Manchmal ist die Antwort auf eine einfache Frage gar nicht so einfach.

Staffel 2 – Folge 21
Das Verhör des Inquisitors / Comes The Inquisitor

Handlung

Delenn (Mira Furlan) kündigt bei Sheridan (Bruce Boxleitner) die Ankunft eines Inquisitors an. Sie versucht ihm zu erklären, dass Kosh (Jeffrey Willerth) sicher sein will, dass Delenns Handlungen aus dem richtigen Grund geschehen. Kosh will eine Bestätigung, dass die richtigen Leute zur richtigen Zeit am richtigen Ort sind. Sheridan bietet Delenn seine Hilfe an, aber sie besteht darauf, sich allein mit dem Inquisitor zu treffen.

Der Inquisitor (Wayne Alexander) kommt auf einem Schiff der Vorlonen auf die Station. Er heißt Sebastian, kommt aus dem London des Jahres 1888. Dort wurde er von den Vorlonen mitgenommen.

Delenn trifft den Inquisitor in Grau 19. Der unheimliche Mann legt Ringe an Delenns Handgelenke und stellt ihr nun immer wieder die Frage „Wer bist du?“ Delenns Antworten gefallen ihm nicht, und über die Ringe werden ihr Schmerzen zugefügt. Delenn könne das Verhör jederzeit abbrechen und die Ringe ablegen, aber damit würde sie zeigen, dass sie nicht bereit für die anstehenden Aufgaben sei. Wenn sie glaubt, eine Auserwählte zu sein, dann könne ihr das Verhör wohl nichts anhaben, denn die Mächte, die sie ausgewählt hätten, würden sie wohl nicht sterben lassen. Wenn sie sich aber irrt und sie nicht auserwählt sei, dann kann ihr Stolz sie töten.

Lennier bittet Sheridan um Hilfe, er hat Angst, der Inquisitor werde sie umbringen. Sheridan begibt sich schleunigst nach Grau 19. Und jetzt zeigt sich, dass Sebastian genau darauf gewartet hat. Jetzt ist Sheridan an der Reihe. Auch er leidet unter den Schmerzen. Delenn bittet, Sheridan freizulassen, sie will sich für ihn opfern. Damit beendet der Inquisitor das Verhör. Wesen, die bereit sind, für ein einziges andere Lebewesen zu sterben, nicht für Millionen, sind die Richtigen.

Als Sebastian die Station verlässt, eröffnet Sheridan dem Inquisitor, dass er ihn erkannt habe. Sebastian war einst Jack the Ripper.

G’Kar hat Probleme mit anderen Narn auf der Station. Sie zweifeln, ob er überhaupt die Macht habe, etwas gegen die Centauri zu unternehmen. Sie fordern als Beweis, dass er Nachrichten von ihren Familien bringt. Sheridan will ihm helfen. Er will erstmals die Ranger einsetzen, sie sollen Kontakt mit den Familien der Narn aufnehmen. Als G’Kar mit den Briefen der Familien zu seinen Leuten zurückkehrt, vertrauen sie ihm und ordnen sich ihm unter.

Das Verhör des Inquisitors

Zwei Fragen

 

Diese Folge steht ganz im Zeichen der Frage „Wer bist du?“ Diese Frage tauchte schon mehrmals in der Serie auf, aber nie so deutlich wie in dieser Folge. Es ist die Frage, die von den Vorlonen gestellt wird, während die Schatten fragen „Was willst du?“

Beide Völker stellen ihren potentiellen Protegés ihre jeweilige Frage. Beide lassen diese Frage von einem Menschen stellen. Für die Schatten fragt Morden und für die Vorlonen fragt Sebastian. Allerdings werden die Fragen unter gänzlich unterschiedlichen Rahmenbedingungen gestellt.

Morden überrascht Londo und G’Kar mit der Frage „Was wollen Sie?“, lässt ihnen keine Zeit zum Überlegen. Und die Antwort, die er bekommt, nimmt er kommentarlos an und geht wieder. Die Schatten erwarten eine schnelle Antwort ohne nachzudenken. Die Befragten wissen gar nicht, was das Ganze für einen Sinn hatte.

