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Gefährliche Experimente der Naats – die Bleisphäre reagiert

Perry Rhodan 3075 Die Warnung der Signatin
© Perry Rhodan KG

Titel: Die Warnung der Signatin
Autor: Uwe Anton
Titelbild: Arndt Drechsler
Erschienen: 24.07.2020

Zur Handlung

An der Bleisphäre, 21. – 22. Juni 2046NGZ: Havarierte der BAILNOOD werden vom Naatraumer FONAGUR geborgen. An Bord stellt das Psi-Trio fest, dass die Naatschaft in goldfarbenen Blasen, die auch durch Wände Richtung Bleisphäre driften, der Realität entrückt worden ist. Mit Geborgenen um die Báalol-Sprecherin Kaáta und Naat-Doppelagenten Gozom Phibro versucht man, in gegenseitigen Vorurteilen gefangen, die Lage zu klären. Sich dadurch beinahe demaskierend kontaktiert Dancer agh Fermi, um die Arkoniden einzubinden.

Signaten treten auf und sprechen die Warnung der Signatin vor einem erschütternden Phänomen aus, die ignoriert wird. Vielmehr kommt es zwischen den drei Flotten zur Raumschlacht; Atlan erscheint vor Ort – doch dann tritt das Ereignis ein: Ein Doppelsternsystem materialisiert urgewaltig! In seiner Mitte ein Materie speiendes Weißes Loch und Tausende Cairaner-Raumer – das Sternenrad! Konsulin Satim Tainatin verlangt absolute Kapitulation und die Requirierung der FONAGUR…

Die Drei Ultimaten Beobachtungen

1. Noch mal zu Vorurteilen und Rassismus

Wenn man es genau nimmt, geht es in diesem Roman immer mal wieder auch um Rassismus: Wie blickt man auf eine andere Spezies, wie betrachten humanoide Lebewesen die grobschlächtig wirkenden Naats und herrscht da nicht bei vielen Terranern, Arkoniden und so weiter häufig eine rassistische Denkweise vor? Da fand ich die gelegentlichen Andeutungen des Autors immer wieder spannend.

So fasst es Thezakteur KNF in seinem Blog zusammen. M.E. allerdings mehr als nur „gelegentliche Andeutungen“ und auch nicht erst in diesem, sondern schon im Vorgängerroman Thema.

Asche auf mein Haupt, in der Rezension zu Der imaginäre Imperator erwähnte ich keinmal das Pranaat, die mit Mythen und Legenden angereicherte „identitätsstiftende Erzählung“ der Naats. Da schon höchst interessant, führt UwAn es hier fort, das teils Expo-Vorgabe, teils erst durch Testleser entwickelt wurde. Wäre das mal galaxisweit und v.a. den Arkoniden bekannt, es wäre zumindest eine gehaltvolle Diskussionsgrundlage darüber, wie man als Zwei- und Dreiaugen die gemeinsame Welt sieht.

Und die bemäkelte Naivität der ungebrieften Amateur-Agenten gegenüber den Naats entkräftet Uwe gekonnt: „Du solltest berücksichtigen, dass sie von einem arkonidischen Militärschiff aus in Einsatz gehen. Da sind die Informationsspeicher nicht von terranischer Sensibilität gegenüber fremden Völkern mit ungewohnter Hautfarbe geprägt.“ Hinzu kommen noch – nachvollziehbare, dennoch unpassend überzogene – Ressentiments agh Fermis gegen seine einstigen „Kerkermeister“, denen er unnachgiebig nicht verzeihen kann (oder will).

Sodann als dritte Partei die Báalols in Gestalt Sprecherin Kaáta. Diese geriert sich – in den Augen Dancers – volkstümlich hochmütig und herablassend. Ein ziemlich dumpfes Gemisch aus subjektiven und sozialen Zuschreibungen. Sehr gut geschrieben, auf welch dünnem Eis sowas beruht. So ist es gerade diese „energische Art“ Kaátas, dank der sie die Zentrale gegen robotische Widerstände stürmen können. Und diese muss einsehen, dass selbst diese scheinbaren Maaliter Sinnvolles beizutragen haben. Diese Einsicht sicher aber über rassistische Gräben hinweg – nehme zumindest an, Kaáta verkennt Maaliter grundsätzlich als bloß ausgewanderte Kolonial-Báalols mit obendrein geringeren Psikräften, die deshalb hinter Báalols in zweiter Reihe anzustehen haben.

