1954 stapfte Godzilla das erste Mal über die Leinwand.
Reale und nicht reale Inspirationen
Jeder kennt Godzilla: Jene Riesenechse, die sich regelmäßig im Kino mit anderen Monstern duelliert und dabei rings um sich herum alles in Schutt und Asche legt. Dieses Ungeheuer, von der ein Großteil seiner filmischen Abenteuer in Japan gedreht wurden, wird als eine Art Naturgewalt dargestellt. Als etwas, dass sich schwer aufhalten lässt und bei dem man nur von Glück sagen kann, wenn seine Aktionen den Menschen zu Gute kommt.
Dabei kann dieses Ungetüm auf eine lange und erfolgreiche Filmgeschichte zurückblicken. Sein erstes Auftreten geschah nämlich bereits im Jahr 1954, als es das erste Mal Japan malträtierte.
Seine Existenz verdankt Godzilla vor allem zwei Inspirationsquellen. Zum einen dem Panik in New York-Film aus dem Jahr 1953, wo ein Ungeheuer aufgrund der Explosion einer Atombombe aus dem Eis aufgetaut wird und für Chaos sorgt. Zum anderen dem Daigo Fukuryū Maru-Vorfall, bei dem ein japanischer Fischkutter durch den radioaktiven Niederschlag des Kernwaffentests Castle Bravo im März 1954 kontaminiert wurde, was zum Tod der Besatzung führte.
Eine schwere Aufgabe
Erdacht wurde die Figur von dem Produzenten Tomoyuki Tanaka, als er nach einem vergeblichen Versuch, indonesische Visa für eine japanische Filmcrew des Toho-Filmstudios zu organisieren, auf dem Rückflug in seine Heimat war. Dort erstellte er auch eine grobe Planung, die er dem Executive-Produzenten des Studios, Iwao Mori, vorlegte, der die Produktion, wiederum nach Rücksprache mit dem Special Effects Regisseur Eiji Tsuburaya, genehmigte. Die Suche nach einem Regisseur gestaltete sich etwas schwierig, weil viele ablehnten, da ihnen die Idee zu dämlich vorkam. Erst Ishirō Honda erklärte sich dazu bereit, unter anderem, weil er ein enormes wissenschaftliches Interesse hatte und den ernsten Unterton, der für diesen Film vorgesehen war, umsetzen konnte. Kōji Kajita wurde sein Assistent und die beiden sollten in den kommenden Jahren noch mehrere Male zusammenarbeiten.
Das ikonische Aussehen von Godzilla wurde von Teizō Toshimitsu und Akira Watanabe unter Aufsicht von Eiji Tsuburaya entwickelt. Ursprünglich war dieses entweder als wal- oder gorillaartig gedacht, weshalb es auch im Japanischen den Namen Gojira trägt, das sich aus den Wörtern für Wal (Kujira) und Gorilla (Gorira) zusammensetzt. Doch am Ende entschied man sich für ein dinosaurierartiges Aussehen.
Interessanterweise war ursprünglich gedacht, dass das Wesen via Stopmotion animiert werden sollte. Doch dann einigte man sich auf einen Anzug, der in der ersten Version einhundert Kilogramm wog und von realen Schauspielern getragen werden musste. Haruo Nakajima und Katsumi Tezuka wurden aufgrund ihrer Stärke und Ausdauer dafür ausgewählt, die Kreatur zu spielen. Da aber Nakajima bei der ersten Anprobe im Inneren des Kostüms zusammenbrach, eben weil es so steif und unflexibel war, wurde es in zwei Hälften geschnitten. Der Oberkörper wurde dann für Nahaufnahmen hergenommen, derweil für Ganzkörperaufnahmen ein leichteres Kostüm angefertigt wurde. Trotzdem konnte Nakajima dieses nur drei Minuten lang tragen, ehe er das Bewusstsein verlor.
Etwas taucht auf
Akira Takarada wurde in der Hauptrolle als Hideto Ogata gecastet. Für ihn war dies der Durchbruch. Momoko Kōchi übernahm die weibliche Hauptrolle als Emiko Yamane. Akihiko Hirata wurde zum Wissenschaftler Dr. Daisuke Serizawa, derweil der Schauspielveteran Takashi Shimura zu Dr. Kyohei Yamane wurde.
