Mit diesem Film wird eine neue Ecke des Marvel Cinematic Universe näher vorgestellt.
Magie kommt ins Spiel
Eines konnte man Marvel Studios während der zweiten und dritten Phase ihres Filmuniversums nicht vorwerfen: Dass sie mutlos waren. Im Gegenteil: Sie wagten sich wiederholt in Ecken vor, die zuvor bestenfalls nur gestreift worden waren. Mit den Guardians of the Galaxy ging es in den Kosmos, mit Ant-Man ins Kleine, derweil sie in Civil War Held auf Held kollidieren ließen und dabei gleichzeitig auch den beliebten Marvel Comics-Helden überhaupt im MCU einführten. Stellte sich natürlich die Frage, wohin es als Nächstes gehen würde?
Die Antwort sollte Doctor Strange liefern. Die Figur war schon immer einer der Repräsentanten der mystischen, der übernatürlichen Seite der Marvel Comics, wo er häufig den Titel „Sorcerer Supreme“, also oberster Zauberer hielt. Seine ersten Geschichten waren dabei vor allem von den psychedelischen Illustrationen Steve Ditkos geprägt, dem Künstler, der gemeinsam mit Stan Lee Spider-Man erfand.
Die Idee, Marvels obersten Magier zu verfilmen existierte bereits schon seit Längerem. Sie entstand ursprünglich 1986, als New World Pictures einen Film basierend auf der Figur entwickeln sollte. Bob Gale (Zurück in die Zukunft) sollte das Drehbuch schreiben, doch daraus wurde nichts.
Wenn selbst Prominente zu keinem Film führen
Und so wurden die Filmrechte im Laufe der Jahre immer wieder weiterverkauft. Es gab wiederholt neue Ideen und Ansätze. Eine mit durchaus prominenten Namen war sicherlich die von 2007, als Neil Gaiman (The Sandman) und Guillermo del Toro (Hellboy) einen Vorschlag machten. Neil Gaiman war zu dieser Zeit bereits ein weltberühmter Autor, derweil del Toro schon einige Kinohits gedreht hatte. Ihr Ansatz war, dass die Story in den späteren 1920ern, frühen 1930er Jahren stattfinden sollte, mit einem alkoholabhängigen Stephen Strange. Neil Gaiman wollte außerdem auch Clea, die Langzeitgeliebte von Doctor Strange in den Comics, einbauen. Aber Marvel Studio lehnte diese Idee ab.
Letzten Endes kam Bewegung in das Filmprojekt, als im Januar 2013 Kevin Feige bestätigte, dass Doctor Strange irgendwie Teil der dritten MCU-Filmphase werden würde. Im Mai bekräftigte er, dass das ein Film werden würde und im Juni 2014 wurde der Horrorfilmregisseur Scott Derrickson (Sinister) gewählt, um Regie zu führen.
Scott Derrickson wollte diesen Posten so sehr, dass er vorher auf eigene Kosten eine zwölfseitige Szene schrieb, die einen Kampf zwischen Strange und Angreifern auf der Astralebene schilderte, derweil sein realer Körper in einem Krankenhaus versorgt wurde. Er hatte diese Sequenz auf den Comic Doctor Strange: The Oath basiert und hatte sie mit eigenen Illustrationen, denen von professionellen Künstlern und das alles animiert. Es hatte ihn, so seine eigene Aussage, eine ganze Stange an Geld gekostet. Doch sorgte dies dafür, dass er am Ende Regisseur werden konnte und Marvel Studios sein Storyboard kaufte und für den Dreh verwendete.
Wenn schließlich der Wunschschauspieler zusagt
Nun ist ein Superheldenfilm eine völlig andere Nummer als ein Horrorfilm, doch das für den Regisseur kein Problem. Er meinte sogar, dass es angenehm war, mal an etwas Positivem zu arbeiten. Wobei er aber auch einige Ähnlichkeiten wegen der fantastischen Natur des Films fand. Er wollte außerdem einige hochkalibrige Schauspieler für den Film haben. Seinen Wunsch sollte er erfüllt kriegen.
