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Die Discovery ist in der zweiten Folge der dritten Season im wahrsten Sinne des Wortes Fern der Heimat.

Eine Landung mit Folgen

An Bord der Discovery ist die Besatzung bewusstlos. Das Schiff selbst hat während der vorhergehenden Schlacht am Wurmloch enorme Schäden davon getragen. Das macht sich dann negativ bemerkbar, als alle aufwachen und feststellen, dass das Raumschiff auf einen fremden Planeten herabstürzt und sich nicht kontrollieren lässt.

Nur eine gute Idee von Lieutenant Detmer (Emily Coutts) verhindert eine Komplettkatastrophe. Trotzdem baut die Discovery eine Bruchlandung, was zu weiteren Verletzten führt. Das Schiff selbst kann sich nur nach weitreichenden Reparaturen von der Oberfläche lösen und wieder fliegen. Allerdings lassen sich nicht alle nötigen Teile an Bord selber herstellen. Doch zum Glück konnte Sylvia Tilly (Mary Wiseman) vor der Landung in der Entfernung Siedlungen orten. Der amtierende Kapitän Saru (Doug Jones) beschließt darauf hin, dass er und der Ensign zu einer solchen aufbrechen, um dort nach Hilfe zu suchen. Das gefällt Philippa Georgiou (Michelle Yeoh) überhaupt nicht. Doch der Kelpi kann sich ihr gegenüber durchsetzen.

Während Saru und Tilly unterwegs sind, wird an Bord des Schiffes an den Reparaturen gearbeitet. Auch Stamets (Anthony Rapp), der sich inzwischen durch die Behandlung seines Ehemannes und Arztes Culber (Wilson Cruz) von seinen schweren Verletzungen erholt hat, kann mit anpacken. Er arbeitet mit Commander Jett Reno (Tig Notaro) zusammen. Beziehungsweise, da sie sich den Rücken beim Crash verrenkt hat, erhält er von ihr Anweisungen, derweil er durch die Jeffries-Röhren kriecht.

Der lokale Tyrann

Gleichzeitig muss Commander Nhan (Rachael Ancheril), die neue Sicherheitsoffizierin der Discovery, feststellen, dass Philippa Georgiou sich selbstständig gemacht und das Schiff verlassen hat. Sie ist Saru und Tilly nachgegangen.

Die haben derweil eine der nahegelegenen Siedlungen erreicht. Sie erfahren, dass die Föderation, wie sie sie kannten, nicht mehr existiert, erhalten aber trotzdem Hilfe. Doch dann kommt der lokale Tyrann und kann aus wenigen Hinweisen von Saru und Tilly zusammenpuzzeln, dass sie Zeitreisende sind. Nachdem er demonstrativ einen der Siedlungsbewohner umgebracht hat, will er die beiden dazu „überreden“, dass sie ihm Dilithium aus der Discovery bringen.

Doch dann taucht Philippa Georgiou auf, die die anschließenden Angriffe des lokalen Herrschers Zareh gut wegsteckt. Es kommt zum Kampf, in dessen Verlauf der ehemalige Imperator und Saru die Gefolgsleute des Tyrannen erledigen können. Der wird wiederum dazu verurteilt, in der Nacht draußen herumzulaufen. Das kommt einem Todesurteil gleich, denn das Eis dieser Welt ist parasitär. Vor allem nachts wächst es wie wild und überall dahin, wo es hinkommen kann.

Keine Fortsetzung im Titel

Für die Discovery heißt das, dass sie sich trotz überwiegend ausgeführter Reparaturen nicht von der Oberfläche lösen kann. Erst durch den Traktorstrahl eines vorbeikommenden Schiffes gelingt dies. Und jenes Raumschiff wird von niemand Geringerem als Michael Burnham (Sonequa Martin-Green) gesteuert, die sich über das Wiedersehen freut. Denn sie wartet schon seit einem Jahr auf die Ankunft der Discovery.

Ich weiß leider nicht, wer sich den deutschen Titel überlegt hat. Aber wie man unschwer erkennen kann, ist der Episodenname kein „Ein Zeichen der Hoffnung Teil 2“. Stattdessen wurde diese Folge als Fern der Heimat tituliert. Es ist auch unklar, ob es jemals Teil 2 geben wird. Aber so eine Kleinigkeit wirkt unterm Strich unschön und wirkt, als ob irgendwo geschlampt wurde.

Doch davon mal abgesehen, hat man es hier mit einer weiteren gelungenen Folge zu tun. Einer Episode, die die Discovery mitsamt Crew in den Mittelpunkt der Handlung stellt. Was von den Verantwortlichen eine gute Entscheidung war, da der Zuschauer so nicht lange auf das Schicksal des Schiffes warten muss.

Der Fokus liegt auf den Charakteren

Fern der Heimat ist eine Ensembleepisode, in der nahezu jedes größere Mitglied des Casts eine oder mehrere Szenen erhält, in denen es glänzen kann. Der Fokus liegt zwar auf Saru und Tilly. Doch bleiben am Ende mehr als genügend Momente über, damit auch die anderen Figuren sich weiterentwickeln können.

