Khan offenbart vor Gericht seine Vergangenheit.
Vom Diktator zum Terroristen
Nach den Ereignissen von Star Trek Into Darkness steht John Harrison vor Gericht und muss sich für die zahlreichen Todesopfer seiner Terroranschläge verantworten. Er plädiert auf nicht schuldig und erkennt das Gericht nicht an, was ihm jedoch nichts nutzt. Fragen wirft allerdings seine Behauptung auf, sein wahrer Name sei Khan Noonien Singh, ein genetisch verbesserter Autokrat aus dem 20. Jahrhundert.
Dem Gericht schildert er, wie er 1971 als Kind in den Straßen von Neu-Delhi entführt und gentechnisch verändert wurde. Er wurde, wie viele andere Kinder rund um den Globus, Opfer eines Konzerns, der perfekte Soldaten erschaffen wollte, sogenannte „Augments“. Dazu wurden seine Intelligenz, seine Muskeln und seine Selbstheilungskräfte verstärkt. Unter allen Versuchskaninchen war Noonien Singh eines der Vielversprechendsten.
Was der Konzern jedoch nicht bedacht hatte, war die Willensstärke seiner Opfer. Um sich abzusichern, wurden den Kindern zwar Mikrochips ins Hirn gepflanzt, doch kaum waren sie erwachsen und erfahren genug, hatten sie sich diese selbst entfernt. Außerdem hatten sie sich in die Computer des Konzerns gehackt. Es kam zum Aufstand der genetisch Verbesserten gegen ihre Schöpfer.
Nach dem erfolgreichen Ausbruch tauchten die Augments zunächst unter, entwickelten überlegene Waffen und infiltrierten die Machtstrukturen von Politik und Wirtschaft. Sie warteten den richtigen Zeitpunkt ab, sich zu erkennen zu geben und die Menschheit zu unterwerfen. Sie ließen den normalen Menschen dabei die Wahl, friedlich zu kooperieren oder den Krieg zu wählen. Natürlich wählten die Menschen den Krieg, den sie mit der nuklearen Zerstörung Washingtons und Moskaus verloren.
Die Anführer der Augments teilten die Welt in sieben Herrschaftsbereiche auf und Noonien Singh, der den Titel des Khan annahm, herrschte nicht nur über Indien, sondern über halb Asien und die arabische Halbinsel. Sein Khanat war noch halbwegs gerecht, da er mit zunehmendem Alter etwas weiser geworden war und wusste, dass er die Massen zufrieden stellen musste, um Aufstände zu verhindern. Seine einstigen Kameraden wurden derweil zu Konkurrenten, die mit eiserner Faust herrschten. Einige gingen dabei zu weit und wurden gestürzt, während andere versuchten, sich gegenseitig Territorien abzukämpfen.
Am Ende waren Khans einzig verbliebene Verbündete John Ericcsen, Herrscher über die Europäischen Territorien, sowie Bernard Maltuvis, Autokrat über Australien und Südostasien. Letzterer wandte sich schließlich gegen Khan, der jedoch mit dem Verrat gerechnet hatte und Maltuvis ausschalten konnte. Das Ende seiner Herrschaft war dennoch besiegelt, da sich die Chinesen von der Herrschaft der Augments befreien und ein Virus gegen diese entwickeln konnten. So blieb Khan im Jahr 1996 nichts anderes übrig, als gemeinsam mit 72 Getreuen von der Erde zu fliehen.
Sein Fluchtschiff Botany Bay wurde schließlich von einem Scoutschiff der Sektion 31 entdeckt. Zunächst wurde nur Noonien Singh aus dem Kälteschlaf geweckt. Zuvor ließ Admiral Marcus ihn chirurgisch verändern und sein Gedächtnis löschen, um ihn zu einem Agenten der Sektion 31 zu machen. Mit Hilfe von Khans überlegener Intelligenz kam die Geheimorganisation an überlegene Waffen und Technologien. Außerdem konnte Khan alias John Harrison dem klingonischen Imperium einen schweren Schlag versetzten, indem er den Mond Praxis zerstörte.
Alles lief gut, bis Khans Erinnerungen zurück kamen und er sich abermals gegen seinen Schöpfer wandte. Sein vorrangiges Ziel war fortan, sich erneut mit seinen verbliebenen 72 Kameraden zusammenzutun. Ein Wunsch, den ihm schlussendlich das Gericht erfüllt. Allerdings nicht ganz so wie gedacht.
Rezension von Khan
Star Trek Into Darkness ist mit Abstand der schlechteste Star Trek-Film nach Teil 11. Mit seinen beiden Beiträgen hat J. J. Abrams seinerzeit viel Porzellan zerschlagen. Mit Into Darkness hat er nicht nur eine dreiste Kopie von Der Zorn des Khan abgeliefert, bei der am Ende Kirk statt Spock stirbt, nur um gleich im selben Film wiederbelebt zu werden. Der Streifen strotzt außerdem vor Logikfehlern und Kanonbrüchen.