Und wer vorurteilsüberladen angespannte Situationen auflösen will, merke schlicht an: »Wir sollten fürs Protokoll festhalten, dass es sich bei dem Gebilde genau genommen nicht um eine Kugel, sondern um einen vertikal gestreckten Rotationsellipsoiden handelt.«

2. Cairaner drehen am Rad

Da ist es also – das legendäre Sternenrad! Hand aufs Herz: Wer hat daran noch gedacht? Ich aktiv und bewusst zuletzt sicher nicht mehr. Bin mir nicht einmal sicher, wann zuletzt davon die Rede war. Eventuell in 3032 mit sandschwimmendem Monkey auf Hovcai. Mal wieder ein kunstvolles Beispiel dafür, wie man etwas – so legendär Wichtiges – aus der Aufmerksamkeit von uns LeserInnen herausgeschrieben hat, indem man es nur lange genug totschwieg. Halunkische Expotarchie!

Und was dieses Sternenrad ist! Mit der Urgewalt eines Schwarms taucht das Gebilde an der Bleisphäre auf. Alle Wege führen zur Bleisphäre – der annektierten, präzise geometrisch positionierten Etappenhöfe, diverser Spezialraumer wie bei BAILNOOD und gekaperter Hypertronik genauso wie eines Atlans. Alle sind quasi gleichzeitig vor Ort – wie bestellt und mit der Pünktlichkeit japanischer Züge eingetroffen.

Mit der Größe „NUR“ eines Sonnensystems allerdings um Größenordnungen kleiner als der bislang kleinste bekannte Schwarm, die 69 Sonnen großen Spektralen Inselstaaten der Sphero. Allein deshalb schon sicher eine ganz andere Art von sonnensystemischer Maschinerie. Kernstück dürfte das kosmogeysirische Weiße Loch sein. Doch wozu ein Meer an Materie? Kaum erst vor 14 Wochen inmitten der Dunklen Schwere erstmals von einem Weißen Loch gehört, tritt nun erneut eines auf. Diesmal in den Außenhänden der Cairaner, zuvor – angeblich!? – als eine Art Antriebsform für Phersunen, um das Schwarze Loch damit zu passieren. Ein Schwarzes Loch wiederum, an denen auch das Imaginäre Imperium wie an einem Infotropf hängt. Wer da nicht eine zyklustief dicht verwobene Handlung erahnt… In jedem Falle nun statt Gelber also goldene Eroberer (die – rassistisch – von der okkagelben/goldfarbenen Hautfarbe abgesehen nun wirklich NICHTS gemein haben).

Und Uwe spoilert dann sogar noch: „Ich vermute mal, dass man schon bald den ersten Erkundungstrupp in das System schicken wird. Vertraut mir einfach, wenn ich hier verrate, dass sich dabei ein junger, von Icho Tolot ausgebildeter Haluter auszeichnen wird …“ Jung? Damit scheidet der uralte Jallar Parnut (3029 Angriff der Signaten) am Rande der Bleisphäre aus.

3. Das Rad webt, wie das Rad es wünscht

Die Serie bleibt freilich Space Opera-Science-Fiction, dennoch eine erneute (s. Kommentare) Anspielung auf die Fantasy-Reihe Das Rad der Zeit: Die Assoziation durch den Begriff (Sternen)Rad drängt sich für mich zu sehr auf und passt sinngemäß auch zu sehr auf die verwobenen, feine Fäden ausgeworfenen Pläne der Cairaner, die sich zunehmend verdichten.

Damit trete ich der mir unverständlichen Meinung entgegen, vor allem in diesem Zyklus sei vieles nicht angebunden, sondern sei unbedeutend lose bloß eingestreut. Nein, das narrative Rad webt, wie die expotischen Raddreher es wünschen. Und meiner Ansicht nach gelingt ihnen das, sobald man ein paar Fäden begriffen hat, außerordentlich gut! Es dürfte dennoch ein kolossaler Spagat werden, das zufriedenstellend aufzulösen und so einen Khipu entstehen zu lassen. Ich wüsste nicht, dass es schon einmal einen Zyklus mit so viel Vielbödigkeit gegeben hätte, wo ein einziges Volk derart viele „Eisen im Feuer“ gehabt hätte. Gleichzeitig bitter Vertriebene wie Vertreibende, zugleich Verjagte wie Jäger, Opfer von Gewalten wie gewaltige Täter quer durch Galaxien und universale Zweige.

