Neues Leben auf dem Mond – NATHAN schafft eigene Tatsachen.

Luna
© Pabel-Moewig Verlag KG

Titel: Luna
Autor: Christian Montillon
Titelbild: Arndt Drechsler
Erschienen: 07.02.2020

Zur Handlung

In Traumsequenzen Adams‘ weitere Eindrücke aus der Vergangenheit: Wie sich die Vanothen radikalisieren und mehrere Anschläge verüben. Selbst nach Jathao Vanoths offiziellem Auftreten an der Seite der Regierung endet es nicht, splittern sich vielmehr die Irreversibilisten ab und verweigern sich allem, was zurückführen könnte. Noch von Vanoth initiiert wird Pluto zum Versuch ausgebaut, Kontakt ins andere Zwillingsuniversum herzustellen – doch es kommt stattdessen zum Super-GAU und der halbe Pluto geht 1850NGZ in Trümmern auf …

In der Gegenwart (2046NGZ) können Perry und Team immerhin bis nach „Luna“ gelangen und Kontakt mit 1626NGZ erwachten NATHAN aufnehmen. Dieser hat sich mit dem Ylatorium und zahllosen Ylanten eine selbstbestimmte Welt auf „Luna“ geschaffen, jedoch selbst in der es zu einem Attentat auf Rhodan kommt. Kaum danach von NATHAN als der, der er zu sein behauptet, bestätigt, wird Rhodan nach Terra geschickt – dort warte Rico.

Die Drei Ultimaten Beobachtungen

1. Kosmologische Hinweise

Letzte Woche meine spontane „wilde Spekulation“: Das Dyoversum könnte zu den versiegelten Regionen gehören, in denen es keine aktiven Superintelligenzen und wirkmächtige höhere Mächte gibt. Das Dyoversum als Möglichkeit („Rettung“ und „Neuanfang“ laut Jathao Vanoth) für Galaktiker, dem multiversalen Konflikt zwischen Mu Sargai und Kandidatin Phaatom auf Zeit/dauerhaft zu entgehen.

Und siehe da, ein paar Aussagen, die die Spekulation zähmen, sprich nicht gleich radikal verwerfen: Zuerst, dass jetziger Expokrat Wim Vandemaan diese versiegelten Regionen in Nr. 2675 „Der Glanz der Stille“ eingeführt hat und sich daran ggf. erinnert hat bei seiner Idee des Dyoversums.

Aktuell in „Luna“ sagt NATHAN aus: „Wir kennen nur einen kleinen Bereich dieses Zwillingsuniversums, doch alle Fakten legen es nahe, ja. Keine Eiris, keine Superintelligenzen, keine höheren Mächte, kein moralischer Code. Es ist schrecklich. Und wunderschön.“ Mir bleibt unklar, wie entschwundener ES für NATHAN „spürbar“ war und jetzt nicht mehr ist.

Auch haben die Dyo-Galaktiker erst einen Umkreis um Sol von 300 Lichtjahren erkunden können. Die Aussage steht also noch unter Vorbehalt höchst relativer Einsichten. Und dennoch bin ich hellhörig und fasziniert. Ein mit dem Urknall natürlich (?) entstandenes Zwillingsuniversum ohne Eingriffe höherer Entitäten, die lenken und steuern und ihre kosmischen Schach- und Gospiele spielen. Hätte Delorian Rhodan doch davon gehört, bevor er sich mit dem Neuroversum aus dem Multiversum zurückzog. In jedem Fall expandiert das Perryversum seit Band 2700 eindeutig „expo-nentiell“ und es gibt keine Hubble-Tension wie in der ganz realen Expansion unseres Universums.

Von NATHAN sodann noch sperrig eingeworfene Begriffe: Ankunft des Schwarms als „Teil der großen kosmogenetischen Symmetrie“ sowie das Auftauchen des Hetos der Sieben als „infinitesimale Gerechtigkeit“ – keine Ahnung! Aber der neue Möglichkeitsraum im Dyoversum erkennbar durch NATHANS Frage: „Ist die Menschheit … bist du denn frei? Oder ein Instrument von ES?“ Dyoversal ohne ES & Co. unmöglicherweise ein Instrument derer! Ein nun wirklich gangbarer dritter Weg?