Sebastian dagegen ist durch Kosh angekündigt worden. Delenn weiß, dass sie geprüft werden soll. Sie weiß sogar, dass es unangenehm werden könnte. Die Frage selbst „Wer sind Sie?“ ist eine Frage, auf die es keine schnelle Antwort gibt. Entsprechend ordnet Sebastian jede Antwort als falsch ein. Es ist am Anfang des Verhörs egal, was man antwortet, es ist die falsche Antwort. Den Vorlonen kommt es gar nicht darauf an, eine schnelle Antwort zu bekommen, sie wollen einen Lernprozess bei den Befragten beginnen, sie zur Selbsterkenntnis treiben. Sie wollen, dass die Befragten die Frage für sich selbst beantworten können, dass sie nachdenken. Ich bin das Wesen, mit diesen Schwächen, diesen Stärken, mit diesen Leidenschaften, diesen Überzeugungen und diesen Irrtümern. JMS beschreibt es im Lurkers Guide so:

»Es ist ein Prozess, der darauf ausgelegt ist, die Künstlichkeit, die wir um uns herum konstruieren niederzureißen, bis wir uns selbst gegenüberstehen, nicht unseren Rollen. Irgendwann muss die „Antwort“, wie sie ist, über die Sprache hinausgehen.«

Als Sebastian fragt, ob Delenn jemals Zweifel an sich selbst gekommen seien, und sie mit Ja antwortet, hat sie die erste Hürde genommen. Sebastian ist sogar überrascht und legt eine kleine Pause ein. Er ging davon aus, dass jede zu prüfende Person so irregeleitet sei, wie er im Jahre 1888. Als Delenn sich dann für Sheridan opfern will, gibt sie damit die richtige Antwort. Sie ist keine besondere Person, wenn sie weg ist, kommt jemand anderes und übernimmt ihre Aufgaben.

Sheridans Verhör

Man könnte sich fragen, warum Sheridan nicht ebenfalls vom Inquisitor verhört worden ist. Er kommt zwar, um Delenn zu helfen, und wird von Sebastian sofort schmerzhaft befragt, aber das diente dazu, Delenn einer weiteren Qual auszusetzen, um eine Reaktion zu erzwingen. Sheridan selbst scheint die Frage nach dem „Wer sind Sie?“ nicht beantworten zu müssen.

Doch, im Grunde schon, nur war in seinem Fall Kosh derjenige, der ihn mit dieser Frage konfrontiert hat, den Erkenntnisprozess begonnen hat. Kosh unterrichtet Sheridan nicht in Taktik oder Schattengeschichte. Er lehrt Sheridan, sich selbst zu erkennen. Die Frage „Wer sind Sie?“ stellte Kosh sogar schon, bevor er mit dem eigentlichen Unterricht begann durch den surrealen Traum, als Sheridan in Gefangenschaft der Streibs war. Und durch die Gefangenschaft stand er unter dem gleichen Druck, wie Delenn unter der Folter. Ich dachte schon in der Folge Alarm im Sektor 92 darüber nach, dass es gut gepasst hätte, wenn die Streibs ein Hilfsvolk der Vorlonen seien. Dann wäre Sheridans Traum tatsächlich so etwas wie sein Verhör gewesen. Jetzt kann man nur davon ausgehen, dass Kosh die Gelegenheit genutzt hat, als er spürte, dass Sheridan in Gefangenschaft ist.

Es gibt noch eine weitere Frage, die in Babylon 5 wichtig ist. „Warum sind Sie hier?“ Diese Frage stellt sogar Sheridan selbst in seinem Traum an Kosh. Die Variante „Warum bin ich hier?“ gilt dabei genauso. Die Frage ist eigentlich keine Vorlonen-Frage, denn Sheridan wird sie in etwa einem Jahr selbst von Lorien gestellt bekommen. Zufällig eine Figur, die wiederum von Wayne Alexander gespielt wird. Oder ist das gar kein Zufall? Die Diskussion darüber muss noch bis zum Beginn der 4. Staffel warten.