Wodurch einmal mehr gezeigt wird, dass es von Nachteil ist, dass Michael Burnham der Star von Star Trek – Discovery ist. Denn durch den Hauptfokus auf sie gehen die anderen Figuren teilweise unter. Dabei ist da im Laufe der bisherigen Seasons eine Mannschaft herangewachsen, deren Potenzial nur selten wahrgenommen wurde. Weshalb eine Folge, wie es eben diese eine ist, wichtig ist, damit man sieht, was für interessante Charaktere da existieren und wie ihr Verhältnis zueinander ist.

Am besten beweist dies die Zusammenarbeit von Stamets und Jett Reno. Es ist einfach herrlich, wie trocken Tig Notaro ihre Figur darstellt. Wie sie komplett nüchtern beispielsweise gesteht, dass sie sich den Namen des Offiziers, der die Sporenantriebszelle reinigt, sowieso nicht merkt. Und diese Verhaltensweise trifft auf einen frisch genesenen Stamets, der noch immer ein wenig seiner alten Arroganz aufweist, als er meint, dass die Reparaturarbeiten ihn nicht betreffen würden.

Ein großartiger Kapitän

Doch auch Rachael Ancheril als die leitende Sicherheitsoffizierin der Discovery, Nhan, und Emily Coutts als Lieutenant Detmer können glänzen. Bei Ersterer erfährt man, wieso sie von der Enterprise zur Discovery übergewechselt ist. Bei Letzterer wird angedeutet, dass sie die vergangenen Ereignisse zwar physikalisch gut überstanden hat. Psychisch scheint mit ihr jedoch nicht alles in Ordnung zu sein.

Es gibt viele Highlights in Fern der Heimat. Doch mit das Größte ist sicher wie Saru es schafft, sich gegenüber Philippa Georgiou zu behaupten. Auch sonst beweist der Kelpi wiederholt, was für ein großartiger Kapitän er ist. Etwa zum Beispiel, wenn er sich bewusst für Tilly als Begleitung entscheidet und ihr unterwegs den Rücken stärkt. Übrigens wirkt der Ensign im Vergleich zu früheren Auftritten verhältnismäßig ruhiger und weniger quirlig.

Und natürlich erhält auch der ehemalige Imperator aus dem Spiegeluniversum seine Momente. Michelle Yeoh hatte zwar schon früher oft genug großartige Szenen. Doch dieses Mal kann sie beweisen wie abgebrüht ihre Figur ist. Wenn sie die Angriffe der Handlanger mit einem Spruch abschüttelt, lässt sich ein Schmunzeln nicht unterdrücken.

Ein grandioser Gegenspieler

Doch so stark die Folge bei den Charaktermomenten wirkt, so sehr baut der Plot ab, sobald Saru und Tilly bei den Siedlern ankommen. Wobei man diese die Schwäche eher relativ sehen muss. Es ist immer noch eine gelungene Episode. Nur eben keine überragende.

Das Problem ist, dass Saru hier in Fern der Heimat stellenweise zu naiv und unbesonnen agiert. Schon fast hilflos muss er mit ansehen, wie der Tyrann Zareh einen der Siedler umbringt, nur damit dieser beweisen kann, dass mit ihm nicht zu spaßen ist. Dass er bereit ist, über Leichen zu gehen, nur um sein Ziel zu erreichen.

Immerhin: Dieser Unterdrücker wird von dem Schauspieler Jake Weber gut dargestellt. Vor allem beeindruckt wie er anhand weniger Hinweise herausfindet, dass das Schiff durch die Zeit gereist ist. Dadurch verkommt er nicht zu einem 08/15-Gegenspieler, sondern erhält hierdurch ein wenig charakterliche Tiefe. Was sein Todesurteil am Ende der Folge allerdings nicht verhindert.

Wenn das Rampenlicht gestohlen wird

Dieses wirkt übrigens zynisch. Saru und Philippa Georgiou haben vorher die Männer dieses Tyrannen umgebracht und auf einmal hat der Kelpi Skrupel, deren Anführer ebenfalls zu töten? Stattdessen lässt er in Fern der Heimat zu, dass dieser in der Nacht raus soll, um vermutlich durch das parasitäre Eis zu sterben. Das passt irgendwie nicht so ganz zueinander.

Immerhin: Die Szenen in der Siedlung zeigen sehr schön, was passiert, wenn die Föderation als Garant für Recht und Ordnung nicht mehr präsent ist. Hier zeigen sich die Konsequenzen nicht im großen Rahmen, wie Michael Burnham es letzte Folge erfahren hat. Sondern im kleinen, lokalen Verhältnis, was deutlich persönlicher wirkt.

Am Ende kommt es zur Wiedervereinigung von der Discovery und Michael Burnham. Und auch, wenn es gut ist, dass dies nicht in der nächsten Folge geschieht, bleibt ein Nachgeschmack. Denn gefühlt wird durch ihre Rettungsaktion die Leistung der Crew herabgewürdigt und der Wissenschaftsoffizier übernimmt ungerechtfertigterweise das Rampenlicht.

Auf Englisch heißt die Folge „Far from Home“. Fern der Heimat ist da eine passende und genaue Übersetzung.

 

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Götz Piesbergen

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