2. Topsiderinnen des Sternengeleges

Das Sternengelege der Topsiderinnen ist ein ausgeprägtes Matriachat, wo nur Frauen höhere Funktionen und Männer nur einfachste Aufgaben ausüben. Arme Kerle – hätten sie auch Drohnen im Bienenstaat werden können … Dementsprechend steht dem Sternengelege nicht nur eine Gelegemutter vor, sondern sind ins Solsystem und bis nach Luna eingeschleuste Agentinnen ausschließlich weiblich. Und anstelle schlichterer Bioplast- oder Fazialmasken tarnen sie sich durch rigorose Körperumgestaltungen (entfernte Schnauze und Stützschwanz) zur Anpassung – wie der Cairaner Guulmen Cutthunese in Nr. 3045 „Mörder des Residenten“.

Die Unterschiede zu den alten Topsidern gehen über soziale Verhältnisse hinaus. Auch muss deren Biologie, wenn äußerlich optisch soweit auch gleich, eine andere sein. Bevorzugen die altbekannten Topsider Trockenheit und Hitze lieben die Dyo-Topsider Wasser – also das genaue Gegenteil. Ich hoffe hier auf Einblicke in diese Dyo-Topsider am besten auf Topsid selbst – in einem schicken Einsatzkommando beispielsweise.

Zum Sternengelege erfahren wir nur, dass es die „Supermacht“ in der bekannten kosmischen Region sei und mehrere, noch namenlos bleibende Völker dazugehören. So viel zum „toten Universum“, in dem sehr wohl Leben existiert, nur anscheinend vergleichsweise wenig intelligentes. Was nicht verwundert, wenn es keine Lebenskeime (Biophore) verbreitenden Sporenschiffe und Schwärme zur Erhöhung der Intelligenz diesseits der Zerozone gegeben haben sollte. Ähnelt diesbezüglich stark dem Arresum als „negative Seite“ des Standarduniversums.

Und vor „etwa hundert Jahren drohten die schwelenden Konflikte mit den Topsidern zu eskalieren. Es kam immer wieder zu einzelnen Raumschlachten. Kein echter Krieg, aber diverse Schlachtfelder.“ Nach Entsendung einer ständigen Botschafterin auf Terra schwelt der Konflikt jedoch „stärker unter der Oberfläche“. Das mag mit dem Vorwurf oder der Furcht der Topsider zusammenhängen, die das wohl nicht nur politische Gleichgewicht mit der Ankunft Terras und Lunas als einen schnell wieder raumfahrttüchtigen Machtfaktor lokal kippen zu drohen sehen. Ob es wiederum auch damit zusammenhängt, dass nicht nur den Dyo-Menschen Rhodans Ankunft geweissagt wurde, bleibt unklar.

Auf alle Fälle fordern die Topsider laut Aussage einer Agentin des Nests Rhodans Auslieferung, weil seine Ankunft „alles verändern wird“: „Du bist der, der kommen soll.“ Wenn mutmaßlich schwer involvierte Thesanit kein doppeltes Spiel hintertreiben, dann gibt es – überraschenderweise – eine weitere, von jenseits der Zerozone Zugriff nehmende Partei. Und diese steht den ansässigen Völkern und speziell den Topsidern anscheinend näher. Bei so vielen – m.E. notwendigerweise höhermächtigen – Parteien müssen wir hoffen, dass die Expokratur da die Übersicht bewahren und alle sinnvoll inszenieren kann. Sonst weiß bald niemand mehr, wer quer durch die Zwillinge und sonstigen universalen Teile hinweg mit wem oder gegen wen agiert und sich GoTesk hintertreibt. An und für sich aber quasi ultrauniversal spannende Voraussetzungen!

3. NATHANS Kinder im Ylatorium

Erst 12 Jahre nach Versetzung erwacht spontan (?) just einen Tag nach Vanoths erster Rede an die Menschheit NATHAN am 04.03.1626NGZ und „weint“. Er trauert um YLA, die offensichtlich nicht in seinem Auftrag auf Vira zurückblieb, sondern ihm entrissen wurde. Ob da Thesanit resp. Eyx Xunath im Speziellen ihre Finger im Spiel hatten? In Kompensation seiner verschwundenen Tochter handelt NATHAN bis zum 15.06. das positronische Konkordat aus. Das gesteht dem lunaren Großrechner Selbstbestimmung und eigene Rechte in 47 Paragraphen zu und die Möglichkeit kreativen Auslebens: Auf der Mondrückseite passend im „Meer der Begabung“ entsteht das Ylatorium als „experimentelle Siedlung“.