Wobei es einige Probleme gab, die Titelrolle zu füllen. Scott Derrickson, Marvel, die Medien und die Fans wollten unbedingt Benedict Cumberbatch dafür haben, doch der musste am Ende absagen, weil er zum anvisierten Drehtermin andere Verpflichtungen hatte. Weshalb Marvel sich nach anderen Darstellern umguckte. Man hatte unter anderem Tom Hardy, Keanu Reeves oder Joaquin Phoenix auf der Liste der potentiellen Namen. Letzterer sagte jedoch ab, da er meinte, dass die Arbeit an einem Blockbusterfilm zu viele Voraussetzungen haben würde, die gegen seinen Instinkt für die Figur, die er darstellen würde, gehen würden.
So richtig schien man die Suche nach einem Ersatz jedoch nicht wirklich ernsthaft zu betreiben. Denn immer wieder horchte man bei Benedict Cumberbatch vor, ob er nicht doch bereit sei, die Titelrolle zu übernehmen. Und nachdem man schließlich ihm zuliebe den Release auf November 2016 verschoben hatte, war er auch bereit, zu akzeptieren.
Jede Menge prominente Namen
Scott Derrickson blieb unterdessen nicht untätig. Er arbeitete derweil am Skript. Dies tat er mit C. Robert Cargill, mit dem er bereits an Sinister gemeinsam das Drehbuch schrieb. Jon Spaihts (Prometheus) und Kevin Feige sollten ebenfalls daran mitwirken, das Skript rechtzeitig fertigzustellen. Inspirationsvorlage war dabei nicht nur Doctor Strange: The Oath, sondern ebenso die 1980er Graphic Novel Doctor Strange: Into Shamballa.
Was das Casting angeht, so sollte auch dort Scott Derricksons Wünsche erfüllte werden. Denn es sollten einige Schauspieler bei dem Film mitmachen, die bereits damals einen enormen Ruf hatten. So wurde niemand Geringeres als Tilda Swanton als die Älteste gecastet. Wobei dieses Casting gleichzeitig problematisch war, da die Figur in den Comics ein Asiate war, weshalb die Whitewashing-Vorwürfe, die entsprechend aufkamen, gewissermaßen berechtigt waren. Kevin Feige selbst gestand, dass die Vorwürfe ihn realisieren ließen, dass es vielleicht doch möglich gewesen wäre, den Charakter mit einem asiatischen Darsteller zu besetzen, ohne auf das Klischee eines uralten, mystischen Meisters zu setzen. Wesentlich weniger problematisch war die Besetzung des Antagonisten. Kaecilius wurde mit niemand Geringerem als Mads Mikkelsen (Hannibal) besetzt. Chiwetel Ejiofor (Der Marsianer) übernahm den Part des Karl Mordos, der in den Comics einer der Hauptantagonisten von Doctor Strange war. Rachel McAdams (Sherlock Holmes) wurde zu Christine Palmer, einer ehemaligen Geliebten und jetzigen Freundin der Titelfigur. Benedict Wong (Der Marsianer) wurde zu dem Zauberer Wong, der in den Comics der Diener von Stephen Strange war. Und Michael Stuhlbarg (Arrival) sollte man als den ärztlichen Rivalen der Titelfigur Nicodemus West sehen können.
Stephen Strange ist ein weltweit angesehener und erfolgreicher Neurochirurg. Doch der Erfolg steigt ihm zu Kopf, weshalb er ebenfalls sehr arrogant ist. Das rächt sich, als er eines Tages einen Unfall hat, bei dem seine Hände schwer verletzt werden, wodurch er die Feinkontrolle, die er als Chirurg braucht, verliert. Seine Freundin Christine Palmer versucht ihn dazu zu bringen, die Vergangenheit hinter sich zu lassen, doch will er davon nichts wissen. Er will wieder so wie früher leben und gibt fast sein gesamtes Geld für experimentelle Therapien aus. Eines Tages hört er von jemanden, der einst querschnittsgelähmt war und mittlerweile erneut laufen kann. Als er diesen aufsucht, erzählt er ihm etwas Kamar-Taj, einem Refugium in Kathmandu.
