Angriff auf einen Etappenhof – das neue Transportsystem ist in Gefahr.

Transmitter-Hasardeure
© Pabel-Moewig Verlag KG

Titel: Transmitter-Hasardeure
Autor: Uwe Anton
Titelbild: Swen Papenbrock
Erschienen: 13.03.2020

Zur Handlung

Unter akonischer Führung soll die Transmitterstrecke zwischen East- und Westside mit dem Etappenhof Kesk-Kemi am 12.04.2046NGZ vollendet und so 70.000 Lichtjahre Distanz verbunden werden. Am Rande des Chebor-Popta, des Sternenreichs der Cheborpaner soll die finale Einweihung stattfinden. Doch dazu kommt es nie, denn Infiltratoren übernehmen die Station, es kommt zu blutigen Geiselnahmen und es droht im Fiasko zu enden.

Doch der Friedensbund entsendet Retter und die Cairaner können die Station befreien. Scheinbar, denn anstatt in einen normalisierten Betrieb überzuführen, wird der Etappenhof Kesk-Kemi beschlagnahmt und so das vereinende Projekt quer durch die Milchstraße buchstäblich unterbrochen …

Die Drei Ultimaten Beobachtungen

1. Barbara, die Siganesin

Bis auf Kapitel 1 und einer kurzen Szene in Kapitel 9 erleben wir alles vom 10. bis zum 13.04. aus der Sicht der toughen, 20 cm stattlichen Siganesin Barbara Meekala. Ihres Amtes Mikro- und Transmitterspezialistin an Bord des Etappenhofs Kesk-Kemi, wo sie zusammen mit 11 cm größerer Swoonin Rohonzori als „beste Kolleginnen“ letzte Checks vor der großen Einweihungszeremonie durchführen. Wie es so kommen muss – es gibt einige unerklärliche Störungen, zu klein aber für konkrete Vermutungen oder gar den Stop des Betriebs.

Auf eigene Faust spüren die beiden unter trampelfüßigen Riesen den Fehlern nach und geraten frühzeitig an die Giuna Linh und Lanko Wow, die vom NDE als eine Art Geheimagenten inmitten zahlreichster Gäste hier abgesetzt wurden. Und als die Situation eskaliert, erst „nur“ Unfälle bei den Transmissionen auftreten, dann die Eroberer zuschlagen, versuchen sich beide Spezialistinnen daran, auch genau wie Geheimagenten zu agieren.

Das schildert Uwe Anton alles sehr chic, manch Eigenheit von Siganesen und Swoons kommen schön rüber und wie sich die beiden „strecken“ müssen, um in der zunehmend verzweifelteren Lage mit Können und Mut durchzustehen und ihren Beitrag zu leisten. UA hat es sogar geschafft, mich kurz zusammenzucken zu lassen, als vermeintlich ein Strahlerschuss Barbara in die Brust fährt, tödlich wäre er gewesen.

Doch nein, ich erwies mich nur als unaufmerksamer Leser und hatte situativ nicht gegenwärtig, dass Madame ihr Holo zugeschaltet hatte und nicht als 20 cm kräftige Siganesin, sondern augenscheinlich als 170 cm große Terranerin durch die Gänge vor den Häschern wegrannte – puh, Glück gehabt, dass sie Unübersehbarkeit während der Flucht für unauffällig gehalten und dass im Heft UA Siganesin und Swoonin nicht wie im PROC-Interview verwechselt und Barbara als „Gurke“ geschildert hat. Eine wahre Geheimagentin, die so pfiffig zu handeln vermag ganz ohne den Schnellkurs „In fünf einfachen Schritten zum Geheimagenten“.

Fragezeichen, dafür umso größere, nur hinsichtlich der geheimagentenwürdigen insgeheimen Zubauten Rohonzoris: wenn jenseits aller Protokolle die Swoonin problemlos eine swoongroße Wohnung als sehr gut ausgestatteten Rückzugsort inmitten von Wänden einbauen kann samt Fluchtweg bis in die Hangars des Etappenhofs und eines weltraumtauglichen Fluchtfahrzeugs … Dann wundert es mich nicht, dass man genauso problemlos und unentdeckt unter den Augen aller die Infiltration des Hofes, die Sabotage an den akonisch berwalteten Transmittern sowie die komplette Übernahme Kesk-Kemis vorbereiten und durchführen kann.

