Mit dem Ende des Krieges kommt kein Frieden – ist das Babylon-Projekt gescheitert?

Staffel 2 – Folge 20
Die Armee des Lichts / The Long, Twilight Struggle

Handlung

Londo (Peter Jurasik) ist immer noch auf Centauri Prime. Nach wie vor nimmt er es Lord Refa (Willam Forward) übel, dass durch dessen Intrigen Londos Freund in Ungnade fiel und er deshalb den Tod suchte. Refa ist aber guter Laune, der Krieg gegen die Narn steht kurz vor dem Ende. Die Narn haben nicht mehr viel zu verlieren. Sie planen einen Angriff auf den Versorgungsplaneten der Centauri auf Gorash 7. Wenn sie dort siegreich sind, könnte sich das Blatt des Krieges wieder wenden. Allerdings muss für diesen Angriff die ganze Flotte eingesetzt werden, sodass die Narn-Heimatwelt ungeschützt ist. Über diesen Plan ist Refa informiert und er plant, die wehrlose Heimatwelt der Narn anzugreifen.

Allerdings müssten Londos Verbündete der centaurischen Flotte den Rücken freihalten. Um die Narn schnell in die Knie zu zwingen, soll der Heimatplanet mit Massebeschleunigern bombardiert werden, eine fürchterliche Massenvernichtungswaffe, deren Nichtnutzung auch die Centauri vertraglich zugesichert haben. Londo ist mit der Situation nicht glücklich, er würde sich lieber heute als morgen von seinen Verbündeten trennen.

Sheridan (Bruce Boxleitern) lernt Draal (John Schuck) kennen, jenen Minbari, der in der ersten Staffel freiwillig zum Hüter des Planeten Epsilon III wurde. Er lädt Sheridan ein, ihn auf dem Planeten zu besuchen, und er soll Delenn (Mira Furlan) mitbringen. Draal ist über Sheridan gut informiert. Er weiß nicht nur, dass Delenn ihn kürzlich über die kommende Dunkelheit informiert hat, er weiß auch von Sheridans Beteiligung an der „Verschwörung des Lichts“ gegen die eigene Regierung. Draal stellt die Macht des Planeten ab sofort Sheridan und Delenn zur Verfügung. Er bittet Delenn, Sheridan jetzt auch über die Ranger zu informieren. Als Delenn und Sheridan zur Station zurückkehren, ruft Draal nach seinem Gehilfen: „Zathras“.

Der Sender ISN verbreitet die Nachricht, dass die Centauri begonnen haben, die Narn-Heimatwelt zu bombardieren, daraufhin kommt es zu Kämpfen zwischen Narn und Centauri auf der Station. Den Massebeschleunigern können die Narn nichts entgegensetzen. Nach der Bombardierung wird der Planet besetzt und die Regierung festgenommen. G’Kar (Andreas Katsulas) ist das einzige Mitglied des Kha’Ri, das noch frei ist. Er soll auf der Station um politisches Asyl bitten. Dies fällt G’Kar nicht leicht.

Doch dies ist die einzige Möglichkeit, Londos Forderung abzulehnen, G’Kar sofort auszuliefern. Der Kha’Ri würde wegen Kriegsverbrechen verurteilt. Außerdem werden ab sofort 500 Narn für jeden ermordeten Centauri hingerichtet werden. Schließlich demütigt Londo G’Kar, indem er ihn als Botschafter entlässt und ihn des Ratssaals verweist. Londo ist aber nicht so selbstsicher, wie er vor dem Rat tut. Nachdenklich hört er die Nachrichten, nachdem die Centauri-Republik weitere Ansprüche auf Planeten stellen wird.

Schließlich werden Sheridan von Delenn, Garibaldi (Jerry Doyle) und Kosh die Ranger vorgestellt, von deren Existenz er bisher nichts wusste.

