Die Abkehr von der Milchstraße – die Tefroder stellen eine Sterneninsel unter Quarantäne.

Für Galaktiker verboten!
© Pabel-Moewig Verlag KG

Titel: Für Galaktiker verboten!
Autor: Wim Vandemaan
Titelbild: Alfred Kelsner
Erschienen: 27.03.2020

Zur Handlung

Die Union positronisch-biologischer Zivilisationen bietet Atlan Flottenverstärkung in Thantur-Lok an, die dieser annimmt. Nebenher erfährt er vom Posbi Ganud von Tamaron Vetris-Molauds Expedition nach Andromeda im Jahr 1638NGZ, nachdem sämtliche Sonnentransmitter in der Nachbargalaxis 1637NGZ abgeschaltet worden waren.

Mit der SCIMOR setzt der Tamaron über, doch 280.000 Lichtjahre vor der Nachbargalaxis endet durch eine Linearraumsperre der Flug. Tefroder des Virthaniums erklären die Sperre als Quarantänemaßnahme gegen die Milchstraße, die sich seit der Zeit des Raptus Terrae in ihrem hyperdimensionalen Feld, dem Identfeld, verändere, vom Rest des Universums „abkehre“, was Gefahr verheiße. Letztlich kann der Rückflug nur mithilfe einer Tefroderin gelingen, die sich als Soynte Abil, die einstige Faktor VII der Meister der Insel bezeichnet …

Die Drei Ultimaten Beobachtungen

1. Hyper-/astronomische Einsichten

Seit Ende 1613NGZ detektierten Messstationen aus Andromeda bei der Milchstraße zunehmend „Hyperdimensionale Äquivalenzmuster stellarer wie suprastellarer Ordnung.“ Daher selbstverständlich allseits „mit der astrophysikalischen Theorie vertraut, dass jeder Stern und jedes Sternsystem, also jede Galaxis, ein mehr oder minder komplexes, aber immer einzigartiges Magnetfeld erzeugt. Das komplexe Magnetfeld einer Sterneninsel zeigt ein jeweils singuläres und deswegen unverwechselbares Muster. Dieses Muster stellt aber nicht nur so etwas wie einen magnetischen Fingerabdruck der Galaxis dar, es wirkt auch auf die materielle Galaxis zurück, es gestaltet sie, prägt sie, zeichnet Sternregionen vor. Jede Galaxis und ihr Magnetfeld bilden eine interdependente, von einander abhängige Einheit.“

Eine „universale Struktur“, deren „Schönheit“ auch die Posbis von ihren Dunkelwelten aus beobachtet haben. Magnetische Felder und galaktische Winde zusammen ergeben „Saatfelder“, wie die galaktischen Fingerabdrücke astronomisch erkennbar sind. Und was normal- kann auch hyperastronomisch beobachtet werden: „Jeder Stern und jede Galaxis erzeugt ein höherdimensionales Feld, ein hyperdimensionales Äquivalent, das sich in den Hyperraum erstreckt. Wie das Magnetfeld einer Galaxis bildet auch dieses galaktische Hyperenergiefeld ein unverwechselbares Muster, das bei der Gestaltung der realen, materiellen Galaxis mitwirkt. Auch hierbei handelt es sich um eine Interdependenz. Wir bezeichnen diese hyperdimensionale Signatur einer Galaxis als ihr Identfeld; den individuellen und unverwechselbaren Ausdruck einer Galaxis.“

Und dieses Identfeld sei, so die Andromeda-Tefroder, bei der Milchstraße, „verschoben“, und zwar um „einen Wert, der nicht null ist, aber von null ununterscheidbar.“ Feststellung, dass die spürbar „geschädigte“ und „verletzte“ Milchstraße durch diese Abkehr „aus der Gesamtheit aller Identfelder herausgefallen ist, dass sie herausgenommen worden, dass sie vertauscht ist. Dass sie mit etwas Unsäglichem kontaminiert wurde.“

Der Grund ist, kann nur sein: Der Raptus Terrae, der Austausch identfeldförmigen Terras und Lunas durch dyoversal unpassende Iya und Vira, deren Anwesenheit im Standarduniversum galaxisweit durchwirkt. Und das wird jenseits der Zerozone genauso sein, womit wir hier die Erklärung bekommen, warum dort die Dyo-Topsider derart feindlich gegenüber den Dyo-Galaktikern auftreten. Sie dürften diese Umstände wissen oder erahnen. Und möglicherweise erklärt sich hierüber auch das terranische Odium, das durch „psychoplastische Deformation“ Terraner(abkömmlinge) ihre nicht mehr identfeldvorhandene Welt erinnern lässt. Ich stoppe mal in der Begeisterung. Ich gehe aber von sehr tiefgreifenden weiteren Zusammenhängen aus, die damit nur angekratzt sind. Die Makroebene des Universums wird mit der Mikroebene der Lebewesen mehr denn je verknüpft, scheint mir.