Es ist ja ganz niedlich, dass Rohonzori mithilfe Barbaras in ihrem Lebensraum Etappenhof ihren „Beutel“ samt bassstimmigen, siganesendaumengroßen Wachroboter Eppnu angelegt und für beide sogar einfach mal vorsorglich Deflektoren besorgt hat, aber damit führt man noch so gut gemeint ja nur eine kastastrophal unzureichende Sicherheitsüberwachung vor. Man stelle sich vor, durch den Fluchtgang wären swoongroße Angriffsroboter geströmt und hätten sich über diesen der Sicherheit völlig unbekannten Weg Zutritt verschafft.

Schön noch die mutmaßliche Anspielung auf Pralinen-Tenga. Weil auf der Flucht etwas kurzatmig, bekommt Barbara vorgehalten, sie sei nicht in Form: „Kein Wunder, wenn man sich so ungesund ernährt.“ Aber: „Sie achtete penibel auf ihre Ernährungsweise und orientierte sich an etablierten Trends, viel stärker als die Swoon.“ Wenn der Trend von Tenga ausgeht und im übermäßigen Verzehren von Pralinen besteht …

2. Uwe Anton, der Horror-Autor

Zwar wird Autor Uwe Anton nach Rückfrage des Rezensenten beim Hannibal Verlag sein Werk “Wer fürchtet sich vor Stephen King“ von 2010 nicht aktualisieren (bspw. zum 75. Geburtstag Kings 2022), aber Horror gelesen hat Uwe seither sicher genug. Denn von horrorösen, bluttriefenden Szenen wimmelt es in manchem Kapitel. Das geht hier einher mit mörderischer, schwer psycho- und soziopathischer Geiselnahme, wo sich die Eroberer mit den Toden der Geiseln Zugang zur Etappenhof-Zentrale erpressen.

Hinzu kommen die zwei Tomopaten Ly und Genner, die ob ihres Handelns sicher nicht zufällig im PROC-Interview von Roman und Uwe als „Tomopathen“ freudsch fehlgeschrieben wurden. Die metzeln sich typisch für ihr Volk durch Roboter und todesängstliche Gäste gleichermaßen. Das liest man bei PR höchst selten und ist in der expliziten Grausamkeit auch grenzwertig. Zuletzt vorgekommen in 2720 „Im Stern von Apsuma“ mit dem Schlächter-Tomopaten Schechter, wo mich die Handlung enorm gepackt hatte. Hier nur deshalb in wenigen Szenen, weil nicht die Eroberung des Hofes im Fokus stand, sondern wie Barbara all das erlebt und mitbekommt.

Und all dieses freimütige Abschießen und Morden als bloße inszenierte Vorhut, als Scheineroberung einer bis dahin völlig unbekannten Gruppierung, die „das schwere Arsenal: Thermostrahler, Desintegratoren, Impuls- und Intervallstrahler“ anwendet?

3. Was haben die Cairaner in ihren Außenhänden?

Denn diese Gruppe – mal angeblich vom Ara Zenderrit, dann von einem der Tomopaten angeführt – trägt „Phantasieuniformen“, gibt keine ernsthaften Gründe für so eine Aktion an (diese und jene Gegenstände und Mittel wolle man) und wirkt auf Barbara wie „Banditen, Verbrecher, Geiselnehmer, Piraten. Abschaum“. Einerseits zielsicheres, bestens ausgestattetes und sicher auch penibel vorgeplantes Vorgehen, rücksichtslos obendrein. Andererseits bleibt Motivation und Zielsetzung unklar.

Doch ein Cairaner wird nicht verfolgt, geschweige denn wie andere Geiseln getötet, sondern von einem der Tomopaten ziehen gelassen. Mit Matetao Goniwari taucht vor all dem Ungemach ein Cairaner im Range eines „Legaten für die Sicherheit öffentlich-interstellarer Transportsysteme“ auf. Er wird später zwar zusammen mit dem akonischen Hochrat und cheborpanischen Finanzier festgesetzt, doch zeigt er sich über die vorzeitige Befreiung durch den Trupp zeitweiser Geheimagenten um Barbara nicht glücklich. Mit Galu Alvaraidse wendet sich sogar hoch offiziell eine Sternenkonsulin an die Angreifer und fordert die Einstellungen von Kampfhandlungen, aber auch die „bedingungslose Kooperation“ bereitstehender cheborpanischer mit anrückenden cairanischen Kräften.

