In X-Men: Erste Entscheidung wird die bekannte Filmreihe neu gestartet.
Pläne zur Wiederbelebung
2011 waren fünf Jahre vergangen, seitdem mit X-Men: Der letzte Widerstand die X-Men-Filmreihe vorzeitig endete. Denn auch, wenn der Film an den Kinokassen durchaus erfolgreich war, war er im Vergleich nicht so erfolgreich wie seine Vorgänger. Wobei die Reihe nicht völlig tot war. Mit X-Men Origins: Wolverine wurde 2009 ein Spin-off produziert, der allerdings in jederlei Hinsicht enttäuschte.
Doch wie es oft bei großen und überwiegend auch erfolgsgekrönten Franchises so ist, komplett tot sind sie nie. Und so überlegte Produzentin Lauren Shuler Donner schon während der Dreharbeiten zu X-Men 2, einen Film zu drehen, der sich auf die jungen X-Men fokussieren sollte. Der Gedanke wurde nach X-Men: Der letzte Widerstand wieder aufgenommen, und Drehbuchautor Zak Penn, der bereits am Skript zu dem eben genannten Film mitarbeitete, machte sich daran, die ersten Konzepte zu dem späteren X-Men: Erste Entscheidung niederzuschreiben.
Zu derselben Zeit versuchte 20th Century Fox, die die Filmrechte an Marvels Mutanten besaßen, einen Film auf die Beine zu stellen, der den Ursprung von Magneto, dem Erzfeind der X-Men, behandeln sollte. Doch aus diversen Gründen wurde daraus nichts und nach einer Zeit in der Development Hell wurde das Projekt eingestellt. Jedoch sollte die Arbeit nicht komplett umsonst gewesen sein, da Elemente für den späteren X-Men-Film genutzt werden sollten.
Jede Menge Drehbuchautoren
Simon Kinberg, einer der Produzenten des Films, las zu jener Zeit die Comicreihe X-Men: First Class, die zur Gründungszeit der X-Men stattfand und dort neue Abenteuer erzählte. Davon inspiriert schlug er Fox vor, einen Film, basierend auf der Reihe, zu produzieren, wobei sie sich nicht allzu sklavisch an die Vorlage halten sollten. Denn Kinberg meinte, dass sie zu ähnlich zu den Twilight-Filmen und denen von Regisseur John Hughes waren. Die Dreharbeiten zu X-Men: Erste Entscheidung sollten dann anfangen, wenn X-Men Origins: Magneto erfolgreich sein sollte. Zumindest war das die ursprüngliche Idee.
Und während man darauf wartete, dass Magneto endlich gedreht werden würde, wurde parallel dazu 2008 Josh Schwartz angeheuert, ein Skript für die andere Comicverfilmung zu schreiben. Er war auch für die Regie im Gespräch, lehnte allerdings ab. 2009 wurde Bryan Singer angesprochen, der bereits bei X-Men und X-Men 2 auf dem Stuhl des Filmemachers saß, der die Arbeit von Schwartz ablehnte und stattdessen sein eigenes Treatment verfasste, welches Jamie Moss in ein Drehbuch umwandelte.
Er sollte allerdings nicht der Einzige sein, der am Skript für X-Men: Erste Entscheidung saß. Auch Ashley Edward Miller und Zack Stents stießen hinzu und überarbeiten das Drehbuch. Parallel dazu wurde bekannt, dass X-Men Origins: Magneto nicht gedreht werden würde, derweil erste Storydetails zu dem neuen X-Men-Film verbreitet wurden. Der Film sollte in den 1960er Jahren spielen und sowohl Magneto wie auch Charles Xavier sollten sich in ihren 20er Lebensjahren befinden. 2010 verließ Bryan Singer den Stuhl des Regisseurs, weil er verpflichtet war, Jack the Giant Killer zu verfilmen. Er wurde stattdessen Produzent.
