Kirk kehrt von den Toten zurück … mal wieder.

Feuertaufe Der Leitstern der verirrten

Keine Totenruhe für Kirk

Der Kirk-Band der Feuertaufe-Reihe beginnt mit dem Finale von Star Trek: Treffen der Generationen. Kirk stirbt und wird sogleich wiederbelebt. Kommt einem das irgendwie bekannt vor? Mit Sicherheit, denn William Shatner himself hat sein Alter Ego bereits im Roman Die Rückkehr wiederbelebt, um ihn auf neue Abenteuerreisen zu schicken – eine absurder als die andere. Allein die Umstände der Wiederbelebung sind dabei hanebüchen, denn die Romulaner verbünden sich mit den Borg, welche Kirk aus dem Grab holen, um ihn als Waffe gegen die Föderation einzusetzen.

Die Umstände in Der Leitstern des Verirrten sind ähnlich an den Haaren herbeigezogen. Kirk findet sich kurz nach seinem Ableben im Nexus wieder, was ja an und für sich noch logisch gewesen wäre, wenn man voraussetzt, dass der Nexus eine Brücke ins Jenseits darstellt. Die Parallelen zu Nahtoderfahrungen sind immerhin überdeutlich. Nachdem Kirk schon mal in physischer Form dort war, könnte er also nun als reine Seele an diesen Ort zurückgekehrt sein. Das wäre ein interessanter Plot gewesen, doch leider wird diese Karte überhaupt nicht ausgespielt.

Stattdessen ist Kirk erneut ganz physisch in den Nexus gezogen worden, wo sein tödlich verletzter Körper plötzlich reanimiert ist. Wie das passieren konnte, wird nicht erklärt. Immerhin muss man direkt in den Nexus hinein, wenn man ihn auf materieller Ebene betreten möchte. Doch da Kirk zusammen mit Picard verhindert hat, dass der Nexus auf Veridian IV trifft, konnte er nicht erneut mit ihm in Berührung geraten. Und das ist nur die erste himmelschreiende Logiklücke.

Die nächste lässt nicht lange auf sich warten, denn im Nexus muss Kirk mit ansehen, wie das Veridian-System erneut zerstört wird. Diesmal nicht durch Dr. Sorans Trilithiumrakete, sondern durch einen Zeitschleifeneffekt, den Kirk höchstpersönlich ausgelöst hat. Bei seinen zahlreichen Zeitreisen hat er nämlich jede Menge Chronotonpartikel angesammelt und die haben beim Kontakt mit dem Nexus das halbe Universum ausgelöscht. Wieso, warum, weshalb? Weil der Autor einen Aufhänger braucht, damit Kirk einmal mehr das Universum retten kann.

Der Grundplot des Romans ergibt überhaupt keinen Sinn. Es fehlt nicht nur jede Erklärung für das Geschehene, dieses widerspricht auch gleich noch dem gesamten siebten Kinofilm. Wenn nämlich Chronotonpartikel beim Kontakt mit dem Nexus eine Katastrophe auslösen, hätte das gleich geschehen müssen, als Kirk von der Enterprise-B in den Nexus gerissen wurde. Stattdessen hatte er dort eine schöne, wenn auch kurze Zeit(losigkeit) und kehrte mit Picard ins materielle Universum zurück, um Soran zu stoppen. Dies gelang bekanntlich auch, ohne dass Kirk beim Verlassen des Nexus einen Kataklysmus ausgelöst hat. Wo kommt der jetzt also plötzlich her? Ach ja, der Autor hat ihn sich aus den Fingern gesaugt.

Kirk 2 = ???

Wie könnte Kirk die kataklysmische Zeitschleife nun verhindern? Er kann den Nexus schließlich nicht verlassen, ohne an seinen Verletzungen zu sterben. Klar ist das wieder von vorne bis hinten unlogisch, denn zum einen ist er ja bereits an seinen Verletzungen gestorben und zum anderen darf er mit seiner Chronotonbelastung eigentlich gar nicht im Nexus bleiben. Die Lösung setzt dem Fass dann aber die Krone auf: Er schickt einfach das Echo von seinem letzten Besuch im Nexus.

Wir erinnern uns: Guinan konnte im Nexus mit Captain Picard Kontakt aufnehmen, weil sie einst an Bord der Lakul in das Energieband geraten war. Sie konnte den Nexus jedoch kein zweites Mal verlassen. Demnach dürfte auch Kirks Echo keine materielle Form annehmen können. Und überhaupt ist es hanebüchen, dass Kirk im Nexus auf sein eigenes Echo trifft, denn er ist ja schließlich wieder dort. Mag sein, dass man im Nexus auf sein Leben zurückblicken kann, so wie bei einer Nahtoderfahrung der Lebensfilm vor einem abläuft. Das ist jedoch eine andere Ebene als die, auf der man sich im Jenseits bewegt.

