Was genau macht die Faszination von Frank Herberts Der Wüstenplanet aus?

Der Wüstenplanet
Cover © Heyne

Jede Menge Extras

Dune fasziniert. Die Verfilmung von Denis Villeneuve, deren zweiter Teil jetzt in die Kinos gekommen ist, schlägt den Zuschauer in ihren Bann. Sie ist eine bildgewaltige Interpretation von Frank Herberts Roman. Allerdings muss man auch sagen, dass, wenn man das Buch mit der Filmadaption vergleicht, man doch merkt, dass bei Letzterer – notgedrungen – Abstriche gemacht wurden.

Der Wüstenplanet, das ist der Titel, unter dem die Romanvorlage im Heyne-Verlag herausgekommen ist. Der Verlag hatte es sich nicht nehmen lassen und diese im Januar 2016, als bekannt wurde, dass das Buch wieder verfilmt werden würde, neu übersetzt herausgebracht. Dabei ließ sich Heyne nicht lumpen und fügte dem Band noch diverse Extras bei. So wurden die Illustrationen der amerikanischen Erstauflage mit abgedruckt, ebenso, wie es in den Anhängen unter anderem eine Abhandlung über „Die Religion des Wüstenplaneten“ gibt. Jedoch ist es schade, dass, anders als in früheren Auflagen, dieses Mal keine ausführliche Biografie von Frank Herbert mit vorhanden ist. Was allerdings Jammern auf hohem Niveau ist.

Frank Herbert lebte von 1920 bis 1986 in den USA. Neben seiner Arbeit als Schriftsteller, arbeitete er auch als Journalist, Fotograf, Buchreviewer, ökologischer Berater und als Lehrkraft. In seinen Werken behandelte er komplexe Themen, die er unter anderem philosophisch und psychologisch analysierte. So beschäftigte er sich mit Fragen des menschlichen Überlebens und der Evolution. Sein Buch Dune, der Auftakt zu einer sechsteiligen Romanserie, gilt heute als das am meisten verkaufte SciFi-Buch der Welt.

Ein komplexes und vielschichtiges Werk

Der Wüstenplanet spielt in einer fernen Zukunft. Das Haus Atreides hat von dem Padisha-Imperator Shaddam IV den Planeten Arrakis als Lehen erhalten. Diese Welt ist die einzige Quelle für das sogenannte Gewürz, einer Substanz, die es unter anderem den Navigatoren ermöglicht, sich im Weltall zu orientieren, und die so interstellares Reisen erst möglich macht. Allerdings ist Arrakis eine Falle, mit der der Herrscher über das bekannte Universum einen potentiellen Rivalen loswerden möchte, der immer beliebter wird. Unterstützt wird der Imperator dabei von den Erzfeinden der Atreides, den Harkonnen.

Auf Arrakis entscheidet sich dann auch das Schicksal von Paul Atreides, dem Sohn von Leto I, dem Oberhaupt des Hauses. Der Junge, der gegen die Pläne der Schwestern der Bene Gesserit geboren wurde, hat ungeahnte Fähigkeiten. Er kriegt Ahnungen über die Zukunft und erhält den Respekt der Fremen, den Bewohnern des Wüstenplaneten. Und als die Falle schließlich zuschnappt, verändert sich für ihn und seine Mutter vieles.

Der Wüstenplanet ist ein unglaublich komplexes und vielschichtiges Werk. Eines, wo die Zusammenfassung kaumdie Oberfläche der Handlung ankratzt. Und eines, wo man jedes Mal, wenn man den Roman liest, neue Details entdeckt, darunter auch solche, die es nicht in die Verfilmung geschafft haben, oder die in einer der Filmadaptionen vorhanden waren, aber nicht im Buch.

Jede Menge Faszination

Dabei ist das Universum, das Frank Herbert erschafft, unglaublich faszinierend. Vor allem die Tatsache, dass er sein Werk mehrere tausend Jahre in der Zukunft spielen lässt, fasziniert den Leser. Wiederholt lässt er hierbei eine spannende Historie durchblitzen, in der die Menschheit auf Grund eines Ereignisses namens Butlers Dschihad sogenannte Thinking Machines, also Computer, hinter sich gelassen hat. Stattdessen ist der menschliche Verstand an deren Stelle getreten.

