Rüdiger Schäfer bittet zum finalen Tanz – zu einem Walzer des Todes im Quellkern
Titel: Quantentanz
Autor: Rüdiger Schäfer
Titelbild: Dirk Schulz/Horst Gotta
Erschienen: 20. August 2021
Zur Handlung
Die SOL gerät in eine riesige Quantenwolke und droht auseinanderzubrechen. Da kommen dem Generationenschiff die Hologramme von Eric Leyden und seinem Team zur Hilfe. Auf Anraten von Leyden schießen sie sich mit der FAIRY den Weg zum Quellkern frei und finden die Antwort auf die Frage, was für die Versetzung der Erde und des Mondes ins Blaue System verantwortlich war. Nach dem Beschuss des Quellkerns wird die FAIRY übergangslos ins Arkon-System versetzt, die SOL und Leydens Team sind spurlos verschwunden.
Atlan da Gonozal und Mirona Thetin empfangen derweil mit ihrem Schaltschiff, der GARTAVOUR, ein Signal aus dem Gercksvira-Sonnenfünfeck. Nach dem dortigen Transmitterdurchgang finden sie sich ebenfalls im Arkon-System wieder, tief in der Vergangenheit des Imperiums. In einer alternativen Quantenrealität, auf Grundlage von Atlans Erinnerungen erschaffen, trifft Atlan auf seine Mutter und sein düsteres Ebenbild. Anders als Atlan und Mirona werden Perry Rhodan und seine Mannschaft zeitgleich vom arkonidischen Befehlshaber zur Landung auf Arkon III gezwungen, da sie keine gültigen Flottencodes aufweisen können. Gucky und Perry teleportieren ins Herz der Basis und erkunden die Quantenrealität. Dabei geraten sie mitten in einen Angriff der Thetiser, der dadurch ausgelöste Alarm verschafft ihnen die Möglichkeit, gemeinsam mit Atlan und Mirona von Arkon III zu entkommen.
Zurück am Ausgangspunkt der Reise hat Eric Leyden mittlerweile einen Weg gefunden, erfolgreich zum Quellkern vorzudringen. Mit dem Beschuss des Divers aus allen zur Verfügung stehenden Waffensystemen gelingt ihnen der Durchbruch in den freien Weltraum. Ein Zeitsprung von zehntausend Jahren versetzt sie in die Ära der Methankriege in der angestammten Realität. Sie werden direkt von Maakh-Raumern unter Beschuss genommen.
Gedanken zu Quantentanz
Rüdiger Schäfer bittet zum letzten Walzer und natürlich sind wir da gerne mit auf der Tanzfläche. Und was für eine gelungene Darbietung das war! Spannung von der ersten bis zur letzten Seite. Wenn man von Sense of Wonder sprechen kann, dann in diesem Roman. Das Vordringen zum Quellkern hatte etwas wahrhaft Mystisches an sich, geradezu Gänsehaut hatte ich bei der grandiosen Schilderung über den mutmaßlichen Ursprung allen Seins. Pankha-Skrin erfüllt als Auraabschirmer von Perry Rhodan seinen finalen Daseinszweck, Leyden und Team in Holoform steuern die wissenschaftliche Problemlösung bei und Atlan ist endlich wieder zurück im Geschäft. Selbst die von mir fast als Kritik aufgenommene, völlig sinnlose Ballerei auf den Quellkern, wird von Rüdiger Schäfer zum späteren Zeitpunkt nachvollziehbar in die Story integriert. Am meisten genossen habe ich mitunter die Rückblenden auf den Handlungszeitraum rund um die dritte NEO-Staffel, dem Galaktischen Rätsel, die zufälligerweise aktuell auch im WarpCast besprochen wird. Das Zusammentreffen von Atlan mit seinem alten Ziehvater führte mich auf eine wunderbar entspannte, gedankliche Zeitreise zurück zu den Anfängen der Serie.
Soweit genug der Lobhuddelei, der Roman klärt einige offene Fragen, aber so manche Geschichte wurde dann doch vergessen, verschoben in künftige Handlungsstränge oder eben einfach nicht konsequent zu Ende erzählt. Seit Versetzung der Bordintelligenz SENECA, von der CREST II in die SOL, wurde nichts mehr von den weiteren Geschehnissen an Bord des terranischen Raumers berichtet. Auch das Akon-System kam unterm Strich viel zu kurz weg. Es wäre wünschenswert gewesen, wenn ein Roman zum Ende der Staffel hier für Klarheit hätte sorgen können, wie die sich die Ereignisse dort zwischenzeitlich entwickelt hatten. Schade, dieses Potential wurde verschwendet. Stattdessen wurden etliche Seiten zu viel für phantastische Neuter- und Quantenphänomene aufgewendet. Natürlich … hätte hätte Fahrradkette. Aber das sorgt halt für eine gewisse Unausgewogenheit, wenn ich die Staffel Revue passieren lasse.
Viel mehr interessiert mich aber noch, wer denn eigentlich hinter der ganzen Inszenierung steckt: ES oder NATHAN oder ein neuer Big Player? Spannung ist garantiert in der Zukunft. Oder besser der Vergangenheit, wenn man den Zeitsprung berücksichtigt. Dass sich Erde und Mond zum erzählerischen Finale tatsächlich immer noch am falschen Platz befinden, hätte ich nicht ansatzweise vermutet, als der ATG-Einsatz anfangs so gravierend schief lief. Dieses offene Ende mag manchen gefallen, mir liegt da ein bitterer Nachgeschmack auf der Zunge. Dennoch besser so, als alles in einen überladenen Abschlussroman zu pressen, was vorher nicht erzählt werden konnte. Das sorgte in der Erstauflage ja des öfteren schon für heiße Diskussionen im Fandom.
Fazit mit Wertung
Die geballte Ladung Sense of Wonder, gepaart mit der Rückkehr von Atlan und Mirona Thetin und einer faszinierenden Gänsehauterzählung über die Auswirkungen des Antitemporalen Gezeitenfelds (ATG), machen diesen Roman zu einem würdigen Abschluss der Staffel. Aber Moment bitte! Staffelende? So fühlt es sich wahrlich nicht an. Eher wie ein fließender Übergang. Etliche Fragen werden mit in die nächsten Romane genommen, ähnlich wie die Nonagon-Thematik erst staffelübergreifend aufgeklärt wurde. Das recht unausgewogene Gesamtkonzept, aufgrund der viel zu knapp behandelten Vorkommnisse auf Arkon und der CREST II, sorgen leider dann doch noch für eine Abwertung meines positiven Gesamteindrucks. Rückblickend hatte Die Tiefe für mich, bis auf eine Ausnahme, keine qualitativen Ausreißer nach unten zu verzeichnen und war durch die Bank ein enorm kurzweiliges Vergnügen. Acht von zehn Punkten in diesem finalen Roman bedeuten für mich auch acht von zehn Punkten für das Gesamtwerk Die Tiefe. Und damit ein gutes Abschlusszeugnis. Eine würdige Staffel zum 10-jährigen Jubiläum von NEO. Mögen noch viele weitere Romane im NEOversum folgen. Ad Astra!
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