Für mich kosmo(logisch)er sense of wonder par excellence, (gewiss pseudophysikalische) SCIENCE-Fiction mit ggf. multiversaler Perspektive! Hinzu, dass diese Einsichten keine höhere Wesenheit den Barbaren diktiert hat, sondern diese sich es sogar im völkerübergreifenden Wissenschaftsverbund in Andromeda selber erarbeitet haben und Tapar-Nuhanu es hier sinnvoll vorträgt. Sonst geraten Wissenschaftler auch in dieser Science-Fiction-Serie gerne mal zu spinnernden Fachidioten, die elfenbeintürmig vor sich hinplappern und nie ihren inneren Harald Lesch entdecken.

Hier nicht, was zum Teil an Ganuds Perspektive liegen mag, der wohl kein „Astro-Bot“ ist, aber als Posbi auch nicht wissenschaftsunwillig ist. Dass relativ unsterblicher Tamaron hier als unverständiger Hastspießer herhalten muss, der es doch mal gefälligst einfach auf die Effekte hin zusammengefasst bekommen will, ist schon drollig. Was machen ZAC-Träger eigentlich über die Jahrhunderte? Sich auf aktuellen Wissenschaftsstand bringen anscheinend nicht … Für mich war Kapitel 10, in dem all das ausgebreitet wird, auf jeden Fall äußerst gehaltvoll und sehr realistisch geschildert und wird noch weit nachhallen!

2. Andromeda ohne Meister? UNMÖGLICH

Das sog. „Andromeda-Desaster“ ist als Begriff schon seit dem PRFZ-Con in Osnabrück in fannischer Munde (bei mir nicht angekommen). “Rikmoon ist erst später dazugekommen, erst im fertigen Expose.” Und: „Zu Rikmoon und Soynte Abil (übrigens eine Erfindung von MMT) machen wir uns viele Gedanken, ja.“ So räumt es Wim Vandemaan klipp und klar ein und deutet voraus.

Ich muss gestehen, Soynte Abil als erste Faktor VII nicht auf dem Schirm gehabt zu haben. Atlan musste mir da nachhelfen und nun will ich genau wie er mehr von ihr wissen.

Unglaublich faszinierend, wie man dem uralten Thema aus dem fünften Zyklus der Serie bis heute immer neue Facetten abgewinnen und den Mythos der Meister abgründig fortschreiben kann. Und wie sehr das selbst einen wie mich packt, der den MdI-Zyklus damals nicht schon live lesen konnte und ihn heute auch nicht so gut lesen kann. Aber die „ewigen Meister“ gehören vermutlich zum Identfeld Andromedas längst hinzu und können so in unendlichen Reinkarnationen immer wieder aus der Geschichte auferstehen. War das immer gut? Vermutlich nicht. Ist es diesmal verheißungsvoll? Unbedingt! Allein Ousha Rikmoons Andeutungen, mit dem politischen Kurs der Stabilität nicht einverstanden zu sein, ihr eigenes Schiff als vorgeblich bloße Assistentin des Stationskommandanten, ihr Schutz- und Kampf-Gürtel …

3. Eistänzer

“Das Bild, das mich bei der Lektüre des Romans am meisten fasziniert hat, ist übrigens das eines Eistänzers. In der Einsamkeit des Weltalls zieht er seine Kreise. Dieses Bild hat mich verblüfft und begeistert.“ So Klaus Enpunkt Frick und so auch ich. Im Prolog vorbereitet und das vom Posbi Ganud ziemlich zentral erzählt, dass auch Atlan diesen Fokus bemerkte. Nur den Namen Audh wissen wir von diesem Kontakt-Telekoneten, der den Tamaron beinahe zerquetscht hätte und bei Ganud auch deren flexible Extremitäten zerschmetterte. Doch vom einsamen Tanzen abgesehen zieht Audh stumm seine Kreise auf der Oberfläche von YEDDVEN, dem uralten Weltraumbahnhof der Maahks.