Auch die Bene Gesserit, ein einflussreicher Orden von Frauen, die seit Jahrtausenden auf die Entstehung eines Kwisatz Haderach hinarbeiten, faszinieren. Dabei haben diese Frauen die nahezu absolute Kontrolle über ihren eigenen Körper und Geist, bzw. können ebenfalls andere beeinflussen. Ihnen kommt in Der Wüstenplanet eine eher antagonistische Rolle zu, weil Lady Jessica Atreides, die Konkubine von Leto, ihm statt wie von dem Orden befohlen eine Tochter einen Sohn geschenkt hat, womit deren Pläne in Gefahr geraten.

Im Herzen ist der Roman dabei eine Art Coming-of-Age-Geschichte. Man erlebt, wie der junge Atreides auf der Wüsten-Welt schnell erwachsen werden muss. Er muss mit ansehen, wie Freunde und Verwandte ums Leben kommen, wie er und seine Familie verraten werden, und er muss gleichzeitig mit seinen immer stärker werdenden Fähigkeiten klar kommen. Frank Herbert charakterisiert ihn dabei als einen willensstarken Jungen, der aber auch manchmal sehr eigensinnig daher kommt.

(K)ein Held

Es fällt einem leicht, Paul Atreides in Der Wüstenplanet als einen Helden anzusehen. Als jemanden, der sich anschickt, ein ungerechtes System zu stürzen und Rache für die Vernichtung seiner Familie zu nehmen. Über weite Teile der Geschichte scheint Frank Herbert auch diesen Eindruck zu unterstützen, streut aber gleichzeitig immer wieder kleine Momente ein, in denen das Bild eines strahlenden Heroen erschüttert wird. Etwa, wenn er seine Mutter bei ihrer gemeinsamen Flucht anfährt. Oder am Ende, wo er eine Entscheidung trifft, die nicht so recht zu dem Bild eines Revolutionärs passt. Spätestens dann wird einem klar, dass der junge Atreides über weite Teile der Story in Wahrheit eigensinnig unterwegs war.

Frank Herbert gelingt es in dem Roman, eine lebendige und lebhafte Welt darzustellen. Man merkt, wie viel Gedanken er sich über alles gemacht hat. Nicht nur, was die Ökologie auf Arrakis angeht, sondern ebenfalls, was die vielen Figuren angeht, mit denen er den Roman bevölkert. Selbst kleinste Nebencharaktere werden von ihm ausführlich charakterisiert. Und auch, wenn klar ist, wer gut und wer böse ist, erhalten sogar die Antagonisten ausreichend Profil, um glaubwürdige Gegenspieler darzustellen. Sein Vladimir Harkonnen ist ein durchtriebener Mistkerl, der seinen Feinden stets einen Schritt voraus zu sein scheint und nur wenige Personen fürchtet.

Und dann ist da noch der Aspekt der Religion in Der Wüstenplanet. Darüber könnte man sicherlich ganze Abhandlungen schreiben, einfach weil Frank Herbert auch diese sehr vielschichtig darstellt. So macht er klar, dass die Religion der Fremen wohl einst von den Bene Gesserit gegründet wurde, als Vorsichtsmaßnahme, sollte einer der ihren etwas zustoßen. Doch dann muss diese sich verselbständigt haben, sodass in der Zeit von Paul Atreides daraus etwas Eigenständiges geworden ist, etwas, in dem der junge Adelsspross eine große Rolle spielt.

Grandios!

Es gäbe noch sehr viel, was sich über dieses Buch sagen ließe. Viele Aspekte, wie beispielsweise die Tatsache, dass sich Frank Herbert bei einigen Namen aus dem Arabischen bedient hat. Oder welche Rolle die Ökologie Arrakis in der Story spielt, und dass er in seiner Geschichte die Saat für eine enorme Veränderung legt. Oder, oder, oder …

Der Wüstenplanet war und ist eine unfassbare grandiose, spannend geschriebene und vielschichtige Story. Kein Wunder, dass sie ein Meisterwerk der Science-Fiction ist und ihre Adaptionen so berühmt geworden sind.

 

Autor: Frank Herbert
Titel: Der Wüstenplanet
Originaltitel: Dune
Übersetzer: Jakob Schmidt
Verlag: Heyne
Erschienen: 01/2016
Einband: Klappenbroschur
ISBN: 978-3-453-31717-8
Sonstige Informationen:
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Götz Piesbergen

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