Designte Menschen sind Valid – Natürlich gezeugte sind Invalid.

Gattaca
USA 1997
106 Minuten

Handlung

In der nahen Zukunft ist das menschliche Gen vollständig entschlüsselt. Dadurch ist es möglich, genaue Vorhersagen über einen Menschen zu machen, was Krankheiten oder Charaktermerkmale betrifft. Eltern können sogar ihre Wunschkinder designen lassen, die Gene werden einfach entsprechend manipuliert. Es ist nur eine Frage des Geldbeutels. Das kann sich natürlich nicht jedes Elternpaar leisten, einige wollen auch schlichtweg auf natürliche Weise ihre Kinder zeugen. Somit gibt es zwei Arten von Menschen: Die „Valids“, also die perfekten gestylten und nach Maß angefertigten und die „Invalids“, die auf natürliche Weise gezeugten.

Vincent (Ethan Hawke) ist ein Invalid, seine Eltern wollten sich der Mode nicht unterwerfen. Außerdem hat er einen Herzfehler, der seine Lebenserwartung auf 30 Jahre begrenzt. Mit solchen Voraussetzungen kann man im Beruf und in Gesellschaft nichts erreichen. Vincent arbeitet in einer Putzkolonne bei Gattaca, einem Unternehmen, das sich mit Erforschung und Besiedlung des Weltalls beschäftigt. Sein größter Wunsch wäre es, mit einem Raumschiff ins Unbekannte zu fliegen. Aber mit seinen Voraussetzungen wird das nur ein Traum bleiben. Dabei ist Vincent überzeugt, die gleichen Dinge leisten zu können, wie ein Valid. Als Kind hatte er seinen jüngeren Bruder, den seine Eltern dann doch designen ließen, im Wettschwimmen geschlagen und ihm sogar das Leben gerettet.

Dann lernt er durch einen Vermittler Jerome kennen. Jerome (Jude Law) war ein Valid, ein perfekter Mann, der es sportlich zu Höchstleistungen gebracht hatte. Durch einen Unfall ist er nun an den Rollstuhl gefesselt und hat somit nun ebenfalls keine Chancen mehr, ein erfülltes Leben zu führen. Trotz perfekter Gene wird er wie ein Invalid behandelt.

Vincent und Jerome schließen einen Vertrag. Vincent übernimmt Jeromes Identität. Für die ständigen Gentests überläst Jerome Blut, Urin, Haare und weitere Merkmale, die gemeinhin zum Identifizieren eines Menschen verwendet werden. Bei einer Urinprobe muss Vincent also nur dafür sorgen, dass der Arzt eine mitgebrachte Urinprobe untersucht. Somit kann Vincent unter dem Namen von Jerome bei Gattaca als Navigator und Kandidat anfangen. Der echte Jerome erhält als Gegenleistung finanzielle Unterstützung.

Soweit hat also alles perfekt geklappt. Vincent lernt sogar mit Irene (Uma Thurman) eine Frau kennen, in die er sich ein bisschen verliebt. Da wird bei Gattaca ein Direktor ermordet. Bei der Spurensuche finden die Polizeibeamten ein echtes Haar von Vincent und erkennen so, dass ein Invalid sich bei Gattaca eingeschlichen hat. Sie halten automatisch diesen für den Mörder und setzen jetzt alles daran ihn zu finden.

Vor und hinter der Kamera

Der neuseeländische Regisseur und Drehbuchautor Andrew Niccol, der u. a. das Drehbuch zu The Truman Show (1998) schrieb, schuf 1997 mit Gattaca einen inhaltsstarken Science-Fiction-Film, der fast gänzlich auf Action und Special Effects verzichtet und sich ganz dem Bild der Zukunft widmet. Leider war Gattaca kein finanzieller Erfolg vergönnt, wovon aber wohl auch keiner ausgegangen war. Immerhin ist es schon fast peinlich zu sagen, dass der Film in Deutschland mit gut einem Jahr Verspätung in den Kinos lief. Aber vielleicht muss ein guter Film erst mal „sacken“. Auch Blade Runner war in den Kinos ein Flop. Erst später wurde er zum Kult. Ganz so ist es bei Gattaca nicht geworden, aber tatsächlich findet auch er jetzt mehr Beachtung, als zu der Zeit, wo er in den Kinos lief.