Doch es sollte nicht lange dauern, bis Ersatz gefunden wurde. Matthew Vaughn, der bereits zu X-Men: Der letzte Widerstand Regie führen sollte, dann aber unter anderem wegen dem Zeitdruck des zu nahen Kinoreleases absagte, wurde angesprochen. Und auf Grund seiner Arbeit an der Superheldensatire Kick-Ass erhielt er den Job.
Ein Film, der drei Filme gleichzeitig ist
Er machte sich dann auch gemeinsam mit seiner Partnerin beim Drehbuchschreiben, Jane Goldman, daran, das Skript zu überarbeiten. Es wurden neue Charaktere hinzugefügt und die Dynamik bereits vorhandener Figuren geändert. Ebenso wurden einige Szenen überarbeitet oder entfernt, da sie einfach nicht mehr funktionierten. Für den Autor war dies die Erfüllung eines Wunschtraums, weil er sowohl an einem X-Men-Film, als auch einem James-Bond-Film und einem John-Frankenheimer-Politikthriller gleichzeitig arbeiten konnte. Klar war jedoch auch, dass der Kinofilm zwar einerseits ein Prequel zu der ursprünglichen Filmtrilogie sein sollte, aber ebenso auf eigenen Füßen ohne Bezug zu den früheren Kinofilmen stehen sollte.
Der Cast von X-Men: Der letzte Widerstand kann sich sehen lassen. In den Hauptrollen wurde der Schotte James McAvoy als Charles Xavier und der Deutsch-Ire Michael Fassbender als Erik Lehnsherr gecastet. Die Australierin Rose Byrne erhielt den Zuschlag für die Figur der CIA-Agentin Moira McTaggert, derweil Jennifer Lawrence als Raven/Mystique zu sehen sein sollte. Die ursprüngliche Darstellerin der Figur aus der allerersten Filmtrilogie, Rebecca Romijn, hat übrigens in dem Film einen Cameoauftritt. January Jones wurde als die Mutantin Emma Frost gecastet, derweil Nicholas Hoult die Rolle von Hank McCoy, dem Beast, erhielt. Oliver Platt wurde zu dem Mann im schwarzen Anzug, dem CIA-Anführer von Division X, Jason Flemyng als der sich teleportierende Mutant Azazel, Lucas Till zu Alex Summers aka Havok und Edi Gathegi zu dem sich anpassenden Mutanten Armando Muñoz aka Darwin. Niemand Geringeres als Kevin Bacon wurde zu dem primären Antagonisten des Films, Sebastian Shaw, einem ehemaligen Naziwissenschaftler und Anführer des Hellfire Clubs. Abgerundet wurde der Cast durch Caleb Landry Jones als Sean Cassidy/Banshee, Zoë Kravitz als Angel Salvadore und Álex González als der stumme Janos Quested / Riptide.
Ein Brett von Film
1944 muss der junge Mutant Erik Lehnsherr miterleben, wie der Nazi Klaus Schmidt seine Mutter tötet, um seine Kräfte zu wecken. Parallel dazu trifft ein junger Charles Xavier die sich verwandelnde Raven und lädt sie ein, bei ihm zu leben.
1962 sind alle erwachsen geworden. Erik Lehnsherr jagt Nazis und versucht, vor allem den sich nun Sebastian Shaw nennenden Schmidt zu finden. Derweil wird Charles Xavier in Oxford zum Professor und die CIA-Agentin Moira MacTaggert kommt Shaw auf die Spur, der den Hellfire Club mit anderen Mutanten gegründet hat und gezielt amerikanische Generäle korrumpieren will.
Moira befragt deshalb später Charles Xavier und bringt ihn und Raven zur CIA, wo die Division X gegründet wird. Xavier rettet kurz darauf Erik Lehnsherr, als er bei dem Versuch, Sebastian Shaw zu töten, beinahe ums Leben kommt. Gemeinsam mit ihm rekrutiert er weitere Mutanten. Doch schon bald zeigt sich, dass die noch jungen Menschen jede Menge Training brauchen, um gegen den Hellfire Club bestehen zu können. Und dann sind da noch die unterschiedlichen Ansichten von Charles und Erik, was die Zusammenarbeit zwischen Mensch und Mutant angeht.
