Ist Der Krieg der Eispiraten (Kult-)Trash oder ein verkanntes Meisterwerk?

Aus einer schönen Raupe zu einem zerzausten Schmetterling

Zwischen Idee und Veröffentlichung liegt ein langer Weg, auf dem die meisten Filme diverse Veränderungen durchlaufen, doch meist geht es dabei um Details. Nicht so bei diesem Film. An diesem ist, mit Ausnahme davon, dass er immer noch in der Zukunft spielt, so gut wie nichts so, wie ursprünglich ersonnen. Der Krieg der Eispiraten war als Raupe ein ernsthaftes Weltraumepos, verpuppte sich als humorig angehauchter Raumpiratenfilm und kehrte als leicht zerzauster, kunterbunter – und in meinen Augen extrem lustiger und sehenswerter – Trashkunstschmetterling zurück.

Plot sehr kurz: Nach dem großen Krieg ist Wasser knapp. Die Piraten leben davon, Eis zu stehlen. Dann erfahren sie, dass es da noch einen Planeten geben soll, auf dem Wasser zu haben ist, und machen sich auf die abenteuerliche Suche.

Die Original-Star Wars-Trilogie hatte die Film- und Kinowelt kräftig durchgeschüttelt und Begehrlichkeiten geweckt. Und anscheinend wollte auch MGM eine Space Opera mit allem Drum und Dran auf den Markt werfen. Ganze 20 Millionen Dollar wollte man seinerzeit investieren, beinahe doppelt so viel, wie für Star Wars – A New Hope geschätzt geplant waren (11 Millionen Dollar). Aber MGM steckte in finanziellen Schwierigkeiten, und die Banken sagten nein und deckelte das Budget für alle Filme auf 8 Millionen Dollar. Nicht genug, um die ursprüngliche Version umzusetzen, die den Titel The Water Planet tragen sollte und auf einem Drehbuch von Stanford Sherman (Krull) beruhte.

Eine bunte Besetzung

Aber MGM wollte den Film. Also wandte sich David Begelman, seinerzeit der COO von MGM, an Stewart Rafill, Co-Autor von Krull, der außerdem mit High Risk (1981) Begelmans Aufmerksamkeit erregt hatte. Rafill erklärte, er müsse das Drehbuch umschreiben und mehr Humor hineinbringen, und MGM war einverstanden. Beide, Rafill und der Produzent Foreman, sagten übrigens, Vorbilder für den Film seinen Piratenfilme gewesen, Star Wars hätten sie sich gezielt nicht vorher angesehen. Ob dem so ist, darüber möge sich jeder sein eigenes Urteil bilden. Wie dem auch sei, so fing es an.

Krieg der Eispiraten

Nachdem das Budget schon über den Haufen geworfen und das Drehbuch durch den Wolf gedreht worden war, überrascht es vielleicht nicht mehr so sehr, dass auch die Besetzung irgendwie ein bisschen unkonventionell war.

Laut IMDb hatte man die Hauptrolle ursprünglich Kevin Costner angeboten, der jedoch hatte abgelehnt (und vielleicht eine Idee im Hinterkopf behalten, die gut zehn Jahre später zu Waterworld führte, aber das ist pure Spekulation). Meiner Meinung nach: Gott sei Dank! Denn stattdessen erhielt die Rolle Robert Urich, und der war fantastisch. Er wurde allerdings nur besetzt, weil MGM bereits einen Serienvertrag mit ihm hatte und auf seine Beteiligung bestand. Angejica Houston wiederum war mit Foreman befreundet, und der wollte sie dabeihaben. Der NFL-Footballspieler John Matuszak, der bis dahin als Schauspieler noch nicht sonderlich auf sich aufmerksam gemacht hatte, gefiel einem der Finanziers.

Überhaupt war die restliche Besetzung ziemlich bunt: Zu den genannten kommen unter anderem noch hinzu: Mary Crosby, bis heute vor allem für ihre Rolle in Dallas bekannt, Ron Perlman, damals noch ziemlich unbekannt, John Carradine, eine der Größen des alten Hollywood, außerdem Michael D. Roberts, Bruce Vilanch, Ian Abercrombie, Alan Caillou (keine Ahnung, warum er unter diesem Namen geführt wird, meines Wissens ist das sein Pseudonym als Autor, eigentlich heißt er Alan Samuel Lyle-Smythe), Natalie Core, Jeremy West, Rockne Tarkington, Patty Maloney und Ron Taylor.

Autor und Regisseur Rafill wurde von all dem ziemlich überrollt. Er erklärte, es sei nicht sein Konzept, und fügte hinzu, sie hätten halt zusammengeworfen, was sie konnten, um die Sache witzig zu gestalten und die Story zu erzählen. Dazu gehörten natürlich auch Kulissen. Da wurden Autoteile zu Vorlagen für Gussformen, denn schließlich mussten sich die Piraten da draußen auch irgendwie behelfen, entsprechend also sollte das Schiff aussehen, mehr zusammengepfuscht als professionell erbaut. Allerdings könnte dabei auch das Budget eine kleine Rolle gespielt haben, schließlich griff man auch großzügig auf die Kulissen von Logan’s Run zurück.

Jede Menge Chaos

Als wäre es bis dahin nicht schon chaotisch genug, scheint es, als wären auch während der Dreharbeiten noch eifrig Änderungen vorgenommen worden und das hätte für ein weiteres Durcheinander gesorgt. So kann man laut IMDb rund um das Kastratationsförderband blutige Körperteile von Männern und Frauen sehen, was darauf hindeutet, dass da ursprünglich mal mehr geplant war als die Produktion dienstbeflissener Eunuchen. IMDb mutmaßt, es könnte mal um Ersatzteile und Nahrungsmittel gegangen sein, eine Idee, die auch durch eine Einstellung vor dieser Sequenz gestützt wird, in der ein Alien amputierte Beine in einem Mülleimer entsorgt.

Um das Chaos komplett zu machen, gab es dann auch noch Probleme mit dem neuen Studioleiter Frank Yablans, der im Vorfeld einmal übel mit Produzent Foreman aneinandergeraten sein soll. Dem Vernehmen nach war Foreman eng mit Paul Newman befreundet und hatte Yablans, als der sich abfällig über Newmans Frau geäußert hat, handgreiflich die Meinung gegeigt. Was den Film das Ende gekostet haben soll. Für den Schluss war eine Szene geplant und gedreht worden, in der die Helden die Erde erreichen, den Wasserplaneten. Sie fliegen über die Küste Malibus und sehen dort Menschen im Wasser schwimmen. Doch die Szene verschwand überraschend. Der Studioleiter hatte sie herausschneiden lassen, ohne Rafill auch nur zu informieren. Der wiederum erzählte, er habe daraufhin Wodka gebraucht, um sich wieder zu beruhigen.

Wie so oft: Die Kritiken waren durchwachsen. „… ein hektischer, verwirrender, äußerst witziger SF-Film, der aussieht wie ein »Star Wars«-Ableger in einer unterentwickelten Galaxie“, urteilte noch recht freundlich die NYT. Hingegen attestierte das Lexikon des internationalen Films den Eispiraten, üblichen Mustern zu folgen und sich geschmackloser Effekte zu bedienen. Bei Rotten Tomatoes kommt der Film gerade auf 17 % Zustimmung.

Von mir bekommt Der Krieg der Eispiraten 9 von 10 Punkten, weil er einfach Spaß macht. Außerdem hat uns dieser Film Weltraumherpes beschert, was allein eine lobende Erwähnung wert ist.

Geschrieben von Mika Siegle

 

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