum spielt, indem die Menschheit interstellare Raumfahrt betreibt, kommt dies der Realität erschreckend nahe.
Die Protagonistin Ashina passt sehr gut in diese Welt. Einerseits ist sie bei der Jagd auf Replikanten gnadenlos, andererseits hinterfragt sie aber auch die kriminellen Machenschaften des Tyrell-Konzerns. Dieser macht ihr das verlockende Angebot, ihre Wirbelsäulenerkrankung zu heilen, wegen der sie auf minderwertige Cyborg-Implantate angewiesen ist. Als ihre Krankheit auffliegt, verliert sie prompt ihren Job bei der Polizei und muss ihre Marke abgeben. Dennoch trifft sie am Ende die richtige Entscheidung, was Ash trotz ihrer anfänglichen Grausamkeit zu einer Heldin macht.
Ihr abgekürzter Name Ash könnte übrigens ein Verweis auf Ridley Scotts zweiten ScFi-Klassiker Alien sein, in welchem es einen gleichnamigen Androiden gibt. Nur ist Ash diesmal das genaue Gegenteil. Unter den Fans wird schon länger darüber spekuliert, ob die Blade Runner- und Alien-Filme möglicherweise im selben Universum spielen. In den Filmen gibt es jedenfalls entsprechende Easter Eggs, z.B. ein Androidenmodell in Blade Runner 2049, welches den Konstrukteuren aus Ridley Scotts Prometheus ähnlich sieht. Es liegt daher nahe, dass es sich bei Ashinas abgekürztem Namen ebenfalls um ein Easter Egg handelt. Eine kleine Gegenüberstellung der beiden Franchises gibt es hier.
Inhaltlich hat der Comic den Fans schon mal viel zu bieten und überzeugt durch seine Liebe zu Details. Optisch macht er ebenfalls einiges her. Der Zeichenstil könnte zwar etwas akkurater sein, da manche Striche sehr skizzenhaft wirken. Vor allem im Hintergrund verschwimmt die Optik zuweilen etwas. Der Atmosphäre tut das allerdings keinen Abbruch. Die Perspektiven sind gut getroffen und die Koloration trägt ihr Übriges zu den stimmungsvollen Bildern bei. Licht-, Glanz- und Regeneffekte sind auf hohem Niveau, die Farbpalette reicht von grellen Neonfarben für die Cyberpunkskylines bis hin zu erdig-dreckigen Tönen für die heruntergekommenen Stadtviertel.
Abgerundet wird der Band durch eine Covergalerie mit allen Motivvarianten sowie einigen Konzeptzeichnungen für die Charaktere und Probeseiten von Andrés Guinaldo. Auf Letzteren ist Schritt für Schritt nachvollziehbar, wie aus einer Bleistiftzeichnung eine fertige Comicseite wird, was für angehende Zeichner sicherlich interessant ist. Schlussendlich gibt es noch ein Interview mit dem Künstler und einige Eckdaten zu den Autoren.
Fazit
Abgesehen von einer etwas brutalen Szene zu Beginn, die nicht unbedingt hätte sein müssen, kann der Comic insgesamt überzeugen. Er greift das Thema von Blade Runner auf, ohne den Film zu wiederholen. Eigenständige Charaktere mit entsprechendem Tiefgang und Facettenreichtum tragen einen Großteil dazu bei, dass die Geschichte funktioniert und bis zum Ende spannend bleibt. Als Zugabe gibt es auf den letzten Seiten noch reichlich Bonusmaterial. Für Fans der Filme ein absolutes Muss!
Info
Autoren: Michael Green & Mike Johnson
Zeichner: Andrés Guinaldo
Farben: Marco Lesko
Verlag: Panini
Sonstige Informationen: Produktseite
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Story10/10
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Zeichenstil8/10
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Koloration8/10
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