Mit Werewolf by Night überrascht Marvel.

Eine spontane Überraschung

Mittlerweile ist man es gewohnt, dass Marvel seine Filme und Serien lange im Voraus ankündigt, dass zwischen erstem Trailer und der Premiere mehrere Monate liegen. Im Falle von Werewolf by Night war das anders. Da erfolgte die erste offizielle Ankündigung im September, ungefähr einen Monat bevor das Special, wie es auf Disney+ genannt wurde, seine Premiere feierte.

Pläne, den Charakter zu verfilmen, gab es allerdings schon wesentlich länger. Ursprünglich sollte bereits 2001 ein Kinofilm mit der Figur herauskommen. Doch aus verschiedenen Gründen wurde daraus nichts, auch wenn es bis 2006 diverse Bemühungen von unterschiedlichen Produktionsfirmen gab. Danach lag der Charakter lange brach, bis 2019 bekannt wurde, dass Marvel Studios etwas mit ihm plante.

Konkret wurde es dann im August 2021, als das Studio anfing, ein Halloween-Special für Disney+ zu planen. Bereits damals munkelte die Gerüchteküche, dass die Figur Werewolf by Night die Basis bilden sollte, wobei unklar war, welche Inkarnation des Charakters übernommen wurde.

Ein internationaler Cast

Im März 2022 wurde der Komponist und Regisseur Michael Giacchino für die Verfilmung angeheuert, nachdem er früher bereits in diversen Werken des Studios für den Score gesorgt hatte. Der Regisseur wollte von Anfang an die Titelfigur verfilmen, was Produzent Kevin Feige überraschte. Im Juni 2022 bestätigte er, dass er ein Special filmen würde, was er als vergnüglichen aber auch herausfordernden Prozess bezeichnete. Und im September gab es dann wie gesagt die offizielle Ankündigung.

Interessanterweise gab es keine Vorgabe, wie lang das Special sein sollte. Allerdings glaubten die Kreativen, dass eine Länge von ungefähr einer Stunde perfekt wäre. Die Story sollte einfach nur eine Nacht im Leben von Jack Russell und Elsa Bloodstone schildern und sollte vom Stil her an eine Twilight Zone-Folge erinnern.

Das Casting fing im August 2021 an und für die Hauptrolle des Jack Russel/Werewolf by Night wurde gezielt nach einem Latinoamerikaner in den 30ern gesucht. Die Wahl fiel im November auf den mexikanischen Schauspieler Gael García Bernal (Mozart in the Jungle). Als Elsa Bloodstone wurde ohne vorheriges Vorsprechen die Nordirin Laura Donnely (Tolkien, The Nevers) angeheuert, weil Michael Giachhino ein großer Fan von ihr war. Als Verussa Bloodstone wurde Harriet Sansom Harris (Space 2063) gecastet, derweil von den Nebendarstellern noch Kirk Thatcher (Star Trek IV, Star Trek Picard) zu nennen ist.

Gedreht wurde innerhalb von zwölf Tagen und bei den Special Effects wurde auf praktische Effekte gesetzt. Werewolf by Night feierte schließlich am 7. Oktober seine Premiere auf Disney+.

Eine mörderische Nachfolgesuche

Der Monsterjäger Ulysses Bloodstone ist tot. Er hinterlässt den Blutstein, der seinem Träger, wenn er menschlich ist, große Macht geben kann. Und um den nächsten Träger ausfindig zu machen, lädt seine Witwe Verussa fünf erfahrene Monsterjäger ein. Mit zu diesen stößt allerdings auch die entfremdete Tochter von Ulysses, Elsa.

Allen Jägern wird eine Aufgabe gegeben. Sie sollen in einer Nacht ein im Park des Anwesens gefangenes Monster zur Strecke bringen. Und sie dürfen sich gegenseitig ausschalten, zur Not auch töten. Doch sowohl Jack Russel als auch Elsa Bloodstone haben ihre eigenen Pläne. Und sind schon bald darauf angewiesen zusammenzuarbeiten.

Nicht so sehr ein Werwolf-Film

Das Besondere an den Werken des Marvel Cinematic Universe war schon immer, dass sie äußerst vielfältig waren. Man hatte SicFi-Filme wie Guardians of the Galaxy, mystische Geschichten wie bei der Moon Knight-Serie oder pure Comedy wie es aktuell bei She-Hulk der Fall ist. Werewolf by Night ist wieder etwas komplett anderes. Es ist Horror mit einem zeitlich eng abgesteckten Rahmen. Nur eine Nacht lang dauern die Ereignisse, die man in diesem Special sieht. Und das hat Auswirkungen auf die Story.