Vor der Küste Japans werden erst mehrere unterschiedliche Schiffe zerstört, ehe ein Fischerdorf durch denselben Auslöser in Mitleidenschaft gezogen wird. Die Überlebenden gehen nach Tokio, um von der Regierung Katastrophenhilfe zu erhalten. Die schicken den Paläontologen Dr. Kyohei Yamane los, der schon bald die Ursache für die Vorkommnisse entdeckt: Ein riesiger Dinosaurier, Godzilla, der durch Wassterstoffbombentestes anscheinend aus einem tiefen Schlummer erweckt wurde.
Die japanische Regierung versucht das Wesen aufzuhalten, es zu töten. Doch es erweist sich gegen die meisten Angriffe als immun. Nur der Wissenschaftler Dr. Daisuke Serizawa hat mit dem Oxygen-Zerstörer eine Möglichkeit entwickelt. Allerdings hält er sein Wissen streng geheim, da er es für zu gefährlich hält, und verpflichtet auch die ihm versprochene Emiko Yamane dazu, ebenfalls stillzuschweigen. Die jedoch zwischen der Treue ihrem Vater, dem Versprechen dem Wissenschaftler gegenüber und ihrer Liebe zu dem Bergungstaucher Hideto Ogata hin- und hergerissen ist.
Gemeinsamkeiten und Unterschiede
Godzilla hat, wie so viele andere langlebige Franchises, im Laufe der Jahre viele verschiedene Interpretationen erfahren. Doch eins ist immer gleich geblieben: Dass im Mittelpunkt des Geschehens eine große, übellaunige Echse stand und steht, die für jede Menge Chaos sorgt.
Es ist dennoch interessant, wenn man sich mit dem Wissen vor allem der letzten Filmauftritte den allerersten Kinofilm anguckt. Man wird auf Gemeinsamkeiten, aber auch signifikante Unterschiede stoßen. Mit letzteren ist übrigens nicht gemeint, dass das 1954er Abenteuer in Schwarz/Weiß gedreht wurde und die modernen Streifen in Farbe. Eher so etwas wie, dass der berühmte atomische Atem hier nicht nur Hitze oder kinetische Eigenschaften besitzt, sondern ebenfalls Cryo.
Eine Gemeinsamkeit ist schon mal, dass der Film sich nicht nur auf Godzilla konzentriert, sondern ebenso den Menschen Raum lässt. Dementsprechend wird ein Großteil der Ereignisse von den Normalsterblichen bestritten, die sich mit etwas auseinandersetzen müssen, was sie bis dahin nicht kannten: nämlich der fleischgewordenen Konsequenz ihrer Experimente mit der Wirkkraft des Atoms.
Ein spärlich auftretender Titelcharakter
Letzteres ist etwas, was man heutzutage nicht mehr kennt und was auch in früheren bzw. je nach Perspektive späteren Werken nicht mehr in dieser Deutlichkeit aufgegriffen wird. Es ist die Tatsache, dass Godzilla eine sichtliche Analogie auf die Gefahren von Atomwaffen und Atomwaffenexperimente ist. Etwas, was im Film vor allem am Ende nochmal explizit betont wird.
Es ist faszinierend, wie spärlich der Titelcharakter im Film eingesetzt wird. Auch dies übrigens eine Gemeinsamkeit mit den modernen Verfilmungen. Er taucht nur sporadisch auf. Doch wenn er zu sehen ist, dann sind die Szenen äußerst effektiv gestaltet und verdeutlichen, was für eine Bedrohung von ihm ausgeht.
Der deutliche Höhepunkt ist sicher, als er in einer mehrminütigen Sequenz Tokio angreift. Es sind beunruhigende Momente, einfach, weil man sieht, wie nicht nur die Infrastruktur in Mitleidenschaft gezogen wird, sondern auch die Menschen unter dem Angriff leiden. Die Bilder, die hier gezeigt werden, erinnern sicherlich nicht von ungefähr an diejenigen, die man aus Hiroshima oder vergleichbaren Städten, die durch Attacken nahezu dem Erdboden gleich gemacht wurden, her kennt. Und auch die Nachwirkungen werden nicht verheimlicht. Man sieht, wie Kinder ihre Mütter verloren haben und die Rettungskräfte am Limit ihrer Kräfte angekommen sind. Auch wird ständig auf Radioaktivität geprüft. Es sind Eindrücke, die einen nicht kalt lassen und einem auch heute noch, nach mehreren Jahrzehnten, in Erinnerung bleiben.