Das perfekte Casting
Dort angekommen schafft er es schließlich, aufgenommen zu werden. Er wird ein Schüler von der Ältesten, auch wenn diese diesbezüglich am Zögern ist. Denn er erinnert sie zu sehr an einen früheren Schüler von ihr, Kaecilius, der mit seinen Anhängern, den Zeloten, ihr und ihren Lehren den Rücken gekehrt hat. Und seitdem versucht, das mächtige Wesen Dormannu herbeizurufen, damit dessen schwarze Dimension mit der hiesigen Welt verschmelzen kann.
Wie bereits eingangs erwähnt, war Doctor Strange ein weiteres Wagnis von Marvel. Es war ein Experiment, mit dem man sich ein Mal mehr in eine vollkommen unbekannte Ecke ihres Filmuniversums wagte. Doch das Studio tat viel dafür, dass das Wagnis aufging. Denn mit Benedict Cumberbatch gelang ihnen das perfekte Casting.
Benedict Cumberbatch ist einer dieser Schauspieler, wie sie gefühlt nur Groß Britannien hervorbringen kann. Jemand wie ein Patrick Stewart, der im Grunde genommen jede Rolle nehmen und sie mit Leben füllen kann. Der, egal in welchem Szenario er unterwegs ist, welches Material er für die Arbeit kriegt, großartiges damit vollbringen kann. In diesem Fall ist es eben eine Comicadaption.
Eine grandiose Älteste
Es ist diese Leichtigkeit, mit der er seine Figur zum Leben erweckt, die sein Schauspiel auszeichnet. Selbst in den Momenten, wo er vermutlich vor einem Green Screen agieren muss, macht er einen phantastischen Job. Es macht einfach Spaß zu sehen, wie sein Stephen Strange sich entwickelt.
Denn der Film ist ein klassischer Origin-Film. Man sieht eine Reise, nämlich die eines arroganten Mannes hinzu jemanden, der Respekt und Zurückhaltung lernt. Allerdings ohne dabei jemals zu vergessen, dass er jemand ist, der Sachen schnell lernt und auf Regeln wenig gibt. Was ihm ja oft vorgeworfen wird.
Es ist dabei jedoch auch sein Zusammenspiel mit den anderen Schauspielern, dass den Film so großartig macht. Allen voran die Szenen mit Tilda Swanton sind einfach grandios. Man merkt, wie die Älteste in ihm enormes Potenzial sieht, sie aber zu ungewöhnlichen Mitteln greifen muss, um dieses wachzurufen. Um ihn beispielsweise dazu zu bringen, die Teleportation zu meistern, transportiert sie ihn kurzerhand auf den Mount Everest, wo er innerhalb kürzester Zeit erfrieren würde, wenn er nicht den Zauber endlich schafft. Wobei sie ihre Sorgen, ihre Selbstzweifel über ihre Entscheidung so gut es geht, sich nicht anmerken lässt.
Ein paar Szenen mehr wären nicht verkehrt
Das Casting von Tilda Swanton war sowieso eine großartige Wahl. Dass sie schon früher exzentrische und enigmatische Charaktere dargestellt hat, macht sich bei ihr bemerkbar. Sie hat eine freundliche und joviale Art, die jedoch jederzeit in Strenge umschlagen kann, wenn die Situation dies erfordert. Man merkt ihr an, dass ihr die ihrigen am Herzen liegen, auch wenn sich später herausstellt, dass sie ein düsteres Geheimnis hat.
In dieser Konstellation kann es allerdings leicht passieren, dass Figuren untergehen. Und das trifft auf einige Charaktere zu. Sie erhalten zwar Szenen. Doch vielleicht nicht so viele, wie ihre Persönlichkeiten es gebraucht hätten. Chiwetel Ejiofor als Karl Mordo ist da ein gutes Beispiel. Es ist eine fantastische Figur, ein absoluter Anhänger der Ältesten. Bis sich seine Bewunderung in Abscheu verwandelt, als er ihr dunkles Geheimnis entdeckt. Es ist jetzt nicht so, dass sich der Charakter nicht weiterentwickelt. Aber man hat trotzdem das Gefühl, dass da mehr möglich gewesen wäre.