So ist der Cast überschaubar geraten und von den Figuren, die in dem Special auftauchen, werden nur wenige wirklich charakterisiert. Ungefähr die Hälfte der Charaktere, die man sieht, äußern maximal eine Handvoll Worte und sind ansonsten besseres Kanonenfutter. Was einen allerdings beim Sehen nicht stört, da der Rest das mehr als nur ausgleicht.

Dies ist auch weniger ein Werewolf by Night-Film, als vielmehr ein Elsa-Bloodstone-Special. Sie ist es, über die man am meisten erfährt, die im Laufe der 53 Minuten die größte Wandlung durchläuft und die dem Zuschauer am sympathischsten ist. Man lernt eine Frau kennen, die sich über Widerstände hinwegsetzt und durchaus mit den erfahrenen und bewaffneten Monsterjägern mithalten und sie außer Gefecht setzen kann.

Eine große Überraschung!

Im Kontrast dazu ist Jack Russel ein Mysterium. Als Zuschauer ahnt man schon die ganze Zeit, wer er ist und was sein Geheimnis ist. Doch die Transformation in seine Werwolf-Gestalt erfolgt erst spät im Film. Und so lange hat man mehr als genug Zeit, um sich mit seinem Charakter auseinanderzusetzen. Man erlebt jemanden, der angeblich über 100 Monster getötet hat, der sich aber gleichzeitig um die sorgt, die er mag. Wozu nicht nur Elsa zählt, sondern ebenso „Ted“, auf den gleich näher eingegangen wird. Was man jedoch im gesamten Special nicht erfährt, ist, was seine Vergangenheit ist, woher er den Fluch hat und wieso er mit „Ted“ so gut befreundet ist. Er bleibt ein Rätsel, allerdings ein durchaus charmantes.

Was uns zu „Ted“ bringt, oder besser gesagt zu Man-Thing. Es ist die größte Überraschung des Specials, dass dieser Marvel-Charakter eingebaut wurde. Und seine Darstellung ist ein kompletter Kontrast zu dem unglückseligen Film aus dem Jahr 2005. Denn anders als bei diesen wird die Figur dieses Mal als intelligent dargestellt. Er kann kommunizieren und bewusste Handlungen durchführen, was man vor allem am Ende des Specials sieht. Wobei seine Kommunikation eher an das Knarzen von Bäumen erinnert, was aber Jack Russell verstehen kann. Und ein ganz besonders wichtiges Element wurde aus den Comics übernommen: dass nämlich alle, die Furcht verspüren, bei der Berührung von Man-Thing brennen. Und das geschieht einige Male.

Grandios ist übrigens Harriet Sansom Harris als Verussa Bloodstone. Ihre Darstellung grenzt stellenweise ans Hysterische, nur um dann im nächsten Moment etwas Sarkastisch-Sadistisches zu haben. Sie ist die Drahtzieherin, die die Fäden in der Hand hat und darauf abzielt, Elsa dafür zu bestrafen, dass sie einerseits die Familie verlassen hat und es andererseits wagt, wieder zurückzukommen. Man wird es mögen, sie nicht zu mögen, so grandios ist ihre Darstellung.

Eine Horror-Atmosphäre

Ganz große Klasse ist die Atmosphäre von Werewolf by Night. Ein wenig fühlt man sich an die legendären Produktionen aus den britischen Hammer Studios erinnert. Schon allein die Tatsache, dass der Film überwiegend in Schwarz/Weiß und mit praktischen Effekten gedreht wurde, plus eben die Studioatmosphäre sorgt dafür, dass sich dieses Special sofort wohltuend von den anderen MCU-Produktionen unterscheidet. Und etwas Farbe ist ja durchaus vorhanden. Der Bloodstone ist über weite Teile mit seinem roten Leuchten die einzige Farbquelle. Was sich erst am Ende ändert, was aber konsequent genial umgesetzt wird.

Der Film hat seine Horrormomente. Das erste Auftauchen des Man-Thing oder die Transformation von Jack Russel sorgen für Gruselmomente. Dem dann allerdings auch gleichzeitig lustige Szenen entgegensetzt werden, wie beispielsweise die verzweifelten Versuche Jacks, eine Bombe zu platzieren, die aber nicht so will wie er. Doch die so typische Marvel-Komik nimmt nicht überhand. Sie erweitert das Geschehen, dominiert es allerdings nicht.

Mit Werewolf by Night ist Marvel eine besondere Überraschung gelungen. Ein Beweis für die Vielfältigkeit der Werke des Studios und natürlich auch exzellente Unterhaltung. Jetzt kann man darauf gespannt sein, ob und wo die jeweiligen Figuren wieder auftauchen werden und was das nächste Special sein wird. Denn es lohnt sich vor allem für die obskursten Charaktere!

 

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Warpskala

Warpskala
10 10 0 1
10/10
Total Score

Positiv

  • Grandiose Atmosphäre
  • "Ted"
  • Elsa Bloodstone
Götz Piesbergen

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