Das fängt schon mit der Besetzung der Hauptrolle an. Benedict Cumberbatch mag ein guter Schauspieler sein, aber er ist ein erbärmlicher Khan im Vergleich zu Ricardo Montalbán (1920-2009). Abgesehen vom völlig anderen Auftreten ist Cumberbatch zum einen in der Rolle des Khan acht Jahre jünger als Montalbán und zum anderen sieht er nicht im Mindesten indisch aus. Montalbán war zwar ebenfalls kein Inder, sondern Mexikaner, doch sein Teint passte wenigstens annähernd zur Rolle. Diese Abweichung ergibt weder in Bezug auf den Kanon Sinn, der erst mit der Zerstörung der Kelvin durch Nero abweicht, noch ist sie in sich kohärent.
Im Comic fällt auch Kirk der äußerliche Unterschied zwischen John Harrison und den historischen Aufnahmen Khans sofort auf, weshalb er dessen Behauptung, eben dieser Khan zu sein, infrage stellt. Erklärt wird die äußerliche Abweichung durch einen chirurgischen Eingriff, den der verblichene Admiral Marcus hat durchführen lassen. Das macht den Film jetzt nicht unbedingt besser, versucht aber immerhin, diesen Logikfehler auszubügeln. Bliebe also nur noch Khans magisches Blut, welches Tote wiederbeleben kann. Vielleicht kann das ja noch in einem Resident Evil-Crossover mit dem T-Virus erklärt werden …
Ein weiterer großer Kanonfehler, der im Film eher beiläufig zu sehen ist, ist der zerstörte klingonische Mond Praxis. Der sollte eigentlich erst Jahrzehnte später explodieren, woran J. J. Abrams wohl schlichtweg nicht gedacht hat. Nun wird auch dafür Khan verantwortlich gemacht, der den Mond völlig im Alleingang mittels einer Kettenreaktion knackt wie normale Menschen eine Walnuss. Eine Diskussion über die Glaubwürdigkeit dieses Versuchs, einen der unzähligen Kanonfehler von Into Darkness auszubügeln, lohnt sich nicht wirklich. Immerhin gibt sich der Comic hier ein wenig Mühe, zu retten, was noch zu retten geht.
Viel schlimmer ist, dass sich im Comic ganz neue Kanonbrüche auftun, welche im wahrsten Sinne des Wortes die Erde erschüttern. Die Eugenischen Kriege sind viel zu groß angelegt. Die komplette Erde wird von den Augments unterworfen und aufgeteilt, Washington DC und Moskau atomar zerstört. Das macht weder mit Blick auf die reale Geschichte noch auf den Kanon von Star Trek Sinn.
Blenden wir die Realität einmal aus und bleiben bei Star Trek, so gibt es in den Serien genügend Zeitreise-Episoden, welche die 1990er Jahre sowie das frühe 21. Jahrhundert zeigen. Genannt seien hier u. a. Vor dem Ende der Zukunft und 23:59 (Voyager) sowie Gefangen in der Vergangenheit (DS9). Die USA sind in all diesen Episoden intakt und sehen nicht danach aus, als ob sie gerade unter der Herrschaft eines eugenischen Diktators stehen bzw. kürzlich noch standen. Außerdem steht vor dem Erstkontakt mit den Vulkaniern noch ein 3. Weltkrieg an, zu dem die Menschheit kaum in der Lage wäre, wenn sich das Szenario des Khan-Comics so abgespielt hätte. Vielmehr werden die Eugenischen Kriege darin selbst zum 3. Weltkrieg aufgeblasen. Inklusive der nuklearen Zerstörung zweier der wichtigsten Hauptstädte der Welt, was definitiv nicht Kanon ist. Das Jar-Jar-Versum muss daher als Reboot angesehen werden.
Nur wenn man alle alten Serien und Filme des Star Trek-Franchise ignoriert, kann man die Story des Comics akzeptieren und ihr vielleicht sogar etwas abgewinnen. Sie ist ja keineswegs schlecht geschrieben, sondern durchaus spannend. Nur pfeift sie eben komplett auf den Kanon, der zumindest vor Kirks Geburt eingehalten werden müsste. Die zweibändige Romanreihe über Die Eugenischen Kriege hat zwar ebenfalls einige Schwächen, aber zumindest hat sich Greg Cox durchaus Mühe gegeben, den Aufstieg und Fall des Khan Noonien Singh ohne allzu große Widersprüche in den Kanon einzuweben. In seinen Büchern beschränken sich die Eugenischen Kriege daher auf Teile Indiens, was einerseits den Rest der Welt intakt lässt, aber andererseits Khans Aussage, er hätte Macht über Millionen gehabt, korrekt darstellt.