X-Men: Erste Entscheidung ist ein Brett von Film. Nach den beiden letzten enttäuschenden Mutantenverfilmungen reicht er gefühlt locker an das Niveau von X-Men 2 heran. Er hat zwar seine Schwächen. Aber die sorgen am Ende nicht dafür, dass der positive Gesamteindruck des Films zu sehr getrübt wird.
Eine wunderbare Freundschaft, mit absehbaren Ende
Dabei versucht Matthew Vaughn, innerhalb von 132 Minuten Laufzeit einiges zu erzählen. Er stellt eine Welt in den frühen 1960er Jahren dar, die aus den Fugen gerät. Vor dem Hintergrund der legendären Kubakrise zwischen den USA und der Sowjetunion erlebt man, wie eine Gruppe idealistischer Menschen aufbricht, eben die Welt zu verbessern. Und dann am Ende an der Realität scheitert bzw. einsieht, dass sie ihre Ziele so nicht erreichen kann.
Getragen wird X-Men: Erste Entscheidung vor allem von den beiden Hauptdarstellern. Auf der einen Seite hat man den idealistischen Charles Xavier, der an das Gute im Menschen glaubt und unnötiges Blutvergießen vermeiden möchte. Seine Euphorie darüber, wenn er andere Mutanten entdeckt, ist ergreifend. Auf der anderen Seite hat man Erik Lehnsherr, der auf Grund seiner Herkunft deutlich zynischer unterwegs ist und die Dinge längst nicht so euphorisch sieht wie sein Freund. Die Freundschaft der beiden wird hervorragend dargestellt. Beide wissen um die philosophischen Unterschiede, arbeiten allerdings über weite Teile des Films zusammen, weil sie an eine für die Mutanten positive Zukunft glauben. Was den Bruch, der ja kommen muss, am Ende des Films umso härter macht.
Ihre jeweiligen Ansichten treten auch zu Tage, wenn es um die Kräfte angeht. Vor allem bei Raven zeigt sich dies. Für Charles ist sie eine Art jüngere Schwester, die er bevormundet und dazu animiert, ihr wirkliches Aussehen zu verstecken. Erik hingegen vertritt die Ansicht, dass sie nichts verstecken muss, sondern zu dem stehen sollte, was sie ist. Über weite Teile des Films sieht man daher auch, wie sie zwischen beiden hin- und hergerissen ist, ehe sie dann eine Entscheidung trifft, wessen Ideologie sie folgt. Fans der allerersten Trilogie wissen natürlich, für wen sie sich entscheiden wird.
Ein gefährlicher Playboy
Doch auch die Beziehung zwischen Raven und Hank wird in X-Men: Erste Entscheidung thematisiert. Es ist klar, dass er für sie einiges empfindet und dass er ihr helfen möchte, was sogar so weit geht, dass er ein „Heilmittel“ für ihre Mutation entwickelt. Allerdings zeigen sich hier deutliche Differenzen, was ihre Ansichten angeht, die dann auch für später wichtig werden. Denn Raven erwidert Hanks Liebe nicht, sondern sieht ihn eher als einen sehr guten Freund und möchte sich außerdem nicht heilen lassen. Was für den Wissenschaftler, der seine Mutation versteckt hat, nicht nachvollziehbar ist und zu drastischen Konsequenzen führt.
Auch Moira MacTaggart muss in dieser Figurenkonstellation genannt werden. Sie ist in der Gruppe die einzige Nicht-Mutantin, was sie aber nicht davon abhält, den Mutanten zu helfen. Sie selbst ist ja ebenfalls ein Außenseiter, da sie in den frühen 1960er Jahren als Agentin unter besonderer Beobachtung steht.
Auf der Antagonistenseite hat man Sebastian Shaw. Über weite Teile läuft sein Plot parallel zu denen von den anderen. Dabei wird der Charakter in X-Men: Erste Entscheidung von Kevin Bacon mit spürbaren Vergnügen dargestellt. Er wird als jemand dargestellt, für den andere nur ein Werkzeug sind und der dementsprechend Personen wie Spielfiguren hin und herschiebt. Ihm geht es einzig und allein um sein persönliches Ziel, dem er alles unterordnet. Dabei wirkt er teilweise wie ein Hugh Heffner, der Gründer des Playboy-Magazins, auf Steroiden.
