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Im Jahr 1988 herrscht noch immer der Kalte Krieg. Das US-Atom-U-Boot USS Montana versinkt aus ungeklärter Ursache am Rande des Abgrundes des Kaimangrabens und strandet schließlich in 600 Meter Tiefe.

Blubb, Blubb, weg war es…

Eine Rettungsmission gestaltet sich heikel, da der Fundort nur 80 Kilometer vor der kubanischen Küste liegt. Sowohl sowjetische als auch kubanische Spionageboote beobachten argwöhnisch jede Aktivität des eingesetzten US-Marine-Schiffes. Die Situation könnte jederzeit eskalieren.

Handlungsunfähig beschließt das Einsatzkommando der Marine verzweifelt, die revolutionäre Tiefenbohrinsel Deepcore unter der Leitung von „Bud“ Brigman zu engagieren. Nach anfänglichem Zögern stimmt die Crew aufgrund einer attraktiven Auslöse für den Rettungseinsatz, erfährt aber erst im Anschluss, dass sowohl Brigmans Ex-Frau, die die Tiefseestation einst mitentwickelt hatte als auch ein Navy-Seals-Team mitfahren.

Vorgeblich soll die Einheit den Rettungseinsatz koordinieren und leiten. Die Wahrheit sieht aber wesentlich furchterregender aus. Lt. Hiram Cofely hat den strikten Auftrag, die auf der Montana stationierten Atomsprengköpfe zu bergen und notfalls einzusetzen. Denn das U-Boot ist keineswegs aus ungeklärter Ursache gesunken, sondern wurde von einem sogenannten USO, einem unidentifizierten unterseeischem Objekt, gerammt.

Als das US-U-Boot gefunden und allmählich klar wird, dass in den Tiefen des Meeres eine nicht-irdische Intelligenz existiert, verfällt Lt. Coffey immer mehr dem Tiefenkoller. Seine Wahnvorstellungen reichen schließlich so weit, dass er einen geborgenen Atomsprengkopf gegen die Aliens einsetzen will. Nun entbrennt in der ewigen Nacht der Tiefsee auf der engen Station ein Kampf um Leben um Tod, den letztlich nur einer gewinnen kann.

The Abyss

Deep-Sea-Sci-Fi gibt es gar nicht, oder etwa doch?

Science-Fiction als Gattung oder Genre (je nach Lesart) verfügt bekanntlich über zahlreiche Subgenres. Von der Utopie bis zur Dystopie, Space Opera, Military, Postapokalyptik, Cyber- und Biopunk und sogar Science-Fiction-Western existieren zahlreiche Spielarten, die gerne auch wild gemixt werden. Da verwundert es eigentlich schon fast, dass es so etwas wie „Tiefsee- oder Deep-Sea-Sci-Fi“ bisher nicht offiziell als eigenständige Unterart gibt. Dabei wissen wir auch heute leider nicht wesentlich mehr über das Weltall als über die Tiefsee. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass SF-Bücher und Filme, die im Meer angesiedelt sind, oder diesen spannenden Lebensraum doch zumindest thematisieren, relativ selten sind.

Allerdings bewies schon Jules Verne mit seinem 1869/1870 erschienenen Meisterwerk 20000 Meilen unter dem Meer (Vingt mille lieus sous les mers), wie spannend die Tiefen des Meeres sein können. Immerhin brachte es der Roman seit 1906 bislang auf mehr als zwölf Verfilmungen. Und ohne Stuart Patons berühmte Version von 1916 wäre vielleicht ein Film wie The Abyss so nicht entstanden, denn die im Stummfilmklassiker gezeigten innovativen Unterwasseraufnahmen wurden in einem Tank in Nassau gedreht und gehören zu den ersten ihrer Art. Die Filmpioniere J. Ernest und George M. Williamson legten mit der Entwicklung einer Unterwasserkamera den Grundstein für die grandiosen Aufnahmen, die wir 1989 in James Camerons Film bewundern durften.

The Abyss

Ein kleiner Faktencheck

Und eben jene tragen mit dazu bei, dass das Werk zum Klassiker wurde. Das liegt zum einen an den bereits erwähnten fantastischen, von Al Giddings geleiteten Unterwasseraufnahmen. Die Produzentin Gale Anne Hurd berichtet in einer auf der Special Edition enthaltenen Dokumentation etwa: »Es war eine Herausforderung. Etwas so Schwieriges werde ich wohl nie wieder machen. 40% der Aufnahmen erfolgten unter Wasser. Also wollten wir die besten Unterwasserspezialisten.« Ein kleiner Faktencheck verdeutlicht diese Aussage.