Der Autor ignoriert hier nicht nur die Parallelen zu Nahtodberichten, sondern auch den Star Trek-Kanon, der es explizit verbietet, dass ein Echo den Nexus verlassen kann. Damit ist alles, was folgt, absoluter Murks. Das wäre es allerdings auch ohne derartige Logiklücken, denn warum schickt Kirk sich selbst ausgerechnet in eine Zeit vor fünf Milliarden Jahren zum Hüter der Ewigkeit? Okay, die Klingonen haben ihn scheinbar bei einer weiteren Mission der Enterprise zerstört, aber das stellt sich am Ende als Trugschluss heraus.

Jedenfalls lässt Kirk sich vom Zeitportal sein eigenes Leben zeigen und tritt wenige Tage vor dem Stapellauf der Enterprise-B hindurch, um den Kontakt seines früheren Ichs mit dem Nexus zu verhindern. Das hätte er auch gleich haben können. Ebenso inkonsequent ist es, dass er sein früheres Ich damit beauftragt, den Hüter der Ewigkeit aufzusuchen, um ins Jahr 2371 zu reisen und dort Picard zu helfen, Sorans Pläne zu vereiteln, um das Veridian-System zu retten. Warum macht er das nicht selbst? Immerhin weiß die zukünftige Version über alles Bescheid, während er sein früheres Ich erst briefen muss.

Diese Version seiner selbst wundert sich, dass sich sein zukünftiges Ich scheinbar aufgelöst hat, während dessen Botschaft noch vorhanden ist. Die hätte ja schließlich ebenfalls verschwinden müssen, wenn sich die Zeitlinie geändert hat. Zum Glück hat sich der Autor hier für das Modell der alternativen Zeitlinien entschieden, in denen es durchaus mehrere Versionen von Kirk parallel geben kann. Die zukünftige Version ist einfach nur untergetaucht, so dass gleich zwei Kirks neue Abenteuer erleben können – einer im ausgehenden 23. Jahrhundert und der andere im 24. Jahrhundert.

Wirklich blöd ist dabei nur, dass durch Kirks Eingreifen demnach eine weitere alternative Zeitlinie entstehen müsste. Und das ist genau genommen sogar schon die dritte Zeitlinie! Im ursprünglichen Zeitverlauf wurde nämlich das Veridian-System zerstört, sodass Soran und Picard im Nexus gelandet sind. Indem Picard mit Kirk den Nexus verlassen hat, wurde bereits eine alternative Zeitlinie erzeugt. Dabei hätte man es ruhig belassen können, aber nun gibt es eine neue Version, in der Picard nie im Nexus war und ein zeitreisender Kirk ihm hilft, Soran zu besiegen. Damit wird die komplette Handlung des Kinofilms mal eben über den Haufen geworfen.

Edith Keeler vs. Antonia

Wäre da nicht der unsinnige Zeitreiseplot, hätte aus dem Roman eine durchaus interessante Charakterstudie werden können. Im Nexus erlebt Kirk nämlich noch einmal die schönsten Stunden mit seiner geliebten Antonia. Dies ermöglicht tiefere Einblicke in ihre Beziehung, die im Kinofilm etwas aus der Luft gegriffen wirkt, da Kirk genügend andere Romanzen hatte, auf welche Treffen der Generationen hätte Bezug nehmen können. In Feuertaufe ist nun zu erfahren, wie sich die beiden kennengelernt haben und warum ihre Beziehung scheitern musste.

Leider macht der Autor auch dabei einen grundlegenden Fehler, indem er zwanghaft einen Bezug zu seiner Lieblingsepisode Griff in die Geschichte (TOS) konstruiert. Demnach war Edith Keeler die einzig wahre, große Liebe für Kirk, der er seit ihrem tragischen Ableben stets und ständig hinterher schmachtet. Klar war es für Jim eine bittere Pille, eine Frau, für die er etwas empfunden hat, sterben lassen zu müssen. Doch bereits in der Classic-Serie wirkte es durchaus so, dass er dieses Erlebnis überwunden hat.

