Ist die zweite Staffel von Lower Decks eine der beste in der Star Trek-Historie überhaupt gewesen?

Kritik wurde berücksichtigt

„To Be Continued“: Mit einer weiteren Referenz an die Cliffhanger aus der Star Trek-Zeit der 80er und 90er Jahre ist die zweite Season von Star Trek – Lower Decks zu Ende gegangen. Was bleibt, ist eine Staffel, die viele begeisterte, aber ebenso von einigen stark kritisiert wurde. Schließlich ist hier einige Male die Grenzen des jeweiligen guten Geschmacks ausgelotet worden.

Die erste Season der Serie war gut, hatte aber auch Luft nach oben. Vor allem die mangelhafte Charakterisierung von D’Vana Tendi galt es damals zu bemängeln. Jedenfalls war am Ende der Season Brad Boimler auf der Titan und hinterließ eine verärgerte Beckett Mariner.

Dass die Macher von Lower Decks die Kritik an der ersten Staffel berücksichtigten, beweist bereits die erste Episode der Zweiten. In der die Beziehung zwischen einem wieder hergestellten Sam Rutherford und seiner orionischen Freundin unter die Lupe genommen worden ist. Hier zeigt sich, dass die Reihe trotz all des Humors durchaus in der Lage war, auch ernste Themen anzusprechen.

Der große Profiteur

Und für D’Vana Tendi hat sich diese Staffel als super erwiesen. Ihre Darstellung ist im Vergleich zur ersten Season ein Unterschied wie zwischen Tag und Nacht. In Begegnung mit der Befangenheit erfährt man mehr über ihre Vergangenheit und in Mugato, Gumato beweist sie ihre Intelligenz und Geistesgegenwart, als sie eine von ihrer Vorgesetzten Dr. T’Ana erhaltene, schier unmöglichen Aufgabe mit Bravour und enormen Einsatzwillen erfüllen kann. Mit der Konsequenz, dass sie im Finale der Staffel, in Erster, Erster Kontakt auf die Brücke in die Wissenschaftsabteilung versetzt wird. Ein großer Karriereschritt, der hoffentlich bestehen bleibt.

Doch auch ihre Beziehung zu Sam Rutherford wird immer wieder angesprochen. Selbst wenn der Kadett zwischendurch mit anderen Kadettinnen flirtete, kommen die beiden wiederholt zusammen, und es wurde deutlich, dass zwischen ihnen etwas Besonders existiert. Allein schon die Szene aus der finalen Episode, wo die zwei gemeinsam vor einer für Tendi wegweisenden Entscheidung Dr. T’Andas fliehen, beweist dies.

Dabei beweist Lower Decks im Laufe der Season auch, dass es bereit ist, alte Paarungen für das Wohl der Geschichte zu ignorieren. Begegnung mit der Befangenheit und Mugta, Gumato sind dafür die besten Beispiele, weil hier eben nicht die bereits bekannten Paare verwendet worden sind.

(Keine) Rückkehr zum Status Quo

Gleichzeitig erweist sich die Serie auch oft als äußerst clever, wenn es um gewisse Storyentwicklungen geht. Das beweist schon die Rückkehr von Brad Boimler in Kayshon, seine Augen offen. Einerseits ist dies eine Wiederherstellung des alten Status Quo der Reihe, andererseits aber wiederum nicht, bedingt durch den genialen Kniff, dass er einen Transporterunfall erleidet und dadurch quasi geklont wird. Es dauert etwas, bis die Figur an Bord der Cerritos wieder heimisch wird, wie man in Begegnung mit der Befangenheit sieht. Aber bald kehrt seine Tendenz, seine Freunde zu Gunsten eines vermeintlichen Vitamins B zu ignorieren, zurück. Dies sieht man in Der große braune Spion, gefolgt von etwas anderem, nämlich seiner Erkenntnis, dass er ohne seine Freunde nicht kann.

Doch ebenso gibt es auch Momente, in denen er beweist, dass er mehr ist als ein Opportunist. In Wo die Lust’Gen Quellen liegen führt er einen bösen Computer hinters Licht. Derweil er in Ich, Excretus sogar davon absieht, einen High Score aufzustellen, um seinen Kameraden zu helfen. Auch wenn ihm dies sichtlich schwer fällt.

Jetzt könnte man natürlich meinen, dass Sam Rutherford und Becket Mariner in dieser Season zu kurz kamen. Doch auch bei den beiden gibt es diverse Charaktermomente, wo sie brillieren können. So wird bei ihr wiederholt gezeigt, dass ihre Beziehung zu ihrer Mutter inzwischen in Ordnung ist. Gleichzeitig wird aber ebenso ihre wilde Seite und ihre Angewohnheit, Chaos zu stiften, immer wieder betont. Etwa, als man in Mugato, Gumato gegen Ende sieht, wie sie ein weiteres Gerücht unter die Menge streut. Oder in Erster, Erster Kontakt, wo sie aus Frust über die baldige Abberufung ihrer Mutter die Senioroffiziere aufbringt.