Fazit zu Die Warnung der Signatin

Für mich ein ganz starker Roman, den UwAn, der Schreiber, da zu verantworten hat! Zu Beginn deutet er seine Stephen King-Expertise an und erschafft in nur zwei Kapiteln eine gruselige Alleinseinstimmung. Zu kurz, damit es Horror wird, bevor es mit den golden schimmernden Blasen – korrekt selbstredend: Vertikal gestreckter Rotationsellipsoide – faszinierend und rätselhaft wird. Unter- und hintertrieben durch vielschichtige rassistische Vorurteile, mit denen sich die in einem Raumschiff Festsitzenden unproduktiv belauern, was für eine 3000-jährige Zukunft dystopisch betrüblich facettiert wird. Drumherum eskaliert die Lage aufgrund misstrauischen Dünkelns und Züge einer taktischen Raumschlacht beginnen. Dann tritt (ein) Atlan auf; doch kaum den Mund geöffnet, geschieht das urtümliche Ereignis und das legendäre cairanische Sternenrad bricht sich Bahn samt eines Weißen Lochs als kosmischen Geysirs. Ganz verschiedene Ereignisse und Erzählweisen in nur einem Roman – stark!

Mittendrin und dennoch zu kurz kommend Die Warnung der Signatin (namentlich Caral Young). Wenn ein Kritikpunkt, dann der, dass sich ihre Warnung nicht so wirklich entfalten konnte, weil sowieso niemand auf sie hörte und man sich im grotesken Klein diesseits der Mauer verrannt hat – bis die Warnung Realität wird und die urgewaltige Erschütterung aller Verhältnisse eintritt! Und dann ist es freilich zu spät und alle müssen sich der Übermacht beugen.

Die Betonung von EIN Atlan, da ich weiterhin argwöhne, er wurde umgedreht. Tendiere aber mehr denn je zum Einsatz eines Organoids, da nur so er und seine Ritteraura eingesetzt werden können. Ein Klon nur, um den Galaktikern vorzutäuschen, Atlan sei tatkräftig zugegen, obwohl er sonst wo (im Sternenrad?) mit seiner Aura das Tor ins Dyoversum öffnen soll.

Seit 3058 Für Galaktiker verboten! mehrfach schon gerätselt, ob bei den Vorlaufzeiten manche Formulierung schon ein Corona-Kommentar sein konnte. Hier überdeutlich und toll eingeflochten: Auf dem Weg zur Zentrale gibt es Markierungsstreifen in zwei Metern Abstand – m.E. für Naats ein wenig zu dicht auf; automatisch rückt sich Dancer daher ihre Maske zurecht – diese als Fazialmaske ganzkörperweit zwar ohnehin festsitzt, um dauerhaft den Anschein einer Maaliterin zu erwecken, aber das ist überkritisches Gezänk. Sehr gekonnt beiläufig eingepflegt, was uns diesseits der Realität auf Weiteres intensiv begleiten wird. Konsequent im Übrigen alle Kapitel von Bord der FONAGUR aus Dancers Sicht; ihr Bruder kommt arg zu kurz und erscheint irgendwie dadurch auch nicht als der hellste Stern unter der Sonne. Aber mit dem Sternenrad scheinen trotz der Warnung der Signatin nun ja mehr als genug Sonnen an der Bleisphäre…


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Dominic Schnettler
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Ein Gedanke zu „[Perry Rhodan 3075] Die Warnung der Signatin“
  1. Nötige Selbstkorrektur:
    Nicht in vermuteten und gelinkten 3032 Sandschwimmer, sondern im Vorgängerroman 3031 Die Gewaltigen von Everblack
    https://www.perrypedia.de/wiki/Die_Gewaltigen_von_Everblack
    fliegt das legendäre Sternenrad EINMAL durch die Ortung und wird kurz beschrieben (von Weißem Loch da noch keine erkennbare Rede).
    Die USO muss diese Informationen an die LfG/Lemurische Allianz freimütig weitergereicht haben, so schnell und genau selbst Dancer&Schlafner – nichts für ungut, aber nunmal nicht elitäres Führungspersonal mit möglicht viel Geheimwissen – das bis dato ungesehene Gebilde zuordnen konnten. Als wenn man das allgemein halt kennt und das Versetzen eines Sonnensystems wiederum auch niemanden in Unruhe versetzen müsste.

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