In Der Leitstern des Verirrten wirkt es nun so, als hätte Kirk nie zuvor und ebenso nie danach wirklich Liebe für eine andere Frau empfunden, einschließlich für Carol Marcus, mit der er immerhin einen Sohn hatte. Oder Rayna aus Planet der Unsterblichen, nach deren Verlust Spock ihn sogar per Gedankenverschmelzung die Erinnerung genommen hat, um seinen Freund nicht unnötig leiden zu lassen. Mit Ausnahme von Antonia wird neben Edith Keeler keine andere von Kirks Romanzen auch nur erwähnt, als wären sie für ihn allesamt bedeutungslos.

Antonia wirkt indessen nur wie ein Trostpflaster, weshalb es Jim nicht weiter schwerfällt, sie für die Sternenflotte zu verlassen. Das sah in Treffen der Generationen allerdings noch komplett anders aus. Dort hat er es zutiefst bereut, sie verlassen zu haben. Sogar so sehr, dass es gleich das Erste war, was er im Nexus korrigieren wollte. Sie muss ihm also durchaus viel bedeutet haben. Wenn ihm dagegen einzig und allein Edith Keeler wirklich etwas bedeutet hat, warum ist er im Nexus dann nicht sofort bei ihr gelandet?

Der Autor biegt sich hier alles so zurecht, wie es ihm passt, und gibt dabei im Nachwort auch noch offen zu, dass Griff in die Geschichte seine Lieblingsepisode ist. Warum nur benutzt er sie dann, um den restlichen Star Trek-Kanon komplett umzudeuten? Das ist doch eigentlich kein respektvoller Umgang mit Harlan Ellisons Erbe. Aber das war ja schon im Spock-Band der Feuertaufe-Reihe ein Problem, in welchem dem Vulkanier ein Trauma in Bezug auf den Tod von Edith Keeler angedichtet worden ist, welches Ursache für sein Kolinahr gewesen sein soll.

Wie es scheint, ist der Autor total auf eben diese eine Folge der Classic-Serie fixiert und spinnt das gesamte Star Trek-Universum völlig neu darum herum. Zumindest gewinnt man diesen Eindruck, wenn man sich das Nachwort durchliest. In diesem setzt er obendrein noch bei der Szene aus Star Trek V: Am Rande des Universums, in der McCoy seinem Vater das Sterben erleichtert, Sterbehilfe mit Hilfe beim Suizid gleich, was aber keineswegs dasselbe ist. Doch das nur so am Rande.

Was sonst noch so passiert

Im Nexus ringt James T. Kirk nicht nur mit seinen Gefühlen und sich selbst, sondern blickt völlig zusammenhangslos auf Szenen seiner Sternenflottenkarriere zurück. Darunter ein Überfall der Tholianer auf eine Sternenflotteneinrichtung, der überhaupt nichts zur Handlung beiträgt. Ebenso überflüssig ist der klingonische Kamikazeangriff auf den Hüter der Ewigkeit durch Captain Korax, der das Kommando über die I.K.S. Gr’oth von Koloth übernommen hat. Das Einzige, was diese Szene bringt, ist ein sinnloser Tod für Korax.

Lediglich die Verwertung einer geschnitten Szene aus Treffen der Generationen, in der Kirk einen Spacejump auf die Erde macht, wo er am Zielort von Scotty und Chekov abgeholt wird, ist durchaus interessant. Diese Szene wurde tatsächlich gefilmt, hat es aber nicht in den Kinofilm geschafft. Da sie allerdings schon Eingang in den Roman zu Treffen der Generationen gefunden hat, wirkt auch dies mehr wie eine Wiederholung von Altbekanntem.

Fazit: Der Leitstern des Verwirrten

Es fällt schwer, diesem Buch überhaupt etwas Gutes abzugewinnen. Zum einen, weil das siebte Kinoabenteuer darin völlig ad absurdum geführt wird, zum anderen, weil die Story in sich vollkommen unlogisch und hanebüchen ist. Das trifft sowohl auf die konstruierte Zeitschleife als auch auf Kirks Gefühlsleben zu. Hier passt wirklich gar nichts zusammen. Es wäre besser gewesen, Kirk in Frieden ruhen zu lassen. Er hatte einen würdigen Abgang und es definitiv nicht verdient, wieder ausgebuddelt zu werden – weder von William Shatner, noch von den Borg oder irgendwas mit Chronotonen.

Info

Autor: David R. George III
Titel: Feuertaufe: Kirk – Der Leitstern des Verirrten
Teil/Band der Reihe: Star Trek – Feuertaufe
Verlag: Cross Cult
Erschienen: 23. 5. 2012
Einband: Taschenbuch
Seiten: 268
ISBN: 9783942649537
Sonstige Informationen: Produktseite

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