All diesen Figuren ist gemein, dass sie in dem Film am meisten charakterisiert und ausgebaut werden. Sie wirken am nachvollziehbarsten. Es gibt dann noch eine zweite Riege an Charakteren, bei der nur die allernötigste Charakterisierung geleistet wird. Emma Frost ist dabei eine Figur, die zwischen beiden Riegen steht. Sie wird deutlich besser dargestellt, als ihre anderen Hellfire-Club-Kollegen. Aber gleichzeitig wirkt sie über weite Teile wie eine bessere Handlangerin von Sebastian Shaw, die zwar erhebliche Intelligenz aufweist. Ansonsten allerdings nur wenig Selbstständigkeit besitzt. Sie ist kühl und fast immer in Kontrolle der Situation.
Dass die anderen Figuren, wie Riptide, Havok oder Banshee, nur die allernötigste Charakterisierung erfahren, liegt daran, dass der Film eben nur eine begrenzte Laufzeit hat und der Cast äußerst umfangreich ist. Unter diesen Umständen ist es dennoch beeindruckend, dass von diesen Charakteren der zweiten Reihe fast alle in X-Men: Erste Entscheidung ein paar kleine Charaktermomente erhalten, in denen sie sich ein wenig weiterentwickeln können.
Das Setting gut genutzt
Wenn man sich an Matthew Vaughns Euphorie darüber, dass er mit einem Film gleich viele weitere Filme auf ein Mal drehen konnte, erinnert, dann macht sich dies wirklich bemerkbar, ohne dass es dem Kinofilm dabei schadet. Im Gegenteil: Der Regisseur nutzt die verschiedenen Einflüsse, um einen exzellenten, spannenden und unterhaltsamen Film zu drehen. Hierbei nutzt er das Setting der 1960er Jahre, um beispielsweise Moira MacTaggart in Unterwäsche undercover gehen zu lassen. Es lässt sie sexy wirken, ohne aber ihren Charakter herabzuwürdigen. Vielmehr betont es ihre Intelligenz und Geistesgegenwärtigkeit, die Lage auszunutzen. Doch auch das politische Geschehen, die Kubakrise, wird als Steinbruch für die Story genutzt, um sie mit spannenden Elementen anzureichern. Dabei kommen vor allem die Entscheidungsträger nicht sonderlich gut weg, da sie den Hass und die Furcht vor den Mutanten verkörpern.
Kleinere Schwächen
Es ist allerdings nicht alles Gold, was in X-Men: Erste Entscheidung glänzt. So wird mit Armando Muñoz ein Mutant mit einer interessanten Fähigkeit eingeführt, der dann bei der ersten Feindbegegnung zwischen dem Hellfire Club und den anderen Mutanten das Zeitliche segnen darf. Das ist oberflächlich gesehen natürlich nicht verkehrt, da es klar macht, dass in dieser Auseinandersetzung wirklich alles geschehen kann. Aber verkehrt ist es dann, wenn man sich näher damit beschäftigt und man erkennt, dass er der einzige Farbige in einem Team ist, das sich ansonsten aus Weißen oder Latinoamerikanern zusammensetzt, wodurch sein Ableben ein gewisses Geschmäckle kriegt.
Und man muss einige Special Effects kritisieren. Emma Frost in ihrer Diamantengestalt wirkt nicht immer glaubwürdig. Und wenn Nicholas Hoult Beast sein markantes animalisches Aussehen erhält, wirkt dies extrem künstlich und unglaubwürdig. Vor allem, wenn man ihn mit Kelsey Grammers Look in X-Men: Der letzte Widerstand vergleicht.
Doch am Ende ist das Jammern auf hohem Niveau. Denn X-Men: Erste Entscheidung ist ein erstklassiger und unterhaltsamer Film, sowie der Auftakt zu einer neuen Filmreihe an X-Men-Abenteuern.
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