Wer ist die Nemesis?
Ein passender Zeitpunkt
Die Rückkehr der Gefangenen der Parliden sorgt in der noch jungen solaren Republik für viel Chaos. Insbesondere deshalb, weil einige von diesen durch die Jahre der Gefangenschaft schwer traumatisiert sind und Hilfe benötigen, die allerdings aktuell nicht vorhanden ist. Noch schlimmer ist hingegen, dass auch Admiral Michalew, der ja den Umsturz durch Björn Sjöberg überhaupt erst ermöglichte, ebenfalls unter den Befreiten ist. Und schon jetzt ist klar, dass seine Rückkehr die Lage nicht unbedingt mildern wird.
Derweil verhandeln Captain Jayden Cross und einige Diplomaten mit den Zukunftsrebellen. Dabei nutzt der Schiffskommandant der HYPERION die Gelegenheit, um nach einer Möglichkeit zu gucken, Tess Kensington aus den Klauen der Ash’Gul’Kon zu befreien. Und wird in ihrer Vergangenheit fündig.
Das Timing hätte für Andreas Suchanek damals nicht besser sein können. Sein Roman Nemesis, der sich mit einer Flüchtlingskrise beschäftigt, kam damals zu dem Zeitpunkt heraus, als eben eine solche auch in der Realität existiert. Und dementsprechend ist es interessant, wie er mit dem Thema umgeht.
Benötigte Hilfe trifft auf harte Ablehnung
Zunächst macht er klar, dass die meisten der Befreiten Hilfe brauchen. Sie waren lange in ihre Rüstungen eingesperrt, ohne eine Chance, die selber zu kontrollieren. Und nur selten hatten sie die Möglichkeit, zumindest teilweise von diesen befreit zu sein. Das psychologische Trauma, das dies in einem auslöst, beschreibt der Autor anschaulich. Man erfährt von vielen Vorfällen, wo die Befreiten stellenweise durchdrehen, weil es für sie zu viel ist und gleichzeitig ihr Verstand durch die jahrelange Gefangenschaft zerbrochen ist.
Und ebenso beschreibt er in Nemesis die Ablehnung der Befreiten durch die Zivilbevölkerung. Die Gründe dafür sind ebenfalls einfach wie nachvollziehbar. Ein eklatanter Mangel an Platz, Medizin und Personal sowie die Taten der teilweise Durchgedrehten. Dass der Verstand von diesen durch die Jahre der Gefangenschaft zerrüttet ist, wird ignoriert.
Das Schlimme ist, man kann sowohl die Zivilbevölkerung verstehen, wie auch die Befreiten. Und für die Regierenden sowie das Militär ist es keine einfache Situation. Man bemitleidet diese Verantwortlichen nicht, da, egal wofür sie sich entscheiden werden, einer oder jemand leiden wird. Hinzu kommen dann auch noch die gesamten legalen Konsequenzen, die im Laufe der Handlung vorgezeigt werden.
Ein Brandbeschleuniger tritt auf
Und die Ankunft von Michalew? Könnte ein Brandbeschleuniger sein, der eine ohnehin schon explosive Situation noch gefährlicher macht. Vor allem dadurch bedingt, dass er keine Reue zeigt und es geschafft hat, in all der Zeit seinen Verstand zu behalten. Gleichzeitig wird er von den politischen Gegnern der aktuellen Regierung eingespannt und die Leute, die von seinen Untaten wissen, können nichts dagegen machen. Weil sie eben keine Beweise für seine Taten haben.
Außerdem werden in Nemesis immer wieder Rückblenden eingebaut, die schildern, wie Admiral Michalew die Gefangenschaft der Parliden bei halbwegs heilem Verstand überstanden hat. Es gibt hier jede Menge interessante Sachen, die man erfährt und die die Parliden näher beleuchten. Gleichzeitig hinterlässt es allerdings auch einen gewissen … Beigeschmack, dass alle anderen Gefangenen so stark mit den Konsequenzen zu kämpfen haben und er das relativ glimpflich überlebt habt. Hier merkt man deutlich, dass der Autor wohl noch etwas mit der Figur vor hat.
Was man bei dieser Handlungsebene nur hoffen kann, ist, dass Andreas Suchanek sich nicht zu viel Zeit lässt, sie weiterzuentwickeln und zu einem befriedigenden Abschluss zu bringen. Dass er schon bald beschreibt, ob es den politischen Gegnern der jungen Republik wirklich gelingt, ihre perfiden Pläne in die Tat umzusetzen und ob sich der Admiral wirklich von denen vor den Karren spannen lässt. Denn leider zeigt Nemesis auch, was geschieht, wenn der Autor sich zu viel Zeit lässt, eine von ihm eingeführte Fraktion regelmäßig auszubauen.
Zu lange vernachlässigt
Der andere große Plot von dem Roman widmet sich dem diplomatischen Besuch bei den Zukunftsrebellen. Und auch wenn der Autor hier gleich mehrere interessante Szenen einbaut, spürt man leider ebenfalls, dass diese Fraktion viel zu lange sträflichst vernachlässigt worden ist. Sie sind einem egal, so dass selbst ein heldenhafter Tod einen kalt lässt. Man merkt hier einfach, dass Andreas Suchanek sich bei diesen verzettelt hat.
Nemesis ist immer noch ein sehr guter Roman. Doch gleichzeitig kann der zweite Hauptlot nicht überzeugen.
Bewertung 11/15
Autor: Andreas Suchanek
Titel: Heliosphere 2265 28: Nemesis
Teil/Band der Reihe: Heliosphere 2265 28
Verlag: Greenlight Press
Erschienen: 05/2015
Einband: eBook
Seiten: 105
ISBN: 978-3-958340-89-3
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