Im Vergleich dazu beschränkt sich der Comic darauf, Widersprüche des Films Into Darkness glattzubügeln. Die Entscheidungen von Admiral Marcus z. B., Khans Aussehen zu verändern, wo er doch damit rechnet, dass dessen Erinnerungen wiederkehren, bleiben derweil undurchsichtig. Aber Marcus scheint ohnehin komplett irre gewesen zu sein, was bereits seine Pläne, einen Krieg gegen die Klingonen anzuzetteln, nahelegen. Selbst Khan wirkt dagegen regelrecht vernünftig, setzte er doch in der Vergangenheit auf ein in sich stabiles Imperium statt auf Eroberung. Dennoch scheiterte er letztendlich.
Die anschließende Flucht mit der Botany Bay ist dann das Einzige, womit sich der Comic an den Kanon hält. Zumindest halbwegs, denn Malik war nicht Teil der Crew, sondern war noch ein Embryo, der 2134 von Dr. Arik Soong aufgetaut wurde, wie in der Enterprise-Episode Cold Station 12 zu erfahren ist. Wenn man schon einen engen Vertrauten Khans in den Comic einbauen wollte, wäre Joaquim aus Star Trek II die richtige Wahl gewesen. Der hätte dann auch ruhig einen etwas größeren Auftritt haben können.
Einen kleinen Gastauftritt hat dafür der Anwalt Cogley, der in der TOS-Episode Kirk unter Anklage den Captain der Enterprise vor Gericht vertreten hat. Hier führt er die Anklage gegen Khan und soll das Eröffnungsplädoyer halten. Dieses gibt er jedoch sogleich an Kirk ab, womit sein Charakter komplett überflüssig wird. Noch eine vertane Chance.
Der Comic enthält einige böse Schnitzer und schlussendlich kann die Auflösung ebenso wenig überzeugen. Khan wird wieder eingefroren und zusammen mit seinen Anhängern eingelagert. Damit bleiben sie weiterhin eine potentielle Gefahr für die Galaxis, sollten sie je wieder aufgetaut werden. Sofern die Augments tatsächlich für einen weiteren Film aufgegriffen werden, ergäbe sich aus dieser Strafe jedoch ein Problem, denn während die Schauspieler altern, tun die Charaktere dies im Cryo-Schlaf nicht. Es wäre in jeder Hinsicht logischer gewesen, wenn man Khan samt seiner Leute auf Ceti Alpha V ausgesetzt hätte, statt sie kommenden Generationen aufzubürden.
Drei Zeichner, drei Stile
Grafisch ist der Comic so uneinheitlich wie seine Handlung. Die Szenen in der Gegenwart hat David Messina übernommen, dessen Stil sich durch dicke Außenlinien abhebt. Die Vergangenheit teilen sich Claudia Balboni und Luca Lamberti, deren Stile weitaus filigraner sind. Die junge Version von Khan kommt dem Aussehen von Ricardo Montalbán dabei sehr nahe. Schauplätze wie London, Rom oder der Rote Platz in Moskau sind ebenfalls gut umgesetzt, gleiches gilt für Fahrzeuge und Kampfjets. Die Botany Bay hat einen etwas höheren Detailgrad als das Modell in der Classic-Serie, ist aber wiederzuerkennen. In der Zukunft können vor allem Shuttles mit einem hohen Detailgrad überzeugen. Die U.S.S. Vanguard wirkt dagegen etwas schmucklos.
Die Farben sind gut gewählt und die Verläufe weich. Der Lichteinfall ist überwiegend stimmig und es mangelt nicht an Leuchteffekten. Sogar die für J. J. Abrams typischen Blendeffekte sind auf Sternenflottenschiffen vorhanden. Besonders gelungen sind auch die leuchtenden Sternenhimmel. Direkt schon fotorealistisch sind die Covergestaltungen von Paul Shipper, die so aussehen, als wäre ein Photoshop-Malfilter über Screenshots gelegt worden.
Fazit: Khaaan!!!
Für sich genommen ist diese Version von Khans Vergangenheit durchaus spannend, allerdings nicht mit dem bekannten Star Trek-Universum vereinbar. Dabei kann nicht mal von der „Kelvin-Zeitlinie“ gesprochen werden, da dieser Teil der Handlung zeitlich weit vor der Zerstörung der Kelvin liegt. Wer das ignorieren kann, findet hier kurzweilige Unterhaltung, die grafisch auf recht hohem Niveau umgesetzt worden ist. Der Khan-Band ist bei Cross Cult als Softcover erschienen, allerdings inzwischen verlagsvergriffen. Als Bonus enthält er einen zweiseitigen Artikel Über den Charme der Dystopie von Christian Humberg. Dieser enthält eine missverständliche Passage, denn die Zukunft der Serie stand 1981 bereits fest und der erste Kinofilm, auf den der Artikel im Folgenden eingeht, erschien bereits 1979.
Info
Autor: Mike Johnson
Zeichner: David Messina, Claudia Balboni & Luca Lamberti
Farben: Claudia Scarletgothica
Verlag: Cross Cult
Sonstige Informationen: Produktseite
Warpskala
Warpskala-
Story4/10
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Zeichenstil8/10
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Kolorierung9/10
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