Ethan Hawke hatte 1985 mit 14 Jahren eine erste Filmhauptrolle in Explorers – Ein phantastisches Abenteuer. Bekannt wurde er dann 1989 in Der Club der toten Dichter. Bei den Dreharbeiten zu Gattaca lernte er seine erste Frau Uma Thurman kennen. Das Paar bekam zwei Kinder, trennte sich aber schon 2004 wieder. Weitere Filme waren unter anderem Daybreaker (2009), Total Recall (2012) und The Purge (2013).

Uma Thurmans Filme sind sehr unterschiedlich, nicht alle waren erfolgreich, wozu auch Gattaca gehörte. Sie hatte schon in verschiedenen Filmen mitgespielt, als ihr Durchbruch 1994 mit Pulp Fiction kam. Im gleichen Jahr wie Gattaca spielte sie in Batman & Robin und fand dort sicher mehr Beachtung als in der Dystopie. Mit ihrer Rolle als Emma Peel in Mit Schirm, Charme und Melone hatte sie vielleicht ihren Tiefpunkt erreicht, um dann 2003 mit Paycheck und 2004 mit Kill Bill wieder neue Erfolge zu haben.

Auch wenn Gattaca nicht so erfolgreich wurde, war der Film dennoch der Durchbruch für den Briten Jude Law. Die Liste seiner Filme ist lang und fast jedem setzt er in der ein oder anderen Form seinen Stempel auf: A.I. – Künstliche Intelligenz (2001), Sky Captain and the World of Tomorrow (2004), die Sherlock Holmes Filme (2009/2011), Phantastische Tierwesen: Grindelwalds Verbrechen oder Captain Marvel (2019) um nur einige zu nennen.

Kinder mit Qualitätsgarantie

Gattaca reiht sich in die lange Filmliste der Dystopien ein. Oftmals wird die dunkle Zukunft in diesen Geschichten von konkreten Mächten bestimmt: Diktatorinnen und Diktatoren, Computer oder auch Konzerne. Bei Gattaca gibt es keine Macht im Hintergrund. Vermutlich unterscheidet sich die Machtausübung dort nicht von der heutigen in den USA. Das, was bei Gattaca die Zukunft so negativ macht, ist die Gesellschaft selbst und letztlich die Elterngeneration in dieser Zeit. Keine Macht zwingt dort die Eltern, ihre Kinder genetisch zu designen, es ist einfach so üblich. Die Nachteile, die Invalids erfahren – dass keine Versicherung sie krankenversichern will, dass ihnen keine anspruchsvolle Arbeit gegeben wird – wird von der Gesellschaft nicht nur akzeptiert, sondern auch gutgeheißen. Denn wer will schon jemanden krankenversichern, von dem man weiß, dass er oder sie mit 30 Herzprobleme bekommt oder Insulin zum Leben braucht? Und das macht den Film so beängstigend realistisch.