So waren damals die Zeiten
Doch wie erwähnt steht eben nicht nur Godzilla im Mittelpunkt des Geschehens, sondern auch die Menschen. Vor allem die vier Hauptdarsteller Akira Takarada, Momoko Kōchi, Akihiko Hirata und Takashi Shimura bekommen jede Menge erinnerungswürdiger Plots.
Aus heutiger Sicht mag es befremdlich wirken, wie wenig sich Dr. Kyohei Yamane um den Wunsch seiner Tochter Emiko Yamane, Hideto Ogata statt Dr. Daisuke Serizawa zu heiraten, schert. Oder wie servil sie teilweise wirkt. Aber so waren damals die Zeiten bzw. Sehgewohnheiten. Und man muss dem Film auch zugutehalten, dass er ihr jede Menge gute Szenen gibt und sie sogar der Schlüssel fürs Finale ist.
Auch Kyohei Yamane bleibt in bester Erinnerung. Nicht nur, weil die Figur einen strengen Vater darstellt, sondern ebenso, weil glaubhaft rübergebracht wird, wie sehr ihm daran liegt, das Godzilla am Leben bleibt und wie sehr er ahnt, dass ein Angriff auf dieses Wesen nur eine Katastrophe heraufbeschwört. Und trotzdem arbeitet er weiterhin für die Regierung, wider besseren Wissens und Gewissens.
Im Ausland anders
Dr. Daisuke Serizawa ist hingegen ein kleines Highlight. Der Charakter erinnert in seinem Bestreben nach Wissen an bestimmte andere Wissenschaftler. Er weiß, er hat mit dem Oxygen-Destroyer etwas Schreckliches erforscht, dessen Wirkung er im Kleinen getestet hat. Er will verhindern, dass sein Wissen in die falschen Hände gerät. Und ist deshalb sogar bereit, am Ende des Films sein Leben zu opfern.
Hideto Ogata hingegen ist der klassische Filmheld. Er ist kein Wissenschaftler, sondern ein Seefahrer, und damit das komplette Gegenteil zu den anderen Hauptfiguren, und der die Auswirkungen von Godzilla hautnahe miterlebt hat. Interessanterweise ist er jedoch von allen Charakteren derjenige, der am wenigsten Tiefe erhält. Er ist eben „nur“ der Held, sonst aber nichts weiter. Was allerdings auch der einzige Schwachpunkt dieses Films ist.
Die Geschichte von Godzilla wäre nicht komplett, ohne auch noch auf die Adaptionen im Ausland einzugehen. In Amerika wurde der Film unter dem Titel Godzilla, King of Monsters 1956 herausgebracht. Der Kinofilm unterschied sich enorm von der japanischen Urfassung. Er wurde auf 80 Minuten gekürzt, politische Themen rausgeschnitten und neue Szenen mit dem kanadischen Schauspieler Raymond Burr gedreht. Es war diese Version, die für den weltweiten Ruhm sorgte. Die ursprüngliche Fassung wurde erst 2004 in die nordamerikanischen Kinos gebracht. Auch die deutsche Version unterschied sich sehr von der japanischen. Sie war im Vergleich um 12 Minuten gekürzt, enthielt allerdings nicht die neu gedrehten Szenen der amerikanischen Fassung.
In jedem Fall war Godzilla ein weltweiter Erfolg, der schon bald zu einer Fortsetzung führen sollte. Doch dazu in einer entsprechenden Rezension mehr.
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Warpskala
WarpskalaPositiv
- Sehr gut gealtert
- Szene, in der Godzilla Tokio angreift
- Platz für die normalen Charaktere
Negativ
- Hideto Ogata kriegt nicht viel Profil
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