Wer ist G’Kar? Was will G’Kar?

Was weder Schatten noch Vorlonen bedenken, ist, dass beide Fragen ihre Berechtigung haben, aber entscheidend ist, in welcher Reihenfolge sie gestellt werden. Erst wenn ich mir selbst die Frage nach dem „Wer bin ich?“ beantwortet habe, kann ich ehrlich auf die Frage „Was will ich?“ antworten.

Sowohl Londo als auch G’Kar haben einst vorschnell die Frage „Was willst du?“ beantwortet. Und es führte die beiden Völker in den Untergang. G’Kar beginnt gerade, sich neu zu besinnen. Er kommt schon in dieser Folge in Situationen, die ihn dazu zwingen, sich selbst die Frage zu stellen. Zum einen, als er gar nicht erst den Versuch macht, Garibaldi über den Waffenschmuggel zu belügen. Als Belohnung für seine Ehrlichkeit erhält er einen Kontakt, der eine Waffenlieferung nach Narn vereinfacht.

Zum anderen bei seiner Begegnung mit Vir im Lift, eine bemerkenswerte Szene. Vir sieht zu spät, dass G’Kar im Lift ist und weiß nicht, wie er sich nun verhalten soll. Vir hat Sympathien für die Narn und weiß nicht, was er in diesem Moment machen soll. Schließlich sagt er G’Kar, dass ihm das alles leid täte. G’Kar starrt ihn mit bewegungsloser Mine an. Dann verlässt er den Lift, dreht sich um und schneidet sich in seine Hand. Jedes Mal wenn ein Blutstropfen zu Boden fällt sagt er „Tod, Tod, Tod …“ Wie kann sich Vir bei den Toten entschuldigen? Das kann Vir nicht. Dann kann G‘Kar auch nicht vergeben. Das ist eine sehr schön geschriebene Szene, die von Andreas Katsulas und Stephen Furst sehr gut gespielt wurde. Man fühlt den Schmerz beider Figuren. Vir hat aus dieser Begegnung etwas für sich mitgenommen. Er hat verstanden, dass Tote nicht vergeben können. Aber er kann etwas für die Lebenden tun. Und G’Kar wird lernen, einzelne Personen nicht für die Taten des ganzen Volkes zu hassen.

Die Szene im Fahrstuhl wurde bei der englischen Ausstrahlung beschnitten. Die Stelle, als sich G’Kar in die Hand schneidet und das Blut zu Boden tropft, fiel der Schere zum Opfer. Dadurch wirkte die Szene unverständlich.

Noch ein paar Anmerkungen

Gaststar dieser Folge ist Wayne Alexander. Er ist ein amerikanischer Theaterschauspieler, der sich vor allem auf klassisches Theater spezialisiert hat. Er tritt nicht oft in Fernsehserien auf, denn seine Welt ist Bühne. Als Sebastian spricht er mit so reinem englischem Akzent, dass die englischen Zuschauer*innen ihn für einen Engländer gehalten haben. Aber sogar JMS selbst war damals dieser Meinung, denn noch im Lurkers Guide bezeichnet er ihn als britischen Schauspieler.

Im Drehbuch machte JMS einen anderen peinlichen Fehler. Als Sheridan Sebastian erklärt, was er über ihn herausgefunden habe, meinte er, am Vorabend seines Verschwindens sei eine Mordserie im West End beendet worden. Damit waren die Morde von Jack the Ripper gemeint. Diese fanden aber in Whitechapel, im East End statt.

Das war JMS sehr peinlich, und bei Wiederholungen wurde die Szene korrigiert, Boxleitner synchronisierte den Satz noch einmal neu mit „East End“, so ist es dann auch auf der DVD zu hören. Aber als die Serie bei Netflix in den USA lief, sagte Sheridan wieder „West End“. In der neuen HD Fassung auf HBO Max ist aber wieder die nachsynchronisierte Fassung im Programm.

Und die deutsche Synchro hat tatsächlich aufgepasst und schon bei der Erstausstrahlung Sheridan das richtige „East End“ in den Mund gelegt.

 

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Dirk Wilkens-Hagenkötter
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