Eine unverhoffte Rückkehr

Sam Rutherford ist hingegen leise. Er ist vor allem durch seine Beziehung zu D’vana Tendi definiert worden. Bis man im Serienfinale eine Szene hat, die einen den Boden unter den Füßen wegzieht, weil man nicht mit ihr gerechnet hat. Und die auch für die kommende Season viel verspricht.

Doch genau wie die Unterdeckler sind auch die Senioroffiziere charakterisiert worden. In Wo die Lust’Gen Quellen liegen erfährt man mehr über Chefingenieur Billups. In Kayshon, seine Augen offen wird ein Tamarianer als neuer Sicherheitsoffizier eingeführt, auch wenn er im Laufe der Season etwas in den Hintergrund gerät. Und in Begegnung mit der Befangenheit feiert überraschend der ehemalige Sicherheitsoffizier Shax seine Rückkehr unter die Lebenden. Etwas, womit man nicht gerechnet hat und was aus dem heiteren Himmel kommt. Seine Wiederkehr wird dann dazu genutzt, um eine Beziehung zwischen ihm und der Schiffsärztin anzudeuten. Und auch Captain Carol Freeman kann glänzen, etwa zum Beispiel in Der große braune Spion oder im Staffelfinale Erster, Erster Kontakt. Was den Cliffhanger mit ihrer Verhaftung umso schockierender macht.

Die Pakleds sind als die Bösewichte dieser Season konzipiert worden. Gleichwohl sind sie nur behutsam eingesetzt worden. Und wenn sie auftauchen, dann kann man, wie in Der große braune Spion, über ihre Dümmlichkeit lachen. Wobei selbst die dümmsten Figuren noch gefährlich werden können, wenn ihnen, wie in wej Duj eine bedrohliche Waffe gegeben wird. Was dann vermutlich auch zur Vernichtung ihrer Heimatwelt führte.

Überwiegend gut

Lower Decks ist schon immer eine Reihe gewesen, in der es jede Menge Eastereggs gibt. Auftritte bekannter Spezies, Anspielungen auf die vergangenen Star Trek-Serien oder die gelungenen Gastauftritte von Alice Krige als Borg Queen, Lycia Naff als Sonya Gomez oder Robert Duncan Mcneill als Tom Paris sind gang und gäbe. Allerdings schaffen es die Macher der Serie wiederholt, dass diese Anspielungen und Auftritte nicht den eigentlichen Plot definieren oder gar dominieren. Im Gegenteil: Die Geschichten kann man ebenso ohne das nötige Wissen perfekt verstehen, weil sie auch so super funktionieren. Weshalb die Kritik daran meiner Meinung nach nicht gerechtfertigt ist.

Dasselbe gilt auch für den Humor. Klar, die Macher der Reihe loten regelmäßig die Grenzen des guten Geschmacks aus, siehe Mugato, Gumato oder die Nacktszenen in Ich, Excretus. Doch fast immer funktioniert die Komik perfekt, weil sie das Gesehene erweitert und die Charakterisierung der Figuren unterstützt.

Es fällt schwer, in dieser grandiosen Staffel eine besonders schlechte und eine exzellente Folge auszusuchen. Nicht ganz optimal war Mugato, Gumato, da hier die Szene mit dem Primaten, der selber Hand an sich legt, als er zwei Artgenossen beim Geschlechtsverkehr sieht, dann doch etwas zu viel des Guten war. Zu den Highlights zählt hingegen sicherlich Wo die Lust’Gen Quellen liegen, dank einer Wahnsinnscharakterentwicklung Brad Boimlers und Jeffrey Combs als größenwahnsinniger Computer AGIMUS. Doch am besten ist wej Duj, wegen dem Blick auf die Unterdecks in drei verschiedenen Schiffen, der Tatsache, dass die Folge für die Zukunft der Reihe sicher noch von Relevanz sein wird sowie einem Abschlussgag, der einen sich vor Lachen kringeln lässt. Es ist der Beweis, dass Lower Decks auch leisen Humor beherrscht.

Letzten Endes ist die zweite Season von Lower Decks eine, die die Messlatte für alle Star Trek-Reihen der aktuellen Zeit enorm hoch gesetzt hat! Weil hier wirklich alles stimmt! Die Liebe zum Detail, zu den Figuren, die exzellenten Stories und die hervorragenden Gags. Womit es jetzt wieder heißt, ein Jahr warten, bis die Serie fortgesetzt wird. Eine Zeit, die verdammt lang werden kann…

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Götz Piesbergen

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