Der Film konnte aufgrund zahlreicher Probleme trotz aller Vorbereitungen nicht im Meer realisiert werden. Stattdessen entdeckten die Location-Späher in Gaffney, South Carolina, das nie fertiggestellte Atomkraftwerk Cherokee, dessen Behälter mit rund 28 Millionen Liter Wasser gefüllt wurde. Anschließend spannte man eine riesige dunkle Plane und kippte etwa 7 Milliarden schwarze Plastikkügelchen ins Becken. Diese verhinderten unnötige Reflexionen, die die Illusion der ewigen Nacht in der Tiefsee unwiderruflich zerstört hätten. Die Bauzeit für das Hauptset der Rig und die sie umgebende Meereslandschaft betrug vier Monate und wurde erst fertiggestellt, als schon Wasser in den Tank gelassen wurde. Ein zweiter Tank, B-Tank genannt, war immerhin noch 64 Meter lang und 6 Meter tief und fasste über elf Millionen Liter Wasser.

Um die Aufnahmen möglichst realistisch und ansprechend zu gestalten, wurden teilweise echte Unterwasserfahrzeuge, wie etwa kleine U-Boote oder Sea-Scooter verwendet. Für Crew und Cast erdachte man eigens neue Helme, durch die die Gesichter der Akteure zu sehen waren. Vom U.S. Militär entwickelte, unterwassertaugliche Mikrofone wurden eingebaut. Abgesehen von Ed Harris besaß übrigens keiner der anderen Schauspieler Taucherfahrung, weshalb sie zuerst einen Tauchkurs und anschließend bis zu zehn Stunden tägliches Training absolvieren mussten, bis die Dreharbeiten endlich losgehen konnten. Außerdem lernten sie, die oben angesprochenen Fahrzeuge zu bedienen, wenn auch teilweise nur rudimentär.

The Abyss

Der Wasserwurm – ein Hauch von Star Wars

Einige Spezialeffekte waren für die damalige Zeit bahnbrechend, so etwa der bekannte Wasserwurm. Der Effekt wurde von der u.a. auch für Star Wars und Star Trek tätigen Spezialeffekte-Firma Industrial Light & Magic in Zusammenarbeit mit der kanadischen Firma Alias realisiert, die seit einiger Zeit mit möglichst realitätsnahen Computermodellen experimentierte. Rolf Gießen schreibt in seinem Buch Künstliche Welten, es handele sich um einen »nicht-terrestrischen Unterwasser-Pseudopod aus dem Computer […] Cameron hatte vor, für die Realisierung zuerst Stop-Motion, Replacement-Animation oder hydraulische Wassersysteme zu benutzen«. Abschließend bezeichnet er die fünfundsiebzig Filmesekunden als einen ersten »Höhepunkt der Computer Animation«.

Der betriebene technische Aufwand dieses fast siebzig Millionen Dollar teuren Filmes erscheint auch heute noch absolut gerechtfertigt, denn The Abyss wirkt auch nach über dreißig Jahren absolut zeitlos.

The Abyss

Altbekannte Gesichter im Cast

Das trifft im Übrigen auch auf die grandios gezeichneten Figuren in Camerons Drehbuch zu, die durchaus einige Ähnlichkeiten zu seinem drei Jahre zuvor erschienen SF-Horror Aliens aufweisen. Außerdem holte sich der Regisseur wohl Anregungen bei Das Boot und 2001, Odyssee im Weltraum.

Für die Hauptfiguren wurden mit Ed Harris als Bud Brigman, Mary Elizabeth Mastrantonio als Lindsey Brigman und Michael Biehn als Antagonist Lt. Hiram Coffey die bestmöglichen Schauspieler verpflichtet. Michael Biehn (Terminator, Aliens – Die Rückkehr, Terminator 2) gefällt als paranoider Navy Seal und Ed Harris bringt genau die richtige Portion an Sympathie und Härte mit, um zu überzeugen. Doch auch die durch Leo Burmeister als Catfish, Todd Graff als „Hippy“ und John Bedford Llyod besetzten Nebenfiguren sind sehr gut gewählt.

Fazit

The Abyss ist ein Film der Superlative unter den modernen Science-Fiction-Klassikern. Das Werk hat alles, was zur Unterhaltung der Extraklasse notwendig ist, ein gutes Drehbuch, einen fantastischen Regisseur, tolle Schauspieler und atemberaubende Filmaufnahmen inklusive bahnbrechender Spezialeffekte. Anders als zehn Jahre später Sphere vermag es das Werk, das volle Potenzial seiner klaustrophobischen Thematik zu nutzen und voll auszuspielen. Darüber hinaus durchdringt Cameron die Oberfläche seines Drehbuchs und bringt politische, philosophische und ökologische Ansätze ins Spiel, die heute noch hochaktuell und sehenswert sind.


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Reinhard Prahl

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