Es ist eigentlich auch nachvollziehbar, wie es zu so einer Zukunft kommen kann. Die Tendenz ist bei uns heute schon spürbar: Eltern wollen gesunde Kinder. Man versucht, bei Embryos frühzeitig jede mögliche Beeinträchtigung zu erkennen, um rechtzeitig eine Abtreibung vornehmen zu können. Das mag verständlich und im Einzelfall richtig sein, aber da ist es natürlich nur konsequent weitergedacht, wenn man durch die Manipulation der Gene diese Beeinträchtigungen gar nicht erst auftreten lässt.
Bis zu diesem Punkt mag man auch noch der Ansicht sein, dass nichts Schlechtes an solchen Manipulationen sei. Aber dabei wird es ja nicht bleiben. Wenn man schon die Gene manipulieren kann, um Krankheiten und Behinderungen auszuschließen, warum dann nicht auch bestimmte Fähigkeiten und Eigenschaften fördern? Eltern haben sehr oft den Wunsch, dass ihre eigenen unerfüllten Träume von den Kindern realisiert werden sollen. „Es soll es einmal besser haben, als wir“, das sagen Eltern aus jeder sozialen Schicht. Und je nach Möglichkeit wird den Kindern der Weg dorthin geebnet, ob das Kind es will oder nicht.

Eltern wollen kein behindertes Kind. Es soll intelligent sein, heterosexuell, kräftig und wer weiß was noch alles. Wenn es möglich ist, diese Wünsche noch vor der Geburt auch umsetzen zu können, wird es bedenklich. In der nahen Zukunft wird dies mit einem entsprechenden Geldbeutel durchaus machbar sein.

Eines haben die Eltern aber nicht bedacht: Wenn sie ein Kind designen lassen, damit es sich von der Masse abhebt, sie aber gleichzeitig einem Trend folgen, wird das Ergebnis doch wieder in der Masse verschwinden. Genau das zeigen die Bilder des Films: Fast im Gleichschritt gehen die Beschäftigten bei Gattaca durch die Gänge. Individualistinnen und Individualisten sucht man vergebens, alle haben ähnliche Kleidung, ähnliche Frisuren, ähnlich schöne Gesichter. Und an dieser Stelle sei noch einmal der Vergleich gestattet: Bei anderen Negativ-Utopien gibt es diese Gleichartigkeit ebenfalls, dort steht aber meist eine Macht im Hintergrund, die diese Gleichheit überwacht und erzwingt. Die Widerständler:innen dort sind meist Individualist:innen, die der Masse und der Gesellschaft entfliehen wollen. Bei Gattaca ist diese Gleichheit eine Art Mode, es steht nur der „Herdenzwang“ hinter dem Verhalten, keine Polizei. Und Vincent will sich nicht aus der Masse abheben, sondern er will dazu gehören.

Die im Film gebräuchliche Bezeichnung Valid und Invalid ist ein Wortspiel. Valid ist etwas, was überprüft und bewiesen, also richtig ist. Invalid bedeutet entsprechend das Gegenteil, nicht-überprüft, nicht-bewiesen. Allerdings bedeutet Invalid auch Invalide, was sowohl im englischen als auch im deutschen „gehandicapt“, „behindert“ bedeutet. In der Welt von Gattaca testen sich die Menschen ständig, sei es bei Arbeitsbeginn oder beim ersten Date, um zu validieren (also zu überprüfen), ob man mit einer Sexualpartnerin oder einem Sexualpartner kompatibel ist.

Auch wenn Gattaca ein Raumfahrtunternehmen ist, so stehen die Buchstaben im Firmennamen und somit im Filmtitel für die Nukleinbasen der DNS: Adenin, Cytosin, Guanin und Thymin.

Wenn sich in die DNS beim Teilen von Zellen ein „Kopier“-Fehler einschleicht, spricht man von einer Mutation. In seltenen Fällen wird durch eine solche Mutation die nächste Generation Zellen verbessert. Nur so ist Evolution überhaupt möglich, durch Mutationen verändern sich Flora, Fauna und die Menschheit.

Gewissermaßen ist Vincent ein solcher Fehler im System. Ihm gelingt es, seinen Traum zu erfüllen und die vermeintliche Unfähigkeit von Invalids als falsch zu beweisen. Vielleicht ist auch Vincent eine positive Mutation, vielleicht verändert sich durch sein Vorbild die Gesellschaft. Aber besser wäre es wohl, die Gesellschaft kommt gar nicht erst an diesen Punkt.

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Dirk Wilkens-Hagenkötter
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