Der Narn–Centauri-Krieg als Spiegelbild von Kriegen der Menschheit

Massebeschleuniger sind in der Welt von Babylon 5 eine der fürchterlichsten Waffen. Sie zerstören die gesamte Infrastruktur des Planeten, eine Staubwolke verdunkelt den Himmel. Die Folge lief in Großbritannien zwei Monate vor der US-Ausstrahlung, am 1. August 1995. Der Woche, in dem sich zum 50. Mal der  Tag des Atombombenabwurfs über Hiroshima und Nagasaki jährte. Da lag es nahe, den Angriff der Centauri mit einer Massenvernichtungswaffe als Anspielung auf den Atombombenabwurf zu sehen. Das war natürlich in erster Linie Zufall, denn die Ausstrahlungsreihenfolge auf Channel 4 hatte JMS nicht in der Hand. Er hatte aber den ganzen Narn-Centauri-Krieg so angelegt, dass die Zuschauer:innen 1995 viele Elemente aus vergangenen und gegenwärtigen Kriegen wiedererkannten. So war der Vorwurf, zivile Schiffe würden Waffen transportieren, ein Grund für die Deutschen im ersten Weltkrieg, US-Schiffe anzugreifen. Den Vorwurf, man würde lebende Schutzschilde verwenden, kannte man aus dem kürzlichen Krieg gegen den Irak. Insofern war es konsequent, dass die Centauri ihren quasi gewonnenen Krieg durch eine Massenvernichtungswaffe beschleunigten, wie es die USA 1945 mit Japan getan hatten. Und der Befehl, 500 Narn für jeden getöteten Centauri hinzurichten, war eine übliche Anweisung in den von Deutschland im 2. Weltkrieg besetzen Ländern.

Die Armee des Lichts

Meisterhaftes Schauspiel und realistische Raumschlacht

Es war aber auch für die künftige Handlung wichtig, einmal ganz klar zu zeigen, dass die Centauri jetzt eine imperialistische Expansion betreiben würden. Londo ist hin- und hergerissen zwischen einem immer stärker werdenden schlechten Gewissen, der Angst vor Mordens Verbündeten und seinen eigenen imperialistischen Gefühlen. Peter Jurasik hat in dieser Folge eine schwere Aufgabe. Er muss ganz unterschiedliche Emotionen spielen, die sich teilweise diametral gegenüberstehen. In der ersten Szene mit Refa muss er wütend über den Tod seines Freundes Urza Jaddo sein. Es war Lord Refa, der Jaddo als Verräter denunziert hatte und ihn so zu einem Selbstmord bei einem Duell mit Londo zwang. Dann muss er Furcht vor den Schatten zeigen, wenn Refa ihn drängt, diese wieder zu einem Angriff auf die Narn zu bringen. Während die Bombardierung auf Narn läuft, schaut Londo aus dem Fenster des Raumschiffes. In seinem Gesicht spiegelt sich das schlechte Gewissen, er weiß, dass in diesen Momenten Millionen von Narn sterben und nach der Bombardierung auch weiterhin sterben werden. Schließlich die Szene im Rat, wo er eiskalt die Kapitulationsbedingungen verliest und ankündigt, künftig würden für jeden ermordeten Centauri 500 Narn sterben. Er will G’Kar erniedrigen und verlangt, dass dieser den Raum verlassen müsse. Er schreit Sheridan an, um seiner Forderung Nachdruck zu verleihen. Das ist eine beeindruckende Leistung von Peter Jurasik.

Andreas Katsulas steht dem in keinster Weise nach. Er warnt seine Regierung noch, den Heimatplaneten unbewacht zurückzulassen. Er hat sogar konkrete Hinweise darauf, dass die Centauri einen Angriff auf die Heimatwelt vorbereiten. Sein langsamer Gang in Sheridans Büro, um bei ihm um Asyl zu bitten, kommt dem Gang eines Delinquenten gleich. G’Kar verliert immer mehr die Hoffnung, dargestellt durch die Kerzen in seiner Kabine, von denen immer weniger brennen, bis schließlich die letzte Kerze erlischt. Und doch gibt es Hoffnung, selbst in der Dunkelheit. Er prophezeit Londo, dass die Narn den Centauri schon einmal eine Lektion erteilt hatten, sie würden es wieder tun.