Und wie WiVa Audh darstellt, das gereicht an Voltz heran, das ist „voltzen“. Und entnommen ist Audh der Realität, wie der Autor eindrücklich selber schildert:

„Der Eistänzer ist nur zum Teil eine Erfindung, ich habe eine entsprechende Gestalt in einem Konzertsaal oder Punkschuppen gesehen, lebensgroß, sicher über zwei Meter, sehr dunkel, ein absoluter Blickfang, wie ich ihn noch nie gesehen hab. Ich habe immer ein Notizheft dabei (Moleskin in Rot) und habe mir alles aufgeschrieben; damit war dieser Teil des Romans klar: eine Kunstfigur, die ich unbedingt im Roman haben wollte. Ein Rätsel, das ich auch selbst bald gelöst haben möchte, aber nicht in diesem Zyklus.“

Fazit zu „Für Galaktiker verboten!“

“Wenn Wim Vandemaan einen Roman schreibt, können die Leser sicher sein, dass sie eine besondere Geschichte erhalten. »Für Galaktiker verboten!« ist ein gutes Beispiel dafür.” Ein ausgezeichnetes sogar, obwohl WiVa noch nicht einmal seine sonst so hochgeschätzten Stilistiken zum Tragen bringt. Dafür gibt es geballt eistänzerisches Voltzen, kosmologischen sense of wonder und die Verheißung auf eine längst totgeglaubte Meisterin der Insel!

Dass (in Zweidrittel des Romans) Ganud und Vetris-Molaud als mal ganz andere Handlungsträger die Handlung tragen, finde ich sehr erfrischend, so wenig mir bisher der Tamaron „nahestand“. Und wie Ganud die Humanoiden und deren „Schemata körperlicher Annäherung aneinander“ schildert – mehrfach grandios! „Da konstruierten wir Posbis uns willentlicher, experimentierfreudiger, kühner.“ SO sieht’s mal aus.

Die wenigen Schlagworte zu Andromeda eröffnen mir auch grenzenloses Panorama der Möglichkeiten: Die Onryonen, die dorthin unerkannt auswanderten, eine On-Ökumene begründeten und die Technik des „Linearzonen-Passagen-Definitors“ für die Linearraumsperre zur Abriegelung Andromedas bereitstellten; die Stabilität als Friedensbund Andromedas, angeblich aus den eigenen Reihen entstanden und das in Nachfolge der Ereignisse rund um die Frequenz-Monarchie und die damaligen Eingriffe Rhodans und Atlans, die einen radikalen Abschottungsbund damit sicher niemals in Absicht hatten. Aber wieso wird auf die Frage der Technik, die für all dies von Nöten ist, von der Virthanium-Botschafterin so sehr abgewiegelt? Doch noch andere Mächte involviert und die Stabilität so unabhängig selbständig gar nicht? Was geschieht dort drüben, wovon wir in diesem Zyklus aber wohl nichts mehr lesen?

Und dann noch der zeitliche Zufall, dass hier von Quarantäne gleich einer ganzen Galaxis berichtet wird, während wir noch freiwillig oder schon betroffen ganz real in Quarantäne sind, weil ein Virus unsere Konstitutionen zu verändern droht. Der Roman ist vermutlich im Januar verfasst resp. abgegeben worden, so zeitaktuell wird WiVa wohl auch nicht arbeiten, dass er schon vom reichlichen vierlagigen Toilettenpapier wusste, das er im März bekommen haben würde. Aber auch dieser ganz reale Bezug zu diesem Thema macht dann das zufällige, hier aber berühmte I-Tüpfelchen aus! Ein prägender Roman!

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Dominic Schnettler
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Ein Gedanke zu „[Perry Rhodan 3058] Für Galaktiker verboten!“
  1. Wie vorausblickend und SCIENCE fictional von WiVa: ob nun gleich Identfelder – in jedem Falle kann man unglaublich viel zu einer Galaxie schon an ihrem Halo astronomisch aus- und festmachen. So ist der Halo Andromedas anscheinend bis zu zehnmal so groß wie die Galaxie selbst und überlappt sich teilweise sogar mit dem Halo der Milchstraße
    https://www.scinexx.de/news/kosmos/halos-von-milchstrasse-und-andromeda-beruehren-sich/
    FASZINIEREND!
    Fraglich nur umso mehr, wie man da eine ganze Galaxie in Quarantäne stellen können will, wenn man aufgrudn sich überlappender Halos nicht mal die Galaxien diesbzgl. fein voneinander trennen kann…

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