Und als der Etappenhof „befreit“ ist, werden Barbara und Rohonzori zu Gejagten statt zu verdienten Helfern. Kurzerhand wird der Hof beschlagnahmt, fadenscheinig wegen notwendiger Kontrollen und Checks, und von cairanischen Raumern abtransportiert. Dem können final unsere beiden Agentinnen auf Zeit gerade so entgehen, demnach aber auch nicht an Bord bleibend den Zielort per Hyperfunk durchgeben oder weiter auskundschaften.

Das ist nun also die große Frage: Warum? Warum schleppen die Cairaner einen – soweit uns bekannt – normalen Etappenhof ab? Warum legen sie damit das Projekt Transmitterstrecke aufs Eis resp. unterbrechen diese rigoros? Warum waren sie mal wieder schnell genug vor Ort, um mit passender Truppenstärke auffallend widerstandsarm den Hof „erretten“ zu können? Wieso werden beide massenmörderischen Tomopaten nicht festgesetzt, sondern sind die Häscher der beiden Ladies? Und wenn das alles inszeniert ist, wieso derart plump (allein Goniwari mit seiner Art auffallend unlegatisch) und wozu? Warum nicht per Dekret weitere Etappenhöfe untersagen? Warum nicht Gefahren für Transmitter fingieren und sich aus reinem Schutz vor Fehltransmissionen für die Einstellung der Transmitterstrecke einsetzen?

Die Fragen können beliebig erweitert werden und es bleibt die Irritation darüber, was die Cairaner da treiben. Vordergründig der hilfreiche und lebensrettende Friedensbund, hintergründig sehr sicher hintertrieben und hier wohl auf mörderische Mittel zum fraglichen Zweck setzend. Ich mutmaße sogar, dass der Vielvölker-Trupp der Angreifer von den Endlosen Straßen stammt und statt dort zu sterben hierüber die Chance zugesagt bekam, frei zu kommen, wenn sie Drecksarbeit für die Cairaner erfüllen. Die Cairaner sind und bleiben rätselhaft und werden es eher immer mehr – erst recht wenn man die kooperativen Kollegen im fernen Ancaisin kennengelernt hat.

Fazit zu „Transmitter-Hasardeure“

Zur Frage, warum auch Objekte und nicht nur Lebewesen auf der Transmitterstrecke Pausen einlegen müssen: „Weil jeder Transport eine sich potenziell zu disruptiven Vibrationen kumulativ aufschwingende molekulare Mikroverschiebungskomponente hinterlässt, die man gelegentlich abklingen lassen muss, um die Bildung von Mikrofissuren durch spontane Entbindung zu verhindern.“ So Physikerin Verena Themsen – aber ganz ehrlich, das war doch echt supernovaklar, wer hätte es nicht gewusst.

Mit „Transmitter-Hasardeure“ legt Uwe Anton einen für mich sehr spannenden, aus interessanter Nebenfigur-Perspektive verfassten Roman vor. Barbara und Rohonzori bekommen Raum, aber auch viele weitere Völker wie Akonen, Cheborpaner treten auf oder laufen auch nur „durchs Bild“. Auf der Gegnerseite mit einem Ara alles nur kein Mediziner, dafür zwar umso brutalere Tomopaten. Mit den blutigen Einschüben, die man abkönnen muss, kommen horroröse Elemente ins Spiel wie solche eines Thrillers. “So entsteht ein bunter, ein abwechslungsreicher Roman“.

Immer dringender will ich wissen, was diese Cairaner tun, ob auch dieser Akt Teil ihres Trajektes oder eine fragwürdigste galaktopolitische Maßnahme sein soll. Irritierend nur Kapitel 1, das so gänzlich unangebunden in Thantur-Lok bei Atlan kurz die dortige Lage aufgreift, um keinmal mehr dorthin zurückzukehren in „Transmitter-Hasardeure“. Sachgerechter Grund hierfür: “ Weil es so im Expo stand. Irgendwie muss die Handlung ja in Gang kommen.“ Und ohne Atlan oder Gucky kommt das Leseblut nun mal bei niemandem je in Wallung.


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Dominic Schnettler
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