Die Folge war auch in Sachen Tricktechnik eine Meisterleistung. JMS wollte die Raumschlacht anders machen, als man es sonst in Filmen und Serien sah. Dort sah man sich gegenseitig beschießende Raumschiffe, die wie in einem Seegefecht umeinander herumflogen. Eine Raumschlacht würde aber vermutlich nicht nah beieinander geführt, sondern über sehr große Entfernungen hinweg. Die sich bekämpfenden Schiffe sind tausende von Kilometern voneinander entfernt und können sich optisch gar nicht sehen.

Genau das erleben wir in der Raumschlacht zwischen Narn und Schatten. Der Narn-Kommandant sieht die Gegner nicht, einzig die Scannerdaten zeigen an, wo der Gegner ist. Wenn die Waffen abgefeuert werden, sieht auch der Zuschauer nicht, auf was sie abgefeuert wurden. Die Kamera folgt dann den Geschossen bis schließlich die Schattenschiffe sichtbar werden.

Draal und die Macht von Epsilon III

Nach gut einem Jahr taucht in der Serie wieder der Minbari Draal auf. Er war im Zweiteiler Angriff der Aliens in der ersten Staffel nach Babylon 5 gekommen, um sich dann freiwillig zum Hüter des Planeten Epsilon III zu machen. Damals wurde Draal noch von Louis Turenne gespielt. Dieser hätte die Rolle auch weiterhin gespielt, aber er stand bei den Dreharbeiten nicht zur Verfügung. Deshalb übernahm John Schuck die Rolle und das veränderte Aussehen wurde damit erklärt, dass die Maschine verjüngend auf den Minbari gewirkt habe. John Schuck, der auch in zwei Star Trek-Filmen, Deep Space Nine, Voyager und Enterprise auftrat, spielte Draal etwas anders als Louis Turenne. Bei Schuck wirkt Draal irgendwie „theatralischer“, so als stünde er auf einer Bühne. Er overacted etwas und macht weit ausholende Armbewegungen, wie das bei Bühnenschauspielern vorkommt.

Die Armee des Lichts

Draal ist eigentlich nur eine Projektion, ein Hologramm. Das hat Mira Furlan dann auch ganz schnell vergessen, denn sie berührt Draal liebevoll. Eigentlich hätte ihre Hand durch ihn hindurchgehen müssen. Die letzte Szene von Draal ist natürlich besonders genial. Er will mit der Arbeit beginnen und ruft seinen Gehilfen Zathras. Zathras war jenes Alien, das uns in Verloren in der Zeit erstmals begegnete und das im ersten Moment Sinclair mit „Du bist der Eine“ angesprochen hatte. Dieser Zathras ist also gar nicht so weit weg von Babylon 5 auf dem Planeten Epsilon III. Die Frage ist nur: Ist dieser Zathras der Gleiche, der mit Babylon 4 verschwunden ist, oder wird er dies erst noch tun? In etwa einem Jahr werden wir ihn wiedersehen.

JMS hatte Louis Turenne versprochen, für ihn eine neue Rolle zu finden, damit er wieder in Babylon 5 auftreten könne. Und dieses Versprechen hielt er: In der dritten Staffel richtet sich Bruder Theo mit seinem Orden auf der Station ein, und dieser wird eben von Louis Turenne gespielt.

Am Ende der Folge bittet Delenn Sheridan in den Konferenzraum, um ihm die Ranger vorzustellen. Natürlich ist auch Garibaldi dabei, denn er kennt die Ranger ja schon. Erstaunlicherweise ist auch Kosh dabei, der mit den Rangern eigentlich gar nichts zu tun hat. Wenn Delenn ihn eingeladen hat, müsste sich an dieser Stelle Garibaldi etwas wundern, denn er kennt wiederum die Schatten und die Rolle, welche die Vorlonen im letzten Krieg spielten, nicht. Ich bin, wenn ich das hier jetzt schreibe, tatsächlich etwas unsicher, ob es je eine Szene gibt, in der man Garibaldi über die Schatten informiert, oder ob wir davon ausgehen müssen, dass er es in einem ungezeigten Moment erfahren hat und es jetzt weiß. Nun, dann muss ich wohl weiterhin die Reviews schreiben, um das noch zu erfahren.

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Dirk Wilkens-Hagenkötter
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