Hier in auffälligen „Bronzehütten“ und zweckunklaren Gebäuden siedeln sich die Ylanten an, NATHANS Kinder. Gliederpuppenartige Gestalten, die sich v.a. mimisch ihrem Gegenüber anpassen. Auch diese stetig in Zahl zunehmenden Ylanten (schnell weit über 11 Mio.) gehen unklaren, roboteruntypischen Tätigkeiten nach. Zwar namen- und selbst ziffernlos agieren sie wie Lebewesen und musizieren, tanzen, basteln … Am unklarsten bleibt jedoch, wozu dieses lebendig scheinende Gebaren dient. Denn NATHAN sah sich stets zweier Loyalitäten verpflichtet: ES, der entschwand, und der Menschheit, der er weiter dienen und helfen will. Und um ES „zu ersetzen“, versucht NATHAN mit einer positronischen Spezies, die nichts mit den Posbis gemein habe, einen Ausgleich zu schaffen? Das ist für mich noch überhaupt nicht abzusehen, was da wozu eigentlich initiiert wurde.

Und dann formuliert NATHAN auch noch ähnlich der dritten Ultimaten
die erste Inkarnation seiner universalen Frage: „Ist der Geist das letzte Problem oder die Lösung?“ Das ist die Frage nach einem „unbeseelten“ Universum oder einem Neuroversum, „dessen Naturgesetze und -konstanten durch einen das Universum lenkenden Geist bestimmt werden und das sich seiner selbst bewusst ist.“ Demnach das Dyoversum ein Ort der Selbstbestimmung durch / mithilfe von NATHAN? Können und sollen die Ylanten sich mit ihrem Vater zu einem / dem ersten Überwesen im Dyoversum fortentwickeln?

Fazit zu Luna

Viele weitere interessante Details: So liest Adams mit “Out of the Silent Planet“ den Fiction ohne Science-Band 1 der Perelandra-Trilogie von C. S. Lewis. Und zwar als „Faksimile einer Erstausgabe eines Klassikers der Science-Fiction-Literatur, die sich damals gerade selbst erfunden hatte und bald von der Wirklichkeit überholt worden war.“

Es gibt nur noch 53 Onryonen im bekannten Dyoversum, da diese sich hier nicht mehr wohlfühlen, nicht überleben wollen und sich nicht mehr fortpflanzen. Mangelnder/kaputter On-Raum?
Tek zu Ehren gibt es den Tekener-Tower neben dem Dao-Lin-H’ay-Theater! Für mich stimmiger „Fanservice“.

Am Rande notiert: Hauptperson Tergén, der vergleichende Historiker, der für mich keine Hauptperson ist, weil er „nur da“ ist und noch nichts Nennenswertes macht. Sowie Adams‘ Traumsequenzen aus der Suspension heraus, die mich inzwischen sehr irritieren: Wie soll er das machen? Wie kann er überhaupt so halbwegs reflektieren, sich nie gezielt an Bestimmtes erinnern zu können, um dann doch eine Fülle an Erzählbrocken zu erinnern? Wem erzählt er das überhaupt im „Suspensionsschlaf“? Merkwürdig unrealistische Perspektive, die sich der Autor da selber ausgedacht hat. Gemäkel im Detail von hohem Niveau hinab …

Da nur ein einziges Mal „gerast“ wird, bewegt sich mit „Luna“ auch der zweite Roman des ursprünglich gar nicht als Ein-Mann-Marathonroman angedachten Zerozone-Vierteilers für mich sehr gut voran! Das Dyoversum oder zumindest manches im Solsystem entfaltet sich erzählerisch nach und nach in für mich passendem Tempo. Vieles hier gar nicht zu erwähnen gewesen oder so positiv aus der Zusammenfassung hervorgegangen und doch oft sicher mehr als nur Zierde am Mosaik. Rhodan kommt nachvollziehbar nur langsam Terra näher (im Folgeroman ist es so weit) und nimmt hier zunächst einmal „Luna“ und NATHANS Schöpfungen und deren eigenwillige Rolle in den Blick. Wenn es so weiterginge, wäre ich mit dem entstehenden Panorama und der inhaltlichen Fülle höchst zufrieden.


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Dominic Schnettler
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