Was ebenso für Madds Mikkelsen gilt. Auch hier hat man das Gefühl, dass hier mehr möglich gewesen wäre. Dass der Charakter über ein „Ich bin der Schurke, weil ich böse bin“ nicht wirklich hinauskommt. Dabei wird die Figur als sehr intelligent und gefährlich dargestellt. Allein der Kampf in New York, wo er es schafft, die Älteste im Zweikampf zu töten, ist da ein wahres Meisterwerk. Aber ein paar mehr Szenen hätten nicht geschadet, um der Figur ein wenig mehr Profil zu verleihen.
Jammern auf hohem Niveau
Das ist allerdings Kritik auf hohem Niveau. Denn es jetzt nicht so, dass die beiden Figuren null Profil erhalten. Im Gegenteil: Im Vergleich zu vielen anderen Charakteren aus Comicadaptionen kriegen sie davon jede Menge. Dies und die Tatsache, dass der Film ja auch gleichzeitig die Welt der Magie und ihre Spielregeln einführen muss, sorgen dafür, dass das ein guter Film ist.
Es gibt auch Nebencharaktere, die genau das nötige Maß an Profil erhalten. Wie beispielsweise Benedict Wong als Wong. Hier sieht man einen Meister der Magie, der zunächst auf Strange herabsieht, dann aber irgendwann schon fast widerwillig Respekt vor dem ehemaligen Chirurgen erhält. Und er ist jemand, der seine Aufgaben mit dem nötigsten Ernst erfüllt und dabei zur Not auch sein Leben aufs Spiel setzt.
Die Welt der Normalsterblichen wird durch Christine Palmer repräsentiert. Hier ist es schön, dass der Film darauf verzichtet, sie zum Love Interest für die Titelfigur zu machen. Stattdessen ist sie eine Frau, die auf eigenen Beinen steht, die weiß, was sie tut und in einer großartigen Szene die Surrealität der neuen Welt ihres Freundes mit einigem Zögern akzeptiert.
Ein schwieriges Finale
Doch der Film lebt nicht nur von seinen Figuren, sondern ebenso von den Special Effects. Auch hier kann er glänzen. Visuell ist er nämlich absolute Spitzenklasse. Vor allem die Sequenz in New York, als Kaecilius und seine Zeloten das örtliche Sanktorum angreifen und am Ende Stephen Strange, Karl Mordo und die Älteste jagen, ist ein schon fast surreales Spektakel an Magie. Zu sehen, wie die Stadt sich quasi faltet oder neu zusammensetzt erinnert an Inception, nur dass es in diesem Fall noch grandioser aussieht. Auch die Art und Weise, wie die Sprüche aussehen, gefällt.
Am schwierigsten ist das Finale zu bewerten. Als ich den Film das erste Mal sah, war ich davon enttäuscht, weil mich das Design des finalen Gegners nicht überzeugte. Allerdings sah ich die Version einem schlecht beleuchteten Raum, wodurch das Aussehen nicht so gut rüberkam, wie es jetzt beim erneuten Schauen der Fall war. Jetzt konnte es mich begeistern.
Denn spätestens hier merkt man, wie sehr die Special Effects Macher versucht haben, das Design von Steve Ditko umzusetzen. Es ist natürlich alles andere als einfach, da die Vorlage mittlerweile über 60 Jahre alt war. Doch am Ende ist es ihnen gut gelungen, in dem sie sich nicht allzu sklavisch an die Vorlage hielten.
Wenn das Ende offen bleibt
Am Ende des Films wurde eine Fortsetzung angekündigt, die dann auch sechs Jahre später herauskam. Der Titel war Doctor Strange in the Multiverse of Madness und erschien in einer Zeit, wo es dem MCU gerade nicht gut ging. Leider griff dieser Film die Post Credit-Szene von Doctor Strange nicht wieder auf, was schade war. Denn diese doch sehr gelungen.
Am Ende ist dieser Film ein gutes MCU-Werk.
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Warpskala
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